Veröffentlichung AllMBl. 2011/04 S. 125 vom 28.04.2011

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Maiaufruf:
Bayern auf dem Weg in die Arbeitswelt 2.0
Bayerns Arbeitsmarkt hat die Weltwirtschaftskrise erfolgreich gemeistert. In Bayern sind wir mit der bundesweit besten Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent in 2010 auf dem Weg in die Vollbeschäftigung und haben diese bereits in vielen Regionen erreicht. Diesen Erfolgskurs wollen wir halten und im Jahr 2011 unsere Spitzenposition noch weiter ausbauen.
Wir dürfen uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen, denn wir stehen vor einer der größten Herausforderungen unserer Zeit: Der Umgestaltung der Arbeitswelt im Angesicht des demographischen Wandels. Der damit einhergehende Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen und die Gefahr eines Fachkräftemangels sind kein unabänderliches Schicksal. Es gilt jetzt, die richtigen politischen Weichen zu stellen. Wir werden diese Herausforderung gemeinsam meistern, wenn wir uns in unserem Denken und Handeln, auf die Arbeitswelt der Zukunft – die Arbeitswelt 2.0 – einstellen. Die Arbeitswelt 2.0 muss lebensphasenbezogen ausgestaltet werden und darf Ressourcen nicht brach liegen lassen. Das heißt auch: Unsere Arbeitswelt muss familienfreundlicher, weiblicher, alternsgerechter, migrantenfreundlicher und teilhabegerechter werden. Jeder und jede soll das eigene Potential bestmöglich nutzen können. Das entspricht einem modernen und zukunftsorientierten Politikverständnis, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Es wäre falsch, schlicht dem Ruf nach mehr Zuwanderung nachzugeben. Vielmehr müssen wir uns ohnehin auf den Zustrom an Arbeitskräften einstellen, der mit der Freizügigkeit ab dem 1. Mai 2011 auf uns zukommen wird. Und wir dürfen nicht vergessen, dass in Deutschland immer noch rund drei Millionen Menschen keinen Job haben. Vordringlichstes Ziel muss es daher sein, Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen. Wir dürfen niemanden aufgeben!
Die bayerische Wirtschaft ist dynamisch und innovativ. Für den Erfolg in der Zukunft brauchen wir alle: Theoretiker und Praktiker, Akademiker, aber auch und gerade die vielen Abgänger der bayerischen Haupt-, Mittel- und Realschulen. Bayern braucht Dienstleistung und Forschung, genauso aber auch die Produktion. Wir geben keinen Jugendlichen verloren, sondern helfen zum Beispiel mit Projekten der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit besonders denen, die es schwerer haben, einen Ausbildungsplatz zu finden.
Die Arbeitswelt 2.0 muss weiblicher werden. Frauen sind Bildungsgewinnerinnen, aber noch Karriereverliererinnen. Dabei ist klar: Frauen sind anders gut als Männer und daher durch die besten Männer nicht zu ersetzen. Wer diese Erkenntnis verinnerlicht hat, wird Frauen in Unternehmen aus Überzeugung von Anfang an fördern. Nicht erst wenn es um die Besetzung von Führungspositionen im Top-Managementbereich geht. Gerade weiblich geprägte Berufe haben immer noch nicht die Wertschätzung erlangt, die ihnen gebührt. Der Arbeitsmarkt der Zukunft muss sich von alterhergebrachten Arbeits- und Denkmustern lösen.
Die Arbeitswelt 2.0 muss familienfreundlicher werden. Familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, müssen sich die Arbeitsbedingungen so ändern, dass Eltern nicht strukturell benachteiligt werden, wenn sie Familie leben wollen. Unternehmen, die heute nicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, werden morgen vom Markt verschwunden sein. Gute Fachkräfte suchen sich ihre Arbeitgeber schon lange nicht mehr allein nach dem Gehalt aus.
Die Arbeitswelt 2.0 muss alternsgerechter werden. Viele Ältere haben es schwer, sich auf dem Arbeitsmarkt durchzusetzen. Ihre Fähigkeiten werden noch vielfach unterschätzt und das, obwohl sie einen großen Erfahrungsschatz und Kompetenzen haben, die nur sie in den betrieblichen Alltag einbringen können. Wir brauchen Unternehmen, die sich auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer einstellen. Deshalb starten wir in 2011 eine Initiative „Ältere und Arbeitswelt“ mit Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und anderen Partnern. Ziel ist es, die Arbeitsmarktsituation für Ältere zu verbessern.
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze liegt in der Hand der Wirtschaft, sich für den Arbeitsmarkt fit zu machen und sich weiterzuqualifizieren, liegt primär in der Hand jedes einzelnen. Politik kann Rahmenbedingungen schaffen und ermutigen, neue Wege zu beschreiten. Wir haben die besten Ausgangschancen. Nutzen wir gemeinsam die ausgezeichneten bayerischen Rahmenbedingungen und die neuen Impulse für Wachstum und Beschäftigung. Nutzen wir den wirtschaftlichen Aufschwung und sorgen wir dafür, dass alle mitgenommen werden auf dem gemeinsamen Weg in die Vollbeschäftigung!


Christine   H a d e r t h a u e r

Bayerische Staatsministerin
für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen