Veröffentlichung AllMBl. 2013/10 S. 351 vom 23.07.2013

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Az.: IC4-3612.15a-168
9210-I
9210-I
Private Hilfsdienste und Abschleppunternehmen
auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen;
Private Hilfsdienste auf Bundesstraßen
außerhalb von Ortsdurchfahrten
und Staatsstraßen in der
Baulast des Freistaates Bayern
(PannenhilfeBek)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
des Innern
vom 23. Juli 2013  Az.: IC4-3612.15a-168
An die
Polizeipräsidien
Regierungen
Autobahndirektionen
Landratsämter
Großen Kreisstädte
kreisfreien Städte
Staatlichen Bauämter mit Straßenbauaufgaben
nachrichtlich
Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern – Fachbereich Polizei
Durch die Entlastung der öffentlichen Hand von der nicht hoheitlichen Pannen- und Abschlepphilfevermittlung in Bayern, die Vergabe des Autobahnnotrufnetzes an einen privaten Betreiber und die Herauslösung der Autobahnmeistereien aus dem System der Pannenhilfe auf Autobahnen sowie die verstärkte Tätigkeit privater Hilfsdienste bei Pannen- und Unfallhilfe ergibt sich die Notwendigkeit, Neuregelungen im Interesse der Rechtssicherheit für die Betroffenen zu schaffen. Es gilt daher ab sofort folgende Regelung:
1.
Pannenhilfe, Bergen und Abschleppen auf Autobahnen und Straßen, die wie eine Autobahn ausgebaut sind sowie auf Kraftfahrstraßen
Personen, die im Auftrag einer Polizeidienststelle des Freistaates Bayern oder durch Vermittlung eines vom Freistaat Bayern mit der Abwicklung der Pannenhilfe, des Bergens oder Abschleppens unmittelbar beauftragten Unternehmens oder im Rahmen einer Sondernutzungserlaubnis nach Nr. 2 tätig werden, wird gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 2 StVO und § 46 Abs. 2 StVO in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustGVerk) vom 28. Juni 1990 (GVBl S. 220, BayRS 9210-1-W) die stets widerrufliche Ausnahmegenehmigung erteilt, im Rahmen der Pannenhilfe und des Berge- oder Abschleppvorganges auf Bundesautobahnen, Autobahnen (Zeichen 330.1 StVO), autobahnähnlichen Straßen (§ 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 StVO) sowie Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1 StVO) innerhalb Bayerns
entgegen § 12 Abs. 1 Nr. 3 StVO auf Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen zu halten,
entgegen § 18 Abs. 2 StVO auch an anderen Stellen als gekennzeichneten Anschlussstellen oder Kreuzungen oder Einmündungen einzufahren, wobei die jeweils vorgeschriebene Fahrtrichtung einzuhalten ist,
entgegen § 18 Abs. 7 Alternative 1 StVO zu wenden und entgegen § 18 Abs. 7 Alternative 2 StVO auf der Fahrbahn auf kurzen Strecken zur Vorbereitung und Durchführung von Bergungs- und Abschleppmaßnahmen oder Pannenhilfe rückwärts zu fahren,
entgegen § 18 Abs. 8 StVO auf dem Seitenstreifen oder der Fahrbahn zu halten, wenn die Verkehrslage dies zulässt,
entgegen § 18 Abs. 9 StVO die Fahrbahn oder den Seitenstreifen bei Pannenhilfe, Bergungs- und Abschlepparbeiten zu betreten,
entgegen § 18 Abs. 10 StVO die bezeichneten Straßen auch an anderen Stellen als gekennzeichneten Anschlussstellen oder Kreuzungen oder Einmündungen zu verlassen, wobei die jeweils vorgeschriebene Fahrtrichtung einzuhalten ist,
entgegen § 37 Abs. 3 StVO auf dem durch Dauerlichtzeichen gesperrten Fahrstreifen auf kurzen Strecken zu fahren und zu halten,
soweit dies in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Maßnahme der Pannenhilfe, des Bergens oder Abschleppens zwingend erforderlich und unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung möglich ist.
Die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder von Dritten (Einsatzkräfte, andere Hilfsdienste) muss ausgeschlossen sein. An den Fahrzeugen vorhandene Warneinrichtungen (z. B. gelbes Rundumlicht) sind zu verwenden.
Weisungen von Polizeibeamten sind stets vorrangig zu beachten.
2.
Private Hilfsdienste auf Autobahnen und zweibahnigen Bundes- und Staatsstraßen
Das Anbieten und Bereitstellen von Hilfeleistungen durch private Hilfsdienste sowie das Patrouillieren auf der Fahrbahn und das Bereitstehen in Anschlussstellen oder sonstigem Straßengrund stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung (§ 8 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes – FStrG – sowie Art. 18 Abs. 1 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes – BayStrWG, BayRS 91-1-I) dar. Bei der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ist Folgendes zu beachten:
2.1
Die Sondernutzungserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn die antragstellende Organisation folgende Voraussetzungen nachgewiesen hat:
Es muss ein regelmäßiger markenungebundener Hilfsdienst auf öffentlichen Straßen betrieben werden. Dabei dürfen über die Pannenhilfe hinaus keine gewerblichen Zwecke verfolgt werden.
Die Helfer müssen in einem hauptberuflichen Arbeitsverhältnis zu der Organisation stehen und sich im Besitz
eines Meister- oder Gesellenbriefes als Kfz-Mechaniker oder Kfz-Mechatroniker
oder
einer Ausnahmegenehmigung nach §§ 7b, 8 oder 9 der Handwerksordnung befinden
oder
eine mehrjährige Tätigkeit im Kfz-Reparaturhandwerk nachweisen
und
eine Bescheinigung über die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs, der gemäß UVV/BGV nicht länger als zwei Jahre zurückliegen darf, vorlegen.
Alle im Rahmen des Hilfsdienstes eingesetzten Fahrzeuge müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
das Fahrzeug muss im Eigentum oder im ausschließlichen Nutzungsrecht der Organisation stehen,
das Fahrzeug muss nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 StVZO in Verbindung mit den „Richtlinien über die Mindestanforderungen an Bauart oder Ausrüstung von Pannenhilfsfahrzeugen“ vom 18. Juni 1997 (VkBl S. 472) als Pannenhilfsfahrzeug anerkannt, organisationseinheitlich als Hilfsdienstfahrzeug gekennzeichnet und mindestens mit einem zur Bekämpfung von Fahrzeugbränden geeigneten Feuerlöscher, gelbem Rundumlicht und mit Auto-/Mobiltelefon oder Funkgerät ausgerüstet sein.
Die Organisation stellt den Freistaat Bayern durch schriftliche Erklärung von allen Ansprüchen Dritter frei, die aufgrund ihrer Tätigkeit gegen ihn erhoben werden.
2.2
Die Sondernutzungserlaubnis muss mindestens folgende Auflagen enthalten:
Die Helfer haben beim Einsatz eine organisationseinheitliche, auffallende Warnkleidung (mindestens DIN/EN 471, Klasse 2) zu tragen.
Der Hilfsdienst darf über die Pannenhilfe hinaus weder unmittelbar noch mittelbar gewerbsmäßig und markengebunden betrieben werden.
Abschleppfahrzeuge und Lkw für Fahrzeugbeförderungen dürfen nicht als patrouillierende Hilfsdienstfahrzeuge eingesetzt werden.
Die Hilfsdienstfahrzeuge dürfen nur dort bereitgestellt werden, wo das Parken erlaubt ist.
Die Hilfeleistung ist ohne Verzögerung und unter weitestgehender Berücksichtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs – wann immer möglich außerhalb der Fahrbahn – durchzuführen.
Hilfe ist jedem Verkehrsteilnehmer unentgeltlich zu gewähren, unabhängig davon, ob er Mitglied der Organisation ist oder nicht. Die Erstattung von Materialkosten ist zulässig.
Bei Unfällen dürfen die Helfer vor dem Eintreffen der herbeigerufenen Polizei nur solche Maßnahmen treffen, die zur Absicherung der Unfallstelle, zur Hilfeleistung für Verletzte und zur Abwehr unmittelbar drohender Gefahren (z. B. bei Fahrzeugbrand, Glättebildung auf der Fahrbahn) erforderlich sind.
Mit Hilfsdienstfahrzeugen dürfen liegengebliebene Fahrzeuge oder Unfallfahrzeuge nur zur nächstgelegenen Stelle geschleppt werden, an der die Fahrbahn verlassen werden kann (z. B. Park- oder Abstellplatz, Nothaltebucht oder Anschlussstelle). Die Polizei kann hiervon Ausnahmen im Einzelfall zulassen.
Die Helfer dürfen Abschleppunternehmen oder Kfz-Werkstätten selbst anfordern. Zur Vermeidung von Doppelanforderungen haben sie davon aber unverzüglich unter Angabe über den Zeitpunkt der Verständigung, des Namens des Hilfesuchenden und des amtlichen Kennzeichens des Pannenfahrzeuges die zuständige Einsatzzentrale der Polizei zu unterrichten. Mehrkosten, die durch einen Verstoß gegen die Auflage entstehen, sind vom Pannenhelfer oder dessen Hilfsdienst zu tragen.
Stellt die Hilfsorganisation neue Helfer ein oder beschafft sie neue Hilfsdienstfahrzeuge, hat sie auch insoweit die in Nr. 2.1 genannten Voraussetzungen zu erfüllen.
Die Helfer haben einen Abdruck der Sondernutzungserlaubnis mitzuführen und Kontrollberechtigten auf Anforderung auszuhändigen.
Im Rahmen der Sondernutzung muss die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder von Dritten (Einsatzkräfte, andere Hilfsdienste) ausgeschlossen sein.
2.3
In die Sondernutzungserlaubnis sind Hinweise aufzunehmen, dass mit der Erlaubnis keine Ausnahmen von den Vorschriften der StVO und insbesondere keinerlei Sonderrechte verbunden sind. Den Zeichen und Weisungen der Polizeibeamten ist Folge zu leisten.
2.4
Die Sondernutzungserlaubnis ist widerruflich zu erteilen. Der Widerruf ist ausdrücklich für den Fall vorzubehalten, dass eine der in Nr. 2.1 genannten Voraussetzungen entfällt oder gegen eine der in Nr. 2.2 genannten Auflagen verstoßen wird. Ferner soll der Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage aufgenommen werden.
2.5
Ein Anspruch auf Errichtung und Betrieb von Funkanlagen im Straßenraum oder im Bereich der Nebenanlagen besteht nicht.
2.6
Von der Erhebung von Gebühren für die Sondernutzungserlaubnis ist bei Erfüllung aller Voraussetzungen abzusehen, da die Hilfe in derartigen Fällen im überwiegend öffentlichen Interesse ohne gewerbliche Zielsetzung erbracht wird. Die Tätigkeit der privaten Hilfsdienste gilt bei Einhaltung der Voraussetzungen der Nrn. 2 und 3 als nicht abträglich für den Straßenverkehr im Sinn des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 1974 Az.: VII C 42/71 (NJW 1974, S. 1781).
2.7
Die benachbarten Straßenbaubehörden sowie die zuständigen Polizeipräsidien sind durch Kopie der Erlaubnis zu verständigen.
3.
Private Hilfsdienste auf den übrigen Bundes- und Staatsstraßen
3.1
Die Sondernutzungserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn die antragstellende Organisation folgende Voraussetzungen nachgewiesen hat:
das Fahrzeug muss nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 StVZO in Verbindung mit den „Richtlinien über die Mindestanforderungen an Bauart oder Ausrüstung von Pannenhilfsfahrzeugen“ vom 18. Juni 1997 (VkBl S. 472) als Pannenhilfsfahrzeug anerkannt, organisationseinheitlich als Hilfsdienstfahrzeug gekennzeichnet und mindestens mit einem zur Bekämpfung von Fahrzeugbränden geeigneten Feuerlöscher, gelbem Rundumlicht und mit Auto-/Mobiltelefon oder Funkgerät ausgerüstet sein.
Die Organisation stellt den Freistaat Bayern durch schriftliche Erklärung von allen Ansprüchen Dritter frei, die aufgrund ihrer Tätigkeit gegen ihn erhoben werden.
3.2
Die Nrn. 2.2 bis 2.7 gelten entsprechend.
4.
Sonstiges
Diese Bekanntmachung gilt nicht für die Hilfsorganisationen, die im Vollzug des Bayerischen Gesetzes zur Regelung von Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst (Bayerisches Rettungsdienstgesetz – BayRDG) vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 429, BayRS 215-5-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 2013 (GVBl S. 71), tätig sind. Das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 13. Dezember 1996 Az.: ID4-2254.225-5 „Alarmierung im Brand- und Katastrophenschutz in Bayern – THW-Bereitschaftsdienst auf Autobahnen“ bleibt unberührt.
5.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 23. Juli 2013 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 22. Juli 2016 außer Kraft.
Mit Ablauf des 22. Juli 2013 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 30. Dezember 1976 (MABl 1977 S. 45) außer Kraft.
Günter Schuster
Ministerialdirektor