Veröffentlichung AllMBl. 2018/09 S. 460 vom 16.07.2018

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Az. R3/6865.01-1/86
2174-A
2174-A
Richtlinie für die Förderung von Frauenhäusern in Bayern
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Familie, Arbeit und Soziales
vom 16. Juli 2018,  Az. R3/6865.01-1/86
1Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Art. 23, 44 der Bayerischen Haushaltsordnung – BayHO und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften) Zuschüsse zur Förderung von Frauenhäusern. 2Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
1.
Zweck der Zuwendung
1.1
Um physischer und psychischer Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder schnell und wirksam entgegenwirken zu können, sind, entsprechend dem örtlichen Bedarf, Frauenhäuser notwendig, die misshandelten oder von Misshandlung bedrohten Frauen und ihren Kindern jederzeit eine vorübergehende, schützende und sichere Unterkunft und beratende Hilfe bieten.
1.2
Zweck der Förderung ist es, durch staatliche Zuwendungen ein flächendeckendes Angebot zur Beratung und Hilfe für misshandelte Frauen und ihre Kinder in Frauenhäusern zu unterstützen.
2.
Gegenstand der Förderung
Förderfähig sind Frauenhäuser, die der Aufnahme physisch oder psychisch misshandelter oder von Misshandlung bedrohter Frauen und ihrer Kinder dienen.
3.
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege oder Träger von Frauenhäusern, die Mitglied eines Spitzenverbandes sind.
4.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Das Frauenhaus muss
mindestens fünf Plätze für Frauen und mindestens eine gleiche Anzahl Plätze für Kinder anbieten,
so ausgestattet sein, dass es den Bedürfnissen und dem Schutz der Hilfe Suchenden gerecht werden kann,
eine Konzeption haben, wonach aufgenommene Frauen sich und ihre Kinder eigenverantwortlich versorgen sowie die Erziehungsaufgabe gegenüber ihren Kindern mit Unterstützung geeigneten Fachpersonals wahrnehmen können,
Fachpersonal für die Betreuung der Frauen nach folgender Maßgabe vorhalten:
Anzahl der Frauenplätze Fachkräfte
5 bis 7 (bei Auslastung unter 75 % gemäß Nr. 5.4) 1,00
5 bis 7 1,25
8 bis 9 1,50
10 bis 14 2,00
15 bis 20 2,25
21 bis 25 2,50
26 bis 30 3,25
über 30 3,75
Fachpersonal für die Kinderbetreuung in der Regel nach folgender Maßgabe vorhalten: 0,75 Fachkraftstellen für ein Frauenhaus mit fünf Plätzen für Frauen, und für jeden weiteren Frauenplatz zusätzlich 0,1 Fachkraftstellen pro Platz.
4.2
Zum Aufgabengebiet des Frauenhauses gehören insbesondere
telefonische und persönliche Beratung von hilfesuchenden Frauen (unabhängig von einer Aufnahme in das Frauenhaus),
Rufbereitschaft „Rund-um-die-Uhr“,
fachliche Beratung und Begleitung der im Haus oder in der Wohnung lebenden Frauen und Kinder,
Hilfestellung bei gewünschter Kontaktaufnahme mit dem Ehemann oder Partner,
nachgehende Arbeit mit ehemaligen Frauenhausbewohnerinnen in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Beratungsstellen sowie den zuständigen Einrichtungen und Diensten,
präventive Arbeit sowie
Öffentlichkeitsarbeit.
4.3
1Zuwendungsfähige Fachkräfte für die Beratung der Frauen sind diplomierte beziehungsweise graduierte Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Personen mit vergleichbarer abgeschlossener Ausbildung. 2Fachkräfte für die Kinder sind zum Beispiel Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger, Erzieherinnen und Erzieher sowie Personen mit vergleichbarer abgeschlossener pädagogischer Ausbildung. 3Bei Fachpersonal, das bei Inkrafttreten der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über die Richtlinie für die Förderung von Frauenhäusern in Bayern vom 3. Dezember 2012 (AllMBl. S. 1085) bereits angestellt ist, kann die Bewilligungsbehörde im Einzelfall Ausnahmen zulassen.
4.4
Vom Zuwendungsempfänger ist ein angemessener Eigenanteil von grundsätzlich mindestens 10 % der zuwendungsfähigen Ausgaben (vgl. Nr. 5.2) zu erbringen.
4.5
1Eine staatliche Förderung erfolgt nur, wenn sich mindestens ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt an den Kosten, die für den Betrieb des Frauenhauses erforderlich sind, beteiligt. 2Die Einzelheiten der kommunalen Förderung werden zwischen den an der Finanzierung beteiligten Landkreisen und kreisfreien Städten und dem Träger des Frauenhauses vereinbart. 3Grundsätzlich soll die kommunale Förderung in Form eines pauschalen Zuschusses erfolgen. 4Andere Finanzierungssysteme können vereinbart werden. 5Eine staatliche Förderung erfolgt dann aber nur, wenn auch bei dieser Finanzierungsart der Betrieb des Frauenhauses gesichert ist und die im Frauenhaus aufgenommenen Frauen nicht schlechter gestellt werden als bei Finanzierung in Form eines pauschalen Zuschusses. 6Die Finanzierung des Frauenhauses muss auf Dauer gesichert sein.
4.6
Der Träger des Frauenhauses soll für eine qualifizierte Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen, insbesondere durch Erfahrungsaustausch, Fortbildung und Supervision.
4.7
Das Frauenhaus arbeitet mit allen örtlichen Beratungsangeboten, zum Beispiel Ehe-, Familien-, Erziehungs- und Schwangerenberatungsstellen sowie den weiteren zuständigen Einrichtungen, Ämtern, zum Beispiel der Sozialhilfeverwaltung und dem Jugendamt und Diensten (zum Beispiel Ärztinnen und Ärzten, Psychologinnen und Psychologen) fachlich zusammen.
4.8
Die Aufenthaltsdauer richtet sich nach der individuellen Situation der Frau; sie soll in der Regel sechs Wochen nicht überschreiten.
5.
Art und Umfang der Förderung
5.1
Die staatliche Zuwendung wird im Rahmen einer Projektförderung als Festbetragsfinanzierung gewährt.
5.2
1Zuwendungsfähig sind die Personalkosten für notwendige (vgl. Nr. 4.1 Spiegelstrich 4) Fachkräfte zur Beratung und Betreuung der Frauen und notwendige (vgl. Nr. 4.1 Spiegelstrich 5) Fachkräfte zur Betreuung der Kinder. 2Dies gilt auch für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bereits vorgehaltenes Personal.
5.3
1Die Höhe der Zuwendung setzt sich zusammen aus einem Sockelbetrag für ein Frauenhaus mit fünf Plätzen für Frauen in Höhe von 36 000 Euro jährlich und einem Erhöhungsbetrag in Höhe von 3 500 Euro jährlich für jeden weiteren Frauenplatz. 2Die maximale Zuwendung beträgt 130 000 Euro jährlich. 3Die Zuwendung darf 50 % der tatsächlichen Personalkosten für die förderfähigen Fachkräfte nicht überschreiten.
5.4
1Liegt die durchschnittliche Auslastung eines Frauenhauses in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren unter 75 % wird in der Regel ab dem vierten Kalenderjahr der Sockelbetrag auf 31 000 Euro gekürzt. 2Ausnahmen sind in begründeten Einzelfällen möglich.
6.
Mehrfachförderung
Eine Förderung nach dieser Richtlinie entfällt, wenn für den gleichen Zuwendungszweck andere Mittel des Freistaates Bayern sowie des Bundes oder der EU in Anspruch genommen werden.
7.
Antragstellung und Bewilligung
7.1
Bewilligungsbehörde ist die Regierung von Mittelfranken.
7.2
Bewilligungszeitraum ist das Kalenderjahr.
7.3
1Die erstmalige Aufnahme in das Förderprogramm beantragt der Träger des Frauenhauses bei der zuständigen Bewilligungsbehörde. 2Diese holt eine Stellungnahme des zuständigen Trägers der Sozialhilfe ein. 3Zusammen mit einer gutachtlichen Äußerung zum Gesamtbedarf innerhalb des Regierungsbezirkes und der Stellungnahme des Sozialhilfeträgers leitet die Bewilligungsbehörde die Antragsunterlagen dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales zu. 4Dieses entscheidet nach Anhörung der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, des Bayerischen Landkreistages und des Bayerischen Städtetages über die grundsätzliche Aufnahme des Frauenhauses in das staatliche Förderprogramm.
7.4
Die weitere Förderung erfolgt auf Antrag des Trägers des Frauenhauses.
7.5
1Der Antrag ist schriftlich unter Verwendung der bei der Bewilligungsbehörde erhältlichen Vordrucke bis zum 31. März des laufenden Haushaltsjahres dort einzureichen. 2Für die Förderungen mit Bewilligungszeitraum ab dem Kalenderjahr 2019 ist der Antrag bis zum 1. Dezember des Jahres vor Beginn des Bewilligungszeitraumes (siehe Nr. 7.2) bei der Bewilligungsbehörde einzureichen. 3Dem Antrag sind beizufügen:
Übersicht über die Personalkosten,
Kostenzusagen der Kommunen im Einzugsbereich (bei Erstantrag oder prozentualer Beteiligungsänderung),
Vereinssatzung, Gesellschaftsvertrag oder entsprechende Verträge (bei Erstantrag oder Änderungen),
Nachweis über die Zugehörigkeit zu einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege (bei Erstantrag oder Änderungen).
7.6
Die erforderlichen Haushaltsmittel sind durch die Bewilligungsbehörde beim Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales anzufordern.
8.
Nachweis und Prüfung der Verwendung
8.1
1Der Zuwendungsempfänger hat in Form einer Verwendungsbestätigung (Nr. 6.2 ANBest-P) zu versichern, dass die Zuschüsse entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie verwendet worden sind. 2Die Verwendungsbestätigung erstreckt sich nur auf die zuwendungsfähigen Personalkosten. 3Sie ist in einfacher Ausfertigung bis 31. März des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres bei der Bewilligungsbehörde einzureichen.
8.2
1Darüber hinaus sind eine anonyme Statistik nach einheitlichem Raster (vgl. Anlage) und ein eingehender Sachbericht, der auch über die Zusammenarbeit mit den örtlichen Beratungsstellen und Kinderbetreuungseinrichtungen berichtet, beizufügen. 2Jeweils ein Exemplar reicht die Bewilligungsbehörde an das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales weiter. 3Einblick in diese Statistik dürfen auf Anfrage nur die Kostenträger, der Bayerische Oberste Rechnungshof und der Bayerische Kommunale Prüfungsverband nehmen, soweit dies zur Überprüfung der Mittelverwendung notwendig ist.
8.3
1Die Bewilligungsbehörde prüft die Verwendungsbestätigungen in eigener Zuständigkeit und Verantwortung; sie ist auch zuständig für die Rücknahme und den Widerruf von Zuwendungsbescheiden und die Rückforderung von Zuwendungen. 2Für das Verwaltungsverfahren gelten die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) sowie die ANBest-P.
9.
Übergangsregelung
1Für die Erfüllung des nach Nr. 4.1 Spiegelstrich 5 vorzuhaltenden Personals gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2018. 2Darüber hinaus sind in begründeten Einzelfällen Ausnahmen bis längstens 30. Juni 2019 möglich. 3Solange der Personalschlüssel während der Übergangsfrist beziehungsweise in begründeten Einzelfällen bis 30. Juni 2019 noch nicht erfüllt wird, erfolgt die staatliche Förderung nach Nr. 5 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über die Richtlinie für die Förderung von Frauenhäusern in Bayern vom 3. Dezember 2012 (AllMBl. S. 1085), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 18. Dezember 2016 (AllMBl. 2017 S. 76) geändert worden ist. 4Die staatliche Förderung wird jeweils anteilig auf volle Kalendermonate berechnet.
10.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
1Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2018 in Kraft. 2Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.
Dr.  Markus Gruber
Ministerialdirektor

Anlage