Fundstelle GVBl. 2015 S. 418

Download

Hash-Prüfsumme der PDF-Datei (sha256): ea2e854c5d474d9aa23ea147dbc4a1cb64ab811532f1c1062239dfb4bba490e7

Verordnung

7803-26-L

  • Wirtschaftsrecht
  • Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft, Veterinärwesen
  • Organisation der Landwirtschaft
  • Landwirtschaftliches Beratungs-, Ausbildungs- und Schulwesen
7803-26-L

Verordnung
über die Berufsausbildung
zur Fachpraktikerin Landwirtschaft
und zum Fachpraktiker Landwirtschaft
(Ausbildungsverordnung Fachpraktiker Landwirtschaft – FPrLwV)

vom 13. November 2015


Auf Grund des § 66 Abs. 1 Satz 1 und des § 9 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931), das zuletzt durch Art. 436 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in Verbindung mit § 79 Abs. 4 BBiG und Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes und des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (AGBBiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1993 (GVBl. S. 754, BayRS 800-21-1-A), das zuletzt durch § 1 Nr. 408 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl. S. 286) geändert worden ist, verordnet das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nach dem Beschluss des Berufsbildungsausschusses:


§ 1

Ausbildungsberuf

Die Berufsausbildung zur Fachpraktikerin Landwirtschaft und zum Fachpraktiker Landwirtschaft nach dieser Ausbildungsverordnung vermittelt einen Berufsabschluss der Landwirtschaft.


§ 2

Personenkreis

(1) Die Ausbildungsverordnung gilt für behinderte Personen nach § 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, insbesondere für Menschen mit Lernbehinderung, für die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung eine erfolgreiche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht zu erwarten ist.

(2) Hierüber muss eine Bestätigung des zuständigen Rehabilitationsträgers vorliegen, ausgestellt auf der Grundlage einer differenzierten Eignungsuntersuchung, damit der Ausbildungsvertrag in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse eingetragen werden kann.


§ 3

Dauer der Berufsausbildung

Die Ausbildung dauert 3 Jahre.


§ 4

Eignung der Ausbildungsstätte

(1) 1Behinderte Menschen dürfen nach dieser Ausbildungsverordnung nur in dafür geeigneten Betrieben, in Berufsbildungswerken und anderen außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildet werden. 2Neben den in § 27 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) festgelegten Anforderungen muss die Ausbildungsstätte hinsichtlich der Räume, der Ausstattung und Einrichtung den besonderen Erfordernissen der Ausbildung von behinderten Menschen gerecht werden.

(2) 1Die besondere Betreuung und Förderung der behinderten Menschen in der Ausbildungsstätte muss sichergestellt sein. 2Die Beschulung in einer geeigneten Fachklasse muss gewährleistet sein.

(3) In Betrieben soll ein Ausbilder nicht mehr als zwei, in Berufsbildungswerken und anderen außerbetrieblichen Einrichtungen nicht mehr als acht Auszubildende gleichzeitig ausbilden.


§ 5

Eignung der Ausbilderinnen und Ausbilder

(1) Ausbilderinnen und Ausbilder, die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG erstmals tätig werden, müssen neben der persönlichen und fachlichen Eignung zusätzlich die Teilnahme an einer behindertenspezifischen Qualifikationsmaßnahme nachweisen.

(2) Der Qualifizierungsumfang der Qualifikationsmaßnahme beträgt für Ausbilderinnen und Ausbilder in Berufsbildungswerken und in anderen außerbetrieblichen Einrichtungen mindestens 160 Stunden, für Ausbilderinnen und Ausbilder in Betrieben mindestens 40 Stunden.

(3) 1Von der Qualifikationsmaßnahme kann bei Ausbilderinnen und Ausbildern abgesehen werden, wenn die Qualität der Ausbildung auf andere Weise sichergestellt ist, insbesondere durch Zusammenarbeit mit einer geeigneten Ausbildungseinrichtung. 2Von der Qualifikationsmaßnahme können Ausbilderinnen und Ausbilder mit mindestens fünfjähriger Praxis in der Ausbildung von behinderten Menschen befreit werden. 3Das Vorliegen der behindertenspezifischen Qualifikation kann auch abweichend von Abs. 1 glaubhaft gemacht werden.


§ 6

Ausbildungsberufsbild

(1) Die Gliederung der Berufsausbildung ergibt sich aus der Anlage.

(2) 1Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die im Ausbildungsrahmenplan in der Anlage aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten. 2Eine vom Ausbildungsrahmenplan abweichende sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildungsinhalte ist zulässig, soweit es die jeweilige Behinderung oder betriebliche Besonderheit erfordert.

(3) 1Die Ausbildung erfolgt in zwei der in der Anlage in Nr. 3 genannten Schwerpunkte. 2Einer der Schwerpunkte Tierhaltung oder Pflanzenproduktion ist zu wählen.


§ 7

Durchführung der Berufsausbildung

(1) Findet die Ausbildung in einem Berufsbildungswerk oder in einer anderen außerbetrieblichen Ausbildungseinrichtung statt, sollen mindestens 26 Wochen außerhalb dieser Einrichtung in einem anerkannten Ausbildungsbetrieb durchgeführt werden.

(2) Die in dieser Ausbildungsverordnung genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sollen so vermittelt werden, dass sie zu einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinn von § 1 Abs. 3 BBiG befähigen, die selbstständiges Arbeiten mit einschließt.

(3) 1Die Ausbildung ist für jeden Auszubildenden individuell zu planen. 2Der Ausbildungsplan ist an den individuellen Lernfortschritt der Auszubildenden anzupassen.

(4) 1Die Auszubildenden haben einen schriftlichen Ausbildungsnachweis zu führen. 2Ihnen ist die erforderliche Anleitung und Gelegenheit zu geben, den Ausbildungsnachweis während der Ausbildungszeit zu führen. 3Der Ausbildungsnachweis ist regelmäßig zu überprüfen und abzuzeichnen. 4Die zuständige Stelle kann Auszubildende mit Rücksicht auf Art und Schwere ihrer Behinderung von der Pflicht zur Führung eines Ausbildungsnachweises ganz oder teilweise befreien.


§ 8

Zwischenprüfung

(1) In Zusammenarbeit zwischen der zuständigen Stelle und den Ausbildungsstätten ist eine Zwischenprüfung durchzuführen, die vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden soll.

(2) Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die im Ausbildungsrahmenplan (Anlage) für die ersten drei Ausbildungshalbjahre aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie auf den entsprechenden Lehrstoff der Berufsschule zur individuellen Lernförderung, soweit dieser für die Berufsausbildung wesentlich ist.

(3) Die Zwischenprüfung findet in einem der Schwerpunkte Tierhaltung oder Pflanzenproduktion statt und wird praktisch in Form einer Arbeitsprobe einschließlich eines Fachgesprächs und schriftlich oder auf Antrag mündlich durchgeführt.

(4) Die praktische Prüfung soll höchstens 90 Minuten, die schriftliche Prüfung höchstens 60 Minuten und eine mündliche Prüfung höchstens 30 Minuten dauern.

(5) Findet die Ausbildung in den Schwerpunkten Tierhaltung und Pflanzenproduktion statt, wird der Prüfungsbereich auf gemeinsamen Antrag des Auszubildenden und des Ausbildenden festgelegt.


§ 9

Abschlussprüfung

(1) 1Durch die Abschlussprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat. 2In der Abschlussprüfung soll der Prüfling nachweisen, dass er die dafür erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht zu vermittelnden, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff vertraut ist.

(2) 1Die Abschlussprüfung besteht aus folgenden Prüfungsbereichen:

1.
Haltung und Nutzung von Tieren,

2.
Anbau und Nutzung von Pflanzen,

3.
Arbeitsverfahren und Technik,

4.
Wirtschafts- und Sozialkunde.

2Die Abschlussprüfung ist entsprechend dem Schwerpunkt in den Bereichen gemäß Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 sowie Nr. 3 und 4 abzulegen. 3Die Prüfung in den Bereichen gemäß Satz 1 Nr. 1 und 2 wird praktisch in Form von je zwei Arbeitsproben mit jeweils einem Fachgespräch und in den Bereichen gemäß Satz 1 Nr. 3 und 4 schriftlich oder auf Antrag mündlich abgenommen. 4Die Prüfungszeit beträgt jeweils höchstens für jede Arbeitsprobe einschließlich des Fachgesprächs 90 Minuten, für die schriftlichen Prüfungen im Bereich gemäß Satz 1 Nr. 3 60 Minuten und im Bereich gemäß Satz 1 Nr. 4 30 Minuten, für mündliche Prüfungen im Bereich gemäß Satz 1 Nr. 3 30 Minuten und im Bereich gemäß Satz 1 Nr. 4 20 Minuten.

(3) Findet die Ausbildung in den Schwerpunkten Tierhaltung und Pflanzenproduktion statt, wird der Prüfungsbereich gemäß Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 auf gemeinsamen Antrag des Auszubildenden und des Ausbildenden festgelegt.

(4) 1In der praktischen Prüfung sollen die Prüflinge zeigen, dass sie die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse praxisbezogen unter Verwendung geeigneter Maschinen, Geräte und technischer Einrichtungen anwenden können. 2Bei der Planung, Durchführung und Kontrolle der Arbeitsabläufe sind Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit sowie je nach Schwerpunkt Gesichtspunkte des Tierschutzes und des Tierwohls oder Gesichtspunkte des Bodenschutzes und der Pflanzengesundheit einzubeziehen. 3Den Prüflingen soll Gelegenheit gegeben werden, die Maschinen, Geräte und technischen Einrichtungen vor der Prüfung kennen zu lernen.

(5) Für die praktischen Prüfungsaufgaben im Bereich Haltung und Nutzung von Tieren kommen insbesondere folgende Gebiete in Betracht:

1.
Gesundheitszustand und Ernährung von Tieren,

2.
Artgerechter Umgang mit Tieren,

3.
Fütterung von Tieren,

4.
Pflege und Versorgung von Tieren,

5.
Gewinnen und Verarbeiten tierischer Produkte.

(6) Für die praktischen Prüfungsaufgaben im Bereich Anbau und Nutzung von Pflanzen kommen insbesondere folgende Gebiete in Betracht:

1.
Erkennen und Beurteilen von Pflanzen,

2.
Bearbeiten des Bodens,

3.
Gewinnung pflanzlicher Produkte,

4.
Lagerung des Ernteguts,

5.
Verarbeitung pflanzlicher Produkte.

(7) 1In der schriftlichen Prüfung im Bereich Arbeitsverfahren und Technik sollen die Prüflinge zeigen, dass sie die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse praxisbezogen unter Berücksichtigung des Umweltschutzes, der Nachhaltigkeit, des Tierschutzes und der Wirtschaftlichkeit anwenden können. 2Für die praxisbezogene schriftliche Prüfung kommen insbesondere folgende Gebiete in Betracht:

1.
Aufzeigen fachlicher Hintergründe und Zusammenhänge,

2.
Festlegung von Arbeitsabläufen,

3.
Auswahl und Einsatz geeigneter Maschinen, Geräte und Betriebsmittel,

4.
Anwendung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung,

5.
Anwendung von Maßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz bei der Arbeit.

(8) In der schriftlichen Prüfung im Bereich Wirtschafts- und Sozialkunde sollen die Prüflinge zeigen, dass sie allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge in der Berufs- und Arbeitswelt darstellen und beurteilen können.

(9) 1Für die Ermittlung des Gesamtergebnisses sind die Ergebnisse der Prüfungsbereiche zu einer Note zusammenzufassen. 2Die einzelnen Prüfungsbereiche sind wie folgt zu gewichten:

1.
Arithmetisches Mittel aus den Noten der Arbeitsproben in den Prüfungsbereichen gemäß § 9 Abs. 5 oder Abs. 6
70 % 
2.
Schriftliche Prüfung gemäß § 9 Abs. 7
20 % 
3.
Schriftliche Prüfung gemäß § 9 Abs. 8
10 %.



§ 10

Bestehen der Prüfung

(1) Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn im Gesamtergebnis und jeweils in den Arbeitsproben nach § 9 Abs. 2 Satz 3 mindestens ausreichende Leistungen erbracht worden sind.

(2) Sie ist nicht bestanden, wenn einer der Prüfungsbereiche nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 mit „ungenügend“ bewertet worden ist.

(3) 1Auf Antrag des Prüflings ist die Prüfung in einer der mit „ungenügend“ bewerteten Prüfungsleistungen in den Prüfungsbereichen „Arbeitsverfahren und Technik“ oder „Wirtschafts- und Sozialkunde“ durch eine mündliche Prüfung von 15 Minuten zu ergänzen, wenn dies für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann. 2Bei der Ermittlung des Ergebnisses für diesen Prüfungsbereich sind das bisherige Ergebnis und das Ergebnis der mündlichen Ergänzungsprüfung im Verhältnis 2 : 1 zu gewichten.


§ 11

Übergang in den anerkannten Ausbildungsberuf Landwirt oder Landwirtin

1Während der Berufsausbildung nach dieser Ausbildungsverordnung sollen die Beteiligten und die zuständige Stelle die Möglichkeit des Übergangs in die Ausbildung im anerkannten Ausbildungsberuf Landwirt oder Landwirtin laufend prüfen. 2Ein Übergang nach Satz 1 bedarf der Zustimmung des Auszubildenden, des gesetzlichen Vertreters und des Ausbildenden; bei Förderung der Ausbildung durch die Arbeitsagentur oder einen anderen Rehabilitationsträger ist auch deren Zustimmung erforderlich.


§ 12

Übergangsregelung, Inkrafttreten

(1) Berufsausbildungsverhältnisse, die am 1. Dezember 2015 nicht länger als ein Jahr bestehen, können auf Antrag des Auszubildenden unter Anrechnung der bisher zurückgelegten Ausbildungszeit nach den Vorschriften dieser Verordnung fortgesetzt werden.

(2) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2015 in Kraft.

München, den 13. November 2015

Bayerisches Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten


Helmut  B r u n n e r ,  Staatsminister

Anlage