Veröffentlichung AllMBl. 2016/12 S. 2077 vom 06.09.2016

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Az. IA3-1042-1-7
34-I
34-I
Vollzug des Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung
der Verwaltungsgerichtsordnung
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
des Innern, für Bau und Verkehr
vom 6. September 2016, Az. IA3-1042-1-7
1Am 1. Juli 2007 ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGOÄndG) vom 22. Juni 2007 (GVBl. S. 390) in Kraft getreten, durch das Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 1992 (GVBl. S. 162, BayRS 34-1-I) neu gefasst wurde. 2Am 30. Dezember 2015 trat das Gesetz über die elektronische Verwaltung in Bayern (Bayerisches E-Government-Gesetz – BayEGovG) vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 458, BayRS 206-1-F), am 1. Mai 2016 die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (E-Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungsgerichte – ERVV VwG) vom 1. April 2016 (GVBl. S. 69, BayRS 34-6-I) in Kraft. 3Für den Vollzug dieser Vorschriften wird hinsichtlich der teilweisen Abschaffung des Widerspruchsverfahrens und der Erteilung der Rechtsbehelfsbelehrung im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat auf Folgendes hingewiesen:
1.
Anwendungsbereich
1.1
Zeitlicher Anwendungsbereich
1Das Änderungsgesetz vom 22. Juni 2007 bewirkte eine Ersetzung des bis dahin obligatorischen Widerspruchsverfahrens durch ein fakultatives Widerspruchsverfahren in bestimmten Rechtsbereichen und seine Abschaffung im Übrigen. 2Die seither ergangenen Änderungen des AGVwGO ließen diese Neuerung unberührt. 3Sie gilt gemäß § 2 Satz 1 AGVwGOÄndG grundsätzlich für alle Verwaltungsakte, die ab dem 1. Juli 2007 bekannt gegeben werden. 4Demnach sind bei Verwaltungsakten, die ab dem 1. Juli 2007 zur Post gegeben werden, die Rechtsbehelfsbelehrungen gemäß den in der Anlage enthaltenen Mustern zu erteilen.
1.2
Erfasste Behörden und Stellen
1.2.1
Keine Anwendung auf Bundesbehörden
1Die Regelungen des Art. 15 AGVwGO zum Widerspruchsverfahren gelten nur für Verfahren der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung in Bayern, das heißt der Behörden des Freistaates Bayern, der bayerischen Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 AGVwGO). 2Keine Anwendung findet Art. 15 AGVwGO auf Bundesbehörden (zum Beispiel Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Kreiswehrersatzämter), auch wenn sie ihren Sitz oder eine Zweigstelle in Bayern haben.
1.2.2
Delegierte Staatsaufsicht
Da Art. 15 Abs. 3 Satz 1 AGVwGO nur auf eine Abgrenzung der bayerischen Behörden von Bundesbehörden abzielt, gehören zu den sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch solche, die zwar nicht der direkten Aufsicht des Freistaates unterstehen, jedoch der Aufsicht einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen, die ihrerseits der Aufsicht des Freistaates oder einer seiner Aufsicht unterstehenden juristischen Person untersteht (delegierte Staatsaufsicht).
1.3
Sachlicher Anwendungsbereich
1.3.1
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Art. 15 AGVwGO modifiziert das Vorverfahren gemäß § 68 VwGO und kommt daher nur zur Anwendung, wenn der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 VwGO eröffnet ist.
1.3.2
§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 VwGO
1Die in § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 VwGO geregelten Ausnahmen vom Erfordernis des Vorverfahrens gehen dem fakultativen Widerspruchsverfahren gemäß Art. 15 Abs. 1 AGVwGO vor (Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO). 2Dies bedeutet:
1.3.2.1
1Ein Vorverfahren entfällt grundsätzlich gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Landesbehörde erlassen wurde. 2Art. 15 Abs. 1 AGVwGO ist kein Gesetz im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 VwGO, das die Nachprüfung in einem Vorverfahren vorschreibt, obwohl eine oberste Landesbehörde entschieden hat. 3Deshalb kommt beispielsweise bei personenbezogenen Prüfungsentscheidungen des Landesjustizprüfungsamtes nicht das fakultative Widerspruchsverfahren gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO zur Anwendung.
1.3.2.2
Da die Ausnahmevorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO sich auf oberste Landesbehörden bezieht und nicht auf Landesoberbehörden (zum Beispiel Bayerische Versorgungskammer), fallen letztere in den Anwendungsbereich des Art. 15 AGVwGO.
1.3.2.3
1Von Art. 15 AGVwGO unberührt bleiben andere Gesetze und Rechtsverordnungen, die abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO die Nachprüfung in einem Vorverfahren auch für den Fall anordnen, dass eine oberste Landesbehörde den Verwaltungsakt erlassen hat. 2Da für beamtenrechtliche Angelegenheiten einerseits § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG bestimmt, dass es auch bei Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde eines Vorverfahrens bedarf, andererseits § 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG eine Länderöffnungsklausel enthält, von der Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AGVwGO Gebrauch macht, findet bei beamtenrechtlichen Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde das fakultative Widerspruchsverfahren Anwendung.
1.3.2.4
Wird im Rahmen des fakultativen Widerspruchsverfahrens gemäß Art. 15 Abs. 1 AGVwGO ein Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid erlassen, der erstmalig eine Beschwer enthält, besteht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO nur die Möglichkeit der unmittelbaren Klage.
1.3.3
Abweichende Regelungen in anderen Gesetzen und Rechtsverordnungen
Soweit andere (bundes- oder landesrechtliche) Gesetze und Rechtsverordnungen von Art. 15 AGVwGO abweichende Regelungen über das Vorverfahren enthalten (zum Beispiel § 141 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes – FlurbG; §§ 336 bis 339 des Lastenausgleichsgesetzes), gehen diese als Sondervorschriften vor (Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO).
2.
Fakultatives Widerspruchsverfahren (Art. 15 Abs. 1 AGVwGO)
2.1
Abschließende Aufzählung
1Das in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO eröffnete Wahlrecht zwischen Widerspruchseinlegung und Klageerhebung setzt voraus, dass der angegriffene Verwaltungsakt nach Inhalt, Gegenstand und Zielsetzung einem der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgeführten Rechtsbereiche zuzuordnen ist oder ein beamtenrechtliches Leistungs- oder Feststellungsbegehren verfolgt wird (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AGVwGO). 2Die Aufzählung ist abschließend.
2.2
Atypische Vorschriften
Sind in einer Rechtsvorschrift, die einem der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgezählten Rechtsbereiche zuzuordnen ist, atypische Vorschriften enthalten, die nach Inhalt, Gegenstand und Zielsetzung einer anderen, nicht von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO erfassten Regelungsmaterie zuzuordnen sind, kommt bei Verwaltungsakten, die sich auf solche Vorschriften stützen, das fakultative Widerspruchsverfahren nicht zur Anwendung.
2.3
Entscheidungsweg bei Fragen zur Abgrenzung der einzelnen Rechtsbereiche
1Bei Fragen zur Abgrenzung der einzelnen Rechtsbereiche sind zunächst die Gesetzesbegründung (Landtagsdrucksache 15/7252, insbesondere S. 10 bis 13) und ergänzend einschlägige Gerichtsentscheidungen heranzuziehen. 2Soweit sich die Antwort daraus nicht zweifelsfrei ableiten lässt, ist die Frage auf dem Dienstweg an die nächsthöhere Behörde beziehungsweise die Aufsichtsbehörde heranzutragen. 3Kann auch auf dieser Ebene keine zweifelsfreie Antwort gefunden werden, ist die Frage an das jeweils fachlich zuständige Staatsministerium weiterzuleiten.
2.4
Anfechtung der Kostenentscheidung
2.4.1
Akzessorietät zur Hauptsache
Kostenentscheidungen werden grundsätzlich nach den gleichen Grundsätzen angefochten wie die Hauptsache.
2.4.1.1
1Werden die Kosten als Nebensache zur Hauptsacheentscheidung eingefordert, kann der Kostenschuldner die Kostenentscheidung entweder zusammen mit der Hauptsache oder selbstständig anfechten (Art. 12 Abs. 3 des Bayerischen Kostengesetzes). 2In beiden Fällen richtet sich das Rechtsbehelfsverfahren nach den für die Hauptsache geltenden Grundsätzen.
2.4.1.2
Grundsätzlich gilt auch nichts anderes, wenn die Kosten im Rahmen einer isolierten (nicht mit der Hauptsache verbundenen) Kostenentscheidung geltend gemacht werden (siehe aber Nr. 2.4.2).
2.4.2
Isolierte Kostenentscheidung der Kommunen und Zweckverbände
1Anders verhält es sich jedoch bei isolierten (nicht mit der Hauptsacheentscheidung verbundenen) Kostenentscheidungen der Kommunen (Gemeinden, Landkreise, Bezirke) oder eines Zweckverbands. 2Diese unterfallen dem weiten Begriff des Kommunalabgabenrechts gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGVwGO. 3Da Art. 15 Abs. 2 AGVwGO nur zur Anwendung kommt, soweit in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO nichts Abweichendes geregelt ist, findet unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Maßnahme, für die die Kosten geltend gemacht werden, das fakultative Widerspruchsverfahren Anwendung.
2.5
Anfechtung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung
2.5.1
Akzessorietät zum Grundverwaltungsakt
1Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sind, soweit dagegen im Verwaltungsrechtsweg förmliche Rechtsbehelfe zulässig sind, grundsätzlich der Rechtsmaterie zuzuordnen, der der zu vollstreckende Verwaltungsakt zugehört. 2Sie werden deshalb nach den gleichen Grundsätzen angefochten wie der Grundverwaltungsakt, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll.
2.5.2
Art. 26 Abs. 7 Satz 3 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (BayVwZVG)
Diese Grundsätze gelten auch für die Pfändung und Verwertung beweglicher Sachen durch eigene Vollstreckungsbeamte der Kommunen und Zweckverbände und für die Pfändung und Einziehung von Geldforderungen und anderen Vermögensrechten durch die Kommunen und durch die für die Bezirke handelnden Regierungen gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 3 BayVwZVG.
2.5.3
Kosten für Maßnahmen der Zwangsvollstreckung
1Werden Kosten für Maßnahmen der Zwangsvollstreckung eingefordert, gilt Nr. 2.4. 2Werden die Kosten für eine Ersatzvornahme (Art. 32 BayVwZVG) durch eine Kommune oder einen Zweckverband mittels eines eigenständigen Verwaltungsakts (isolierte Kostenentscheidung) geltend gemacht, kommt das fakultative Widerspruchsverfahren zur Anwendung (siehe Nr. 2.4.2).
2.6
Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage
Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gilt § 80 VwGO, das heißt grundsätzlich haben Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung, es sei denn, die aufschiebende Wirkung entfällt kraft Gesetzes oder behördlicher oder gerichtlicher Anordnung.
2.7
Wahlrecht zwischen Widerspruch und Klage
1Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO räumt dem Betroffenen in den aufgezählten Rechtsbereichen ein Wahlrecht zwischen Widerspruchseinlegung mit gegebenenfalls anschließender Klageerhebung und (alternativ!) unmittelbarer Klageerhebung ein. 2Erhebt der Betroffene unmittelbar Klage, entfällt gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 Satz 3 AGVwGO das Erfordernis der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 68 VwGO. 3Legt der Betroffene daher nach unmittelbarer Klageerhebung zusätzlich Widerspruch ein, ist dieser unzulässig, kann aber als formloser Rechtsbehelf oder Antrag auf Änderung bzw. Neuverbescheidung behandelt werden.
2.8
Mehrere gemeinsam Betroffene (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO)
1Das in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO eingeräumte Wahlrecht des Betroffenen zwischen Widerspruchseinlegung und unmittelbarer Klageerhebung besteht uneingeschränkt nur, wenn der Betroffene Einzeladressat des Verwaltungsakts ist. 2Richtet sich der Verwaltungsakt an mehrere Betroffene gemeinsam, kann jeder von ihnen nur dann unmittelbar Klage erheben, wenn alle Betroffenen zustimmen (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO). 3Diese Differenzierung soll die Gefahr divergierender Rechtsmittel verhindern, die dadurch entsteht, dass gegen denselben Verwaltungsakt von einem Betroffenen Widerspruch, von einem anderen unmittelbar Klage erhoben wird.
2.8.1
Abgrenzung: Verwaltungsakt an einen oder mehrere gemeinsam Betroffene
2.8.1.1
1Entscheidend ist, ob sich der Verwaltungsakt an einen oder mehrere gemeinsam Betroffene richtet. 2Ein Verwaltungsakt richtet sich an denjenigen, der von seiner Regelung materiell betroffen, das heißt hieraus verpflichtet und/oder berechtigt sein soll. 3Das ist in der Regel derjenige, an den der Verwaltungsakt adressiert ist. 4Anderes gilt etwa bei Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten (Art. 41 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG) oder gesetzlichen Vertreter (Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker etc.); hier richtet sich der Verwaltungsakt inhaltlich an den Vertretenen. 5An wen ein Verwaltungsakt gerichtet ist, ergibt sich aus dem für den Betroffenen erkennbaren Willen der Behörde (BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, 8 B 48/96 – NVwZ-RR 1997, 248). 6Ob der Verwaltungsakt aufgrund des materiellen Rechts an mehr oder weniger Betroffene hätte gerichtet werden müssen, ist insoweit unerheblich. 7Im Zweifel ist die Regelung allerdings so auszulegen, dass der Verwaltungsakt an den gerichtet ist, an den er sich nach materiellem Recht richten muss.
2.8.1.2
1Ein Verwaltungsakt richtet sich danach an mehrere gemeinsam Betroffene, wenn mehrere Personen nur gemeinschaftlich verpflichtet oder berechtigt werden sollen. 2Dies ist nur in Ausnahmefällen gegeben, etwa wenn an eine Gesamthand (Erbengemeinschaft, eheliche Gütergemeinschaft, BGB-Gesellschaft, soweit sie nicht eigene Rechtspersönlichkeit besitzt) ein Leistungsbegehren gerichtet wird, das nur von der Gesamthand, also nur von allen Gesamthändern gemeinsam, erfüllt werden kann (zum Beispiel Belastung eines der Gesamthand gehörenden Grundstücks). 3In der Regel wird sich ein Verwaltungsakt, der an mehrere Gesamthänder adressiert ist, jedoch an diese als Gesamtschuldner richten, sodass es sich nicht um mehrere gemeinsam Betroffene handelt (vergleiche Nr. 2.8.1.3).
2.8.1.3
1Nicht an mehrere gemeinsam Betroffene richtet sich ein Verwaltungsakt, der als Allgemeinverfügung oder Sammelbescheid zwar mehrere Personen, aber davon jede Person für sich und damit nicht gemeinschaftlich berechtigt oder verpflichtet. 2Dies ist etwa bei Teilschuldverhältnissen (§ 420 BGB), aber auch bei einer gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Fall, bei der die Leistung zwar nur einmal gefordert werden kann, jeder aber (für sich) zur Bewirkung der ganzen Leistung verpflichtet ist (§ 421 BGB). 3Zu beachten ist, dass auch Gesamthänder in der Regel Gesamtschuldner sind (dies ergibt sich im Kommunalabgabenrecht aus § 44 der Abgabenordnung, gilt aber nach den Grundsätzen des BGB auch allgemein, vergleiche §§ 421, 427, 431, § 1437 Abs. 2, § 1459 Abs. 2, § 2058 BGB; vergleiche hierzu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 64 Randnrn. 53 ff.). 4Demnach richtet sich beispielsweise ein Kommunalabgabenbescheid, der an mehrere oder alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft adressiert wird, nicht an mehrere gemeinsam Betroffene im Sinn des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO, sondern an mehrere Einzelbetroffene im Sinn des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO.
2.8.2
Zeitpunkt der Zustimmung
1Die Zustimmung der anderen Betroffenen, an die sich der Verwaltungsakt gemeinsam richtet, zur unmittelbaren Klage kann vor Klageerhebung eingeholt (Einwilligung) oder erst nachträglich beigebracht werden (Genehmigung). 2Wird ohne Zustimmung der anderen Betroffenen unmittelbar Klage erhoben und kann die Zustimmung auch nachträglich nicht beigebracht werden, entfällt das Erfordernis des Vorverfahrens gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht, sodass die Klage unzulässig ist. 3Sofern die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann der Betroffene weiterhin Widerspruch einlegen.
2.8.3
Form der Zustimmung
1Die Zustimmung kann sowohl gegenüber dem klagenden (Mit-)Betroffenen als auch gegenüber dem Verwaltungsgericht erklärt werden. 2Gegenüber dem Gericht muss die Zustimmungserklärung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts abgegeben werden (§ 81 VwGO analog).
2.8.4
Widerspruchseinlegung und Zustimmung zur unmittelbaren Klageerhebung
Nach dem Sinn und Zweck des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO können mehrere gemeinsam Betroffene, an die sich ein Verwaltungsakt richtet, nur einheitlich zwischen den Alternativen „Widerspruchseinlegung mit gegebenenfalls anschließender Klageerhebung“ und „unmittelbarer Klageerhebung“ wählen.
2.8.4.1
1Erhebt ein Betroffener mit Zustimmung der (Mit-)Betroffenen unmittelbar Klage, entfällt mit der Klageerhebung gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 3 AGVwGO generell, das heißt auch für die zustimmenden (Mit-)Betroffenen, das Widerspruchsverfahren. 2Legt daher ein zustimmender (Mit-)Betroffener nach der Klageerhebung Widerspruch ein, ist dieser gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO unzulässig.
2.8.4.2
1Hat der (Mit-)Betroffene vor der Zustimmung bereits Widerspruch eingelegt, kann er nicht mehr wirksam der unmittelbaren Klageerhebung zustimmen, es sei denn, er nimmt vor der Zustimmung den Widerspruch zurück. 2Es empfiehlt sich, mit der Rechtsbehelfsbelehrung auf diesen Umstand hinzuweisen.
2.8.4.3
1Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der (Mit-)Betroffene durch die Zustimmung nicht zum (Mit-)Kläger wird. 2Das Recht, selbst unmittelbar Klage zu erheben, bleibt unberührt.
3.
Klage ohne Widerspruchsverfahren (Art. 15 Abs. 2 AGVwGO)
1Soweit kein in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgezählter Rechtsbereich einschlägig ist, kein beamtenrechtliches Leistungs- oder Feststellungsbegehren verfolgt wird und keine Sondervorschrift gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO besteht, entfällt gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 AGVwGO das Vorverfahren nach § 68 VwGO, das heißt der Betroffene kann nur unmittelbar Klage zum Verwaltungsgericht erheben. 2Ein im Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 2 AGVwGO eingelegter Widerspruch ist unzulässig, kann aber als formloser Rechtsbehelf oder Antrag auf Änderung bzw. Neuverbescheidung behandelt werden.
4.
Rechtsbehelfsbelehrung
4.1
Grundsätzlich nicht verpflichtend, aber Auslöser der kurzen Rechtsbehelfsfrist
1Gemäß § 73 Abs. 3 VwGO sind Widerspruchsbescheide mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. 2Für Ausgangsbescheide enthält die VwGO keine Vorschrift, nach der die Landesbehörden verpflichtet wären, eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen (anders zum Beispiel § 211 des Baugesetzbuchs, § 36 SGB X – im Verwaltungsprozess von Bedeutung wegen § 62 SGB X; für Bundesbehörden vergleiche § 37 Abs. 6 VwVfG). 3Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nach § 58 Abs. 1 VwGO jedoch nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den jeweiligen Sitz der Rechtsbehelfsstelle und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. 4Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so gilt nach § 58 Abs. 2 VwGO regelmäßig eine Klagefrist von einem Jahr. 5Es empfiehlt sich deshalb, auch Ausgangsbescheiden eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen.
4.2
Elektronische Widerspruchseinlegung bzw. Klageerhebung
4.2.1
Rechtliche Rahmenbedingungen für die Widerspruchseinlegung
4.2.1.1
1Am 30. Dezember 2015 ist das Bayerische E-Government-Gesetz (BayEGovG) in Kraft getreten. 2Sein Anwendungsbereich ist mit demjenigen des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) weitgehend, jedoch nicht vollständig identisch (vergleiche hierzu Art. 1 BayEGovG).
4.2.1.2
1Mit dem Inkrafttreten des BayEGovG sind die Möglichkeiten zu einer schriftformersetzenden Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden über die Benutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur hinaus erweitert worden. 2Nach der Neufassung des Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG bestehen für von Bürgern an Behörden übermittelte Dokumente grundsätzlich nachfolgende Möglichkeiten der elektronischen schriftformersetzenden Übermittlung:
mit qualifizierter elektronischer Signatur auf beliebigem Übermittlungsweg,
Versendung eines signierten elektronischen Dokuments an die Behörde mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes,
unmittelbare Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird (im zweiten Fall nur bei Verwendung eines sicheren Identitätsnachweises nach § 18 des Personalausweisgesetzes oder nach § 78 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes),
sonstige sichere Verfahren, die durch Rechtsverordnung der Staatsregierung festgelegt werden, welche den Datenübermittler (Absender der Daten) authentifizieren und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes sowie die Barrierefreiheit gewährleisten.
4.2.1.3
1Nach dem BayEGovG hat seit dem 1. Juli 2016 jeder Bürger das Recht, elektronisch mit bayerischen Behörden zu kommunizieren (Art. 2 Satz 1 BayEGovG). 2Dementsprechend ist grundsätzlich jede Behörde verpflichtet, einen Zugang für die Übermittlung von Dokumenten in elektronischer Form bzw. für schriftformersetzende Kommunikation zu eröffnen (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayEGovG).
4.2.1.4
1Für die Erfüllung der Verpflichtung genügt es, wenn die Behörden einen der in Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG genannten Zugänge für eine schriftformersetzende elektronische Kommunikation eröffnen. 2Die Entscheidung hierüber liegt grundsätzlich in ihrem Organisationsermessen (Art. 3 Abs. 1 Satz 4 BayEGovG), das allerdings unter bestimmten Umständen eingeschränkt sein kann; so besteht nach Art. 3 Abs. 2 BayEGovG für staatliche Behörden eine Verpflichtung zur Zugangseröffnung für De-Mail, soweit diese an einen entsprechenden Basisdienst angeschlossen sind. 3Welche konkreten Kommunikationswege bei der Behörde jeweils zur Verfügung stehen, ist daher insbesondere bei Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung für jeden Einzelfall zu prüfen. 4Dabei sind auch die sich aus den laufenden technischen Entwicklungen ergebenden Änderungen zu berücksichtigen. 5Derzeit werden viele Behörden ihrer Verpflichtung zur elektronischen Zugangseröffnung noch durch die Angabe einer E-Mail-Adresse nachkommen. 6Eine sichere und damit vorzugswürdige Möglichkeit der Kommunikation bietet darüber hinaus der Anschluss an die Plattform für sichere Kommunikation in Bayern (vgl. IMS vom 28. Juli 2014, Az. StMI-IZ7-0082-2-130-21). 7Über beide Kommunikationskanäle können qualifiziert signierte elektronische Dokumente im Sinne der Nr. 4.2.1.2 Spiegelstrich 1 übermittelt werden. 8Die zentrale Bereitstellung von Formularen im BayernPortal unter Nutzung sicherer Identitätsnachweise ist geplant, aber derzeit noch nicht verfügbar.
4.2.1.5
1Sobald eine Behörde ein E-Mail-Postfach für die Öffentlichkeit bereithält, über das sie auch mit qualifizierter elektronischer Signatur versehene elektronische Dokumente bzw. Nachrichten empfangen kann, hat sie einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet. 2Dass die Behörde die für eine Signaturprüfung erforderliche technische Ausstattung besitzt (was wünschenswert wäre), ist keine Voraussetzung für die Zugangseröffnung. 3Ein mit qualifizierter elektronischer Signatur übermitteltes elektronisches Dokument kann einer Behörde auch dann form- und fristwahrend zugehen, wenn diese Behörde nicht in der Lage ist, die Wahrung der Schriftform mittels einer Signaturprüfung festzustellen. 4In der Regel wird es ausreichen, wenn bei Eingang der E-Mail festgestellt wird, dass eine gültige qualifizierte elektronische Signatur vorhanden ist, die den Absender als Urheber ausweist. 5In Einzelfällen kann jedoch später eine weiter gehende Beweiserhebung erforderlich werden. 6Diese ist nur möglich, wenn die betreffende E-Mail noch in ihrer ursprünglichen Form vorhanden ist. 7Entsprechende organisatorische Vorkehrungen (Ablage in der elektronischen Akte, Speicherung auf einem Datenträger oder Verbleib im E-Mail-Postfach) obliegen dem jeweiligen Organisationsermessen der Behörde.
4.2.1.6
1Für die Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular gemäß Art. 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 BayVwVfG sind mehrere Varianten der Zurverfügungstellung denkbar:
Eingabe über das Internet,
Eingabe über ein (zum Beispiel von der Behörde zur Verfügung gestelltes) öffentlich zugängliches Eingabegerät (zum Beispiel in einer Behörde), das vom Bürger ohne Mitwirkung eines Behördenmitarbeiters bedient wird oder
Eingabe in ein nicht öffentlich zugängliches Eingabegerät im Beisein des Behördenmitarbeiters.
2In den ersten beiden Fällen kann der sichere Identitätsnachweis nur gemäß Art. 3a Abs. 2 Satz 5 BayVwVfG nach § 18 des Personalausweisgesetzes oder nach § 78 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen. 3Im dritten Fall kann die Identität auch durch einen Behördenmitarbeiter geprüft werden. 4Es obliegt in jedem Fall der Behörde, für eine sichere und nachvollziehbare Verknüpfung von Erklärung und Identitätsnachweis zu sorgen.
4.2.1.7
Unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen können auch Widersprüche gegen Verwaltungsakte bei Behörden elektronisch eingelegt werden.
4.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen für die Klageerhebung
4.2.2.1
1Seit 1. Mai 2016 können beim Verwaltungsgericht München und beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Klagen und andere Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte nach Maßgabe von § 55a VwGO und der ERVV VwG auch elektronisch eingelegt werden. 2Die näheren Modalitäten für die elektronische Einlegung von Klagen und Rechtsbehelfen ergeben sich aus den aktuellen Angaben auf der Internetpräsenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit (www.vgh.bayern.de).
4.2.2.2
1Eine Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs auf die übrigen Verwaltungsgerichte und eine Eröffnung weiterer Zugänge entsprechend der ab 1. Januar 2018 geltenden bundesgesetzlichen Regelung wird sukzessive angestrebt. 2Derzeit wird das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) als Übertragungssoftware erprobt. 3Auch der aktuelle Stand der konkret zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ist auf der Internetpräsenz der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Erfahrung zu bringen.
4.2.2.3
1Mit Inkrafttreten von Art. 5 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten am 1. Januar 2018 werden weitere Möglichkeiten für die elektronische Kommunikation mit allen Verwaltungsgerichten verpflichtend eröffnet (§ 55a VwGO in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung – „VwGO n. F.“). 2Ab diesem Zeitpunkt können Rechtsbehelfe bei den Gerichten der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Maßgabe einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates grundsätzlich auf folgenden Wegen elektronisch eingelegt werden:
Einreichung eines elektronischen Dokuments mit qualifizierter elektronischer Signatur,
Einreichung eines (einfach) signierten elektronischen Dokuments durch Versendung einer De-Mail-Nachricht, bei der der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes hat bestätigen lassen,
Einreichung eines (einfach) signierten elektronischen Dokuments durch Versendung einer Nachricht aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach (zum Beispiel das besondere elektronische Notarpostfach „beN“ oder das besondere Behördenpostfach „beBPo“ nach § 55a Abs. 4 Nr. 3 VwGO n. F.) an die elektronische Poststelle des Gerichts,
Einreichung eines (einfach) signierten elektronischen Dokuments durch Nutzung eines durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats noch zu bestimmenden Übermittlungswegs zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
Einreichung eines (einfach) signierten elektronischen Dokuments durch Nutzung eines sonstigen bundeseinheitlichen Übermittlungswegs, der durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates noch festzulegen ist, bei dem die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
3Eine (einfache) elektronische Signatur in diesem Sinn stellt bereits der über die Tastatur eingegebene Name oder eine eingescannte Unterschrift dar. 4Diese Signatur ist auch bei Nutzung eines sicheren Übermittlungswegs erforderlich, weil nur sie die Abschlussfunktion der Unterschrift erfüllt (vergleiche Bundestagsdrucksache 17/12634, S. 25).
4.3
Umsetzung der rechtlichen Vorgaben für Rechtsbehelfsbelehrungen
1Es wird empfohlen, die Rechtsbehelfsbelehrungen gemäß den in der Anlage enthaltenen Mustern zu erteilen. 2In den Mustern sind im Interesse der Bürgerfreundlichkeit die Pflichtangaben nach § 58 Abs. 1 VwGO, Art (Widerspruch oder Klage), die Frist und die Behörde oder das Gericht, bei der beziehungsweise dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, drucktechnisch hervorgehoben (hier beispielhaft durch Zentrierung und Fettdruck). 3Für die Angabe des zuständigen Gerichts wird folgendes Format empfohlen: Bayerisches Verwaltungsgericht München in 80335 München (hier beispielhafte Darstellung für das Verwaltungsgericht München).
4.3.1
Belehrung über die Möglichkeiten der elektronischen Einreichung
1Gegenwärtig ist noch offen, wann möglicherweise welche weiteren der in § 55a Abs. 4 VwGO n. F. vorgesehenen Zugangswege zu den Gerichten eröffnet sein werden. 2Ob und wie durch den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß Art. 3a Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG weitere Möglichkeiten der Einreichung elektronischer Dokumente bei Behörden geschaffen werden, bleibt abzuwarten. 3Zudem kann die konkrete Ausgestaltung der technischen Umsetzung rechtlicher Vorgaben auch relativ kurzfristigen Änderungen unterliegen. 4Aufgrund dessen können sich bei Verwendung einer einheitlichen Rechtsbehelfsbelehrung Schwierigkeiten ergeben, da diese hinsichtlich der elektronischen Einlegung eines Rechtsbehelfs im Hinblick auf die konkrete technische Ausstattung der die Belehrung verwendenden Behörde unvollständig, irreführend oder sogar unrichtig sein kann. 5Umgekehrt stünde es nicht im Einklang mit der nach dem BayEGovG bestehenden Verpflichtung zur Zugangseröffnung, die elektronische Form als mögliche Einreichungsform ausdrücklich auszuschließen. 6Bei den in der Anlage beigefügten Mustern werden daher zwei Varianten angeboten:
Variante 1: Rechtsbehelfsbelehrungen, die lediglich den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen und
Variante 2: Rechtsbehelfsbelehrungen mit zusätzlichen Hinweisen zu Formerfordernissen.
4.3.2
Anpassungsmöglichkeiten
4.3.2.1
1Die Rechtsbehelfsbelehrungsmuster können von den Behörden an die Erfordernisse ihres Aufgabenbereichs und insbesondere die im jeweiligen Einzelfall gegebenen Möglichkeiten der elektronischen Einreichung angepasst werden (siehe Nr. 4.2.1.4). 2Insbesondere können zusätzliche Hinweise erteilt werden. 3Selbstverständlich bleibt es auch weiterhin unbenommen, die Rechtsbehelfsbelehrung mit einer persönlichen Anrede abzufassen. 4Auf die Zurverfügungstellung von entsprechenden Mustern wurde nur aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. 5Die beigefügten Muster sind dafür entsprechend umzuformulieren.
4.3.2.2
Die Varianten 1 der beigefügten Muster gehen davon aus, dass weiter gehende Informationen zu Formerfordernissen der Internetpräsenz der zuständigen Behörde (insbesondere hinsichtlich einer Widerspruchseinlegung) beziehungsweise der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entnehmen sind.
4.3.2.3
1Bei Einstellung von Informationen auf der Internetpräsenz der Behörde und bei Verwendung der Muster mit zusätzlichen Hinweisen zu Formerfordernissen ist angesichts der laufenden Änderungen sorgfältig darauf zu achten, dass die jeweils bei der betreffenden Stelle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur elektronischen Einlegung des Rechtsbehelfs vollständig und auf aktuellem Stand dargestellt werden. 2Wegen der Verpflichtung zur elektronischen Zugangseröffnung wird in diesen Fällen zumindest der Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments mit qualifizierter elektronischer Signatur erforderlich sein, soweit die Behörde keine weiteren Zugänge eröffnet hat. 3Fortschritte bei der Zugangseröffnung bei den Verwaltungsgerichten sowie Änderungen bei den auf die jeweilige Behörde bezogenen Möglichkeiten der schriftformersetzenden elektronischen Kommunikation sind regelmäßig zu überprüfen. 4Die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung liegt bei der den Bescheid erlassenden Behörde.
4.3.2.4
Der Hinweis auf das Fälligwerden einer Verfahrensgebühr bei Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten sollte in den Fällen des § 188 VwGO (Gerichtskostenfreiheit) gestrichen werden.
4.3.3
Fakultatives Widerspruchsverfahren
Für Verwaltungsakte, die einem der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgezählten Rechtsbereiche zuzuordnen sind, gilt Folgendes:
4.3.3.1
Wenn sich der Verwaltungsakt an einen Betroffenen richtet: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1a (Anlage 1).
4.3.3.2
Wenn sich der Verwaltungsakt an mehrere Betroffene richtet: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1b (Anlage 2).
4.3.3.3
1Eine Kombination der Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1a und 1b in einem einheitlichen Muster für einen und mehrere gemeinsam Betroffene ist grundsätzlich nicht zulässig. 2Andernfalls müsste der jeweilige Betroffene selbst erkennen, ob der Verwaltungsakt an ihn allein oder noch an weitere Betroffene gerichtet wurde. 3Dies würde eine nennenswerte Erschwerung der Rechtsbehelfseinlegung bedeuten, welche nach den Maßstäben der Rechtsprechung den Anforderungen des § 58 VwGO nicht genügt (vergleiche die ständige Rechtsprechung des BVerwG, zum Beispiel Urteil vom 27. April 1990, 8 C 70/88 – NJW 1991, 508).
4.3.4
Unmittelbare Klageerhebung ohne Vorverfahren
4.3.4.1
Für Verwaltungsakte, bei denen es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO keines Vorverfahrens bedarf: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2a (Anlage 3).
4.3.4.2
1Für Widerspruchsbescheide (§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO): Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2b (Anlage 4). 2Wird durch den Widerspruchsbescheid ein Dritter erstmalig beschwert (§ 78 Abs. 2, § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO), ist daneben dem Dritten eine Belehrung nach Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2a zu erteilen.
4.3.5
Obligatorisches Widerspruchsverfahren
Für Verwaltungsakte, bei denen aufgrund von Sondervorschriften (zum Beispiel § 141 FlurbG) vor Klageerhebung ein Widerspruchsverfahren (obligatorisch) durchzuführen ist: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 3 (Anlage 5).
4.3.6
Erstinstanzliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
1Für Verwaltungsakte, über die im Streitfall im ersten Rechtszug der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entscheidet, ist in den Rechtsbehelfsbelehrungen der
Bayerische Verwaltungsgerichtshof
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München
als das zuständige Gericht anzugeben. 2Bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sind nur schriftliche oder elektronische Einreichungen möglich (§ 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO bzw. § 55a Abs. 1 VwGO – bis einschließlich 31. Dezember 2017 in Verbindung mit § 1 ERVV VwG). 3In der Rechtsbehelfsbelehrung entfällt daher die Alternative „oder zur Niederschrift“. 4Der Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einreichung in Verbindung mit der erläuternden Fußnote ist aber zwingend erforderlich.
5.
Weitere Informationen
Antworten zu häufig gestellten Fragen und weitere Informationen können im Internet unter http://www.verwaltungsservice.bayern.de/dokumente/leistung/908978587461 abgefragt werden.
6.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
1Diese Bekanntmachung tritt am 1. Oktober 2016 in Kraft. 2Sie tritt mit Ablauf des 30. September 2021 außer Kraft. 3Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug des Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 13. August 2007 (AllMBl. S. 425), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 8. Juli 2014 (AllMBl. S. 359) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 30. September 2016 außer Kraft.
 
Helmut Schütz
Ministerialdirektor
 
Anlagen
Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3:
Anlage 4:
Anlage 5:
Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1a
Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1b
Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2a
Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2b
Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 3

Anlagen