Veröffentlichung AllMBl. 2018/09 S. 464 vom 16.07.2018

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Az. R3/6865.02-1/53
2174-A
2174-A
Richtlinie zur Förderung von Notrufen/Fachberatungsstellen für
von sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt betroffene Frauen und
von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche in Bayern
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Familie, Arbeit und Soziales
vom 16. Juli 2018,  Az. R3/6865.02-1/53
1Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Art. 23, 44 der Bayerischen Haushaltsordnung – BayHO und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften) Zuschüsse zur Förderung von Notrufen/Fachberatungsstellen bei sexualisierter und häuslicher Gewalt. 2Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
1.
Zweck der Zuwendung
1.1
1Für von sexualisierter und häuslicher Gewalt (physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt) betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche ist ein Beratungsangebot erforderlich, das die erlebte Gewaltsituation auffängt und umfassende Hilfe gewährt. 2Diese Beratung wird durch Notrufe/Fachberatungsstellen geleistet. 3Sie informieren über die erforderlichen ärztlichen Untersuchungen, den Ablauf des Strafverfahrens und die Möglichkeiten der anwaltschaftlichen Hilfe. 4Auf Wunsch begleiten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Notrufe die Frau/das Kind/den beziehungsweise die Jugendliche oder Jugendlichen zur Polizei, zur ärztlichen Untersuchung oder zur anwaltschaftlichen Beratung.
1.2
Zweck der Förderung ist es, durch staatliche Zuwendungen ein flächendeckendes Angebot zur Beratung und Hilfe für misshandelte Frauen und Kinder zu unterstützen.
1.3
1Ziel ist es, dass in jedem Regierungsbezirk mindestens drei – in Oberbayern aufgrund seiner höheren Bevölkerungsdichte mindestens fünf – personalkostengeförderte (Nr. 5.2.1) Notrufe/Fachberatungsstellen vorgehalten werden. 2Die Erfüllung dieser Mindestzielvorgabe in jedem Regierungsbezirk hat Vorrang vor einem darüber hinausgehenden Ausbau.
2.
Gegenstand der Förderung
Zuwendungsfähig sind Notrufe/Fachberatungsstellen, die von sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche beraten.
3.
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege oder Träger von Notrufen/Fachberatungsstellen, die Mitglied eines Spitzenverbandes sind.
4.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Zum Aufgabengebiet eines Notrufs/einer Fachberatungsstelle gehören
telefonische und persönliche Beratung von Hilfe suchenden Frauen und Kindern,
telefonische und persönliche Beratung von Bezugspersonen des Opfers, wie zum Beispiel Angehörige, Freunde und Freundinnen sowie Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen,
in der Regel Rufbereitschaft „Rund-um-die-Uhr“,
nach Möglichkeit angeleitete längerfristige Selbsthilfegruppen für die betroffenen Frauen,
einzelfallbezogene Kooperation und Vernetzung, zum Beispiel mit der Polizei,
einzelfallübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung, zum Beispiel in Vernetzungsgremien wie den Runden Tischen gegen Gewalt gegen Frauen,
im Einzelfall Zeugenbegleitung, ausgenommen die psychosoziale Prozessbegleitung nach § 406g der Strafprozessordnung (StPO),
zielgruppenspezifische und -übergreifende Präventionsarbeit,
Öffentlichkeitsarbeit mit den Zielgruppen Fachöffentlichkeit und allgemeine Öffentlichkeit.
4.2
1Jeder/jede personalkostengeförderte Notruf/Fachberatungsstelle muss mindestens eine Vollzeitkraft oder zwei Kräfte in hälftiger Teilzeit, die durch Jobsharing die ganztägige Besetzung des Notrufs gewährleisten, beschäftigen. 2Für die Aufgabenbereiche Prävention und Geschäftsführung/Leitung
müssen bei personalkostengeförderten Notrufen/Fachberatungsstellen Fachkräfte in dem Wochenstundenumfang vorgehalten werden, der mit dem unter Nr. 5.3 geregelten staatlichen Zuschuss abgedeckt werden kann; für Präventionsmaßnahmen können alternativ auch Honorarkräfte beschäftigt werden,
können bei sachkostengeförderten Notrufen/Fachberatungsstellen Fachkräfte in dem Wochenstundenumfang vorgehalten werden, der mit dem unter Nr. 5.3 geregelten staatlichen Zuschuss abgedeckt werden kann; für Präventionsmaßnahmen können alternativ auch Honorarkräfte beschäftigt werden.
4.3
1Zuwendungsfähige Fachkräfte im Sinn dieser Richtlinie sind diplomierte beziehungsweise graduierte Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sowie Personen mit vergleichbarer abgeschlossener Ausbildung. 2Bei Fachpersonal, das bei Inkrafttreten der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über die Richtlinie zur Förderung von Notrufen für von sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche in Bayern vom 3. Dezember 2012 (AllMBl. S. 1089) bereits angestellt ist, kann die Bewilligungsbehörde im Einzelfall Ausnahmen zulassen.
4.4
Vom Zuwendungsempfänger ist ein angemessener Eigenanteil von grundsätzlich mindestens 10 % der zuwendungsfähigen Ausgaben (vgl. Nr. 5.2) zu erbringen.
4.5
1Eine staatliche Förderung erfolgt nur, wenn sich mindestens ein Landkreis, eine kreisfreie Stadt oder eine andere Kommune an den Gesamtkosten des Notrufs/der Fachberatungsstelle beteiligt. 2Bei sachkostengeförderten Notrufen/Fachberatungsstellen nach Nr. 5.2.2, die bei Inkrafttreten der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über die Richtlinie zur Förderung von Notrufen für von sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche in Bayern vom 3. Dezember 2012 (AllMBl. S. 1089) bereits eine staatliche Förderung ohne kommunale Beteiligung erhalten, kann die Bewilligungsbehörde in Einzelfällen Ausnahmen zulassen. 3Die Einzelheiten der kommunalen Förderung werden zwischen den an der Finanzierung beteiligten Kommunen und dem Träger des Notrufs/der Fachberatungsstelle vereinbart. 4Die Finanzierung des Notrufs/der Fachberatungsstelle muss auf Dauer gesichert sein.
5.
Art und Umfang der Zuwendung
5.1
Die staatliche Zuwendung wird im Rahmen einer Projektförderung als Festbetragsfinanzierung gewährt.
5.2
Zuwendungsfähig sind
5.2.1
die Personalkosten für notwendige (vgl. Nr. 4.2 Satz 1) Fachkräfte (Personalkostenförderung) oder,
5.2.2
wenn keine Personalkostenförderung nach Nr. 5.2.1 erfolgt, die Kosten für Fortbildung, Supervision und Öffentlichkeitsarbeit (Sachkostenförderung),
5.2.3
die Personalkosten für die notwendigen Fachkräfte und Sachkosten für Honorarkräfte (vgl. Nr. 4.2 Satz 2) für die Aufgaben Prävention und Geschäftsführung/Leitung; dies gilt auch für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bereits vorgehaltenes Personal.
5.3
Die Zuwendung beträgt
bei Personalkostenförderung nach  Nr. 5.2.1   19  650 Euro jährlich, maximal jedoch 50 % der tatsächlichen Personalkosten,
bei Sachkostenförderung nach Nr. 5.2.2 maximal 2  320 Euro jährlich; dabei sind im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen oder Supervision Honorarkosten von maximal 80 Euro je Stunde zuwendungsfähig; für auswärtige Fortbildungsmaßnahmen sind bis zu 40 Euro pro Tag und Person für Verpflegung und Unterkunft zuwendungsfähig,
für Ausgaben nach  Nr. 5.2.3   13  350 Euro jährlich, maximal jedoch 90 % der tatsächlichen Personalkosten beziehungsweise der Sachkosten für Honorarkräfte.
5.4
Anträge unter 250 Euro Zuwendungshöhe können aus verwaltungstechnischen Gründen nicht berücksichtigt werden.
6.
Mehrfachförderung
Eine Förderung nach dieser Richtlinie entfällt, wenn für den gleichen Zuwendungszweck andere Mittel des Freistaates Bayern sowie des Bundes oder der EU in Anspruch genommen werden.
7.
Antragstellung und Bewilligung
7.1
Bewilligungsbehörde ist die Regierung von Mittelfranken.
7.2
Bewilligungszeitraum ist das Kalenderjahr.
7.3
1Die erstmalige Aufnahme in die Personalkostenförderung beantragt der Träger des Notrufs/der Fachberatungsstelle unter Vorlage der kommunalen Stellungnahmen bei der Bewilligungsbehörde. 2Diese leitet mit einer fachlichen Bewertung zum flächendeckenden Aufbau innerhalb der Regierungsbezirke die Antragsunterlagen dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales zu. 3Dieses entscheidet über die Aufnahme in das staatliche Förderprogramm.
7.4
Die weitere Förderung erfolgt auf Antrag des Trägers des Notrufs/der Fachberatungsstelle.
7.5
1Der Antrag ist schriftlich unter Verwendung der bei der Bewilligungsbehörde erhältlichen Vordrucke bis zum 31. März des laufenden Jahres dort einzureichen. 2Für die Förderungen mit Bewilligungszeitraum ab dem Kalenderjahr 2019 ist der Antrag bis zum 1. Dezember des Jahres vor Beginn des Bewilligungszeitraumes (siehe Nr. 7.2)v bei der Bewilligungsbehörde einzureichen. 3Dem Antrag sind beizufügen:
Kosten- und Finanzierungsplan,
Übersicht über die Personalkosten (nur bei Personalkostenförderung),
Kostenzusagen der Kommunen im Einzugsbereich und sonstiger Zuwendungsgeber (bei Erstantrag oder Beteiligungsänderung),
Vereinssatzung (bei Erstantrag oder Änderungen),
Konzept (bei Erstantrag oder Änderungen).
7.6
Die erforderlichen Haushaltsmittel sind durch die Bewilligungsbehörde beim Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales anzufordern.
8.
Nachweis und Prüfung der Verwendung
8.1
1Der Zuwendungsempfänger hat in Form einer Verwendungsbestätigung (Nr. 6.2 ANBest-P) zu versichern, dass die Zuschüsse entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie verwendet worden sind. 2Die Verwendungsbestätigung ist in einfacher Ausfertigung bis 31. März des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres bei der Bewilligungsbehörde einzureichen.
8.2
1Darüber hinaus sind eine anonymisierte Statistik über die Zahl der Beratungsfälle und den Umfang der dafür geleisteten Tätigkeit der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ein eingehender Sachbericht beizufügen. 2Für die Statistik ist die vom Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales vorgegebene Datenerfassungsdatei zu verwenden. 3Die Statistik sendet der Zuwendungsempfänger zudem direkt auf elektronischem Weg an das Staatsministerium. 4Ein Exemplar des Sachberichts reicht die Bewilligungsbehörde an das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales weiter.
8.3
1Die Bewilligungsbehörde prüft die Verwendungsbestätigung in eigener Zuständigkeit und Verantwortung. 2Sie ist auch zuständig für die Rücknahme und den Widerruf von Zuwendungsbescheiden und die Rückforderung von Zuwendungen. 3Für das Verwaltungsverfahren gelten die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) sowie die ANBest-P.
8.4
Von einer Geltendmachung von Zinsen ist abzusehen, soweit diese 250 Euro nicht übersteigen.
9.
Übergangsregelung
1Für die Erfüllung des nach Nr. 4.2 Satz 2 Spiegelstrich 1 vorzuhaltenden Personals gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2018. 2Darüber hinaus sind in begründeten Einzelfällen Ausnahmen bis längstens 30. Juni 2019 möglich. 3Solange dieses Personal während der Übergangsfrist beziehungsweise in begründeten Einzelfällen bis 30. Juni 2019 noch nicht vorgehalten wird, erfolgt ausschließlich eine Personalkostenförderung nach Nr. 5.3 Spiegelstrich 1.
10.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
1Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2018 in Kraft. 2Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.
Dr.  Markus Gruber
Ministerialdirektor