Veröffentlichung BayMBl. 2020 Nr. 173 vom 03.04.2020

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention

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Verwaltungsvorschrift

2126-G
  • Verwaltung
  • Gesundheitswesen und Umweltschutz
  • Krankheitsverhütung und -bekämpfung, Krankenhauswesen

2126-G

Bußgeldkatalog „Corona-Pandemie“

Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien
des Innern, für Sport und Integration und
für Gesundheit und Pflege

vom 2. April 2020, Az. C2-2101-2-7 und Z6a-G8000-2020/122-164

Teil 1: Allgemeiner Teil

1.Begriffsbestimmungen

1.1
Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes (förmliches Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung) verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten – OWiG).
1.2
Eine Straftat ist eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Strafe (Freiheitsstrafe, Geldstrafe) zulässt.

2.Anwendungsbereich des Katalogs

2.1
Der Bußgeldkatalog ist als Richtlinie für die zuständigen Verwaltungsbehörden bei Ordnungswidrigkeiten durch Verstöße gegen
  • die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) vom 27. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 158, BayRS 2126-1-4-G, 1226-1-5-G) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 31. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 162) (nachfolgend: BayIfSMV) und
  • die Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 13. März 2020, Az. G51‍-‍G8000‍-‍2020/122‍-‍65, die zuletzt durch die Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 21. März 2020, Az. G51‍-‍G8000‍-‍2020/122‍-‍65 (nachfolgend: AV. vom 13.03.2020 „Schulen“) geändert worden ist

anzuwenden.

2.2
Soweit Zuwiderhandlungen nicht von diesem Katalog erfasst werden, insbesondere bei
weiteren zukünftigen Allgemeinverfügungen und/oder Rechtsverordnungen anlässlich der Corona-Pandemie, soll für die Bemessung der Geldbuße von vergleichbaren Zuwiderhandlungen des Katalogs ausgegangen werden.

3.Zuständigkeit

3.1
Für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sind gemäß § 65 Satz 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 1 Zuständigkeitsverordnung die Kreisverwaltungsbehörden sachlich zuständig.
3.2
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 37 OWiG. Auf die Zuständigkeit verschiedener Verwaltungsbehörden bei zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten wird hingewiesen (§ 38 OWiG).
3.3
Bei Zuständigkeit mehrerer Verwaltungsbehörden (§ 39 OWiG) ist die vorzuziehende Verfolgungsbehörde unverzüglich festzulegen. Dabei erscheint ebenso wie bei einer Vereinbarung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 OWiG wegen § 19 Abs. 2 OWiG eine Übertragung an die Behörde sachdienlich, die für die mit der höchsten Geldbuße bedrohte Ordnungswidrigkeit zuständig ist. Ansonsten sollte der Schwerpunkt der Ordnungswidrigkeiten entscheidend sein.

4.Bußgeldverfahren

4.1
Das Bußgeldverfahren richtet sich nach dem OWiG und nach den in dieser Richtlinie vorgesehenen Konkretisierungen.
4.2
Der Bußgeldkatalog nennt einen Regelsatz für die Bußgeldhöhe für die wesentlichen Verstöße gegen die genannten Normen, um einen einheitlichen Vollzug bei der Verfolgung und Ahndung dieser Verstöße zu erreichen.
4.3
Ein Verwarnungsverfahren scheidet aus, da sämtliche hier genannten Ordnungswidrigkeiten nicht geringfügig i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG sind.

5.Grundsätze für die Festsetzung der Geldbuße

5.1
Die Regel- und Rahmensätze können nach den Grundsätzen des § 17 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 OWiG je nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen der jeweiligen gesetzlichen Grenzen erhöht oder ermäßigt werden.
5.2
Die Regelsätze gelten für einen vorsätzlichen Erstverstoß und sind bei Folgeverstößen bzw. mehrmaligen Verstößen jeweils zu verdoppeln. Bei Fahrlässigkeit sind die Regelsätze zu halbieren.
5.3
Eine Ermäßigung kann insbesondere in Betracht kommen, wenn
  • die Gefahr einer potenziellen Infizierung anderer Personen nach den Umständen des Einzelfalls gering ist,
  • der Vorwurf, der den Betroffenen trifft, aus besonderen Gründen des Einzelfalls geringer als für durchschnittliches vorwerfbares Handeln erscheint,
  • der Täter Einsicht zeigt, sodass Wiederholungen nicht zu befürchten sind oder
  • die vorgeschriebene Geldbuße zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung führt, z. B. bei außergewöhnlich schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen.
5.4
Verletzt dieselbe Handlung (aktives Tun oder Unterlassen) mehrere Tatbestände oder einen Tatbestand mehrmals (sog. Tateinheit, § 19 OWiG), so ist nur ein Bußgeld festzusetzen. Sind mehrere Tatbestände verletzt, ist der Bußgeldtatbestand mit dem höheren Regelsatz maßgebend. Der Regelsatz ist angemessen zu erhöhen, wobei die Summe der Regelsätze der verwirklichten Tatbestände nicht erreicht werden darf.
5.5
Werden durch mehrere rechtlich selbstständige Handlungen (aktives Tun oder Unterlassen) mehrere Tatbestände oder ein Tatbestand mehrmals verletzt (sogenannte Tatmehrheit, § 20 OWiG), sind die Regelsätze jeweils zu addieren.
5.6
Die Möglichkeit, neben dem Bußgeld gegen eine Individualperson nach § 30 OWiG auch juristische Personen und Personenvereinigungen (beispielsweise fallen hierunter GmbH, Aktiengesellschaften oder Vereine) mit einem Bußgeld zu belegen, wenn durch die Ordnungswidrigkeit Pflichten, die die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung durch den Verstoß bereichert worden ist oder werden sollte, bleibt unberührt. Die Geldbuße soll in diesen Fällen den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen (§ 17 Abs. 4, § 30 Abs. 3 OWiG). Entsprechend bleibt die Möglichkeit, neben dem Bußgeld gegen die unmittelbar ordnungswidrig handelnde Person nach § 130 OWiG auch den Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens mit einem Bußgeld zu belegen, wenn dieser vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre, unberührt.

Teil 2: Einzelne Ordnungswidrigkeiten

Lfd. Nr. Norm Verstoß Adressat des Bußgeldbescheids Regelsatz in EURO
1 § 1 Abs. 1, § 5 Nr. 1 BayIfSMV Durchführung oder Teilnahme an einer Veranstaltung oder Versammlung i.S.d. § 1 Abs. 1 BayIfSMV oder Durchführung einer Reisebusreise Veranstalter oder Leiter einer Veranstaltung oder Versammlung

5.000,00 Euro
Teilnehmer einer Veranstaltung oder Versammlung 500,00 Euro
2 § 2 Abs. 1, § 5 Nr. 2 BayIfSMV Betrieb einer Einrichtung i.S.d § 2 Abs. 1 BayIfSMV oder Durchführung einer Reisebusreise Person, welche die Entscheidung über die Öffnung des Betriebes oder der Durchführung einer Reisebusreise trifft (i.d.R. Betriebsinhaber;
bei jur. Personen: Geschäftsführung, o. Ä.)
5.000,00 Euro
3 § 2 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, § 5 Nr. 3 BayIfSMV Betrieb einer Gastronomie, ausgenommen (1) der Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen oder (2) einer Ausnahmegenehmigung für Betriebskantinen durch die zuständige Kreisverwaltungsbehörde Person, welche die Entscheidung über die Öffnung des Betriebes trifft (i.d.R. Betriebsinhaber, Wirt;
bei jur. Personen: Geschäftsführung, o.Ä.)
5.000,00 Euro
4 § 2 Abs. 3 Satz 1, § 5 Nr. 4 BayIfSMV Betrieb von Hotels oder sonstigen Beherbergungsbetrieben zu privaten touristischen Zwecken Person, welche die Entscheidung über die Öffnung des Betriebes trifft (i.d.R. Betriebsinhaber;
bei jur. Personen: Geschäftsführung, o. Ä.)
5.000,00 Euro
5 § 2 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4, § 5 Nr. 5 BayIfSMV Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels für Kunden, ausgenommen (1) der Ladengeschäfte des täglichen Bedarf gemäß der Aufzählung in § 2 Abs. 4 Satz 2 BayIfSMV oder (2) einer Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Kreisverwaltungsbehörde Verantwortlicher des Ladengeschäfts (i.d.R. der Betriebsinhaber) 5.000,00 Euro
6 § 2 Abs. 5 Satz 2, § 5 Nr. 6 BayIfSMV Nichteinhalten der vorgeschriebenen Aufenthaltsbeschränkung im Wartebereich (max. 10 Personen) Verantwortlicher des Dienstleistungsbetriebes (i.d.R. der Betriebsinhaber) 1.000,00 Euro
7 § 3 Abs. 1, § 5 Nr. 7 BayIfSMV Besuch von Krankenhäusern sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, ausgenommen sind Geburts- und Kinderstationen für engste Angehörige und Palliativstationen und Hospize; Besuch von vollstationären Einrichtungen der Pflege; Besuch von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen; Besuch von ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach Art. 2 Abs. 3 Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) oder Besuch von Altenheimen und Seniorenresidenzen (vgl. Aufzählung in § 3 Abs. 1 BayIfSMV) Person, welche eine genannte Einrichtung betritt, ohne dass eine Ausnahme besteht 500,00 Euro
8 § 3 Abs. 2, § 5 Nr. 8 BayIfSMV Betreten einer Hochschule Person, die innerhalb von 14 Tagen nach Aufenthalt in einem Risikogebiet eine Hochschule betritt 500,00 Euro
9 § 4 Abs. 2, § 5 Nr. 9 BayIfSMV Verlassen der eigenen Wohnung ohne Vorliegen eines triftigen Grundes Person, welche die Wohnung ohne triftigen Grund verlässt 150,00 Euro
10 Ziff. 1.1 bis 1.3 AV. v. 13.03.2020 „Schulen“ Abhalten von Unterricht, Veranstaltungen, Studienbetrieb oder Betreuungsangebote nach Ziff. 1.1. bis 1.3 AV vom 13.03.2020 Schulen, ausgenommen die in Ziff. 2 und 3 genannten Einrichtungen und die Notbetreuung nach Ziff. 4 und 5 Betreiber 2.500,00 Euro
11 Ziff. 1.4 ggf. i.V.m. Ziff. 6 AV. v. 13.03.2020 „Schulen“ Betreten der in Ziff. 1.1 bis 1.3 genannten Einrichtungen zu Zwecken des Unterrichts und sonstiger Schulveranstaltungen, zur Wahrnehmung der Betreuungsangebote, zur Wahrnehmung des Lehr- und Studienbetriebs, einschl. Mittagsbetreuung (ausgenommen die in Ziff. 2 und 3 genannten Einrichtungen und die Notbetreuung nach Ziff. 4 und 5) Schüler, Kinder und Studierende, soweit strafmündig und/oder deren Personensorgeberechtigte 150,00 Euro
12 Ziff. 6 i.V.m. Ziff. 4 und 5 AV. v. 13.03.2020 „Schulen“ Wahrnehmung eines Betreuungsangebots nach Ziff. 4 und 5, obwohl die dort genannten Voraussetzungen nicht vorliegen Personensorgeberechtigte 500,00 Euro

Teil 3: Schlussbestimmungen

Diese Bekanntmachung tritt am 2. April 2020 in Kraft. Sie ersetzt die Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Sport und Integration und für Gesundheit und Pflege vom 27. März 2020 (BayMBl. Nr. 159).

Karl Michael Scheufele

Ministerialdirektor

Dr. Winfried Brechmann

Ministerialdirektor