Veröffentlichung AllMBl. 2018/01 S. 29 vom 10.01.2018

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Az. II7/6524.03-1/42
2161-A
2161-A
Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz
(VJuSchG)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Arbeit und Soziales, Familie und Integration
vom 10. Januar 2018, Az. II7/6524.03-1/42
Abschnitt 1
Allgemeines
1.
Zielsetzung und Begriffsbestimmungen
1.1
Ziel
1Mit diesen Verwaltungsvorschriften soll ein einheitlicher Vollzug des Jugendschutzgesetzes in Bayern sichergestellt werden. 2Die ohne Angabe des Gesetzes genannten Paragraphen beziehen sich auf das Jugendschutzgesetz (JuSchG).
1.2
Kooperation
1Der Vollzug des Jugendschutzgesetzes gelingt am wirkungsvollsten, wenn Jugendämter, Ordnungsämter, Polizei, Gemeinden, weitere zuständige Behörden, Schulen, Veranstalter und Gewerbetreibende zusammenarbeiten. 2Um vorhandene Ressourcen effektiv einsetzen zu können, empfiehlt es sich, bestimmte Verfahrensabläufe und Vorgehensweisen bereits im Voraus zu vereinbaren und durch entsprechende Kooperationsvereinbarungen zu untermauern. 3Die gegenseitige Information aller Stellen wirkt präventiv und trägt so dazu bei, den Jugendschutz vor Ort zu verbessern. 4In diesem Zusammenhang wird auch auf die Mitteilungspflicht des Art. 54 AGSG hingewiesen. 5Danach sollen alle Behörden sowie die Träger der freien Jugendhilfe Tatsachen, die eine Gefährdung junger Menschen annehmen lassen, dem zuständigen Jugendamt unverzüglich mitteilen.
1.3
Erziehungsbeauftragung
1.3.1
1In § 1 Abs. 1 Nr. 4 wurde mit der Gesetzesnovellierung 2003 der bisherige Begriff des „Erziehungsberechtigten“ durch den Begriff der „erziehungsbeauftragten Person“ ersetzt. 2Dies kann jede Person sein, soweit sie über 18 Jahre ist, auf Dauer oder zeitweise Erziehungsaufgaben wahrnimmt und aufgrund einer Vereinbarung mit der personensorgeberechtigten Person handelt. 3Außerdem können erziehungsbeauftragte Personen auch solche sein, die ein Kind oder eine jugendliche Person im Rahmen der Ausbildung oder der Jugendhilfe betreuen.
1.3.2
1Eine wirksame Erziehungsbeauftragung liegt unter folgenden Voraussetzungen vor: 2Die erziehungsbeauftragte Person muss volljährig sein. 3Zwischen den Eltern bzw. der personensorgeberechtigten Person und der erziehungsbeauftragten Person muss eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall tatsächlich getroffen worden sein, mit der im Rahmen eines Auftragsverhältnisses die Aufsichtspflicht als Teil der Personensorge übertragen wird. 4Die Verantwortung über die sorgfältige Auswahl der erziehungsbeauftragten Person obliegt den Eltern bzw. den personensorgeberechtigten Personen. 5Die Vereinbarung ist darzulegen, die Schriftform wird empfohlen. 6Es genügt nicht, dass die Personensorgeberechtigten eine Blankovollmacht erteilen und der Minderjährige den Namen der erziehungsbeauftragten Person ergänzt.
1.3.3
1Die erziehungsbeauftragte Person muss dem Erziehungsauftrag und den damit verbundenen Aufsichtspflichten nachkommen können. 2Sie muss die Aufsichtspflicht tatsächlich wahrnehmen und objektiv in der Lage sein, den anvertrauten jungen Menschen zu leiten und zu lenken. 3Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn die erziehungsbeauftragte Person nicht (mehr) anwesend ist oder infolge Alkohol- oder Drogenkonsums objektiv nicht mehr in der Lage ist, die vereinbarten Aufsichtspflichten zu übernehmen. 4Wenn die benannte Person in einem anderen Raum angetroffen wird, muss zunächst geklärt werden, ob diese nur kurz den Raum verlassen hat und sich nur vorübergehend woanders befindet oder ob sie sich dauerhaft von dem zu beaufsichtigenden Minderjährigen entfernt hat. 5Bei einem dauerhaften Aufenthalt in einem anderen Raum, der nachgewiesen werden muss, läge ein Verstoß gegen die Bestimmungen des JuSchG vor. 6Bei einer nur vorübergehenden Entfernung von dem Minderjährigen liegt noch kein Verstoß vor, da die erziehungsbeauftragte Person grundsätzlich noch in der Lage ist, den ihr übertragenen Aufgaben gerecht zu werden.
1.3.4
1Die Einsetzung des Veranstalters, Gastwirts oder von diesen beauftragten Personen als „erziehungsbeauftragte Person“ ist nicht möglich, da hier ein Interessenskonflikt vorliegt. 2Eine effektive Wahrnehmung des Erziehungsauftrags und der Beaufsichtigung dürften ebenso kaum möglich sein.
1.3.5
1Jugendleiter oder Jugendleiterinnen sind nur dann kraft Gesetzes erziehungsbeauftragte Person, wenn sie genau in dieser Funktion mit den Jugendlichen eine Unternehmung machen oder eine Veranstaltung besuchen. 2In allen anderen Fällen ist auch für Jugendleiter eine Beauftragung durch die Eltern notwendig.
1.3.6
1Hinsichtlich der Frage bis zu wie viele Kinder bzw. Jugendliche von einer Person beaufsichtigt werden können, sind vor allem die örtlichen Gegebenheiten und die Art der Veranstaltung zu berücksichtigten. 2So werden zum Beispiel bei einem Konzert mit Sitzplätzen mehr Kinder beaufsichtigt werden können als bei einem Besuch in einer großen, eventuell sogar auf mehrere Bereiche oder Ebenen aufgeteilten Diskothek.
1.3.7
1Auch bei Eltern und der erziehungsbeauftragten Person kommt selbst eine Ordnungswidrigkeit in Betracht, wenn sie ihre Aufsichtspflichten im Rahmen einer „Erziehungsbeauftragung“ verletzen. 2Schließlich kann durch die Aufsichtspflichtverletzung ein Verhalten eines Kindes oder einer jugendlichen Person herbeigeführt oder gefördert werden, das durch ein Verbot im JuSchG verhindert werden soll (§ 28 Abs. 4).
1.4
Trägermedien
Trägermedien sind Medien mit Texten, Bildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern (Offline-Medien), wie zum Beispiel Bücher, Zeitschriften, Comics, Tonträger, CDs, DVDs, USB-Sticks, Spielautomaten etc.
1.5
Telemedien
1Telemedien sind alle nicht gegenständlichen Medien, die über elektronische Informations- und Kommunikationsdienste zugänglich gemacht werden. 2Hierzu zählen insbesondere Internet-Dienste (Online-Medien) wie Internetseiten, Chat, E-Mail, Messenger, Online-Games und Video-on-demand, aber auch der Teletext. 3Als Übermitteln oder Zugänglichmachen gilt das Bereithalten von eigenen oder fremden Inhalten. 4Rundfunksendungen (Fernsehen und Radio) gehören nicht zu den Telemedien.
1.6
Versandhandel
1Unter den Begriff Versandhandel fallen zum Beispiel Internet-Shopping, Tele-Shopping und Katalogversand. 2Versandhandel ist nur zulässig, falls durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt. 3Zum Versandhandel siehe die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel in der Anlage 1.
1.7
Verheiratete Jugendliche
1Die Vorschriften der §§ 2 bis 14 gelten nicht für verheiratete Jugendliche (§ 1 Abs. 5). 2Die Regelungen der §§ 15 ff. (Schutz vor jugendgefährdenden Medien) sind jedoch auch auf sie anzuwenden.
2.
Prüfungs- und Nachweispflicht
Auf die Hinweise bei Nr. 4 zur Kontrolle der Aufenthaltsbeschränkungen durch den Gewerbetreibenden bzw. Veranstalter wird hingewiesen.
2.1
Nachweispflicht
2.1.1
Die Betroffenen haben die Pflicht, ihr Lebensalter in geeigneter Weise nachzuweisen, zum Beispiel durch entsprechende Ausweispapiere oder andere Dokumente mit Lichtbild (Personalausweis, Führerschein oder ähnlich).
2.1.2
1Erziehungsbeauftragte Personen haben gemäß § 2 Abs. 1 ihre Beauftragung auf Verlangen darzulegen, möglichst in Schriftform. 2Diese sollte folgende Angaben enthalten: Name, Geburtsdatum und Anschrift des Kindes bzw. Jugendlichen und der erziehungsbeauftragten Person. 3Des Weiteren sollten Name, Anschrift und Telefonnummer der Eltern aufgeführt werden, unter welcher sie für Nachfragen oder für den Notfall zu erreichen sind, sowie Datum, Ort bzw. Name der Veranstaltung und Angaben über den Zeitraum, für den die Beauftragung gilt.
2.1.3
1Die Hinterlegung des Personalausweises beim Gewerbetreibenden oder Veranstalter zu Kontrollzwecken ist unzulässig, weil das Personalausweisgesetz (PAuswG) seit dem 1. November 2010 in § 1 Abs. 1 Satz 3 PAuswG vorsieht, dass „vom Ausweisinhaber nicht verlangt werden darf, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben“. 2Auch Kopien oder Fotos des Personalausweises nach § 20 Abs. 2 PAuswG dürfen nicht verlangt oder angefertigt werden, da sie nicht erforderlich sind. 3Schließlich genügt bereits die Vorlage des Personalausweises zur Alterskontrolle.
2.1.4
1Es wird empfohlen, dass Minderjährige sich unter Vorlage ihres Personalausweises oder eines sonstigen Dokuments namentlich (Familien- und Vorname) in eine Anwesenheitsliste eintragen, die auf der jeweiligen Veranstaltung ausgelegt wird, um die Kontrolle der jugendschutzrechtlichen Vorgaben zu ermöglichen. 2Die Eintragungen sind mittels des Ausweises zu überprüfen. 3Entsprechend der Größe und dem Zuschnitt der Veranstaltung ist für den Ordnungsdienst geeignetes und ausreichend qualifiziertes Personal in genügender Anzahl einzusetzen. 4Die Kontrolle der zeitlichen Aufenthaltsbeschränkungen (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 und 2) sollte zum gesetzlich vorgegebenen Zeitpunkt stattfinden. 5Um sicherzustellen, dass alle unbegleiteten Minderjährigen die Veranstaltung tatsächlich verlassen haben, sollten die Minderjährigen beim Verlassen der Gaststätte bzw. Veranstaltung aus der Liste gestrichen werden. 6Verbliebene Minderjährige sind zum Verlassen aufzufordern; gegebenenfalls sind Anwesenheitskontrollen durchzuführen. 7Die Anwesenheitsliste sollte nur den für die Kontrollen zuständigen Personen zugänglich sein und ist aus Gründen des Datenschutzes nach Abschluss der Kontrollen zu vernichten.
2.1.5
1Um sicherzustellen, dass die Jugendlichen ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person die Lokalität bzw. die Veranstaltung zum vorgegebenen Zeitpunkt verlassen, kann – zusätzlich zur Vorlage des Personalausweises beim Eintritt – bspw. die Hinterlegung eines Schülerausweises oder eines mit Lichtbild versehenen Ausweises eines Verkehrsverbunds verlangt werden. 2Die hinterlegten Ausweise sind sicher aufzubewahren und sollen nur den für die Kontrolle zuständigen Personen zugänglich sein. 3Hilfreich ist auch die Kennzeichnung der unterschiedlichen Altersgruppen mit verschiedenen, farbigen Armbändern, die nicht geöffnet und wieder verschlossen werden können. 4Grundsätzlich bleibt es aber den Gewerbetreibenden und Veranstaltern überlassen, wirksame Maßnahmen zur Alterskontrolle zu treffen.
2.2
Prüfungspflicht
1Veranstalter und Gewerbetreibende haben keine generelle Prüfungspflicht, sondern müssen lediglich in Zweifelsfällen das Lebensalter bzw. die Erziehungsbeauftragung überprüfen. 2Zur Überprüfung sind sie berechtigt, sich Ausweispapiere zeigen zu lassen. 3Ein Zweifelsfall liegt dann vor, wenn sich aus dem äußeren Erscheinungsbild, aus Äußerungen oder dem Verhalten Anhaltspunkte für das Nichterreichen der Altersgrenze ergeben. 4Das Risiko einer Fehleinschätzung hinsichtlich des Zweifelsfalles liegt beim Veranstalter bzw. Gewerbetreibenden.
3.
Bekanntmachung der Vorschriften
3.1
Aushang der einschlägigen Vorschriften
1Nach dem Gesetzeswortlaut und dem Sinn der Vorschrift wird verlangt, dass diejenigen (aktuellen) Vorschriften schriftlich bekannt gemacht werden, die die jeweilige Betriebseinrichtung bzw. Veranstaltung betreffen (Aushangpflicht). 2Aushänge können bei der Aktion Jugendschutz Bayern bezogen werden (www.bayern.jugendschutz.de). 3Bei Nichtbeachtung oder Zuwiderhandlung kann nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 ein Bußgeld verhängt werden.
3.2
Kino, Film- und Spielprogramme
1Eine Verpflichtung, bereits bei der Werbung und Ankündigung von Filmen in Schaukästen, durch Inserate oder Plakatanschläge die Altersfreigabe des Filmes bekannt zu machen, besteht nicht. 2§ 3 Abs. 2 Satz 3 regelt nur die inhaltliche Ausgestaltung der Werbung für Filme, Film- und Spielprogramme, das heißt, wie geworben werden darf. 3Verboten ist jede Werbung, die auf jugendbeeinträchtigende Inhalte hinweist oder die in jugendbeeinträchtigender Weise erfolgt (vgl. § 14 Abs. 1). 4Dabei reicht es aus, wenn dies nur für eine der in § 14 in Bezug genommenen Altersgruppen der Fall ist. 5Die Bestimmung, dass nicht auf jugendbeeinträchtigende Inhalte hingewiesen werden soll, darf jedoch nicht so eng ausgelegt werden, dass die Meinungsfreiheit unzulässig eingeengt wird – so muss werbende Filmkritik darauf hinweisen dürfen, dass ein Kriegsfilm oder Western die Gefechtsszenen ausführlich und im Einzelnen darstellt oder dass in einem Erotikfilm Nacktszenen zu finden sind. 6Entscheidend ist, dass diese Hinweise in der Werbung informativ und nicht reißerisch gegeben werden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25. Februar 1980, Az. 3 Ob OWi 3/80). 7Satz 3 ersetzt jedoch nicht die Prüfung, ob überhaupt geworben werden darf. 8Dies bestimmt sich nach § 15 Abs. 5 JuSchG bzw. § 184 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1988, Az. 1 StR 395/88, NJW 1989, S. 409 ff.).
Abschnitt 2
Jugendschutz in der Öffentlichkeit
4.
Gaststätten
4.1
Aufenthalt in Gaststätten
4.1.1
1§ 4 Abs. 1 regelt nur den Aufenthalt, nicht aber sonstige Gefährdungstatbestände nach dem Jugendschutzgesetz. 2Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 darf Jugendlichen ab 16 Jahren der Aufenthalt in Gaststätten ohne Begleitung einer personensorgeberechtigen oder erziehungsbeauftragten Person in der Zeit von 24.00 Uhr bis 5.00 Uhr morgens nicht gestattet werden. 3Gewerbetreibende und Veranstalter sind verpflichtet, die zeitlichen Aufenthaltsbegrenzungen für Minderjährige zu beachten und sicherzustellen, dass die Jugendlichen die Gaststätten und Veranstaltungen rechtzeitig verlassen. 4Für den Fall, dass der überwiegende Teil der Gäste 16 oder 17 Jahre alt ist, ist zu überlegen, ob nicht spezielle Veranstaltungen für diese Altersgruppe angeboten werden sollten, die um 24.00 Uhr beendet werden.
4.1.2
1Die Definition einer Gaststätte findet sich in § 1 des Gaststättengesetzes (GastG). 2Ein Gaststättengewerbe im Sinn des GastG betreibt, wer im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft), wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 Abs. 1 GastG). 3Bei der Beurteilung, ob es sich um eine Gaststätte handelt, ist der Gesamtcharakter der Örtlichkeit zu berücksichtigen. 4Auch Bierzelte fallen unter den Begriff der Gaststätte.
4.1.3
1Die Aufenthaltsbeschränkung bezieht sich grundsätzlich nur auf den Ort, an dem Alkohol ausgeschenkt wird. 2So wird eine Sportstätte, wie zum Beispiel ein Fußball- oder Eisstadion, nicht bereits deshalb insgesamt zu einer Gaststätte, nur weil an verschiedenen Kiosken Getränke ausgeschenkt werden.
4.1.4
1Ein Gaststättengewerbe betreibt auch, wer als selbstständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 Abs. 2 GastG). 2Gleichgestellt sind Vereine und Gesellschaften, selbst wenn sie kein Gewerbe betreiben (§ 23 Abs. 1 GastG). 3Von dieser Regelung sind insbesondere auch Vereins- und Scheunenfeste umfasst.
4.1.5
Hinsichtlich von Partyveranstaltungen wird auf die Ausführungen unter Nr. 7 verwiesen.
4.2
Vorgaben des GastG für Alkoholabgabe
4.2.1
1Nach dem GastG ist der Ausschank an erkennbar Betrunkene verboten (§ 20 Nr. 2 GastG). 2Zudem muss zum günstigsten Preis auch ein alkoholfreies Getränk angeboten werden (§ 6 GastG). 3Der Preisvergleich erfolgt hierbei auf der Grundlage des hochgerechneten Preises für einen Liter der betreffenden Getränke. 4Im Übrigen wird hinsichtlich der Unzulässigkeit gastronomischer Vermarktungskonzepte, die geeignet sind, den Missbrauch oder den übermäßigen Konsum von Alkohol zu begünstigen, insbesondere All-inclusive- und Flatrate Veranstaltungen, sowie hinsichtlich des Verfahrens bei Gestattungen auf das Rundschreiben des Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vom 16. Mai 2007, Az. IV/3-4100/582/1, verwiesen (siehe Anlage 2).
4.2.2
1Für Feste und Veranstaltungen von Vereinen und sogenannten nicht kommerziellen Veranstaltern sind in der Regel Gestattungen nach § 12 GastG durch die Gemeinden (§ 1 Abs. 2 BayGastV) erforderlich; darunter fallen zum Beispiel Scheunenfeste etc. 2Die Jugendämter sind von den Gemeinden frühzeitig vor der Entscheidung über einen Antrag im Sinn des § 2 Abs. 1 BayGastV zu beteiligen.
4.2.3
Falls eine Veranstaltung gemäß GastG lediglich anzeigepflichtig ist, wird die gaststättenrechtlich zuständige Behörde das Jugendamt frühzeitig beteiligen (Schreiben des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 24. Oktober 2016, Az. 33-4100/760/1, siehe Anlage 3).
4.3
Einnahme einer Mahlzeit oder eines Getränks
1Ein zeitweiliger Aufenthalt darf Kindern und Jugendlichen zur Einnahme einer Mahlzeit oder eines Getränks gestattet werden. 2Keinesfalls können Kinder und Jugendliche den hierfür erforderlichen Aufenthalt nach ihrem Belieben verlängern.
4.4
Veranstaltung von Trägern der Jugendhilfe
1Die Ausnahme betrifft nur den Aufenthalt, nicht aber die sonstigen Beschränkungen nach dem JuSchG, wie zum Beispiel für Alkoholabgabe. 2Gemäß dem Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 muss es sich um eine Veranstaltung eines Trägers der Jugendhilfe handeln und Jugendliche müssen die Zielgruppe der Veranstaltung sein. 3Unter „anerkannter Träger der Jugendhilfe“ fallen neben den anerkannten Trägern auch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wie die Landkreise, kreisfreien und kreisangehörigen Gemeinden (Art. 15 und 30 AGSG). 4Dies umfasst auch organisatorisch eingebundene Jugendorganisationen dieser Träger. 5Gemeinden, Schulen und Schülermitverwaltungen sind keine Träger der Jugendhilfe. 6Für deren Veranstaltungen sind jedoch Ausnahmen möglich (Nr. 4.7).
4.5
Kinder und Jugendliche auf Reisen
1Auf Reisen befinden sich auch solche Kinder und Jugendliche, die für den Weg von der Wohnung zur Schule oder zum Arbeitsplatz Verkehrsmittel benutzen und Gaststätten zur Überbrückung notwendiger Wartezeiten aufsuchen. 2Dabei sollen die Dauer der Fahrt und die Wartezeit bis zum nächsten Anschluss maßgeblich berücksichtigt werden.
4.6
Nachtbars und Nachtclubs und vergleichbare Vergnügungsbetriebe
Vergleichbare Vergnügungsbetriebe sind insbesondere Bordelle, Striptease-Bars oder Swingerclubs.
4.7
Ausnahmegenehmigungen
1Gemäß § 4 Abs. 4 kann der Aufenthalt in Gaststätten in Ausnahmefällen gestattet werden. 2Da es sich nach dem Gesetzeswortlaut nur um Ausnahmen handeln kann, sind Dauergenehmigungen unzulässig. 3Von einer Ausnahmegenehmigung kann nur dann gesprochen werden, wenn sie sich auf höchstens fünf Veranstaltungen innerhalb eines Jahres bezieht. 4Insofern sind einschränkende Anordnungen für den Besuch von Kindern und Jugendlichen zu treffen, wenn diese notwendig sind, um einer Gefahr für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl zu begegnen.
5.
Tanzveranstaltungen
5.1
Begriff
5.1.1
1Ob eine öffentliche Tanzveranstaltung gegeben ist, bestimmt sich immer nach der tatsächlichen Ausgestaltung im Einzelfall aus Sicht eines objektiven Betrachters. 2Von Tanzveranstaltungen ist – unabhängig von der Bezeichnung – dann auszugehen, wenn aufgrund der Intention der Veranstaltung bzw. des Veranstalters getanzt werden soll oder getanzt werden kann (zum Beispiel: eine Tanzfläche ist vorhanden und entsprechende Musik wird gespielt). 3Wird allerdings spontan getanzt, ohne dass dies vom Veranstalter vorgesehen ist oder er dazu animiert (zum Beispiel bei Volksfesten, Straßenfesten, Faschingssitzungen), ist § 5 nicht einschlägig. 4Bei Pop- und Rockkonzerten handelt es sich nicht um Tanzveranstaltungen im Sinn der Vorschrift. 5Diese sind gegebenenfalls über § 7 zu regeln (vgl. Nr. 7).
5.1.2
1Eine Veranstaltung ist dann öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis der Personen bestimmt ist oder die Teilnehmer untereinander persönlich verbunden sind. 2Öffentlich ist eine Tanzveranstaltung somit, wenn der Teilnehmerkreis nicht näher bestimmbar ist, das heißt, wenn vor Beginn der Veranstaltung eine personenmäßige Auflistung aller etwaigen Teilnehmer nicht möglich ist. 3Die Öffentlichkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass Eintrittskarten verkauft werden oder der Zutritt an besondere Bedingungen geknüpft wird, die jedermann erfüllen kann.
5.1.3
1Eine zusätzliche Problematik bei Tanzveranstaltungen, insbesondere in Diskotheken, kann sich durch den Einsatz von Lasergeräten sowie durch den hohen Lautstärkepegel ergeben (vgl. hierzu die Ausführungen bei Nr. 7). 2Auf die Hinweise bei Nr. 4 zur Kontrolle der Aufenthaltsbeschränkungen durch den Gewerbetreibenden bzw. Veranstalter wird hingewiesen.
5.2
Veranstaltung von Trägern der Jugendhilfe
Insofern wird auf die Ausführungen unter Nr. 4.4 verwiesen.
5.3
Künstlerische Betätigung
1Eine künstlerische Betätigung liegt dann vor, wenn das Tanzen über den reinen Unterhaltungszweck hinaus geht und ein gewisses künstlerisches Niveau hat. 2Daran sollten jedoch keine professionellen Ansprüche geknüpft sein. 3Unerheblich ist, ob die künstlerische Betätigung für eine Aufführung vor Publikum bestimmt ist oder nicht. 4Für die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Aufführungen sind gegebenenfalls zusätzlich die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) zu beachten.
5.4
Brauchtumspflege
1Bei Veranstaltungen zur Brauchtumspflege ist der Gesamtcharakter der Veranstaltung maßgeblich. 2So dienen Faschingsbälle nicht schon dann der Brauchtumspflege, wenn nur der Auftritt einer Prinzengarde einem Brauchtum entspricht. 3Insbesondere Volkstanzfeste dienen dagegen grundsätzlich der Brauchtumspflege.
5.5
Ausnahmegenehmigung
1Gemäß § 5 Abs. 3 kann die zuständige Behörde Ausnahmen genehmigen. 2Das Jugendamt entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Interesse des Wohles der Kinder und Jugendlichen. 3Im Rahmen der Ausnahmegenehmigung können Auflagen gemäß § 7 erteilt werden. 4Da es sich nach dem Gesetzeswortlaut nur um Ausnahmen handeln kann, sind Dauergenehmigungen unzulässig (siehe Nr. 4.7).
6.
Spielhallen, Glücksspiele
6.1
Anwesenheitsverbot
6.1.1
Abs. 1 enthält ein Anwesenheitsverbot für Kinder und Jugendliche in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen, vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen.
6.1.2
1Es kann auf die Definition der Spielhalle in § 33i der Gewerbeordnung (GewO) zurückgegriffen werden. 2Um eine Spielhalle oder einen ähnlichen Betrieb handelt es sich dann, wenn die Räume ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten dienen. 3Eine öffentliche Spielhalle ist daher ein Betrieb (unabhängig von der Bezeichnung), der öffentlich zugänglich ist (zum Begriff „öffentlich“ siehe die Ausführungen zu Nr. 5), in dem sich der Gast nach Belieben betätigen kann, dessen Schwerpunkt im Bereitstellen der Spielgeräte liegt (und nicht in körperlicher Ertüchtigung wie Tischtennis, Billard oder Darts und auch nicht im Verzehr von Speisen oder Getränken). 4Der Spielhalleneigenschaft steht nicht entgegen, dass der Raum nur über eine Gaststätte erreicht werden kann (zu den Kriterien vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Dezember 1982, Az. 1 C 71/79).
6.1.3
1Das Anwesenheitsverbot für Kinder und Jugendliche gilt generell und ist raum- und nicht betriebsbezogen. 2Auch Ausbildungszwecke (zum Beispiel Erlernen des Elektrohandwerks in einer Spielhalle) bilden keine Ausnahme (siehe § 22 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG). 3E-Sport-Clubs und E-Sport-Veranstaltungen fallen in der Regel nicht unter den Spielhallenbegriff. 4Gegebenenfalls sollten Zutrittsbeschränkungen gemäß § 7 erlassen werden.
6.1.4
1Zu Räumen, die vorwiegend dem Spieltrieb dienen, zählen auch Wettvermittlungsstellen (Wettbüros), in denen Sportwetten hauptgeschäftlich vermittelt werden (anderer Ansicht allerdings Gutknecht/Roll, in: Nikles u. a., Jugendschutzrecht, 3. Auflage 2011, § 6 Rn. 6). 2Verstöße werden vorrangig von der Glücksspielaufsicht sanktioniert.
6.2
Spiele mit Gewinnmöglichkeit
6.2.1
1§ 6 Abs. 2 regelt die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in bestimmten Fällen. 2„Spiel“ ist das Eingehen eines Risikos zur Gewinnerzielung, das heißt zur Erlangung eines objektiven materiellen Werts, dazu gehören auch gewerbliche Wetten und Lotterien.
6.2.2
1Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 der Spielverordnung (SpielV) liegt die Wertgrenze für Waren von geringem Wert bei 60 Euro. 2Die Teilnahme an Kartenspielturnieren, wie zum Beispiel „Preis-Schafkopfen“, ist Kindern und Jugendlichen ebenfalls nach § 6 Abs. 2 untersagt, da es sich hier meist nicht mehr um „Gewinne in Waren von geringem Wert“ handelt.
6.2.3
1Freizeit- und Vergnügungsparks sind trotz ähnlicher Angebote keine ausnahmefähigen, den Volksfesten „ähnliche Veranstaltungen“, weil sie dauerhafte Einrichtungen sind. 2Grundsätzliche Ausführungen zum Aufstellen von Geldspielautomaten finden sich in der SpielV.
7.
Jugendgefährdende Gewerbebetriebe und Veranstaltungen (zu § 7)
7.1
Generalklausel zum Schutz vor Beeinträchtigungen und Gefährdungen
7.1.1
1Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, kann die zuständige Behörde nach § 7 vorgehen. 2Sie kann in diesen Fällen den Aufenthalt von Minderjährigen verbieten bzw. Altersgrenzen, zeitliche Aufenthaltsbegrenzungen oder andere Auflagen anordnen, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird. 3Mit dieser Bestimmung soll Gefährdungen und auch Beeinträchtigungen begegnet werden können, die von den vorangehenden Paragraphen nicht erfasst werden.
7.1.2
1Im Einzelfall kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 VwGO zur Durchsetzung der Auflagen notwendig werden. 2Die Anordnung des Jugendamtes ist eine Ermessensentscheidung. 3Maßstab ist, ob eine unmittelbare Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen droht. 4Die Bestimmung ist beispielsweise auch anwendbar, um den Zugang zu Veranstaltungen mit möglicherweise jugendgefährdendem Inhalt bzw. Verlauf zu verhindern. 5Auflagen nach § 7 bieten sich in den Fällen an, in denen das Jugendamt nach § 4 Abs. 4 (Besuch von Gaststätten) bzw. § 5 Abs. 3 (Tanzveranstaltungen) Ausnahmen von den Zugangs- und Zeitbeschränkungen erteilen möchte, die das Gesetz für den Besuch von solchen Örtlichkeiten oder Veranstaltungen vorsieht.
7.1.3
1Im Folgenden werden solche Auflagen daher exemplarisch aufgelistet. 2Entsprechend der Art der Veranstaltung können erforderliche Anordnungen ausgewählt werden, die einen geeigneten Rahmen schaffen, der sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche solche Veranstaltungen ohne körperliche oder psychische Beeinträchtigungen besuchen können.
7.1.4
1Um mögliche Gefährdungspotenziale zu erkennen und bereits im Vorfeld durch entsprechende Auflagen ausschließen bzw. einschränken zu können, empfiehlt sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Veranstaltern und den beteiligten Behörden. 2Dabei sollten konkret auf den jeweiligen Einzelfall bezogen insbesondere Ziel, Zielgruppe, voraussichtliche Besucherzahl und etwaige Besonderheiten der Veranstaltung erörtert werden. 3Die frühzeitige Beteiligung des Jugendamtes dient dem besseren Schutz von Minderjährigen vor den Gefahren des Alkoholkonsums. 4Gerade im Umfeld von Vereinsfeiern, Dorffesten und ähnlichen Veranstaltungen ist vermehrt ein übermäßiger Alkoholkonsum von Minderjährigen zu beobachten. 5Durch die verbindliche Beteiligung der Jugendämter erhalten diese frühzeitig Kenntnis und können bereits im Vorfeld Auflagen gemäß § 7 festlegen, um Gefahren für Minderjährige zu vermeiden.
7.2
Mögliche Auflagen für Veranstaltungen
1Der Veranstalter muss durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die Jugendschutzbestimmungen auch tatsächlich eingehalten werden. 2Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, wenn diese Maßnahmen neben den gesetzlichen Anforderungen konkret bestimmt und als Auflagen formuliert werden. 3Bei als zuverlässig bekannten Veranstaltern kann gegebenenfalls auch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung ausreichend sein. 4Neue Freizeitangebote wie zum Beispiel Escape Rooms oder Spiele mit Virtual-Reality-Brillen sollten genau beobachtet werden.
7.2.1
Jugendschutzbeauftragter
1Vielfältige Erfahrungen zeigen, dass es sehr sinnvoll ist, den Veranstalter nicht nur zu verpflichten, eine verantwortliche Person für die gesamte Veranstaltung zu benennen, sondern auch mindestens eine volljährige Person, die während der ganzen Veranstaltung anwesend ist und darauf zu achten hat, dass sowohl die Jugendschutzbestimmungen als auch die Auflagen eingehalten werden (Jugendschutzbeauftragter). 2Dieser muss nüchtern bleiben, damit er seiner Verantwortlichkeit tatsächlich gerecht werden kann.
7.2.2
Ordnungsdienstkräfte
1Es sollten geeignete Ordnungsdienstkräfte oder anderes Funktionspersonal in ausreichender Zahl benannt werden, die den Ablauf der Veranstaltung und die Einhaltung der Gesetze und Auflagen nach Weisung der Verantwortlichen gewährleisten. 2Eine Orientierungsgröße für die Anzahl des benötigten Personals ist drei Ordner pro 100 Besucher. 3Das Personal sollte volljährig und muss nüchtern sein. 4Bei Großveranstaltungen oder problematischen Veranstaltungen bietet sich dabei ein professioneller Sicherheitsdienst an. 5Ebenso sollte darauf hingewiesen werden, dass die Haftung des Veranstalters davon unbenommen ist, es sei denn, er hat sich bei der Auswahl, der Schulung, der Einweisung bzw. stichpunktartigen Kontrolle der Aufsicht nichts vorzuwerfen.
7.2.3
Eingangskontrolle
1Eine Eingangskontrolle (vor der Kasse) sollte im Eingangsbereich bis zum Ende der Veranstaltung bindend vorgeschrieben werden (auch wenn kein Eintritt verlangt wird). 2Sinnvoll ist es zwei Eingangsbereiche zu schaffen, einen für minderjährige Besucher und einen für Erwachsene. 3Das jeweilige Alter sollte durch Vorlage des Personalausweises oder eines anderen behördlichen Dokuments an der Kasse nachgewiesen werden. 4Hierzu wird im Übrigen auf die Hinweise zu Nr. 4 verwiesen. 5Die jeweiligen Altersgruppen sollten mit unterschiedlichen fälschungssicheren Armbändern gekennzeichnet werden. 6Da die Getränkepreise auf Veranstaltungen regelmäßig teurer sind als die Preise für selbstgekaufte Produkte, ist das Phänomen des „Parkplatztrinkens“ keine Seltenheit. 7Es hat sich insofern bewährt, den vollständigen Eintrittspreis beim erneuten Eintritt in die Veranstaltung zu verlangen. 8Auf diese Weise wird verhindert, dass Jugendliche die Veranstaltung zwischenzeitlich verlassen, um außerhalb des Geländes Alkohol zu konsumieren. 9Um exzessiven Alkoholkonsum zu unterbinden, sollte zudem das Ordnungs- und Sicherheitspersonal in regelmäßigen Abständen das umliegende Gelände nach versteckten alkoholischen Getränken absuchen.
7.2.4
Beschränkungen der Alkoholabgabe
1Erkennbar Betrunkene dürfen keinen Zutritt zu der Veranstaltung erhalten. 2Die Mitnahme von Getränkeflaschen und Rucksäcken sollte unterbunden werden, um ein „Einschmuggeln“ von Alkoholika verhindern zu können. 3Das Ausschankpersonal muss volljährig und stets nüchtern sein. 4Die Mitarbeiter sollten vor der Veranstaltung zu den Jugendschutzbestimmungen geschult und angewiesen werden, das Alter der jugendlichen Besucher zu kontrollieren. 5Sofern sich die Veranstaltung vorrangig an Jugendliche richtet, sollte die Abgabe von Spirituosen und von spirituosenhaltigen alkoholischen Mixgetränken untersagt werden, da deren Weitergabe an Minderjährige oftmals nicht kontrolliert werden kann. 6Ebenso sollte generell die Einrichtung vom „Schnapsbars“ unterbunden werden. 7Sollte ein generelles Verbot nicht angemessen erscheinen, ist eine deutliche räumliche Trennung des (Schnaps-)Barbereichs ebenso sinnvoll wie ein diesbezügliches Zutrittsverbot für Minderjährige. 8Spirituosen sollten nicht in Flaschen, sondern nur in Gläsern abgegeben werden, um die Weitergabe an Jugendliche zu vermeiden. 9Sammelbestellungen von Spirituosen sollten aus diesem Grund ebenfalls unterbunden werden. 10Alle Maßnahmen zur Trinkanimation wie Flatrates, Trinkspiele, „Kübelsaufen“ oder sonstige Maßnahmen, die geeignet sind, dem Alkoholmissbrauch Vorschub zu leisten, sind zu unterlassen. 11Dies ergibt sich zudem aus § 20 Nr. 2 GastG. 12In geeigneten Fällen bietet sich auch ein gänzliches Alkohol- und Rauchverbot auch für alle Gäste an; dies gilt insbesondere für Veranstaltungen, die überwiegend von Kindern besucht werden.
7.2.5
Aufenthaltsbeschränkungen
1Der Veranstalter muss dafür Sorge tragen, dass Jugendliche und Kinder die Veranstaltung entsprechend den gesetzlichen Zeitgrenzen verlassen. 2Der Veranstalter sollte insofern verpflichtet werden, an den jeweiligen Zeitgrenzen Anwesenheitskontrollen durchzuführen. 3Dazu sollte die Musik beendet, eine entsprechende Durchsage gemacht und das Licht angeschaltet werden. 4Es empfiehlt sich, bereits halbstündlich vor den entsprechenden Uhrzeiten durchzusagen, dass die Altersgruppen unter 16 bzw. 18 Jahren aufgefordert werden, die Veranstaltung rechtzeitig zu verlassen. 5Der Veranstalter sorgt im Idealfall für einen preisgünstigen Heimbringdienst für die Besucher und Besucherinnen, zum Beispiel Buspendelverkehr.
7.2.6
Notfallpläne
1Notfallpläne für besondere Fälle sind vorzulegen. 2Es muss sichergestellt sein, dass Hilfsdienste (Sanitäter, Feuerwehr, Polizei) jederzeit telefonisch verständigt werden können. 3Zu klären ist zudem der Umgang mit Personen, bei denen massive alkoholbedingte Ausfallerscheinungen festzustellen sind.
7.2.7
Werbung
1Auflagen, wie für die geplante Veranstaltung geworben werden darf, sind ebenfalls sinnvoll. 2Wenn die Möglichkeit besteht, sollte im Vorfeld bereits Einfluss darauf genommen werden, wie für die jeweilige Veranstaltung geworben wird. 3Für Veranstaltungen, die gezielt mit übermäßigen Alkoholkonsum und billigen alkoholischen Getränken werben, sollten grundsätzlich keine Genehmigungen erteilt werden (siehe § 20 Nr. 2 GastG – gesetzliche Verpflichtung des Veranstalters). 4Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, den Veranstalter zu verpflichten, bereits bei der Werbung auf die Jugendschutzbestimmungen hinzuweisen.
7.2.8
Berichtspflichten
1Es ist sinnvoll, dass die Veranstalter verpflichtet werden, nach dem Ende der Veranstaltung eine Auswertung des Veranstaltungsverlaufs vorzulegen. 2Daneben dient diese Rückmeldung zur Analyse von Schwachstellen und zur besseren Abstimmung der Auflagen auf die jeweilige Veranstaltung. 3Erfahrungen aus der Praxis zeigen zudem, dass es sich für einen reibungslosen Verlauf einer Veranstaltung bewährt hat, wenn man sich im Vorfeld von Veranstaltungen gemeinsam mit dem Ordnungsdienst, der Brandsicherheits- und Sanitätswache, mit der Polizei, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst über ein gemeinsames Vorgehen bei Gefahren oder Vorfällen abstimmt (siehe hierzu § 38 Abs. 3 der Versammlungsstättenverordnung – VStättV).
7.3
Konzerte
1Konzerte oder Open-Air-Festivals sind in der Regel nicht als Tanzveranstaltungen, sondern als öffentliche Veranstaltungen zu klassifizieren. 2Nach § 7 können Einschränkungen und Auflagen erteilt werden, um Gefährdungen für Kinder und Jugendliche auszuschließen, die zum Beispiel durch Lautstärke, aggressivitäts- und erregungssteigernde Bühnenshows oder jugendbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Texte auftreten können.
7.3.1
Filmvorführungen
1Filme, Werbefilme oder Videoclips, die bei Konzerten gezeigt werden, müssen eine Alterskennzeichnung haben. 2Bei Konzerten, für die keine speziellen Altersbeschränkungen gelten, dürfen daher nur Filme, Clips etc. gezeigt werden, die mit „Freigegeben ohne Altersbeschränkung“ oder „Freigegeben ab sechs Jahren“ gekennzeichnet sind. 3Eine Ausnahme für die Altersgruppe bis sechs Jahren ist gerechtfertigt, da diese Altersgruppe regelmäßig von ihren Eltern beaufsichtigt wird, so dass keine nachhaltigen Beeinträchtigungen zu erwarten sind (siehe Nr. 11.1.2 Satz 4).
7.3.2
Geräuschpegel
1Zum präventiven Gehörschutz empfiehlt das Umweltbundesamt eine Lautstärkenbegrenzung von 90 bis 95 dB(A) für Jugendveranstaltungen. 2Diese sollte als Auflage gemäß § 7 festgelegt werden.
7.4
Laserspiel-Anlagen
1Bei Laserspielen bekämpfen sich die Teilnehmer mittels Infrarot-Markierungsgeräten gegenseitig. 2Um die Treffer auszuwerten, tragen die Teilnehmer mit Sensoren ausgestattete Westen. 3Gespielt wird gegen Entgelt in der Regel in Hallen, in denen Hindernisse und Versteckmöglichkeiten aufgebaut sind. 4Je nach Anbieter gibt es unterschiedlich gestaltete Arenen, Kleidung, Markierungsgeräte und Spielvarianten. 5Neben futuristisch gestalteten Anlagen gibt es unter anderem militärisch gestaltete Arenen und waffenähnliche Markierungsgeräte. 6Laserspiel-Anlagen werden unter verschieden Bezeichnungen vermarktet, wie zum Beispiel Lasertag, Lasergame, Laserarena, Lasermaxx oder Funpark.
7.4.1
Pflicht zur Einzelfallprüfung
1Das Jugendamt hat in jedem Einzelfall gemäß § 7 zu prüfen, ob von einer solchen Anlage eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgeht. 2Denn zum Schutz der Minderjährigen hat das Jugendamt Auflagen zu erlassen, welche dem Veranstalter untersagen, bestimmten Altersgruppen die Teilnahme zu gewähren. 3Die Erforderlichkeit der Auflagen ist stets im Rahmen einer Gesamtschau unter Abwägung aller relevanten Aspekte des Einzelfalls zu bewerten. 4Anschließend ist durch Kontrollen sicherzustellen, dass der Veranstalter, auf dessen Veranlassung die Anlage eingerichtet wurde und der das wirtschaftliche Risiko trägt, den Auflagen Folge leistet. 5Das Jugendamt sollte gegenüber dem Bau-, Gewerbe- und dem Ordnungsamt bereits frühzeitig eine Beteiligung einfordern. 6Sie ist auch dann erforderlich, wenn der Betreiber die Laserspiel-Anlage als Sport- und Freizeitstätte (zum Beispiel Indooranlage, Funpark) angemeldet hat. 7Wenn das Jugendamt zunächst nicht beteiligt wird, können Auflagen nachträglich erlassen werden.
7.4.2
Im Regelfall: Gefährdung von Jugendlichen bis 16 Jahren
1Im Regelfall ist davon auszugehen, dass das Laserspiel für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht freigegeben werden darf, da es ihre psychische und soziale Entwicklung gefährdet. 2Denn Laserspiele weisen eine aggressivitätssteigernde Wirkung auf und können bei vulnerablen Spielern zu starken Angstreaktionen führen (VG Würzburg mit differenzierter Begründung der Wirkungsvermutung, Urteil vom 14. April 2016, Az. W 3 K 14.438). 3Aus psychologischer Sicht besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren Schaden nimmt, wenn es hauptsächlich um das möglichst häufige Markieren des gegnerischen Spielers mittels Infrarot-Signalgebern geht. 4Es kommt zu zahlreichen Duellen gegnerischer Spieler, die nur derjenige gewinnt, der schneller und besser zielt. 5Die Fokussierung auf den Gegner und auf das alleinige Ziel, diesen treffen zu müssen, führt zu einer Handlungseinengung, bei der der spielerische Charakter in den Hintergrund tritt und eine desensibilisierende und aggressionssteigernde Wirkung zu erwarten ist. 6Die folgenden belastenden Anhaltspunkte sprechen für eine Zugangsbeschränkung für Minderjährige unter 16 Jahren:
Spielmodus:
Einzelkämpfer-Modus steht zur Auswahl (jeder gegen jeden oder einer gegen alle)
keine Aufsicht und Begleitung während des Spiels
vorzeitiges Ausscheiden des Spielenden aufgrund von Treffern
keine Möglichkeit zum vorzeitigen Spielabbruch
Anlage:
Dunkelheit, Verneblung der Anlage
Stroboskoplicht, Lasereffekte, farbige Lichteffekte
spannungserzeugende Hintergrundmusik (ähnlich Actionfilmen)
Markierungsgeräte:
Handhabung der „Phaser“ waffenähnlich
Abgabe von Schüssen in schneller Abfolge hintereinander
Laserpointer
Kleidung und Sensoren:
Geräuscheffekte bei Treffern auf die Weste.
7.4.3
Anhaltspunkte für Beeinträchtigung von Jugendlichen bis 18 Jahren
1Die nachfolgend aufgelisteten Aspekte sprechen für eine Gefährdung auch von 16- und 17-Jährigen, so dass eine Zugangsbeschränkung für alle Minderjährigen erforderlich ist. 2Bei entsprechenden Anlagen kann auch ein Verstoß gegen die Menschenwürde vorliegen (BVerwG zu „Laserdrome“ vom 24. Oktober 2001, Az. 6 C 3.01, und BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2006, 6 C 17/06). 3Die Anlage ist dann gemäß Art. 7 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) zu untersagen.
Spielmodus:
Bonuspunkte für Kopfschüsse oder tödliche Treffer
kriegerische Hintergrundgeschichten
drastische Spielanweisungen (killen, vernichten, töten)
Anlage:
Kriegsszenarien, militaristische Gestaltung, zum Beispiel Nachbildung von Kampfgebieten, Panzern etc.
realitätsnahes Setting, Outdoor-Spiele (auf der Straße, im Wald oder Park)
„Selbstschussanlagen“, die Schüsse auf die Spieler abgeben
Waffengeräusche als Soundkulisse im Hintergrund
Markierungsgeräte:
Schussgeräusche, Vibrations- und Rückstoßeffekte
virtuelle Bomben oder Handgranaten, die gegen andere Spieler eingesetzt werden
Kleidung und Sensoren:
Vibrationseffekte bei Treffern auf die Weste
Ähnlichkeit mit militärischen Uniformen
Teilnehmer dürfen Outfit ohne Einschränkungen selbst bestimmen (auch Uniformen, Tarnkleidung etc.)
Tarnkleidung oder Maskierungen
Stirnbänder, die Kopftreffer ermöglichen.
7.4.4
Ausnahmefall: Zugang für Jugendliche ab 14 Jahren
1In Ausnahmefällen kann das Laserspiel bereits für Jugendliche ab 14 Jahren freigegeben werden, falls im Rahmen einer Gesamtschau eine Gefährdung dieser Altersgruppe nicht anzunehmen ist. 2Hierfür sprechen die folgenden entlastenden Anhaltspunkte:
Spielmodus:
sportlicher Wettkampf-Charakter (insb. bei Einführung)
Team-Modus
Sammeln von Punkten steht im Vordergrund
Aufsicht und Begleitung während des Spiels
Anlage:
helle und freundliche Gestaltung
realitätsfernes Setting
auch unbewegliche Ziele, nicht nur andere Spieler, sind zu treffen
keine bedrohliche Soundkulisse
Markierungsgeräte:
keine Waffenähnlichkeit
Kleidung und Sensoren:
keine Ähnlichkeit mit militärischen Uniformen
Verbot von Tarnkleidung oder Maskierungen.
7.5
E-Sports, LAN-Partys, Computerspiele-Messen
1Die Festlegung von Zugangsbeschränkungen zu E-Sport-Veranstaltungen ist als Einzelfallentscheidung gemäß § 7 vom Jugendamt zu begründen. 2Bei der öffentlichen Vorführung von Computerspielen ist neben den Einschränkungen bezüglich der Medieninhalte (Altersfreigabe) und des Gesamtkonzepts der Veranstaltung auch zu berücksichtigen, ob sonstige Gefährdungen von den Veranstaltungen für die Zuschauer ausgehen. 3Dabei sind sowohl physische als auch psychische Belastungen zu berücksichtigen. 4Gegebenenfalls kann bei Anordnungen gemäß § 7 entlastend berücksichtigt werden, ob eine Begleitung von Minderjährigen durch Personensorgeberechtigte oder Erziehungsbeauftragte erfolgt.
7.6
Kampfsport und Show-Kämpfe
1Kampfsportveranstaltungen und Show-Kämpfe können die psychische und soziale Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen gefährden. 2Daher sind im Einzelfall Altersbegrenzungen nach § 7 zu prüfen. 3Die nachstehenden Ausführungen sollen dazu dienen, eine solche Entscheidung fachlich zu begründen. 4Da die Veranstalter solche Events oft auch an mehreren Standorten in Bayern durchführen, wird ein Austausch der betroffenen Jugendämter empfohlen.
7.7
Ultimate-Fighting, Mixed Martial Arts
1Beim Ultimate-Fighting handelt es sich um echte Wettkämpfe. 2Anders als beim Wrestling werden die Kämpfe nicht überzogenen und unrealistisch inszeniert. 3Der sportive Charakter erschließt sich dem Zuschauer allerdings nicht unmittelbar, da die Kämpfe sehr brutal sind und auch Blut fließt. 4Auch der Umstand, dass die Kämpfe teilweise in einem Drahtkäfig stattfinden, verstärkt dieses Bild. 5Es gibt zwar Regeln, die schlimmen Verletzungen vorbeugen sollen, ein am Boden liegender Gegner wird aber nicht geschont. 6Die Zurschaustellung von gewaltgeprägten Kämpfen von Männern und Frauen birgt das Risiko einer desorientierenden Wirkung im Hinblick auf den Einsatz von Gewalt als effektives Mittel zur Konfliktlösung und das Risiko einer desensibilisierenden Wirkung sowie einer Beeinträchtigung der Empathiefähigkeit der Zusehenden. 7Da das Ausmaß der Gewaltdarstellungen das übliche Maß an sportlicher Gewalt erheblich überschreitet und Gewalttabus unserer Gesellschaft, wie das Einschlagen auf einen am Boden liegenden Gegner, gebrochen werden, sind Minderjährige durch den Besuch dieser Veranstaltungen in ihrer Entwicklung erheblich beeinträchtigt. 8Durch die martialischen brutalen Kämpfe in Maschendrahtkäfigen haben diese Veranstaltungen ein hohes Wirkungsrisiko. 9Bei der Abwägung aller Risiken und der wenigen relativierenden Aspekte wird man wohl im Regelfall zu dem Ergebnis gelangen, dass Kindern und Jugendlichen der Besuch einer Ultimate-Fighting-Veranstaltung untersagt werden muss.
7.8
Wrestling
7.8.1
1Beim Wrestling werden die Feindschaft zwischen den Kämpfern und wechselseitige Beleidigungen und Demütigungen inszeniert, um den Anschein echter Kämpfe und wütender Gegner zu erzeugen. 2Kampf und Gewalt werden als adäquate Mittel zur Lösung von Konflikten dargestellt. 3Eine aufpeitschende Kommentierung des Geschehens verstärkt diesen Eindruck und sorgt für eine emotional stark aufgeladene Atmosphäre. 4Aggressive, abwertende und anfeuernde Zwischenrufe aus dem Publikum sowie Schlachtgesänge heizen die Stimmung zusätzlich an.
7.8.2
1Regeln für die kämpferischen Auseinandersetzungen gibt es zwar, diese werden von den Ringrichtern aber nicht oder nur sporadisch durchgesetzt. 2Unfaire unsportliche Attacken verstärken den Eindruck eines regellosen Kampfes. 3Besonders ist zu problematisieren, dass auch Gegner, die bereits am Boden liegen, nicht geschont werden. 4Angetäuschte Sprünge auf vermeintlich kampfunfähige, hilflose Gegner sind üblicher Bestandteil einer Show. 5Dasselbe gilt für angetäuschte Tritte an den Kopf.
7.8.3
1Die Inszenierung von gewaltgeprägten Kämpfen birgt das Risiko einer desorientierenden Wirkung im Hinblick auf den Einsatz von Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung sowie das Risiko einer desensibilisierenden Wirkung auf die Zuschauer. 2Ob diese Wirkungen eintreten, hängt vor allem auch davon ab, ob das Geschehen im Ring als realitätsferne Inszenierung wahrgenommen und deshalb richtig bewertet und eingeordnet werden kann oder nicht.
7.8.4
1Die Gemeinsame Stelle Jugendschutz und Programm der Landesmedienanstalten hat bereits am 31. Juli 2000 beschlossen, dass eine Ausstrahlung von Wrestling erst ab 22.00 Uhr im Privatfernsehen erfolgen soll, da sie das Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren beeinträchtigen können. 2Diese Entscheidung sollte eine Orientierung für die Bewertung von Live-Veranstaltungen sein, ersetzt aber nicht die notwendige einzelfallspezifische Prüfung. 3Zu berücksichtigen ist dabei grundsätzlich, dass Besucher von Live-Veranstaltungen deutlich stärker der aggressiven Stimmung in den Arenen ausgesetzt sind und gegebenenfalls mitgerissen werden. 4Bei der Abwägung aller Risiken und relativierenden Aspekte wird man wohl im Regelfall zu dem Ergebnis gelangen, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren durch den Besuch einer solchen Veranstaltung in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden.
7.8.5
1Diese Risiken können allerdings minimiert werden, wenn die Jugendlichen in Begleitung einer volljährigen Begleitperson die Veranstaltung besuchen. 2Der erziehungsbeauftragte Begleiter kann helfen, das Geschehen richtig zu interpretieren und zeitnah auf problematische emotionale Reaktion der anvertrauten Minderjährigen zu reagieren. 3Auch die Risiken von Großveranstaltungen werden deutlich begrenzt. 4Der Besuch einer Wrestling-Veranstaltung von Minderjährigen ab zwölf Jahren in Begleitung eines Elternteils oder einer erziehungsberechtigten Person kann deshalb im Regelfall gestattet werden.
8.
Jugendgefährdende Orte
1Jugendgefährdende Orte können Gebäude, aber auch Straßen und Plätze sein. 2Eine Gefahr droht bereits dann, wenn ein schädigender Einfluss auf das körperliche, geistige oder seelische Wohl realistisch erscheint. 3Als Beispiele können neben Drogenumschlagplätzen, dem Umfeld von Großstadtbahnhöfen sowie Industriebrachen vor allem solche Orte genannt werden, an denen der Prostitution nachgegangen wird, sogenannte Rotlichtbezirke, in denen sich vermehrt Porno-Shops, Peep-Shows und ähnliche Vergnügungsbetriebe befinden oder wo die Gefahr der Animation zu strafrechtlich verbotenen Sexualkontakten besteht. 4Aber auch Veranstaltungen, in deren Verlauf unvorhergesehene Jugendgefährdungen auftreten, können zum jugendgefährdenden Ort erklärt und Kinder und Jugendliche im Notfall zum Verlassen der Veranstaltung aufgefordert werden. 5„Zuständige Behörde oder Stelle“ ist gemäß Art. 55 Abs. 1 AGSG die Polizei. 6Gemäß § 8 Satz 3 hat die Polizei in schwierigen Fällen das Jugendamt über den jugendgefährdenden Ort zu unterrichten. 7Für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung ist ein gemeinsamer Informationsaustausch zwischen Polizei und Jugendamt unerlässlich. 8Die Kooperation von Jugendamt und Polizei wird zudem in Art. 56 Abs. 1 AGSG geregelt. 9Danach hat das Jugendamt bei der Polizei solche Maßnahmen zum Schutz junger Menschen anzuregen, die polizeiliche Aufgaben sind, und sie bei der Durchführung der Maßnahmen zu beraten und im Rahmen der eigenen Aufgaben zu unterstützen.
9.
Alkoholische Getränke
9.1
Bier, Wein und Sekt
1Bier, Wein und Sekt dürfen an Jugendliche ab 16 Jahren abgegeben werden. 2Diese Regelung gilt auch für Getränke wie Apfel- und Beerenwein und damit hergestellte Mixgetränke mit nichtalkoholischen Getränken, zum Beispiel Radler, Weinschorle. 3Keine Beschränkungen gelten für entsprechende alkoholfreie Getränke, soweit ihr Alkoholgehalt 1,2 Volumenprozent nicht überschreitet. 4Nach ständiger Rechtsprechung ist alkoholfreies Bier kein alkoholisches Getränk im Sinn der Vorschrift.
9.2
Andere alkoholische Getränke
1Alle anderen alkoholischen Getränke sind Spirituosen (vormals „Branntwein“). 2Bei der Herstellung wird entweder reiner Alkohol zugegeben oder der Alkohol ist ausschließlich durch Gärung entstanden (so genannter Brand). 3Gesetzliche Definitionen finden sich im Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz und im Alkoholsteuergesetz. 4Zu den anderen alkoholischen Getränken zählen bspw. Wodka, Obstbrand, Weinbrand, Rum, Liköre und Whisky. 5Ferner auch alle Mixgetränke, die Spirituosen enthalten, zum Beispiel Longdrinks und Cocktails, auch wenn manche dieser Mixgetränke insgesamt einen geringeren Alkoholgehalt aufweisen als Wein oder Bier. 6Die Gesetzesformulierung „die andere alkoholische Getränke in nicht nur geringfügiger Menge enthalten“ bezieht sich nur auf Lebensmittel wie zum Beispiel Eisbecher mit Spirituosenzusatz, alkoholhaltige Pralinen, Früchte in Alkohol (Rumfrüchte), Torten oder Pudding mit Alkoholzusatz. 7„Nicht nur geringfügige Menge“ bezieht sich auf das Lebensmittel insgesamt, das heißt, der Alkohol muss wesentlicher Bestandteil, nicht nur Gewürzzutat sein. 8Nicht darunter fällt zum Beispiel eine Rumrosine in einem Eisbecher, wohl aber ein Zentiliter Likör im Eisbecher.
9.3
Alkopops
1Alkopops bestehen aus anderen alkoholischen Getränken, haben insgesamt einen Alkoholgehalt zwischen 1,2 und 10 Volumenprozent und werden trinkfertig in Behältnissen angeboten (§ 1 Abs. 2 Alkopopsteuergesetz). 2Auf der Flasche oder Dose muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Abgabe an Personen unter 18 Jahren verboten ist.
9.4
Abgabe
1Abgabe ist jede Form der Besitzverschaffung der Getränke und umfasst nicht nur den entgeltlichen Verkauf. 2Untersagt ist also gegenüber Kindern und Jugendlichen auch ein Ausschank zur Probe, zur Kundenwerbung oder im Rahmen von Veranstaltungen. 3Dabei geht es nicht nur um den eigenen Verzehr. 4Der Klarheit willen ist jede Abgabe untersagt, also auch wenn vorgeblich oder tatsächlich für Erwachsene der Alkohol besorgt werden soll. 5Die genannten Altersgrenzen gelten auch hinsichtlich der Gestattung des Verzehrs alkoholischer Getränke in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit (§ 9 Abs. 1). 6Daher dürfen Erwachsene nicht gestatten, dass in ihrem Verantwortungsbereich entgegen der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes alkoholische Getränke von Minderjährigen konsumiert werden; bei Gewerbetreibenden reicht sogar Fahrlässigkeit aus. 7Andernfalls kann eine Ordnungswidrigkeit vorliegen (§ 28 Abs. 1 Nr. 10 und Abs. 4). 8Daher sollten schon aus eigenem Interesse Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass tatsächlich auch kein Verzehr alkoholischer Getränke durch Kinder und Jugendliche der jeweiligen Altersstufen erfolgt. 9Als geeignete Maßnahme bietet sich eine entsprechende Aufsicht an. 10Zum Nachweis des Lebensalters siehe § 2 Abs. 2.
9.5
Jugendliche in Begleitung von Sorgeberechtigten
1Sind Personensorgeberechtigte (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3) anwesend, dürfen Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren Bier, Wein sowie Sekt (Nr. 9.1) konsumieren. 2Die Anwesenheit von erziehungsbeauftragten Personen reicht für die Ausnahme des § 9 Abs. 2 nicht aus. 3Kindern darf selbst in Begleitung ihrer Eltern der Verzehr von alkoholischen Getränken jeglicher Art nicht gestattet werden.
9.6
Automatenvertrieb
9.6.1
1Das Vertriebsverbot für andere alkoholische Getränke und Lebensmittel nach § 20 Nr. 1 GastG, die solche Getränke in nicht nur geringfügiger Menge enthalten, gilt uneingeschränkt, sofern der Automat öffentlich zugänglich ist. 2Nicht erfasst werden dagegen Automaten auf einem Betriebsgelände, zu dem nur Betriebsangehörige Zutritt haben. 3Hier greift jedoch das Abgabeverbot gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 JArbSchG.
9.6.2
1Für Bier, Wein und Sekt gilt kein Abgabeverbot, wenn der Automat an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder bei Aufstellung in einem gewerblich genutzten Raum, wenn durch technische Sicherung oder ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche keine alkoholischen Getränke entnehmen können. 2Gewerblich genutzt ist ein Raum, wenn es sich um ein Angebot an eine Vielzahl von Menschen handelt, zum Beispiel Automaten in Krankenhäusern oder öffentlichen Verkehrsmitteln (Fernbussen).
9.6.3
1Das Entnahmeverbot kann durch ständige Aufsicht sichergestellt werden. 2Dies bedeutet zum einen den Überblick über die einzelnen Entnahmevorgänge, zum anderen muss die Aufsichtsperson sowohl räumlich als auch tatsächlich, das heißt, ohne Verletzung sonstiger Pflichten in der Lage sein, die Entnahme durch Minderjährige zu verhindern.
9.6.4
Zu den technischen Vorrichtungen nach Abs. 3 Nr. 2 können auch Chipkarten-Lesegeräte gehören, wenn sichergestellt ist, dass die Automaten nur von Erwachsenen bedient werden können.
9.7
Versandhandel
Zum Versandhandel von Alkohol siehe die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel in der Anlage 1.
9.8
Alkoholkonsum im öffentlichen Raum
Nach Art. 30 LStVG können Gemeinden durch Verordnung auf bestimmten öffentlichen Flächen den Verzehr von alkoholischen Getränken einschränken.
10.
Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren, nikotinhaltige Erzeugnisse, E-Zigaretten (zu § 10)
10.1
Rauchen und Tabakwaren
1Tabakwaren sind alle aus der Tabakpflanze gewonnenen Genussmittel, auch wenn sie nicht zum Rauchen bestimmt sind. 2Dazu gehören auch Kau- und Schnupftabak sowie Tabak-Sticks zum Erhitzen. 3Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kann feststellen, ob Shisha-Mischungen Tabak enthalten. 4Bei den Tabakwaren bzw. beim Rauchen gibt es kein Elternprivileg wie beim Alkohol (vgl. § 9 Abs. 2). 5Das Rauchverbot für Minderjährige gilt auch in Schulen, Einrichtungen der Jugendarbeit und Krankenhäusern, auch in dortigen „Raucherzimmern“, soweit diese öffentlich zugänglich sind. 6Die Verkaufsstellen von Tabakwaren müssen durch einen deutlich sichtbaren und gut lesbaren Aushang auf das Abgabeverbot hinweisen, § 3 Abs. 1. 7Auch für Jugendveranstaltungen gilt, dass auf das Rauchverbot hinzuweisen ist. 8Weitere Beschränkungen des Tabakkonsums werden durch das Gesundheitsschutzgesetz (GSG) bestimmt.
10.2
Nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse
1Zu anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen und deren Behältnissen zählen zum Beispiel elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) sowie E-Shishas, mithilfe derer nikotinhaltige Dämpfe konsumiert werden. 2E-Zigaretten gibt es als Einweg- und Nachfüllprodukte. 3Sowohl die E-Zigaretten selbst als auch nikotinhaltige Nachfüllbehälter für die Flüssigkeit (Liquid) werden vom Verbot umfasst. 4Aber auch nikotinhaltige Kaugummis und Lutschtabletten sind vom Verbot umfasst, sofern keine ärztliche Verordnung vorliegt.
10.3
Nikotinfreie E-Zigaretten
1Das Verbot gilt auch für nikotinfreie Erzeugnisse, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Nebel (Aerosol) mit dem Mund eingeatmet werden (nikotinfreie E-Zigaretten). 2Wasserpfeifen, in denen getrocknete Kräuter, Früchte oder Shiazosteine konsumiert werden, fallen nicht unter dieses Verbot, sofern kein elektronisches Heizelement zum Einsatz kommt.
10.4
Automatenvertrieb
1Es ist grundsätzlich verboten, Tabakwaren in der Öffentlichkeit in Automaten anzubieten, § 10 Abs. 2. 2Dies ist nur dann ausnahmsweise erlaubt, wenn der Automat an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder durch technische Vorrichtungen oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Minderjährige Tabakwaren nicht entnehmen können (vgl. hierzu die Ausführungen zu Nr. 9).
10.5
Versandhandel
Die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel finden sich in der Anlage 1.
Abschnitt 3
Jugendschutz im Bereich der Medien
11.
Filmveranstaltungen (zu § 11)
11.1
Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen
11.1.1
1Der Zugang von Kindern und Jugendlichen zu öffentlichen Filmveranstaltungen ist nur dann zulässig, wenn diese Medien von den obersten Landesbehörden oder einer Organisation der Freiwilligen Selbstkontrolle für die jeweilige Altersgruppe freigegeben und gekennzeichnet sind, oder wenn es sich um sogenannte „Info- oder Lehrmedien“ handelt. 2Ungeprüfte Filme dürfen also nur Volljährigen zugänglich gemacht werden. 3Bei den Freigabeentscheidungen bedienen sich die obersten Landesbehörden der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) als gutachterliche Stelle.
11.1.2
1Die Öffentlichkeit von Filmveranstaltungen ist gegeben, sobald der Zuschauerkreis des Films nicht näher bestimmbar ist (vgl. Nr. 5). 2Die Öffentlichkeit von Filmveranstaltungen ist sowohl in den Lichtspieltheatern in geschlossenen Räumen als auch bei Autokinos, Open-Air-Kinos, Gaststätten, öffentlichen Jugendeinrichtungen und sonstigen öffentlich zugänglichen Räumen gegeben. 3Auch Filme, die über einen Videobildschirm in Schaufenstern gezeigt werden, gehören zu Filmveranstaltungen unabhängig davon, ob sich tatsächlich ein Passant diesen Film ansieht. 4Soweit Filme mit einer Freigabe ab sechs Jahren in der Öffentlichkeit vorgeführt werden, kann grundsätzlich von der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 14, § 11 abgesehen werden, weil davon ausgegangen werden kann, dass Kinder unter sechs Jahren von ihren Eltern beaufsichtigt werden, so dass keine nachhaltigen Beeinträchtigungen zu erwarten sind.
11.1.3
1In Kinos hat der Gewerbetreibende durch entsprechende Einlasskontrollen sicherzustellen, dass die Vorschriften des § 11 eingehalten werden. 2Eine Einlasskontrolle beim Kauf der Karte ist nicht ausreichend. 3Bei entsprechender räumlicher Ausdehnung ist eine Alterskontrolle für jeden Kinosaal erforderlich.
11.1.4
Liveübertragungen auf großen Bildschirmen und Leinwänden in der Öffentlichkeit (Public Viewing) bspw. von Sportereignissen sind keine Filmveranstaltungen.
11.2
Kinder ab sechs in Begleitung eines Sorgeberechtigten
1Die „parental-guidance-Regelung“ des § 11 Abs. 2 erlaubt es Kindern ab sechs Jahren, einen Film mit einer Altersfreigabe ab zwölf Jahren anzusehen, wenn sie von einem Personensorgeberechtigten begleitet werden. 2Die „parental-guidance-Regelung“ gilt ausschließlich für die Kennzeichnung ab zwölf Jahren. 3Da auf die Personensorge abgestellt wird, ist es nicht erlaubt, dass Eltern außer den eigenen noch andere Kinder mitnehmen. 4Da Altersfreigaben ab zwölf Jahren zum Teil umstritten sind, empfiehlt es sich besonders, dass die Eltern im Vorfeld eines Kinobesuchs nähere Informationen über den Film einholen (zum Beispiel auf www.fsk.de), damit jüngere Kinder ab sechs Jahren im Einzelfall nicht verängstigt oder überfordert werden.
11.3
Zeitliche Beschränkungen des Aufenthalts
Bei den zeitlichen Einschränkungen nach § 11 Abs. 3 hingegen reicht die Begleitung durch eine erziehungsbeauftragte Person im Sinn der Nr. 1.3 aus.
11.4
Werbevorspanne, Beiprogramme
1Haben Kinder und Jugendliche Zutritt zu einer Filmvorführung, dürfen nur Werbevorspanne und Trailer gezeigt werden, die ebenfalls für die entsprechenden Altersstufen freigegeben sind. 2Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Trailer eine eigene Alterseinstufung erhalten, die nicht mit dem beworbenen Kinofilm übereinstimmen muss.
11.5
Nichtgewerbliche Filme
1Die Pflicht zur Alterskennzeichnung gilt nicht, wenn Filme zu nichtgewerblichen Zwecken hergestellt und nicht kommerziell genutzt werden. 2Das betrifft im Rahmen der Medienarbeit hergestellte Filme oder künstlerische Werke.
11.6
Werbefilme für Tabakwaren oder alkoholische Getränke
1Werbefilme, die für Tabakwaren oder alkoholische Getränke werben, dürfen erst nach 18.00 Uhr vorgeführt werden. 2Dies gilt unabhängig von der Altersfreigabe des Werbefilms.
12.
Bildträger mit Filmen oder Spielen (zu § 12)
12.1
Alterskennzeichnung von Bildträgern
1Die Abgabe von Bildträgern mit Filmen und Spielen an Kinder und Jugendliche ist nur dann zulässig, wenn diese Medien von den obersten Landesjugendbehörden oder einer Organisation der Freiwilligen Selbstkontrolle für die jeweilige Altersgruppe freigegeben und gekennzeichnet sind, oder wenn es sich um sogenannte „Infoprogramme“ oder „Lehrprogramme“ handelt. 2Ungeprüfte Bildträger dürfen nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. 3Bei den Freigabeentscheidungen nach § 12 bedienen sich die obersten Landesbehörden der Ausschüsse der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) als gutachterliche Stellen. 4Die Prüfvoten dieser Selbstkontrolleinrichtungen werden von den obersten Landesbehörden als eigene Entscheidung übernommen, so dass die Bildträger mit Filmen und Spielen gemäß § 11 von ihnen gekennzeichnet sind (Verwaltungsakt).
12.2
Info- oder Lehrprogramme
Voraussetzung für die Anbieterkennzeichnung als Info- oder Lehrprogramme ist, dass die betreffenden Medien Kinder und Jugendliche offensichtlich nicht beeinträchtigen.
12.3
Hinweispflichten
1Auf die Altersstufenkennzeichnung ist sowohl auf dem Bildträger als auch auf der Hülle deutlich hinzuweisen. 2Die Kennzeichen müssen mindestens 1.200 Quadratmillimeter auf der Frontseite der Hülle links unten und mindestens 250 Quadratmillimeter auf dem Bildträger haben.
12.4
Beschränkungen für Bildträger ohne Jugendfreigabe
1Bildträger, die nicht oder mit „Keine Jugendfreigabe“ bzw. „FSK ab 18“ oder „USK ab 18“ gekennzeichnet wurden, dürfen grundsätzlich einem Kind oder einer jugendlichen Person nicht angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden. 2Somit sind Anbieten und Überlassen dieser Bildträger in Kiosken, auf Flohmärkten etc. verboten. 3„Zugänglich gemacht“ wird ein Bildträger Kindern und Jugendlichen, wenn sie die Möglichkeit haben, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. 4Das setzt voraus, dass auch die Möglichkeit zum Abspielen des Bildträgers gegeben ist. 5Daraus folgt, dass in einer Videothek oder in einem Geschäft, das auch für Kinder und Jugendliche zugänglich ist, die oben genannten Trägermedien vorrätig gehalten und ausgestellt werden dürfen, wenn der Geschäftsinhaber deutlich zu erkennen gibt, dass er diese gerade nicht an Kinder und Jugendliche abgeben will. 6Der Anbieter kommt seiner Hinweispflicht gemäß § 12 Abs. 3 JuSchG nach, indem er die entsprechenden Bestimmungen aushängt (vgl. Nr. 3). 7Alternativ kann er zum Beispiel ein gesondertes Regal aufstellen und mit einem Schild darauf hinweisen, dass diese Medien nicht an Kinder und Jugendliche abgegeben werden. 8Die Einhaltung dieser Vorgaben muss vom Personal beachtet und kontrolliert werden. 9Diese Medien dürfen nicht während der Geschäftszeit abgespielt werden, auch darf Kindern und Jugendlichen nicht die Möglichkeit eröffnet werden, dies zu tun.
12.5
Versandhandel
Die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel finden sich in der Anlage 1.
12.6
Automatenvertrieb
1Automaten zur Abgabe von DVDs mit Filmen oder Computerspielen, die mit den Alterskennzeichnungen „ohne Altersbeschränkung“, „ab 6 Jahren“, „ab 12 Jahren“ oder „ab 16 Jahren“ versehen sind, dürfen an für Kinder und Jugendliche zugänglichen Orten aufgestellt werden, wenn eine technische Vorkehrung sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche nur die für ihre Altersgruppe freigegebenen Bildträger erhalten. 2Zum Verleih von jugendgefährdenden, nicht gekennzeichneten Bildträgern oder solchen, die die Kennzeichnung „keine Jugendfreigabe“ erhalten haben, über Automaten siehe Nr. 15.
12.7
Vertrieb im Zeitschriftenhandel
1Der Vertrieb von Bildträgern, die nur Auszüge von Film- oder Spielprogrammen enthalten (zum Beispiel Sampler, Demoversionen) und im Verbund mit periodischen Druckschriften vertrieben werden, ist abweichend von den Beschränkungen bei altersgekennzeichneten Trägermedien (Abs. 1 und 3) erlaubt, wenn sie einen Herstellerhinweis enthalten, dass die Auszüge auf dem Bildträger keine Jugendbeeinträchtigungen enthalten. 2„Keine Jugendbeeinträchtigung“ liegt nach der Position der obersten Landesbehörden dann vor, wenn das entsprechende Produkt mit der Alterskennzeichnung „freigegeben ab 12 Jahren“ versehen werden kann. 3Enthalten die periodischen Druckschriften aber Bildträger, die Spiele oder Filme enthalten, so gilt die Alterskennzeichnungspflicht gemäß § 12 Abs. 1. 4Der Händler hat dann beim Verkauf bzw. bei der Abgabe der periodischen Druckschrift die Altersbeschränkungen zu beachten und gegebenenfalls das Alter der Interessenten zu überprüfen.
13.
Bildschirmspielgeräte
13.1
Kennzeichnungspflicht
1Bildschirmspielgeräte im Sinn dieser Vorschrift sind stationär aufgestellte Spielautomaten mit Bildschirmen oder Spielkonsolen, die elektronische Spielprogramme zugänglich machen (siehe § 6 Abs. 2). 2Die zum Spiel verwendeten Programme unterliegen der Kennzeichnungspflicht, wenn sie Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden. 3Das Spielen an elektronischen Bildschirmgeräten ohne Gewinnmöglichkeit ist Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit ohne entsprechende Begleitung nur gestattet, wenn die jeweiligen Spiele für ihre Altersgruppe freigegeben sind. 4Damit unterliegen auch diese der Kennzeichnungs- und Altersfreigabepflicht nach § 14 Abs. 6. 5Anders als beim Zugänglichmachen von Bildträgern nach § 12 dürfen Kinder und Jugendliche, die sich in Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person befinden, auch dann an Bildschirmspielgeräten spielen, wenn diese nicht für ihre Altersgruppe freigegeben sind. 6Hinsichtlich von Bildschirmspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit wird auf Nr. 6 verwiesen.
13.2
Zulässige Aufstellung von Bildschirmspielgeräten
1Das Aufstellen von Bildschirmspielgeräten auf für Kinder und Jugendliche zugänglichen öffentlichen Verkehrsflächen, außerhalb von Gewerberäumen, unbeaufsichtigten Zugängen oder ähnlichen Räumen ist dann gestattet, wenn das Spielprogramm für Kinder und Jugendliche ab sechs Jahren freigegeben worden ist. 2Hinsichtlich der Aufstellung von Bildschirmspielgeräten auf für Kinder und Jugendliche nicht zugänglichen öffentlichen Bereichen bestehen keine Beschränkungen.
13.3
Alterskennzeichen
1Die Kennzeichnung der Bildschirmgeräte hat wie bei den anderen Trägermedien zu erfolgen (§ 13 Abs. 3 in Verbindung mit § 12 Satz 1 bis 3). 2Die Altersfreigabekennzeichen sind deutlich sichtbar anzubringen, und zwar auf allen Bildschirmspielgeräten einer Einrichtung.
14.
Kennzeichnung von Filmen und Film- und Spielprogrammen
14.1
Gemeinsame Alterskennzeichen der OLJB
Die Altersfreigabekennzeichnung kann durch die oberste Landesbehörde selbst oder durch einen Vertreter aller obersten Jugendbehörden erfolgen.
14.2
Appellation
1Jede für den Jugendschutz zuständige oberste Landesbehörde kann nach abgeschlossener Jugendprüfung eines Films oder eines Bildträgers mit Filmen oder Spielen die erneute Prüfung durch die Freiwilligen Selbstkontrollen verlangen (Appellationsverfahren). 2Dieses Appellationsrecht ist gemäß § 15 der Grundsätze der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft bzw. § 15 der Grundsätze der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle an bestimmte Voraussetzungen und Fristen gebunden. 3Das Landesjugendamt (BLJA) überprüft stichprobenartig die Prüfvoten der FSK und USK. 4Auch Hinweisen der Jugendämter wird nachgegangen. 5Der Bayerische Mediengutachterausschuss als Gremium erfahrener Medienexperten unterstützt das BLJA bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben.
15.
Jugendgefährdende Trägermedien
15.1
Inhalt
1Trägermedien, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert, das heißt, als jugendgefährdend bewertet wurden, unterliegen Vertriebs- und Werbebeschränkungen. 2Offensichtlich jugendgefährdende Medien unterliegen den Beschränkungen, ohne dass eine Indizierung erforderlich ist. 3Dies sind zum Beispiel Trägermedien, die den Krieg verherrlichen, die leidende Menschen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen oder die Kinder und Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Haltung zeigen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 bis 5).
15.2
Versandhandel
Siehe dazu die „Rechtsauffassung und Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel“ in der Anlage 1.
15.3
Videotheken
1Indizierte und jugendgefährdende Medien dürfen in Videotheken nur in einem eigenständigen Ladengeschäft angeboten werden. 2Dies ist ein organisatorisch selbstständiges Einzelhandelsgeschäft mit eigenem Personal und eigener Kassenführung. 3Zum Ladengeschäft gehören Geschäftsräume, in denen Waren angeboten werden, sowie Nebenräume, die im Zusammenhang mit den Hauptgeschäftsräumen stehen (zum Beispiel Lagerräume, Büros, Waschräume, Erfrischungs- und Warteräume für die Kunden), wenn eine betriebliche Einheit mit dem Geschäftsraum gegeben ist (BayObLG, Urteil vom 11. März 1986, Az. RReg. 4 St 226/85, NJW 1986, S. 1701). 4Der Geschäftsraum darf nicht bloß ein abgetrennter Teil eines Geschäfts sein.
15.4
Automatenvertrieb
1Die Abgabe von indizierten, pornografischen oder sonstigen jugendgefährdenden Bildträgern mittels Automaten (§ 184 Abs. 1 Nr. 3a StGB) ist möglich, wenn das Ziel des Jugendschutzes auch auf andere Weise gleich effektiv wie durch Personal erreicht werden kann. 2Dies ist insbesondere der Fall, wenn folgende Vorkehrungen getroffen werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2003, Az. 1 StR 70/03):
persönliche Kontaktaufnahme zur Feststellung der Volljährigkeit des Nutzers,
Zugang zum Automatenraum nur mit der an volljährige Nutzer ausgegebenen PIN-Karte,
eine technisch gesicherte Feststellung der persönlichen Identität (zum Beispiel Fingerprinterkennung),
Überwachung der automatischen Videothek (zum Beispiel durch eine Videokamera und gelegentliche Durchsicht der Aufzeichnungen), um einen eventuellen Missbrauch feststellen und ahnden zu können.
16.
Regelungen zu Telemedien
1Regelungen zu Telemedien (vgl. § 1 Abs. 3), die in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 aufgenommen sind, bleiben Landesrecht vorbehalten. 2Wie mit indizierten Telemedien zu verfahren ist und das Verhältnis der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zur Bundesprüfstelle haben die Länder im Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) bestimmt.
Abschnitt 4
Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
17.
Name und Zuständigkeit
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) entscheidet über die Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien (Indizierung) und über die Streichung aus dieser Liste.
18.
Liste jugendgefährdender Medien
1In § 18 Abs. 1 ist bestimmt, dass Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen sind. 2Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen und Rassenhass anreizende Medien. 3Nur Rundfunkangebote und Trägermedien mit einer Altersfreigabe durch die OLJB können nicht indiziert werden. 4Hinweise zur Arbeit der BPjM und Kriterien für Indizierungen finden sich unter www.bundespruefstelle.de. 5Die Liste jugendgefährdender Medien wird gemäß § 18 Abs. 2 in vier Teilen geführt. 6Trägermedien (vgl. § 1 Abs. 2) finden sich in den öffentlichen Listen A und B, Telemedien in den nichtöffentlichen Listenteilen C und D. 7In den Listenteilen A und C werden die jugendgefährdenden Medien, in den Listenteilen B und D die strafrechtlich relevanten Medien geführt. 8Die BPjM kann bei jugendgefährdenden Inhalten alle herkömmlichen und alle neuen Medien, mit Ausnahme des Rundfunks, indizieren. 9Bei Telemedien sind jedoch Absprachen mit bzw. Stellungnahmen der Kommission für Jugendmedienschutz erforderlich (§ 18 Abs. 6 und 8, § 21 Abs. 6).
19.
Personelle Besetzung
1Die Mitglieder der BPjM werden aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen für die Dauer von drei Jahren bestimmt. 2Sie sind nicht weisungsgebunden. 3Für eine Entscheidung über eine Listenaufnahme ist im Regelverfahren (Zwölfer-Gremium) eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. 4Im vereinfachten Verfahren (Dreier-Gremium) ist Einstimmigkeit notwendig.
20.
Vorschlagsberechtigte Verbände
Hier sind die Verbände abschließend aufgelistet, die ein Vorschlagsrecht hinsichtlich der Mitglieder aus den in § 19 bestimmten gesellschaftlichen Gruppen haben.
21.
Verfahren
1Die BPjM wird in der Regel auf Antrag tätig. 2Antragsberechtigt sind das zuständige Bundesministerium, die obersten Landesjugendbehörden, die Kommission für Jugendmedienschutz, die Landesjugendämter und die Jugendämter. 3Einen Antrag auf Streichung aus der Liste können neben diesen Institutionen auch die Urheber, die Inhaber der Nutzungsrechte und bei Telemedien die Anbieter stellen. 4Andere als die oben genannten Behörden sowie anerkannte Träger der freien Jugendhilfe können bei der BPjM eine Indizierung anregen, sind jedoch nicht antragsberechtigt.
22.
Aufnahme von periodischen Trägermedien und Telemedien
1Neben periodischen Druckschriften können alle periodisch erscheinenden Trägermedien und alle Telemedien für die Dauer von drei bis zwölf Monaten in die Liste aufgenommen werden, wenn innerhalb von zwölf Monaten mehr als zwei ihrer Folgen bzw. Angebote in die Liste aufgenommen worden sind. 2Davon ausgenommen sind Tageszeitungen und politische Zeitschriften. 3Für eine solche Entscheidung ist kein vereinfachtes Verfahren möglich (§ 23 Abs. 2).
23.
Vereinfachtes Verfahren
1Beim vereinfachten Verfahren entscheiden die oder der Vorsitzende und zwei Mitglieder (Dreier-Gremium). 2Für eine Entscheidung ist Einstimmigkeit erforderlich. 3Kommt diese nicht zustande, entscheidet die BPjM in voller Besetzung. 4Ein vereinfachtes Verfahren ist möglich, wenn ein Medium offensichtlich geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden (§ 23 Abs. 1). 5Wenn die Gefahr besteht, dass ein Medium kurzfristig in großem Umfang vertrieben, verbreitet oder zugänglich gemacht wird und die endgültige Listenaufnahme offensichtlich zu erwarten ist, kann die Aufnahme in die Liste ebenfalls im vereinfachten Verfahren vorläufig angeordnet werden (§ 23 Abs. 5).
24.
Führung der Liste jugendgefährdender Medien
1Listenaufnahmen oder Streichungen werden im Bundesanzeiger veröffentlicht. 2Ist ein Medium in die Liste B oder D aufgenommen worden, so ist dies der zuständigen Strafverfolgungsbehörde mitzuteilen.
25.
Rechtsweg
1Auch die antragstellende Behörde (zum Beispiel Jugendamt) kann Klage erheben, wenn das beantragte Medium nicht in die Liste aufgenommen wird oder das Verfahren eingestellt wird. 2Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. 3Bei einer Entscheidung im vereinfachten Verfahren ist jedoch zunächst eine Entscheidung der BPjM in voller Besetzung herbeizuführen.
Abschnitt 5
Verordnungsermächtigung
26.
Verordnungsermächtigung
1Die Bundesregierung wird durch § 26 ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über den Sitz und das Verfahren der BPjM und die Führung der Liste zu regeln. 2Eine entsprechende Rechtsverordnung (Verordnung zur Durchführung des Jugendschutzgesetzes, DVO-JuSchG) trat am 13. September 2003 in Kraft.
27.
Strafvorschriften
27.1
Verstöße gegen Vertriebs- und Werbeverbote
1§ 27 Abs. 1 erfasst Verstöße gegen Vertriebs- und Werbeverbote, die für indizierte Medien gelten, während § 27 Abs. 2 für Verstöße gegen Bestimmungen für entwicklungsbeeinträchtigende Medien gilt. 2Täter nach § 27 Abs. 2 können nur Gewerbetreibende oder Veranstalter sein. 3Verstöße, die an sich Ordnungswidrigkeiten wären, werden durch die Merkmale der schweren Entwicklungsgefährdung Minderjähriger, der Gewinnsucht oder der beharrlichen Wiederholung zu Straftaten.
27.2
Elternprivileg
Das „Elternprivileg“ gilt nur eingeschränkt: auch personensorgeberechtigte Personen können sich gemäß § 27 Abs. 4 Satz 2 strafbar machen, wenn sie durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen indizierter Medien ihre Erziehungspflicht gröblich verletzen.
27.3
Strafverfolgung
27.3.1
Die Strafverfolgung veranlassen die örtlichen Staatsanwaltschaften; daneben wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft München die Zentralstelle des Freistaates Bayern zur Bekämpfung gewaltverherrlichender, pornografischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften eingerichtet.
27.3.2
1Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird grundsätzlich nur das Strafgesetz angewendet (§ 21 des Ordnungswidrigkeitengesetzes – OWiG). 2Ergeben sich während des Bußgeldverfahrens konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat, so ist der Vorgang an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Entscheidung abzugeben, § 41 Abs. 1 OWiG. 3Verneint die Staatsanwaltschaft den Verdacht einer Straftat (bindende Wirkung für die Verwaltungsbehörde!), so gibt sie die Sache zur weiteren Verfolgung der Ordnungswidrigkeit gemäß § 41 Abs. 2 OWiG an sie zurück. 4In diesen Fällen kann ein jugendschutzrelevanter Sachverhalt sowohl den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit als auch einen Straftatbestand erfüllen. 5Wird zum Beispiel ein indiziertes Trägermedium (DVD) auf einem Flohmarkt angeboten, liegt ein Verstoß gegen § 15 vor. 6Zuständig für die Ahndung dieses Verstoßes ist die Staatsanwaltschaft, da es sich bei § 27 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 um eine Strafvorschrift handelt. 7Gleichzeitig liegt aber auch ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 vor, der grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit nach § 28 zu ahnden ist, da ein Trägermedium einem Minderjährigen zugänglich gemacht wurde, obwohl es kein Kennzeichen hat.
27.3.3
Dies ist auch der Fall, wenn eine Ordnungswidrigkeit nach § 27 Abs. 2 zur Straftat wird, weil der Veranstalter oder Gewerbetreibende eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch wenigstens leichtfertig ein Kind oder eine jugendliche Person in der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer gefährdet (Nr. 1) oder eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung aus Gewinnsucht begeht oder beharrlich wiederholt.
27.3.4
1Hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt und gibt sie die Sache zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeit an die Verwaltungsbehörde zurück, ist der Weg für die Fortsetzung des Bußgeldverfahrens grundsätzlich frei. 2Stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren jedoch auch hinsichtlich der Ordnungswidrigkeit ein, ist eine Ahndung durch die Verwaltungsbehörde ausgeschlossen (vgl. §§ 43, 47 OWiG). 3Im Fall des Anbietens eines indizierten Mediums auf dem Flohmarkt kann deshalb nach der Abgabe an die Verwaltungsbehörde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden.
28.
Bußgeldvorschriften
28.1
Elternprivileg
1§ 28 Abs. 4 Satz 2 enthält ein eingeschränktes „Elternprivileg“ hinsichtlich nicht gekennzeichneter oder mit „keine Jugendfreigabe“ gekennzeichneter Bildträger. 2Dieses Privileg gilt auch für Personen, die im Einverständnis mit den Personensorgeberechtigten handeln.
28.2
Zuständigkeit
1Die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 28 liegt bei den Kreisverwaltungsbehörden, Art. 55 Abs. 3 AGSG. 2Die Kreisverwaltungsbehörden können bestimmen, welchem Amt bzw. welcher Abteilung der Vollzug des § 28 zugeteilt wird (Jugendamt, Ordnungsamt etc.).
28.3
Bußgeldadressat
1Die Bußgeldvorschriften betreffen vornehmlich Gewerbetreibende und Veranstalter bzw. Anbieter. 2Maßgebend ist vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. 3§ 28 Abs. 4 erfasst dagegen Verstöße anderer Personen, dazu zählen auch personensorgeberechtigte und erziehungsbeauftragte Personen. 4Gemäß § 10 OWiG ist hier jedoch nur vorsätzliches Handeln relevant.
28.4
Jugendschutzkontrollen
1Jugendschutzkontrollen sind unumgänglich, um die Einhaltung des JuSchG sicherzustellen. 2Für das Handeln der zuständigen Verwaltungsbehörde gilt das Opportunitätsprinzip. 3Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wie sie tätig wird, ob ein Verfahren eingeleitet oder auch wieder eingestellt wird und welche Sanktionen (zum Beispiel Verwarnung, Verwarnungsgeld, Bußgeld) verhängt werden.
28.5
Zusammenarbeit mit der Polizei
28.5.1
1Jugendschutzkontrollen können somit von der zuständigen Verwaltungsbehörde alleine oder von der Polizei oder von beiden gemeinsam durchgeführt werden. 2In der Praxis hat sich die Durchführung von gemeinsamen Kontrollen durch die zuständige Verwaltungsbehörde und die Polizei bewährt. 3Dies ergibt sich auch aus Art. 56 Abs. 1 AGSG, der ein vertrauensvolles Zusammenwirken von Polizei und Jugendamt vorsieht. 4Polizeiliches Handeln und pädagogische Interventionen seitens des Jugendamtes sollen sich ergänzen. 5Die zuständige Ordnungsbehörde hat insofern ein Weisungsrecht gegenüber der Polizei (gemäß Art. 9 POG bzw. § 46 Abs. 1 und 2 OWiG in Verbindung mit § 160 Abs. 1, § 161 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung – StPO).
28.5.2
1Die Kreisverwaltungsbehörde kann bei Jugendschutzkontrollen allein tätig werden. 2Dabei hat sie eingeschränkte Kontrollbefugnisse nach Art. 7 Abs. 2 LStVG bzw. § 46 Abs. 2 OWiG in Verbindung mit § 160 Abs. 1 StPO, wie z. B. Identitätsfeststellung von Zeugen und Betroffenen (Ausweiskontrolle), Ladung und Vernehmung von Zeugen, Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweisgegenständen, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zwangsweise durchsetzbar sind (vgl. Seitz/Bauer, in: Göhler, OWiG, 17. Auflage 2017, Vor § 59 Rn. 91 und 145, 146; KK-Lampe, OWiG, 4. Auflage 2014, § 46 Rn. 12 f.).
28.5.3
Die Polizei kann jedoch auch im ersten Zugriff von sich aus tätig werden, insbesondere, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig tätig werden kann (Art3 PAG bzw. § 53 OWiG).
28.6
Testkäufe
28.6.1
1Testkäufe können unter bestimmten Voraussetzungen dazu beitragen, den Vollzug des Jugendschutzgesetzes zu optimieren. 2Für die Einhaltung der Abgabebestimmungen ist es förderlich, wenn Gewerbetreibende mit versteckten Testkäufen rechnen müssen. 3Es wird empfohlen, Testkäufe mit jugendlichen Angehörigen des öffentlichen Dienstes (d. h. jugendlichen Anwärtern und Auszubildenden des Verwaltungsdienstes im staatlichen und kommunalen Bereich) unter engstmöglicher räumlicher Aufsicht des zuständigen erwachsenen Mitarbeiters der Vollzugsbehörde durchzuführen. 4Vorrangig sind dabei Jugendliche heranzuziehen, die im Rahmen ihrer Ausbildung mit jugendschutzrechtlichen Fragen in Berührung kommen.
28.6.2
1Wird ein Testkauf mit Jugendlichen unter oben genannten Voraussetzungen unter der Aufsicht der zuständigen Vollzugsbehörde durchgeführt und der jugendlichen Testperson der entgegen den Vorschriften des JuSchG erworbene Gegenstand unmittelbar wieder abgenommen, liegt keine Herbeiführung oder Förderung eines Verhaltens eines Kindes oder einer jugendlichen Person im Sinn des § 28 Abs. 4 vor, das durch die in § 28 Abs. 1 Nr. 10, 12 und 15 sowie § 12 Abs. 3 enthaltenen Verbote verhindert werden soll. 2Bei der Durchführung von Testkäufen ist darauf zu achten, dass die Testkäufer den Betreffenden nicht erst durch nachhaltige Einwirkung zur Tatbegehung drängen, da dies ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens wäre.
28.7
Beweissicherung
1Beobachtungen anlässlich einer Jugendschutzkontrolle sollten unverzüglich schriftlich skizziert und dann als Aktenvermerk festgehalten werden (insb. Anzahl der Jugendlichen, erkennbar minderjährig (evtl. Foto), Verhalten der Jugendlichen, Dauer der Beobachtung, Veranstalter persönlich anwesend oder nur Personal). 2Zu dokumentieren ist, welche alkoholischen Getränke durch welche Personen Minderjährigen zugänglich gemacht worden sind. 3Minderjährige können vor Ort als Zeugen vernommen werden, jedoch ist auch eine spätere Ladung als Zeuge in die Diensträume der Verwaltungsbehörde empfehlenswert, da sie meist zu umfassenderen Ergebnissen führt. 4Es besteht für den Zeugen eine Pflicht zum Erscheinen und zur Aussage (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG). 5Jugendliche sind selbst zu laden, Kinder über deren Erziehungsberechtigte. 6Da die Erziehungsberechtigten ein Recht auf Anwesenheit während der Zeugenvernehmung haben, erhalten sie unabhängig von der Ladung eine Mitteilung des Termins.
28.8
Vorgehen bei (vermuteten) Straftaten
In klaren Fällen sollte gleich Anzeige gemäß § 158 StPO bei der zuständigen Staatsanwaltschaft erstattet werden.
28.9
Anhörung des Betroffenen
1In der Anhörung kann sich der Betroffene zum Tatvorwurf äußern. 2Sie kann an Ort und Stelle erfolgen oder durch schriftlichen Anhörungsbogen. 3Eine Ladung zur mündlichen Vernehmung bietet den Vorteil, komplexere Sachverhalte klären zu können sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu thematisieren, die bei einem zu erwartenden Bußgeld von mehr als 250 Euro notwendig ist, sowie gegebenenfalls eine Abstimmung über die Zahlungsmodalitäten zu treffen. 4Dies führt oft zum Verzicht auf Einsprüche. 5Der Betroffene ist aufgrund der Ladung zum Erscheinen verpflichtet (§ 163a Abs. 3 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG). 6Jedoch besteht für ihn keine Pflicht, sich zur Sache zu äußern (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO). 7Hierüber ist er zu belehren (§ 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 163a Abs. 3 Satz 2, § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). 8Sein gewählter Anwalt hat ein Anwesenheitsrecht und ist daher vom Anhörungstermin zu unterrichten.
28.10
Adressat des Bußgeldbescheides
1Adressat des Bußgeldbescheides ist zum einen diejenige Person, die die Zuwiderhandlung unmittelbar begangen hat (zum Beispiel Kellner oder Kellnerin, Verkäufer oder Verkäuferin, Ordnungsdienstkraft). 2Daneben kann auch der Beauftragte eines Gewerbetreibenden oder Veranstalters (zum Beispiel Filialleiter, Ordnungsdienstleiter), der die Aufsicht führt, gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 OWiG bußgeldrechtlich verantwortlich sein, wenn ein Mitarbeiter angewiesen wird, Jugendschutzbestimmungen zu missachten (§ 14 OWiG) oder wenn der Gewerbetreibende oder Veranstalter mit der Begehung von Ordnungswidrigkeiten durch Mitarbeiter rechnet, aber pflichtwidrig nicht einschreitet (§ 8 OWiG). 3Der Unternehmer selbst kann als Beteiligter (§ 14 bzw. § 8 OWiG) oder als Aufsichtspflichtiger (§ 130 OWiG) belangt werden. 4Als Aufsichtspflichtiger muss er seinen Betrieb durch klare Zuständigkeiten und Betriebsabläufe so organisieren, dass Ordnungswidrigkeiten verhindert oder erschwert werden bzw. sein Aufsichtspersonal sorgfältig aussuchen, belehren und (stichprobenartig) überwachen. 5Schließlich können gesetzliche Vertreter von juristischen Personen über § 9 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit §§ 8, 14 oder 130 OWiG bußgeldrechtlich verantwortlich sein, nicht jedoch die juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft selbst. 6Letztere können aber (zusätzlich) gemäß § 30 OWiG für die Ordnungswidrigkeiten ihrer gesetzlichen Vertreter oder leitenden Personen (nicht aber sonstiger Mitarbeiter) haftbar gemacht werden. 7Dazu ist eine Anordnung der Verfahrensbeteiligung des Unternehmens nach § 88 OWiG notwendig.
28.11
Verantwortlichkeit für ordnungswidriges Handeln
1Die Hauptverpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen liegt zunächst grundsätzlich bei den Veranstaltern und Gewerbetreibenden. 2Aber auch sonstige Personen mit einem bestimmten Verantwortungsbereich, wie gesetzliche Vertreter von juristischen Personen, angestellte Betriebsleiter, sonstige ausdrücklich Beauftragte wie Schank- und Verkaufspersonal, Spielhallenaufsicht, Sicherheits- und Ordnungskräfte, sind für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen verantwortlich und können mit Bußgeldern belegt werden. 3Personensorgeberechtigte und erziehungsbeauftragte Personen sind im Rahmen der für das Alter der betreffenden Kinder und Jugendlichen maßgeblichen Aufsichtspflicht verantwortlich. 4Insoweit können auch sie – wie auch weitere andere Personen über 18 Jahren – bei vorsätzlichem Handeln im Rahmen des § 28 Abs. 4 mit einem Bußgeld belegt werden.
28.12
Bußgeldrahmen
Das Höchstmaß der Geldbuße beträgt gemäß § 28 Abs. 5 JuSchG, § 17 Abs. 2 OWiG bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen nach § 28 Abs. 1 bis 3 50.000 Euro, bei fahrlässigen Zuwiderhandlungen nach § 28 Abs. 1 bis 3 25.000 Euro und bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen nach § 28 Abs. 4 50.000 Euro.
28.13
Regelsätze der Geldbuße
1Die Hinweise zur Festsetzung von Bußgeldern (Anlage 4) gelten für vorsätzliches Handeln von Veranstaltern und Gewerbetreibenden im Sinn des § 28 Abs. 1, Anbietern im Sinn des § 28 Abs. 2, sonstigen Personen nach § 28 Abs. 3 sowie von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen (§ 9 Abs. 1 OWiG) wie zum Beispiel Geschäftsführer einer GmbH. 2Den Regelsätzen wurde eine mittlere Qualität des Verstoßes zugrunde gelegt. 3Sie beruhen also auf einer durchschnittlichen Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und einem durchschnittlichen Vorwurf, der den Täter trifft (§ 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG), sowie auf durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG). 4Für fahrlässiges Handeln sind bei Ordnungswidrigkeiten nach § 28 Abs. 1 bis 3 in der Regel zwei Drittel des Regel- bzw. des entsprechenden Rahmensatzes festzusetzen. 5Es kann ein angemessener Abschlag von bis zu 50 % vorgenommen werden. 6Fahrlässig handelt, wer nicht alle Tatbestandsmerkmale kennt (§ 11 Abs. 1 OWiG), zum Beispiel das Alter eines Kindes oder Jugendlichen falsch einschätzt oder deren verbotenen Aufenthalt nicht bemerkt.
28.14
Abweichen vom Regelsatz
28.14.1
1Vom Regelsatz des Bußgeldkatalogs ist abzuweichen, wenn kein durchschnittlicher Fall (vgl. Nr. 28.13 Satz 3) vorliegt. 2Es sind angemessene Ermäßigungen oder Erhöhungen vom Regelsatz vorzunehmen.
28.14.2
Mildernder Umstand ist ein Verbotsirrtum (§ 11 Abs. 2 OWiG), das heißt Unkenntnis oder falsche Auslegung der Jugendschutzvorschriften, jedoch nur soweit er nicht auf Gleichgültigkeit oder Leichtfertigkeit beruht.
28.14.3
1Schärfende Umstände sind zum Beispiel: besonders geringes Alter von Kindern oder Jugendlichen, lange Dauer des unerlaubten Aufenthalts, große Menge alkoholischer Getränke, Rauschzustand durch unzulässige Alkoholabgabe, mehrfache Verwirklichung eines Tatbestands nach § 28 Abs. 1 bis 3 (gleichartige Tateinheit, § 19 Abs. 1 OWiG), zum Beispiel verbotener Aufenthalt mehrerer Kinder oder Jugendlicher oder Verwirklichung mehrerer Tatbestände nach § 28 Abs. 1 bis 3 (ungleichartige Tateinheit, § 19 Abs. 1 OWiG); zum Beispiel verbotener Aufenthalt und Alkoholabgabe. 2Hierbei wird die Geldbuße der Ordnungswidrigkeit entnommen, für die nach dem Bußgeldkatalog der höhere Bußgeldrahmen gilt, das festzusetzende Bußgeld erhöht sich dann angemessen, etwa bis um die Hälfte des Satzes der mit der geringeren Geldbuße zu ahndenden Ordnungswidrigkeit.
28.14.4
1Für angestellte Betriebsleiter, zum Beispiel den Leiter einer Gaststätte, Spielhalle etc. (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG) ist ein Abschlag von 25 % vorzunehmen. 2Für sonstige ausdrücklich Beauftragte zur Einhaltung von Jugendschutzvorschriften (zum Beispiel Kellner oder Kellnerin, Ordner oder Ordnerin, Spielhallenaufsicht, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG) ist ein Abschlag von 50 % vorzunehmen.
28.14.5
1Für einen Wiederholungsfall innerhalb eines Jahres sollte gelten: erste Wiederholung bis zu 50 % Aufschlag, zweite Wiederholung bis zu 100 % Aufschlag und dritte Wiederholung bis zu 200 % Aufschlag. 2Bei beharrlicher Wiederholung ist zu prüfen, ob eine Straftat gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 vorliegt. 3Die Tilgungsfristen nach § 153 GewO sind zu beachten. 4Bei Tatmehrheit aufgrund von verschiedenen Ordnungswidrigkeiten (§ 20 OWiG) ist die Geldbuße jeweils gesondert festzusetzen. 5Eine Erhöhung einer Geldbuße ist unzulässig (zum Beispiel mehrfache Gestattung des Aufenthalts in einer Diskothek an verschiedenen Tagen).
28.15
Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils
1Mit der Höhe des Bußgeldes soll der mit der Begehung der Ordnungswidrigkeit verbundene oder zu erwartende wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden. 2Die Abschöpfung eines aus der Ordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteils kann mit einem Regelsatz nicht erfasst werden (§ 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). 3Dazu sind stets eine konkrete Berechnung und eine Einzelzumessung der Geldbuße erforderlich.
28.16
Andere Ordnungswidrigkeiten
1Werden bei einer Jugendschutzkontrolle weitere Ordnungswidrigkeiten festgestellt zum Beispiel nach GastG, Landesbauordnung oder VStättV, so sind zwar die Geldbußen gesondert festzusetzen (§ 20 OWiG). 2Es ist aber zu prüfen, ob eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinn vorliegt und daher alle Zuwiderhandlungen in einem Bußgeldbescheid zu ahnden sind.
28.17
Gewerbezentralregister
1In das Gewerbezentralregister sind gemäß § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewO alle rechtskräftigen Bußgeldentscheidungen einzutragen, die bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung oder bei der Tätigkeit in einem Gewerbe oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung von einem Vertreter oder Beauftragten im Sinn des § 9 OWiG oder einer Person, die in einer Rechtsvorschrift ausdrücklich als Verantwortlicher bezeichnet ist, begangen worden sind, wenn die Geldbuße mehr als 200 Euro beträgt. 2Verstößt ein Gewerbetreibender wiederholt gegen das Jugendschutzgesetz und erhält nachweislich mehrere Einträge in das Gewerbezentralregister, ist es möglicherweise sinnvoll, über einen Konzessionsentzug gemeinsam mit anderen Ordnungsbehörden (wenn zum Beispiel auch Verstöße in anderen Gesetzesbereichen, zum Beispiel im LStVG, VStättV, GastG, GSG etc. vorliegen) nachzudenken. 3Dies ist dann anzuregen, wenn der betroffene Gewerbetreibende uneinsichtig ist und nicht zu erwarten ist, dass er künftig seiner Verantwortung gerecht werden wird.
29.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
29.1
Inkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
29.2
Außerkrafttreten
Die Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz in der Fassung vom 1. September 2016 (Az. II5/6524.03-1/42) treten mit Ablauf des 31. Januar 2018 außer Kraft.

Michael Höhenberger
Ministerialdirektor

Anlagen