Veröffentlichung AllMBl. 2014/07 S. 332 vom 22.05.2014

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Az.: IV/1-4205/4/5
7071-W
7071-W
Richtlinie für die staatliche Förderung
der Betreuung von Existenzgründern
und Betriebsübernehmern in der Vorgründungsphase
(Richtlinie für Existenzgründercoaching)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie
vom 22. Mai 2014  Az.: IV/1-4205/4/5
 
1.
Zuwendungszweck
1.1
Die Vorgründungsberatung ist ein wichtiges Instrument zur Erhöhung der Erfolgsaussichten und nachhaltigen Sicherung von Existenzgründungen und Unternehmensübernahmen. Ziel ist es, Gründerinnen und Gründern sowie Betriebsübernehmerinnen und Betriebsübernehmern (im Folgenden Gründer genannt) eine Möglichkeit zu geben, Coachingleistungen rechtzeitig in Anspruch zu nehmen, um erfolgreich in den Markt zu starten. Um Gründern die Finanzierung von Coachingmaßnahmen zu erleichtern und den Bestand von Existenzgründungen zu stärken und zu erhöhen, können Zuschüsse zu den Kosten der Coachingmaßnahme nach Maßgabe dieser Richtlinie aus Mitteln der Bayerischen Existenzgründerinitiative sowie des Europäischen Sozialfonds (ESF) gewährt werden. Die finanzielle Beteiligung des ESF erfolgt auf der Grundlage folgender Vorschriften:
Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (ABl L 210 vom 31. Juli 2006, S. 25);
Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1784/1999 (ABl L 210 vom 31. Juli 2006, S. 12);
Verordnung (EG) Nr. 1828/2006 der Kommission vom 8. Dezember 2006 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (ABl L 371 vom 27. Dezember 2006, S. 1).
1.2
Gefördert werden Coachingmaßnahmen von Gründern im Bereich der gewerblichen Wirtschaft (Handel, Handwerk, Industrie, Gast- und Fremdenverkehrsgewerbe, Handelsvertreter und -makler, sonstiges Dienstleistungsgewerbe, Verkehrsgewerbe) sowie im Bereich der Freien Berufe, sofern dem nicht eine der nachstehenden Regelungen (insbesondere Nr. 3) entgegenstehen.
1.3
Auf die Gewährung der Zuschüsse besteht kein Rechtsanspruch. Die Förderung erfolgt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2.
Gegenstand der Förderung (Coachinginhalte)
2.1
Förderfähig sind Coachingmaßnahmen zu wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Fragen vor der geplanten Existenzgründung bzw. Betriebsübernahme.
2.2
Von der Förderung ausgeschlossen sind Coachingleistungen, die
überwiegend Rechts-, Versicherungs- und Steuerfragen,
die Ausarbeitung von Verträgen, die Aufstellung von Jahresabschlüssen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung), Buchführungsarbeiten sowie die Erarbeitung von EDV-Software,
überwiegend gutachterliche Stellungnahmen
zum Inhalt haben, oder mit anderen öffentlichen Zuschüssen finanziert werden (Kumulierungsverbot).
3.
Zuwendungsempfänger
3.1
Antragsberechtigt sind Gründer mit Sitz in Bayern vor erfolgter Existenzgründung bzw. vor Anmeldung eines Gewerbes im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der Freien Berufe, die die Definition der EU für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der jeweils gültigen Fassung erfüllen. Ebenfalls antragsberechtigt sind darüber hinaus Gründer, die vom bereits angemeldeten Nebenerwerb in den Haupterwerb wechseln wollen und noch keine Förderung im Sinn dieser Coaching-Richtlinie in Anspruch genommen haben.
Als antragsberechtigte Existenzgründung wird auch die Beteiligung an einem Unternehmen angesehen, wenn mindestens 15 % der Kapitalanteile übernommen werden und der Gründer in der Geschäftsführung tätig wird.
Bei Gründung eines Gewerbes im Nebenerwerb sollte der Übergang in den Haupterwerb angestrebt werden.
3.2
Antragsberechtigt sind Existenzgründer und Betriebsübernehmer gewerblicher Unternehmen und der Freien Berufe, deren Wohnsitz und Geschäftsbetrieb sich in Bayern befindet oder befinden wird.
3.3
Nicht antragsberechtigt sind Gründer,
3.3.1
die im Fall einer geplanten Unternehmensbeteiligung gemäß Nr. 3.1 Satz 3 im Jahr vor der Antragstellung an diesem Unternehmen bereits einmal mit mindestens 50 % beteiligt waren,
3.3.2
an denen Religionsgemeinschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Mehrheit beteiligt sind oder sein sollen,
3.3.3
die als Unternehmens- oder Wirtschaftsberater, als Wirtschaftsprüfer, als Steuerberater, als vereidigte Buchprüfer oder als Rechtsanwalt tätig sind oder tätig werden wollen,
3.3.4
sowie Personen, die in der landwirtschaftlichen Primärerzeugung, Fischerei und Aquakultur gemäß Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl L 352 vom 24. Dezember 2013, S. 1) tätig sind oder tätig sein wollen.
4.
Beratereigenschaft
4.1
Die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern sowie das Institut für Freie Berufe benennen im Rahmen der Beratungsförderung in der Regel freiberuflich tätige Berater oder Beratungsgesellschaften mit Sitz in Bayern, deren überwiegender Geschäftszweck auf die Durchführung entgeltlicher Unternehmensberatung gerichtet ist. Die Beratung kann im Bedarfsfall durch Berater mit Sitz außerhalb Bayerns erfolgen. Die Berater müssen die erforderliche Eignung für das jeweilige Coaching kleiner und mittlerer Unternehmen besitzen. Der Berater und der zu beratende Existenzgründer/das zu beratende Unternehmen dürfen durch keine direkte oder indirekte Beteiligung miteinander verbunden sein.
4.2
Von der Förderung ausgeschlossen sind Coachingmaßnahmen, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder von privatrechtlichen Unternehmen, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Mehrheit beteiligt sind, durchgeführt werden. Dasselbe gilt für Coachingmaßnahmen durch Berater, die für ihre Tätigkeit gegenüber dem geförderten Gründer Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln erhalten.
5.
Zuwendungsvoraussetzungen
5.1
Mit dem Coaching darf erst nach Erteilung der Zusage durch die Zusagestelle (Nr. 7.2) begonnen werden.
5.2
Der Zuschuss kann nur gezahlt werden, wenn
der Coachingvertrag (Nr. 7.3) nach Erteilung der Zusage durch die Zusagestelle (Nr. 7.2) abgeschlossen wurde,
die Zahlung der finanziellen Eigenleistung erfolgt ist und der Gründer dies durch Vorlage eines Kontoauszuges nachgewiesen hat, wobei die zu erbringende finanzielle Eigenleistung nicht aus ESF-geförderten Mitteln anderer Maßnahmen stammen darf, und
die hierfür notwendigen Abrechnungsunterlagen vorgelegen haben.
5.3
Die Zuschüsse werden auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission als De-minimis-Beihilfen ausgezahlt.
5.4
Antragstellende Gründer, die im laufenden Steuerjahr sowie den beiden vorangegangenen Steuerjahren bereits De-minimis-Beihilfen in einem Gesamtumfang von 200.000 Euro erhalten haben, sind von der Förderung ausgeschlossen. Für Gründer im Straßenverkehrssektor gilt eine „De-minimis“-Höchstgrenze von 100.000 Euro.
5.5
Würde der Gesamtbetrag der De-minimis-Beihilfen, die ein Zuwendungsempfänger im laufenden Steuerjahr sowie in den beiden vorangegangenen Steuerjahren erhalten hat, aufgrund der Förderung den unter Nr. 5.4 genannten De-minimis-Höchstbetrag übersteigen, kann ein Zuschuss nicht gewährt werden.
5.6
Als Bewilligungsvoraussetzung gilt auch das unter Nr. 7.10 dargelegte Bescheinigungsverfahren nach De-minimis.
6.
Art und Umfang der Zuwendung
6.1
Die Förderung besteht in der Gewährung eines anteiligen Zuschusses (Anteilfinanzierung) zum Beraterhonorar.
6.2
Antragsberechtigte Gründer erhalten einen Zuschuss bis zu 70 % des Honorars bei einer maximalen Bemessungsgrundlage von 8.000 Euro.
6.3
Antragsberechtigte Gründer haben die Möglichkeit, maximal zehn Tagewerke bis zur Ausschöpfung der maximalen Bemessungsgrundlage in Höhe von 8.000 Euro zu beantragen.
6.4
Das maximal förderfähige Tageshonorar beträgt 800 Euro. Ein Tagewerk umfasst acht Stunden pro Tag.
6.5
Der Eigenmittelanteil, die Umsatzsteuer des Rechnungsbetrags, die Fahrtkosten sowie sonstige Nebenkosten sind durch den Gründer selbst zu finanzieren.
6.6
Die Umsatzsteuer ist förderfähig, wenn keine Vorsteuerabzugsberechtigung durch den antragstellenden Gründer vorliegt. Der Gründer hat hierfür einen geeigneten Nachweis zu erbringen. Die Höhe der Bemessungsgrundlage ändert sich dadurch nicht.
6.7
Vom Berater gewährte Rabatte oder Nachlässe auf die Kosten der Coachingmaßnahme sind von den förderfähigen Kosten abzuziehen. Werden Rabatte oder Nachlässe nachträglich gewährt, so hat der Antragsteller dies der Zusagestelle unverzüglich mitzuteilen. Die Zuschussberechnung erfolgt auf der Basis des entsprechend verminderten Rechnungsbetrags. Ergibt sich danach ein geringerer Zuschuss, ist die Differenz gegenüber dem bereits ausgezahlten Zuschuss vom Antragsteller zurückzuerstatten.
7.
Verfahren
7.1
Das Coaching im Sinn dieser Fördergrundsätze ist vor Beginn der Beratung bei der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer bzw. beim Institut für Freie Berufe zu beantragen. Sie benennen den Gründern Berater zur Auswahl und reichen die Zuwendungen zur Verbilligung der Beratungen an die Gründer aus.
7.2
Die örtlich zuständige Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer bzw. das Institut für Freie Berufe entscheiden über die Antragsberechtigung und aufgrund des Ergebnisses der Antragsprüfung über die Gewährung einer Zuwendung (Zusagestelle).
Rechtsgrundlage für die Weiterleitung an die Gründer sind die VV Nr. 12 zu Art. 44 BayHO.
7.3
Die Inhalte des Coachings sind in einem schriftlichen Coachingvertrag zu vereinbaren und müssen den Vorgaben gemäß Nr. 2 entsprechen.
7.4
Das Coaching wird aufgrund eines Beratungsvertrags durchgeführt, der zwischen dem Antragsteller und einem von der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer bzw. dem Institut für Freie Berufe bezeichneten sowie vom Gründer ausgewählten Berater nach der Maßgabe eines Mustervertrags der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer bzw. des Instituts für Freie Berufe abzuschließen ist.
7.5
Der Coachingzeitraum, innerhalb dessen die Beratungsleistung erbracht werden muss, wird durch die Zusagestelle festgelegt. Die Zusage gilt ab dem Datum der Bewilligung als erteilt.
7.6
Inhalt des Coachings sowie dessen wesentliche Ergebnisse sind in einem schriftlichen Abschlussbericht wiederzugeben. Der Abschlussbericht ist dem Gründer auszuhändigen.
7.7
Die Abrechnungsunterlagen (Rechnung des Beraters im Original, Abschlussbericht sowie Kontoauszug als Zahlungsbeleg für den geleisteten Eigenanteil) entsprechend Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1828/2006 der Kommission sowie die erforderlichen ESF-Angaben gemäß Anhang XXIII dieser Verordnung sind bei der Zusagestelle als Verwendungsnachweis einzureichen.
7.8
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuschüsse sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die Rückforderung der gewährten Zuschüsse gelten die Art. 23 und 44 BayHO in Verbindung mit den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften sowie die Art. 48, 49 und 49a des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind. Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist zur Prüfung bei der Zusagestelle und beim Antragsteller berechtigt. Des Weiteren sind im Rahmen der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) die Europäische Kommission einschließlich des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), der Europäische Rechnungshof, die Bescheinigungsbehörde des Freistaates Bayern, die Prüfbehörde des Freistaates Bayern sowie die ESF-Verwaltungsbehörde des Freistaates Bayern entsprechend Art. 19 Abs. 2 der Durchführungsverordnung prüfberechtigt. Sämtliche projektbezogenen Dokumente und Unterlagen sind von der Zusagestelle im Original bis zum 31. Dezember 2022 aufzubewahren, sofern nicht nach steuerlichen oder anderen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist bestimmt ist.
7.9
Die in Nr. 7.7 genannten Unterlagen gelten gleichzeitig als Verwendungsnachweis gegenüber dem ESF. Gegenüber dem Antragsteller besteht ein Prüfungsrecht.
7.10
Die Zuwendungsempfänger haben mit dem Antrag eine De-minimis-Erklärung auszufüllen und erhalten mit Bewilligung des Zuschusses eine De-minimis-Bescheinigung. Diese Bescheinigung ist zehn Jahre ab Erhalt aufzubewahren und auf Anforderung der Europäischen Kommission, einer mit der Programmabwicklung und -kontrolle befassten Behörde des Freistaates Bayern oder der bewilligenden Stelle innerhalb einer Woche oder einer in der Anforderung festgesetzten längeren Frist vorzulegen. Wird die Bescheinigung innerhalb der Frist nicht vorgelegt, entfällt rückwirkend die Bewilligungsvoraussetzung und die Zuschüsse zuzüglich Zinsen können in diesem Fall zurückgefordert werden. Die Bescheinigung ist bei zukünftigen Anträgen als Nachweis für eine frühere De-minimis-Beihilfe vorzulegen.
7.11
Der Gründer ist verpflichtet, im Rahmen der Finanzkontrolle durch die Europäische Kommission, den Europäischen Rechnungshof sowie den Bayerischen Obersten Rechnungshof mitzuwirken und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die im Zusammenhang mit dem beantragten Zuschuss stehenden Daten werden elektronisch gespeichert. Mit seinem Antrag erklärt sich der Antragsteller damit einverstanden, dass die Daten an die Europäische Kommission und/oder an die mit der Evaluierung beauftragten Stellen weitergegeben werden können.
8.
Subventionserhebliche Tatsachen
Zuwendungen, die aufgrund dieser Fördergrundsätze bewilligt werden, sind Subventionen im Sinn des § 264 des Strafgesetzbuches. Tatsachen, von denen Bewilligung, Gewährung, Rückforderung oder Weitergewährung abhängig sind, sind sämtliche im Antrag des Zuwendungsempfängers enthaltene Angaben zur Person und zum Projekt sowie insbesondere auch die Angaben in der De-minimis-Erklärung. Die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern bzw. das Institut für Freie Berufe bezeichnen den Zuwendungsempfängern vor der Bewilligung oder Gewährung der Leistung die subventionserheblichen Tatsachen. Auf VV Nr. 3.5.6 zu Art. 44 BayHO wird verwiesen.
9.
Sonstiges, Inkrafttreten, Außerkrafttreten
9.1
Soweit keine EU-Mittel eingesetzt werden, ist als EU-rechtliche Vorgabe lediglich die Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission einzuhalten.
9.2
Diese Richtlinie tritt am 1. Juli 2014 in Kraft. Sie gilt für die ab diesem Zeitpunkt zugesagten Fälle der Vorgründungsberatung.
9.3
Diese Richtlinie tritt mit Ablauf des 31. März 2015 außer Kraft.
 
Dr. Schwab
Ministerialdirektor