Veröffentlichung AllMBl. 2012/16 S. 1089 vom 03.12.2012

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Az.: A5/6865-1/32
2174-A
2174-A
Richtlinie zur Förderung von Notrufen
für von sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt betroffene Frauen
und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche in Bayern
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
vom 3. Dezember 2012  Az.: A5/6865-1/32
Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Art. 23, 44 der Bayerischen Haushaltsordnung – BayHO und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften) Zuschüsse zur Förderung von Notrufen bei sexualisierter und häuslicher Gewalt. Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
I.
Allgemeine Beschreibung des Förderbereichs
1.
Zweck der Zuwendung
1.1
Für von sexualisierter und häuslicher Gewalt (physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt) betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche ist ein Beratungsangebot erforderlich, das die erlebte Gewaltsituation auffängt und umfassende Hilfe gewährt. Diese Beratung wird durch Notrufe geleistet. Sie informieren über die erforderlichen ärztlichen Untersuchungen, den Ablauf des Strafverfahrens und die Möglichkeiten der anwaltschaftlichen Hilfe. Auf Wunsch begleiten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Notrufe die Frau/das Kind/den bzw. die Jugendliche(n) zur Polizei, zur ärztlichen Untersuchung oder zur anwaltschaftlichen Beratung.
1.2
Zweck der Förderung ist es, durch staatliche Zuwendungen ein flächendeckendes Angebot zur Beratung und Hilfe für misshandelte Frauen und Kinder zu unterstützen.
1.3
Ziel ist es, dass in jedem Regierungsbezirk mindestens drei – in Oberbayern aufgrund seiner höheren Bevölkerungsdichte mindestens fünf – personalkostengeförderte (Nr. 5.2.1) Notrufe vorgehalten werden. Die Erfüllung dieser Mindestzielvorgabe in jedem Regierungsbezirk hat Vorrang vor einem darüber hinausgehenden Ausbau.
2.
Gegenstand der Förderung
Zuwendungsfähig sind Beratungszentren/Fachstellen, die von sexualisierter und häuslicher Gewalt betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche beraten.
3.
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege oder Träger von Notrufen, die Mitglied eines Spitzenverbandes sind.
4.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Zum Aufgabengebiet eines Notrufs gehören
telefonische und persönliche Beratung von Hilfe suchenden Frauen und Kindern,
telefonische und persönliche Beratung von Bezugspersonen des Opfers, wie z. B. Angehörige, Freunde und Freundinnen sowie Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen,
in der Regel Rufbereitschaft „Rund-um-die-Uhr“,
nach Möglichkeit angeleitete längerfristige Selbsthilfegruppen für die betroffenen Frauen,
einzellfallbezogene Kooperation und Vernetzung, z. B. mit der Polizei,
einzelfallübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung, z. B. in Vernetzungsgremien wie den Runden Tischen gegen Gewalt gegen Frauen,
im Einzelfall Zeugenbegleitung,
zielgruppenspezifische und -übergreifende Präventionsarbeit,
Öffentlichkeitsarbeit mit den Zielgruppen Fachöffentlichkeit und allgemeine Öffentlichkeit.
4.2
Jeder personalkostengeförderte Notruf muss mindestens eine Vollzeitkraft oder zwei Kräfte in hälftiger Teilzeit, die durch Jobsharing die ganztägige Besetzung des Notrufs gewährleisten, beschäftigen.
4.3
Zuwendungsfähige Fachkräfte im Sinn dieser Richtlinie sind diplomierte bzw. graduierte Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sowie Personen mit vergleichbarer abgeschlossener Ausbildung.
Bei Fachpersonal, das bei Inkrafttreten der Richtlinie bereits angestellt ist, kann die Bewilligungsbehörde im Einzelfall Ausnahmen zulassen.
4.4
Vom Zuwendungsempfänger ist ein angemessener Eigenanteil von grundsätzlich mindestens zehn v. H. der zuwendungsfähigen Ausgaben (vgl. Nr. 5.2) zu erbringen.
4.5
Eine staatliche Förderung erfolgt nur, wenn sich mindestens ein Landkreis, eine kreisfreie Stadt oder eine andere Kommune an den Gesamtkosten des Notrufs beteiligt. Bei sachkostengeförderten Notrufen nach Nr. 5.2.2, die bei Inkrafttreten dieser Richtlinie bereits eine staatliche Förderung ohne kommunale Beteiligung erhalten, kann die Bewilligungsbehörde in Einzelfällen Ausnahmen zulassen.
Die Einzelheiten der kommunalen Förderung werden zwischen den an der Finanzierung beteiligten Kommunen und dem Träger des Notrufs vereinbart.
Die Finanzierung des Notrufs muss auf Dauer gesichert sein.
5.
Art und Umfang der Zuwendung
5.1
Die staatliche Zuwendung wird im Rahmen einer Projektförderung als Festbetragsfinanzierung gewährt.
5.2
Zuwendungsfähig sind
5.2.1
die Personalkosten für notwendige (vgl. Nr. 4.2) Fachkräfte (Personalkostenförderung) oder,
5.2.2
wenn keine Personalkostenförderung nach Nr. 5.2.1 erfolgt, die Kosten für Fortbildung, Supervision und Öffentlichkeitsarbeit (Sachkostenförderung).
5.3
Die Zuwendung beträgt
bei Personalkostenförderung nach Nr. 5.2.1  19.650 Euro jährlich, maximal jedoch 50 v. H. der tatsächlichen Personalkosten,
bei Sachkostenförderung nach Nr. 5.2.2 maximal 2.320 Euro jährlich.
Dabei sind im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen oder Supervision Honorarkosten von maximal 80 Euro je Stunde zuwendungsfähig.
Für auswärtige Fortbildungsmaßnahmen sind bis zu 40 Euro pro Tag und Person für Verpflegung und Unterkunft zuwendungsfähig.
5.4
Anträge unter 250 Euro Zuwendungshöhe können aus verwaltungstechnischen Gründen nicht berücksichtigt werden.
6.
Mehrfachförderung
Eine Förderung nach dieser Richtlinie entfällt, wenn für den gleichen Zuwendungszweck andere Mittel des Freistaates Bayern sowie des Bundes oder der EU in Anspruch genommen werden.
II.
Verfahren
7.
Antragstellung und Bewilligung
7.1
Bewilligungsbehörde ist die jeweils zuständige Regierung.
7.2
Bewilligungszeitraum ist das Kalenderjahr.
7.3
Die erstmalige Aufnahme in die Personalkostenförderung beantragt der Träger des Notrufs unter Vorlage der kommunalen Stellungnahmen bei der zuständigen Bewilligungsbehörde. Diese leitet mit einer fachlichen Bewertung zum flächendeckenden Aufbau innerhalb der Regierungsbezirke die Antragsunterlagen dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zu. Dieses entscheidet über die Aufnahme in das staatliche Förderprogramm.
7.4
Die weitere Förderung erfolgt auf Antrag des Trägers des Notrufs.
7.4
Der Antrag ist schriftlich unter Verwendung der bei der Bewilligungsbehörde erhältlichen Vordrucke bis zum 31. März des laufenden Jahres dort einzureichen.
Dem Antrag sind beizufügen:
Kosten- und Finanzierungsplan,
Übersicht über die Personalkosten (nur bei Personalkostenförderung),
Kostenzusagen der Kommunen im Einzugsbereich und sonstiger Zuwendungsgeber (bei Erstantrag oder Beteiligungsänderung),
Vereinssatzung (bei Erstantrag oder Änderungen),
Konzept (bei Erstantrag oder Änderungen).
7.6
Die erforderlichen Haushaltsmittel sind durch die Bewilligungsbehörden beim Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen anzufordern.
8.
Nachweis und Prüfung der Verwendung
8.1
Der Zuwendungsempfänger hat in Form einer Verwendungsbestätigung (Nr. 6.2 ANBest-P) zu versichern, dass die Zuschüsse entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie verwendet worden sind. Die Verwendungsbestätigung ist in einfacher Ausfertigung bis 31. März des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres bei der Bewilligungsbehörde einzureichen.
8.2
Darüber hinaus sind eine anonymisierte Statistik über die Zahl der Beratungsfälle und den Umfang der dafür geleisteten Tätigkeit der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen sowie ein eingehender Sachbericht (je zweifach) beizufügen. Für die Statistik ist die vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vorgegebene Datenerfassungsdatei zu verwenden. Die Statistik sendet der Zuwendungsempfänger zudem direkt auf elektronischem Weg an das Staatsministerium. Ein Exemplar des Sachberichts reicht die Bewilligungsbehörde an das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen weiter.
8.3
Die Bewilligungsbehörde prüft die Verwendungsbestätigung in eigener Zuständigkeit und Verantwortung. Sie ist auch zuständig für die Rücknahme und den Widerruf von Zuwendungsbescheiden und die Rückforderung von Zuwendungen. Für das Verwaltungsverfahren gelten die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) sowie die ANBest-P.
8.4
Von einer Geltendmachung von Zinsen ist abzusehen, soweit diese 250 Euro nicht übersteigen.
III.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
9.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2013 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2016 außer Kraft.
Friedrich Seitz
Ministerialdirektor