Veröffentlichung AllMBl. 2016/14 S. 2169 vom 19.10.2016

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Az. III3/0012.03-1/315
311-A
311-A
Richtlinie zur Förderung der Insolvenzberatung in Bayern
(Insolvenzberatungsförderrichtlinie – IBFöR)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Arbeit und Soziales, Familie und Integration
vom 19. Oktober 2016, Az. III3/0012.03-1/315
1Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Art. 23, 44 BayHO, der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften sowie der ANBest-P und ANBest-K) den nach den Art. 112 ff. des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) anerkannten Insolvenzberatungsstellen in gemeinnütziger und kommunaler Trägerschaft Zuwendungen. 2Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
3Die Insolvenzordnung (InsO) sieht ein Privatinsolvenzverfahren vor, durch das auch Privatpersonen die Möglichkeit einer gerichtlichen Restschuldbefreiung erlangen, wenn und soweit eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern nicht gelungen ist (Verbraucherinsolvenzverfahren). 4Überschuldeten Menschen soll dadurch bei der Bewältigung ihrer finanziellen und sozialen Probleme geholfen werden, um ihnen wieder eine Perspektive ohne Überschuldung zu eröffnen und eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten.
1.
Zweck der Zuwendung
1.1
1Voraussetzung für die Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens ist die Vorlage einer Bescheinigung, in der eine geeignete Person (z. B. Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin, Steuerberater oder Steuerberaterin) oder eine geeignete Stelle bestätigt, dass ein außergerichtlicher Einigungsversuch durch Vergleichsvertrag mit den Gläubigern erfolglos durchgeführt worden ist (§ 305 Abs. 1 InsO). 2Geeignete Stellen sind die von den zuständigen Regierungen nach den Art. 112 ff. AGSG anerkannten Insolvenzberatungsstellen (im Folgenden: „Insolvenzberatungsstellen“).
1.2
1Ziel der staatlichen Förderung ist es, die in gemeinnütziger und kommunaler Trägerschaft stehenden Insolvenzberatungsstellen in ihrer Beratungstätigkeit einschließlich der Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren zu unterstützen und damit die gesetzlich geforderte Insolvenzberatung sicherzustellen. 2Das Beratungsangebot soll niedrigschwellig angeboten werden. 3Begleitend soll eine psychosoziale Beratung erfolgen, um die Gefahr einer erneuten Überschuldung abzuwenden.
1.3
Die Insolvenzberatungsstellen sollen sich an Maßnahmen zur Qualitätssicherung beteiligen oder diese selbst durchführen.
1.4
Die Insolvenzberatungsstellen sollen sich an der Überschuldungsstatistik des Bundes nach dem Überschuldungsstatistikgesetz beteiligen, um valide Daten über die Situation überschuldeter Privatpersonen gewinnen zu können.
2.
Gegenstand der Förderung
Gefördert wird die Insolvenzberatung durch Insolvenzberatungsstellen in gemeinnütziger und kommunaler Trägerschaft.
3.
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind
gemeinnützige Träger, die einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen sind, sowie
Landkreise, Städte und Gemeinden.
4.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Die Verbraucherinsolvenzberatung wird durch eine Insolvenzberatungsstelle durchgeführt, die vor dem 5. Oktober 2012 anerkannt worden ist.
4.2
1Die Insolvenzberatungsstelle muss eine fachlich qualifizierte Verbraucherinsolvenzberatung nach der Insolvenzordnung durch den Einsatz geeigneter Fachkräfte gewährleisten. 2Sie muss allen Berechtigten im Sinne des § 304 InsO mit Hauptwohnsitz in Bayern offenstehen.
4.3
Die Insolvenzberatungsstelle reicht der zuständigen Regierung zusammen mit dem Verwendungsnachweis eine Statistik ein, die insbesondere folgende statistischen Angaben enthält (Stand 31. Dezember des jeweiligen Vorjahres):
Anzahl der Schuldnerberatungsfälle insgesamt,
davon Anzahl der Verbraucherinsolvenzfälle insgesamt,
Anzahl der vorgerichtlichen Einigungen,
Anzahl der eingeleiteten gerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren,
Anzahl der durch Insolvenzberatungsstellen übernommenen Treuhänderschaften,
Anzahl der Vertretungen im gerichtlichen Insolvenzverfahren,
durchschnittliche Wartezeit zwischen Anmeldung und Beginn der Beratung,
Anzahl, Name und Qualifikation der Fachkräfte und der Verwaltungskräfte jeweils mit Stellenanteil.
4.4
1Die Insolvenzberatungsstellen haben ihre Anträge auf Förderung bis spätestens 15. November des der Förderung vorausgehenden Kalenderjahres bei der Bewilligungsbehörde einzureichen. 2Die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn gilt mit dem Eingang des Antrags bei der Bewilligungsbehörde als erteilt.
5.
Art und Umfang der Förderung
5.1
1Die staatliche Zuwendung wird als Festbetragsfinanzierung im Wege einer Projektförderung gewährt. 2Die Förderung der Insolvenzberatungsstellen erfolgt in Form von Fallpauschalen.
5.2
1Zuwendungsfähig sind alle im Rahmen der Beratungs- und Betreuungsaufgaben der Insolvenzberatungsstellen anfallenden Ausgaben. 2Eine Fallpauschale wird jeweils gewährt für
a)
die Ausstellung der Bescheinigung im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO über den Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans oder
b)
das Zustandekommen einer schriftlichen außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans.
3Eine erneute Fallpauschale bezüglich desselben oder derselben Ratsuchenden kann nur dann abgerechnet werden, wenn zwischen der ersten Fallbefassung und der späteren Fallbefassung ein Zeitraum von mehr als zwölf Monaten liegt. 4Der oder die Ratsuchende hat zu Beratungsbeginn eine entsprechende Bestätigung (Bestätigung InsO) bei der Insolvenzberatungsstelle zu unterschreiben.
5.3
1Die Höhe der Fallpauschalen ist gestaffelt nach der Zahl der Gläubiger des oder der Ratsuchenden und beträgt
a)
b)
c)
    bei bis zu 5 Gläubigern
bei 6 bis 15 Gläubigern
bei mehr als 15 Gläubigern
    bis zu 338 Euro,
bis zu 507 Euro,
bis zu 675 Euro.
2Werden durch den Träger der Insolvenzberatungsstelle Gebühren von dem oder der Ratsuchenden erhoben, erfolgt eine entsprechende Kürzung der Förderung. 3Die Erhebung einer Sachkostenpauschale bis zur Höhe von 25 Euro pro Beratungsfall bleibt bei der Förderung unberücksichtigt.
5.4
1Die Fallpauschalen werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt. 2Soweit der Gesamtzuwendungsbetrag für alle Insolvenzberatungsstellen die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel übersteigt, kann die Förderung entsprechend den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln gekürzt werden.
5.5
1Die Zuwendungsempfänger können auf Antrag für das laufende Haushaltsjahr zum 1. Mai und zum 1. November eine Abschlagszahlung erhalten. 2Die Abschlagszahlung beträgt jeweils 40 % vom Grundförderbetrag nach Nr. 6.4 Satz 2. 3Der Träger der Insolvenzberatungsstelle ist verpflichtet, beim Antrag auf Gewährung einer Abschlagszahlung der Bewilligungsbehörde maßgebliche Änderungen mitzuteilen, die auf die Höhe der Abschlagszahlung beziehungsweise des zu erwartenden Gesamtzuschusses Einfluss haben könnten.
5.6
1Die Schlussabrechnung für das abgelaufene Haushaltsjahr erfolgt nach Errechnung der Gesamtzahl der förderfähigen Fälle auf der Basis des vorgelegten Verwendungsnachweises (Spitzabrechnung). 2Förderfähig sind nur Fälle, die mit dem Verwendungsnachweis bis 1. März des folgenden Haushaltsjahres bei der zuständigen Regierung nachgewiesen werden (Ausschlussfrist).
5.7
1Eine Förderung nach dieser Richtlinie entfällt, wenn für den gleichen Zweck andere Mittel des Freistaates Bayern in Anspruch genommen werden. 2Gesetzliche Leistungen sind vorrangig in Anspruch zu nehmen und werden auf eine Förderung nach dieser Richtlinie angerechnet.
6.
Antrags- und Bewilligungsverfahren
6.1
1Für den Vollzug dieser Förderrichtlinie sind die Regierungen zuständig (Bewilligungsbehörden). 2Örtlich zuständig ist die Regierung, in deren Bezirk der Träger oder die Kommune ihren Sitz hat. 3Die Bewilligungsbehörde entscheidet durch Zuwendungsbescheid.
6.2
Bewilligungszeitraum ist das Kalenderjahr.
6.3
Der Antrag auf Leistung von Abschlagszahlungen nach Nr. 5.5 ist bis spätestens zwei Wochen vor dem jeweiligen Stichtag schriftlich zu stellen.
6.4
1Vor Gewährung der ersten Abschlagszahlung nach Nr. 5.5 hat die Bewilligungsbehörde einen Zuwendungsbescheid zu erlassen. 2Darin kann die Bewilligungsbehörde bis zu 90 % der Förderung im Basisjahr zuerkennen (Grundförderbetrag). 3Basisjahr ist das Kalenderjahr, für das alle Bewilligungsbehörden die Verwendungsnachweise aller geförderten Insolvenzberatungsstellen abschließend geprüft haben. 4Soweit sich im Förderzeitraum maßgebliche Änderungen ergeben, kann die Bewilligungsbehörde im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von Satz 2 abweichen.
6.5
Die Träger der Insolvenzberatungsstellen haben die Vorgaben zu den Informations- und Publizitätspflichten des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration zu beachten.
6.6
Im Zuwendungsbescheid sind folgende Hinweise aufzunehmen:
Die Beratungszeiten sind zu den üblichen Öffnungszeiten festzulegen.
Für Berufstätige sollen wöchentliche Abendsprechstunden angeboten werden.
Die Beratungen sollen in barrierefreien Räumlichkeiten, die für die Ratsuchenden gut erreichbar sind, angeboten werden.
7.
Nachweis und Prüfung der Verwendung
7.1
1Der Verwendungsnachweis sowie die Statistik nach Nr. 4.3 sind vom Zuwendungsempfänger bis spätestens 1. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr bei der zuständigen Regierung einzureichen. 2Der Verwendungsnachweis besteht aus
der Bestätigung InsO (Nr. 5.2) und
den Angaben im Verwendungsnachweis Insolvenzberatung (IB).
3Der Verwendungsnachweis IB enthält insbesondere folgende Angaben:
Name und Anschrift des oder der Ratsuchenden,
Bestätigung und Einwilligungserklärung des oder der Ratsuchenden zu Beratungsbeginn,
Anzahl der Gläubiger,
Gesamthöhe der geltend gemachten Forderungen,
Zeitraum der Beratung,
Angabe, dass ein außergerichtlicher Vergleich zustande kam oder dass eine Bescheinigung im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgestellt wurde, aus der sich das Scheitern des Versuchs ergibt, jeweils mit Datum,
Höhe der zutreffenden Fallpauschale,
Angabe, ob Gebühren oder eine Sachkostenpauschale von dem oder der Ratsuchenden erhoben wurde und gegebenenfalls in welcher Höhe,
Erklärung des oder der Ratsuchenden, worin dieser oder diese in die Übermittlung der geforderten Daten an die zuständige Regierung einwilligt.
7.2
Folgende Mindeststandards sind bei der Prüfung der Verwendungsnachweise durch die Regierungen einzuhalten:
Die Bestätigung InsO und der vorgelegte Tätigkeitsnachweis sind auf Plausibilität zu prüfen.
Die stichprobenweise Auswahl näher zu prüfender Unterlagen nach Nr. 7.1 dieser Richtlinie hat bei mindestens 25 %, jedoch mindestens bei vier der geförderten Beratungsstellen je Regierung zu erfolgen.
8.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2016 in Kraft; sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.
 
Michael Höhenberger
Ministerialdirektor