Veröffentlichung FMBl. 2009/04 S. 71 vom 27.03.2009

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Az.: 55 - L 6801 - 008 - 12 076/09
66-F
66-F
 
Richtlinien
für die Übernahme von Staatsbürgschaften
im Bereich der gewerblichen Wirtschaft
(Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BÜG)
 
Bekanntmachung
des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen
 
vom 27. März 2009 Az.: 55 - L 6801 - 008 - 12 076/09
 
 
Das Prüfraster für staatliche Bürgschaften aus den Bürgschaftsrichtlinien des Bundes und der Länder (Anlage zu Abschnitt I Nr. 1 der Richtlinien für die Übernahme von Staatsbürgschaften im Bereich der gewerblichen Wirtschaft – Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 7. November 2000; FMBl S. 292) erhält ab 1. Mai 2009 nachfolgende Fassung.
 
 
 
Weigert
Ministerialdirektor
 
 
 
Anlage
zu den Richtlinien
für die Übernahme von Staatsbürgschaften
im Bereich der gewerblichen Wirtschaft
 
Prüfraster für staatliche Bürgschaften aus den Bürgschaftsrichtlinien des Bundes und der Länder
 
 
1.
Allgemeines
Dieses Prüfraster soll das Auffinden relevanter EG-Beihilfebestimmungen erleichtern, kann aber – insbesondere in Zweifelsfragen – nicht an deren Stelle treten. Darüber hinaus dient das Prüfraster der Anpassung von genehmigten Beihilferegelungen an die Weiterentwicklung des Beihilferechts (s. Schreiben GD Wettbewerb D/50651 vom 14. Februar 2001 betr. Zweckdienliche Maßnahmen zur Anpassung an die einschlägigen Leitlinien).
 
1.1
Prinzipielles Beihilfenverbot nach Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag
Nach Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag sind staatliche Beihilfen, gleich welcher Art, die durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Keine Beihilfen sind Bürgschaften, die nach Maßgabe des Kapitels 3 der Bürgschaftsmitteilung 2008 (Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften vom 20. Juni 2008, ABl EU 2008 Nr. C 155 S.10, geändert durch Berichtigung der Mitteilung vom 25. September 2008, ABl EU 2008 Nr. C 244 S. 32) gewährt werden. Zu sog. De-minimis-Beihilfen (hauptsächlich die Verordnung [EG] Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis-Beihilfen, ABl EU 2006 Nr. L 379 S. 5) s. u. Abschnitte 2.1 und 3.3.
 
1.2
Beihilfeaufsicht durch die Europäische Kommission
Ausnahmen von der prinzipiellen Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt finden sich zum Beispiel in Art. 87 Abs. 3a und 3c EG-Vertrag. Über die Ausnahme von der Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt entscheidet die Europäische Kommission aufgrund einer entsprechenden Notifizierung nach Art. 88 Abs. 3 EG-Vertrag oder durch eine Freistellungsregelung.
 
1.3
Notifizierungspflicht und Verbot der Beihilfegewährung vor Genehmigung durch die Europäische Kommission
Nach Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag dürfen anmeldungspflichtige Beihilfen nicht gewährt werden, bevor die Kommission eine diesbezügliche Genehmigungsentscheidung erlassen hat (so genanntes Durchführungsverbot).
Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen (Beihilferegelung oder Einzelbeihilfe) sind bei der Kommission anzumelden. Eine Ausnahme gilt aufgrund der De-minimis-Verordnung und der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGFVO, Verordnung [EG] Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit der Art. 87 und 88 EG-Vertrag, ABl EU 2008 Nr. L 214 S. 3). Bei Vorliegen der Voraussetzungen können Beihilfen ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission gewährt werden. Es sind die Transparenzerfordernisse der AGFVO (insbesondere Art. 9, Kurzbeschreibung und Veröffentlichung der Regelung im Internet) zu beachten.
Eine Beihilferegelung ist eine Regelung, nach der Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, Beihilfen gewährt werden können (vgl. Art. 2 Nr. 2 AGFVO). Einzelbeihilfen sind solche Beihilfen, die nicht aufgrund einer Beihilferegelung gewährt werden, sowie einzelne, aufgrund spezieller Notifizierungsvorschriften anmeldungspflichtige Maßnahmen aufgrund einer Beihilferegelung
(Art. 2 Nr. 3 und 4 AGFVO).
 
1.4
Notifizierungspflichten aus speziellen Beihilferegimen
 
1.4.1
Horizontale Regelungen
-
Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007–2013 („Regionalleitlinien“, ABl EU 2006 Nr. C 054 S. 13 vom 4. März 2006).
-
Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl EU 2004 Nr. C 244 S. 2 vom 1. Oktober 2004).
-
Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (ABl EU 2006
Nr. C 323 S. 1 vom 30. Dezember 2006).
-
Art. 6 der AGFVO 1.
-
Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen („Risikokapitalleitlinien“ ABl EU 2006 Nr. C 194 S. 2 vom 18. August 2006).
-
Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl EU 2008 Nr. C 194 S. 2
vom 18. August 2006).
 
1.4.2
Sektorale Regelungen
-
Schiffbau, Schiffsumbau und Schiffsreparatur: Rahmenbestimmungen für Beihilfen an den Schiffsbau (ABl EU 2003 Nr. C 317 S. 11 vom 30. Dezember 2003, berichtigt durch ABl EU 2004 Nr. C 104 S. 71 vom 30. April 2004, verlängert bis 31. Dezember 2011 durch ABl EU 2008 Nr. C 173 S. 3 vom 8. Juli 2008).
-
Verkehr: Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 des Rates vom 4. Juni 1970 über Beihilfen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr (ABl EG 1970 Nr. L 130 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 543/97 des Rates vom 17. März 1997 (ABl EG 1997 Nr. L 084 S. 6); (Aufhebung der Verordnung 1107/70 mit Inkrafttreten der Verordnung 1370/2007 zum 3. Dezember 2009, ABl EU 2007 Nr. L 315 S. 1
vom 3. Dezember 2007).
-
Steinkohle: Verordnung (EG) Nr. 1407/2002 des Rates vom 23. Juli 2002 über staatliche Beihilfen für den Steinkohlenbergbau (ABl EG 2002 Nr. L 205 S. 1 vom 2. August 2002).
-
Kunstfaserindustrie: s. Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007–2013
(ABl EU 2006 Nr. C 54 S. 13 vom 4. März 2006), Ziffer 8.
-
Landwirtschaft einschl. Verarbeitung/Vermarktung: Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007–2013 (ABl EU 2006 Nr. C 319 S. 1 vom 27. Dezember 2006).
-
Landwirtschaft ohne Verarbeitung/Vermarktung: Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 70/2001.
-
Fischerei und Aquakultursektor: Leitlinien für die Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (ABl EU 2008 Nr. C 84 S. 10 vom 3. April 2008).
-
Fischerei und Aquakultursektor: Verordnung (EG) Nr. 875/2007 vom 24. Juli 2007 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Fischereisektor und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 (ABl EU 2007 Nr. L 193 S. 6 vom 25. Juli 2007).
-
Fischerei und Aquakultursektor: Verordnung (EG) Nr. 736/2008 vom 22. Juli 2008 der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen tätige Unternehmen (ABl EU 2008 Nr. L 201
S. 16 vom 30. Juli 2008).
 
1.5
Beihilfewert staatlicher Bürgschaften
Für die Einhaltung von Förderhöchstgrenzen, insbesondere bei der Kumulierung mit anderen Beihilfen, sowie für die Zulässigkeit der Gewährung von De-minimis-Bürgschaften oberhalb 1,5 Mio. € kommt es auf die Beihilfeintensität von Bürgschaften an. Hierbei ist zwischen so genannten gesunden Unternehmen und solchen in Schwierigkeiten zu unterscheiden.
 
1.5.1
Gesunde Unternehmen
 
a)
Soweit für das antragstellende Unternehmen ein Unternehmensrating der Bürgschaftsrating-Kategorien 1–5 (DSGV-Ratingklassen 1–13; die Übertragung aus anderen Rating-Systemen erfolgt über die 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeiten2 vorliegt, ist bei Bürgschaften
 
·
für Investitionskredite die mit Schreiben der EU-Kommission vom 26. September 2007 (http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2007/n197-07.pdf) genehmigte Berechnungsmethode anzuwenden (vgl. auch Berechnungstool unter www.pwc.de/de/beihilfewertrechner);
·
für Betriebsmittelkredite
o
auf De-Minimis-Basis sowie
o
auf Basis der Genehmigung vom 16. Juli 2008 zugunsten von Vorhaben in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen (vgl. unten Abschnitt 3.7.2.)
die mit Schreiben der EU-Kommission vom 29. November 2007 (http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2007/n541-07.pdf) genehmigte Berechnungsmethode anzuwenden (vgl. auch Berechnungstool unter www.pwc.de/de/beihilfewertrechner).
 
b)
Bei Spezialfinanzierungen im Sinne von Art. 86 Nr. 6 der Richtlinie 2006/48/EG (ABl EU 2006 Nr. L 177 vom 30. Juni 2006) über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (insbesondere Projektfinanzierungen und neue/junge Unternehmen ohne Rating) erfolgt gemäß Genehmigungsschreiben der EU-Kommission vom 18. Juni 2008 (http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2007/n762-07.pdf) eine Überleitung in die unter a) genannten Bürgschaftsrating-Kategorien 1–5 nach folgenden Grundsätzen:
·
Sofern die Bank den einfachen Internal-Rating-based-Ansatz (einfacher IRB-Ansatz) verwendet, ist eine Überleitung in die Bürgschaftskategorien 1 oder 3, für bestimmte junge innovative Unternehmen (s. u.) auch in die Bürgschaftskategorie 4 möglich. Die Überleitung erfolgt auf Basis der von der Bank ermittelten aufsichtlich definierten Spezialfinanzierungs-Ratingkategorie
o
„stark/gut“ Bürgschaftskategorie 1
o
„befriedigend“ Bürgschaftskategorie 3
o
„schwach“ Bürgschaftskategorie 4, möglich nur für junge innovative Unternehmen, die den nachfolgenden kumulativen, im Genehmigungsschreiben der EU-Kommission
vom 18. Juni 2008, Abschnitt 28, enthaltenen Auswahlkriterien entsprechen:
 
-
es müssen die Voraussetzungen unter Nr. 5.4 lit a) und b) des Gemeinschaftsrahmens für Forschung, Entwicklung und Innovation3 vorliegen, wobei auch mittlere Unternehmen einbezogen werden,
-
Prüfung des Geschäftsplans auf Tragfähigkeit,
-
der volkswirtschaftliche Nutzen ist nachgewiesen,
-
es werden nur finanziell tragfähige Unternehmen ausgewählt, die voraussichtlich in der Lage sein werden, die mit dem Kredit verbundenen Zins- und Tilgungszahlungen zu leisten.
 
·
Verwendet die Bank den fortgeschrittenen IRB-Ansatz, teilt sie der bürgschaftsgewährenden Stelle die institutsspezifische Ratingkategorie in Verbindung mit der diese nach oben begrenzenden 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit mit. Die Überleitung erfolgt wie unter a).
 
c)
Bei De-minimis-Bürgschaften bis 1,5 Mio €, die im Rahmen von Bürgschaftsregelungen gewährt werden, kann der Beihilfewert pauschal ermittelt werden (Beihilfeintensität 13 1/3 %). Liegt für das Antrag stellende Unternehmen ein Rating gemäß oben lit. a) vor, kann auch ein geringerer Beihilfewert in Anwendung einer genehmigten Berechnungsmethode zu Grunde gelegt werden.
 
d)
In allen anderen Fällen ist für gesunde Unternehmen die Beihilfewertbestimmung anhand Kapitel 4 der Bürgschaftsmitteilung 2008 vorzunehmen. Bei guten und mittleren Bonitäten können Safe-Harbour-Bürgschaftsprämien zur Beihilfefreiheit führen (s. Bürgschaftsmitteilung 2008, Kapital 3; bei KMU insbesondere Abschnitt 3.3).
 
1.5.2
Unternehmen in Schwierigkeiten4
 
Der Beihilfewert einer staatlichen Bürgschaft an ein Unternehmen in Schwierigkeiten muss individuell nach der Bürgschaftsmitteilung 2008 bestimmt werden. Nach Abschnitt 4.2 dieser Mitteilung entspricht das Beihilfeelement einer Bürgschaft, die nicht aufgrund einer Bürgschaftsregelung übernommen wird (Einzelbürgschaft), grundsätzlich der Differenz zwischen dem marktüblichen Entgelt für die Bürgschaft und dem tatsächlich gezahlten Entgelt für diese Maßnahme. Kann kein marktübliches Entgelt festgestellt werden, so gilt für die Berechnung der Beihilfeintensität einer Einzelgarantie die Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl EU 2008 Nr. C 014 S. 6 vom 19. Januar 2008, nachfolgend „Referenzzinsmitteilung 2008“ genannt). Im Übrigen ist bei derartigen Bürgschaften zu berücksichtigen, dass Bürgschaften nach dem Haushaltsrecht nur unter engen Voraussetzungen ausgereicht werden können.
Bei KMU, die vor weniger als drei Jahren gegründet wurden, wird für Zwecke der Bürgschaftsmitteilung 2008 „nicht davon ausgegangen, dass sie sich in Schwierigkeiten befinden“ (Abschnitt 3.2 a).
 
 
2.
Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen für Bürgschaftsübernahmen
 
2.1
Beihilfefreie und De-minimis-Bürgschaften
Staatliche Bürgschaften sind mit Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag vereinbar, wenn sie
-
gemäß den Bestimmungen der „De-minimis-Verordnung“ oder
-
beihilfefrei gemäß Kapital 3 der Bürgschaftsmitteilung 2008
übernommen werden.
Zu beachten ist, dass die nachträgliche staatliche Verbürgung eines bereits gewährten Kredits eine Beihilfe an den Kreditgeber darstellen kann (Bürgschaftsmitteilung 2008, Abschnitt 2.3.1). Keine Beihilfe stellt dagegen die Leistung aus einer Bürgschaft dar, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eingetreten sind. Keine Beihilfen sind ebenfalls Leistungen der öffentlichen Hand aus eingegangenen Bürgschaften bei Umschuldungsaktionen, wenn dargelegt werden kann, dass sich der Staat in einer gegebenen Konstellation wie ein privater Geldgeber verhält und die entsprechende Bürgschaft mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang steht (vgl. EuG, Urteil vom 11. Juli 2002, Rs. T-152/99, Hamsa/Kommission, Slg. 2002, 11-3049). In einem solchen Fall „werden die Vorschriften in Punkt 5.3 (der Bürgschaftsmitteilung 2008) nicht herangezogen“ (Schreiben GD Lowe D/51969 vom 16. Mai 2008).
 
2.2
Bürgschaften mit Beihilfecharakter
Soweit auf der Grundlage der nachfolgend genannten Beihilfevorschriften genehmigte oder freigestellte Programme vorliegen, erübrigt sich eine Einzelfallnotifizierung grundsätzlich, es sei denn, diese Vorschriften sehen ausdrücklich eine Einzelfallnotifizierung oberhalb bestimmter Schwellenwerte vor.
 
2.2.1
Genehmigungsfähige Bürgschaften
 
Nicht beihilfefreie Bürgschaften sind auf der Grundlage der nachstehenden Rechtsgrundlagen genehmigungsfähig:
a)
bei gesunden Unternehmen z. B.
·
Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007–2013 („Regionalleitlinien“), vgl. unten Abschnitt 3.6,
·
Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation,
·
Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen,
·
Mitteilung der Kommission zu staatlichen Beihilfen im Luftverkehr (ABl EG 1994 Nr. C 350 S. 5), ergänzt durch Mitteilung der Kommission zu Gemeinschaftlichen Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen (ABl EU 2005 Nr. C 312 S. 1).
 
b)
bei Unternehmen in Schwierigkeiten
·
Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, vgl. unten Kapitel 4,
·
Mitteilung der Kommission über Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen und Schließungsbeihilfen für die Stahlindustrie (ABl EG 2002 Nr. C 070 S. 21),
·
Mitteilung der Kommission zu staatlichen Beihilfen im Luftverkehr (ABl EG 1994 Nr. C 350 S. 5).
 
2.2.2
Freigestellte Bürgschaften
 
Nicht beihilfefreie Bürgschaften sind insbesondere auf der Grundlage der AGFVO5 6 7 und bei Einhaltung der darin festgeschriebenen Voraussetzungen freigestellt (aber ggf. Pflicht zur Information der Kommission). Zur De-minimis-Verordnung siehe unten Abschnitt 3.3.
Nach dem 31. Dezember 2008 dürfen bestehende regionale Investitionsbeihilfe-regelungen in der freigestellten Form bis zum Ablauf der genehmigten Förder-gebietskarte weiterhin angewandt werden (vgl. Erwägungsgrund 66 Satz 2 AGFVO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung [EG] Nr. 1628/2006 der Kommission vom 24. Oktober 2006 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf regionale Investitionsbeihilfen der Mitgliedstaaten, nachfolgend „Regional-Freistellungs-VO“ genannt).
 
 
3.
Bürgschaften an gesunde Unternehmen auf der Grundlage der De-minimis-Regelungen bzw. genehmigter/freigestellter Programme/Richtlinien
 
3.1
Vorbemerkungen
Für gesunde Unternehmen sind die De-minimis-Regelungen bzw. genehmigte/angepasste oder freigestellte Programme/Programmvarianten nach der AGFVO sowie übergangsweise nach den Regionalleitlinien und der Regional-Freistellungsverordnung von vorrangiger praktischer Relevanz.
 
3.2
Generelle Eckwerte für Bürgschaften an gesunde Unternehmen
a)
Staatliche Bürgschaften für Investitionskredite werden grundsätzlich für eine auf maximal 15 Jahre begrenzte Laufzeit übernommen. Ausnahmen mit längerer Laufzeit sind:
·
Binnenschiff-Finanzierung,
·
Baufinanzierung,
·
Programmkredite der Förderbanken.
b)
Bei staatlichen Bürgschaften muss der darlehensgewährenden Bank ein Eigenobligo von mindestens
20 %
verbleiben (zur Sonderregelung bei Bürgschaften an Unternehmen in Schwierigkeiten s. u. Abschnitt 4.2.2.8).
 
3.3
De-minimis-Verordnungen
 
a)
Die De-minimis-Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 (s.o. Abschnitt 1.1.) erlaubt außerhalb bestimmter Sektoren (s. u.) Bürgschaften zur Finanzierung u.a. von Erstinvestitionen, Ersatzinvestitionen, Betriebsmitteln und Avalen unabngig von der Größe der begünstigten Unternehmen und ohne regionale Einschränkungen.
Die Gesamtsumme der einem Unternehmen gewährten De-minimis-Beihilfen darf 200.000 € (Straßentransportsektor: 100.000 €) bezogen auf einen Zeitraum von drei Steuerjahren nicht übersteigen. In mehreren Tranchen gezahlte Beihilfen werden auf den Zeitpunkt ihrer Gewährung abgezinst. Dieser Schwellenwert gilt für Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung. Nicht auf den Höchstbetrag von
200.000 € anzurechnen sind andere Beihilfen, die aufgrund von der Kommission genehmigter Regelungen oder freigestellter Beihilfen gewährt werden. Jedoch dürfen für dieselben förderbaren Aufwendungen De-minimis-Beihilfen nicht mit anderen Beihilfen kumuliert werden, wenn die aus der Kumulierung resultierende Förderhöchstintensität diejenige Förderintensität übersteigen würde, die in einer Gruppenfreistellungsverordnung oder in einer von der Kommission verabschiedeten Entscheidung hinsichtlich der besonderen Merkmale eines Falls festgelegt wurde.
 
Bürgschaften aufgrund einer Bürgschaftsregelung sind bis zur Höhe von 1,5 Mio. € (Straßentransportsektor: 750.000 €) sowie bis zu einem maximalen staatlichen Verbürgungsanteil von bis zu 80% des zugrunde liegenden Darlehens De-minimis-freigestellt8. Höhere Bürgschaften als 1,5 Mio/ 750.000 € sind möglich, soweit ein Unternehmensrating nach den Bürgschaftskategorien 1–5 vorliegt. Die dann wieder zu berechnenden Beihilfebeträge ermitteln sich in Anwendung des Berechnungstools:
 
 
Zur Einhaltung der 3-Jahresregelung ist
·
von dem begünstigten Unternehmen eine Erklärung abzugeben, in der alle anderen in dem betreffenden Steuerjahr sowie in den vorangegangenen zwei Steuerjahren erhaltenen De-minimis-Beihilfen angegeben sind,
·
vor Bürgschaftsgewährung zu prüfen, dass der De-Minimis-Höchstbetrag durch die neue Bürgschaft nicht überschritten wird,
·
bei Gewährung einer De-minimis-Bürgschaft dem begünstigten Unternehmen unter Bezugnahme auf die De-Minimis-VO (EG) 1998/2006 der Beihilfebetrag der Bürgschaft mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass es sich um eine De-minimis-Beihilfe handelt.
Der Empfänger erhält mit Bewilligung jeder De-minimis-Beihilfe eine „De-minimis-Bescheinigung“, die er zehn Jahre aufzubewahren und bei Beantragung jeder weiteren De-minimis-Beihilfe vorzulegen hat.
Ausgeschlossen sind folgende Wirtschaftsbereiche bzw. Aktivitäten:
·
Fischerei, Aquakultur und die Urproduktion von Anhang I-Agrarprodukten (s. dazu unten Abschnitte b) und c),
·
die Verarbeitung und Vermarktung von Imitations- oder Substitutionserzeugnissen von Milch,
·
exportbezogene Tätigkeiten (Beihilfen, die unmittelbar mit den ausgeführten Mengen, der Errichtung und dem Betrieb eines Vertriebsnetzes oder mit anderen laufenden exportbezogenen Ausgaben in Zusammenhang stehen),
·
Beihilfen, die von der Verwendung heimischer Erzeugnisse zulasten von Importwaren abhängig gemacht werden,
·
Steinkohlenbergbau,
·
Erwerb von Fahrzeugen für den Straßengütertransport durch Unternehmen des gewerblichen Straßengütertransportes,
·
Unternehmen in Schwierigkeiten.
 
Zu beachten ist ferner, dass
·
der Zinssatz, der für Abzinsungen und für die Berechnung des Bruttosubventionsäquivalentes anzusetzen ist, der zum Zeitpunkt der Gewährung geltende Abzinsungszinssatz nach der Referenzzinsmitteilung 2008 (s. o. Abschnitt 1.5.2) ist;
·
sofern der Beihilfegesamtbetrag einer Beihilfe den Höchstbetrag von 200.000 € (100.000 € im Straßentransportsektor) übersteigt, eine Freistellung nach der De-Minimis-VO (EG)1998/2006 nicht etwa für den Bruchteil der Beihilfe in Anspruch genommen werden kann, der den Höchstbetrag nicht überschreitet.
 
b)
Die Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrarerzeugnissektor, die nur die Urproduktion betrifft (ABl EU 2007 Nr. L 337 S. 35
vom 20. Dezember 2007), gestattet dem Beihilfegeber im Rahmen der ihm zugeteilten Quote und unter bestimmten Bedingungen, Beihilfen in Höhe von 7.500 € (Bürgschaft 56.250 €) bezogen auf einen Zeitraum von drei Steuerjahren für Primärerzeuger zu gewähren.
 
c)
Die Verordnung (EG) Nr. 875/2007 der Kommission vom 25. Juli 2007 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Fischereisektor (ABl EU 2007 Nr. L 193 S.6) erlaubt Unternehmen im Bereich der Erzeugung, Verarbeitung oder Vermarktung eine Beihilfe in Höhe von 30.000 € (Bürgschaft 225.000 €) in drei Steuerjahren zu gewähren.
 
3.4
Freigestellte Programme nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGFVO)
 
Die AGFVO hat mit Inkrafttreten (29. August 2008) alle bisherigen Freistellungsverordnungen (nicht jedoch die De-minimis-Verordnungen) mit einer Übergangszeit bis maximal zum 31. Dezember 2008 abgelöst.
 
3.4.1
Gemeinsame Vorschriften für alle Beihilfegruppen
 
3.4.1.1
Anwendungsbereich
 
Im Bereich gewerblicher Bürgschaften stellt die AGFVO Freistellungstatbestände insbesondere für folgende Beihilfegruppen zur Verfügung:
-
Regionalbeihilfen,
-
Investitions- und Beschäftigungsbeihilfen für KMU,
-
Umweltschutzbeihilfen,
-
Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation.
 
Die AGFVO gilt insbesondere nicht für Beihilfen für
-
ausfuhrbezogene Tätigkeiten,
-
Tätigkeiten in der Fischerei und Aquakultur,
-
Tätigkeiten im Rahmen der Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse,
-
Regionalbeihilfen für Tätigkeiten im Schiffbau und in der Stahlindustrie,
-
Ad hoc-Beihilfen für Großunternehmen,
-
Unternehmen in Schwierigkeiten (hinsichtlich KMU gilt eine vereinfachte UiS-Definition, s. u. Abschnitt 3.4.1.2).
 
Beihilfen zugunsten der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unterliegen bestimmten Beschränkungen (s. Art. 1 Abs. 3 lit. c AGFVO).
 
Die weiteren Einschränkungen des Anwendungsbereichs ergeben sich aus Art. 1 AGFVO.
 
3.4.1.2
Begriffsbestimmungen
 
a)
KMU
Die Definition der KMU ergibt sich aus dem Anhang I der AGFVO. Danach sind KMU solche Unternehmen, die
·
weniger als 250 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. € erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. € beläuft und
·
nicht zu 25 % oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte direkt oder indirekt von öffentlichen Stellen/Körperschaften kontrolliert werden (Einzelheiten und Ausnahmen s. Anhang I der AGFVO,
Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2).
 
Bei der Feststellung, ob die o. g. Kriterien erfüllt sind, müssen Unternehmen die Daten von verbundenen Unternehmen (Art. 3 Abs. 3 des Anhangs I AGFVO) in voller Höhe mit ansetzen. Die Daten von Partnerunternehmen (Art. 3 Abs. 2 des Anhangs I AGFVO) werden zu der Quote angesetzt, die dem Beteiligungsanteil entspricht. Dabei sind weitere mit dem Verbund- oder Partnerunternehmen verbundene oder partnerschaftlich verbundene Unternehmen ebenfalls zu berücksichtigen. Einzelheiten sind Art. 3 des Anhangs I AGFVO zu entnehmen.
 
In einer weiteren Unterscheidung werden kleine Unternehmen definiert als Unternehmen, die
·
weniger als 50 Personen beschäftigen und
·
deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. € nicht übersteigt.
 
Der Status eines mittleren Unternehmens, eines kleinen Unternehmens bzw. eines Kleinstunternehmens geht erst dann verloren, wenn es in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren zu einer Über- oder Unterschreitung der genannten Mitarbeiterzahlen kommt (s. Art. 4 des Anhang I AGFVO).
 
b)
Materielle Vermögenswerte
Darunter fallen Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen und sonstige Ausrüstungsgüter unbeschadet von Art. 17 Nr. 12 AGFVO. Im Verkehrssektor zählen Beförderungsmittel und Ausrüstungsgüter als beihilfefähige Vermögenswerte; dies gilt nicht für Regionalbeihilfen und nicht für den Straßengüterverkehr und den Luftverkehr.
Umfasst ist ebenfalls der Erwerb von „unmittelbar mit einer Betriebsstätte verbundenen Vermögenswerten, wenn die Betriebsstätte geschlossen wurde oder geschlossen worden wäre, und wenn die Betriebsstätte von einem unabhängigen Investor erworben wird“ (share deals alleine gelten nicht als Erstinvestition). Das Kriterium unabhängiger Investor gilt nicht im Fall kleiner Familienunternehmen (s. Art. 12 Abs. 1 lit. b).
 
c)
Immaterielle Vermögenswerte
Darunter fällt der Technologietransfer durch Erwerb von Patentrechten, Lizenzen, Know-how oder nicht patentiertem Fachwissen.
 
d)
Direkt durch ein Investitionsvorhaben geschaffene Arbeitsplätze
Das sind Arbeitsplätze, die die Tätigkeit betreffen, auf die sich die Investition bezieht, einschließlich Arbeitsplätzen, die im Anschluss an eine durch die Investition bewirkte höhere Kapazitätsauslastung geschaffen werden.
 
e)
Ad-hoc-Beihilfen
Das sind Einzelbeihilfen, die nicht auf der Grundlage einer Beihilferegelung gewährt werden
(s. Art. 2 Abs. 4 AGFVO).
 
f)
Unternehmen in Schwierigkeiten
Die AGFVO enthält für KMU eine vereinfachte Definition des UiS (s. Erwägungsgrund 15 und
Art. 1 Abs. 7 AGFVO):
 
·
Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals ist während der letzten zwölf Monate verloren gegangen,
·
im Falle von Gesellschaften, in denen mindestens einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften ist mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel verschwunden und mehr als ein Viertel dieser Mittel ist während der letzten zwölf Monate verloren gegangen oder
·
unabhängig von der Gesellschaftsform sind die in der Insolvenzordnung vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Gesamtverfahrens erfüllt.
 
g)
Große Investitionsvorhaben
Kapitalanlageinvestitionen mit beihilfefähigen Kosten von über 50 Mio. € (Achtung: große Investitionsvorhaben können auch von KMU durchgeführt werden).
 
Übrige Begriffsbestimmungen ergeben sich aus Art. 2 AGFVO.
 
3.4.1.3
Transparenzvorschriften
 
Die Freistellung gilt nur für sog. transparente Beihilfen. Im Bereich der Bürgschaften und Garantien ist diese Bedingung erfüllt, wenn
 
a)
die Methode zur Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents von der Kommission genehmigt worden ist (s. o. Abschnitt 1.5.1) oder
b)
es sich bei dem Beihilfeempfänger um ein KMU handelt und das Bruttosubventionsäquivalent auf der Grundlage der Safe-Harbour-Prämien berechnet wird, die in den Nrn. 3.3 und 3.5 der Bürgschaftsmitteilung 2008 festgelegt sind.
 
3.4.1.4
Schwellenwerte für die Anmeldung von Einzelbeihilfen
 
Für eine Freistellung nach der AGFVO sind vor allem folgende Schwellenwerte für die Gewährung von Bürgschaften von Bedeutung:
-
bei Investitionsbeihilfen für KMU und Umweltschutz bis zu 7,5 Mio. € Bruttosubventionsäquivalent pro Unternehmen und Investitionsvorhaben,
-
bei regionalen Investitionsbeihilfen zugunsten großer Investitionsvorhaben darf der Gesamtförderbetrag aus sämtlichen Quellen 75 % des Beihilfehöchstbetrags nicht überschreiten, den eine Investition mit beihilfefähigen Kosten in Höhe von 100 Mio. € erhalten könnte, würde die zum Bewilligungszeitpunkt geltende, in der genehmigten Fördergebietskarte festgelegte Regel-Obergrenze für Beihilfen zugunsten großer Unternehmen zugrunde gelegt.
 
Oberhalb dieser Schwellenwerte ist eine Notifizierung erforderlich.
 
3.4.1.5
Beschränkung der Kumulierung
 
Bei der Kumulierung mit anderen Beihilfen, einschließlich De-minimis-Beihilfen, für dieselben, sich teilweise oder vollständig überschneidenden, beihilfefähigen Kosten müssen die Schwellenwerte der AGFVO und die Beihilfehöchstintensitäten der jeweiligen Beihilfegruppe eingehalten werden.
 
Beihilfen für junge innovative Unternehmen nach Art. 35 AGFVO dürfen in den ersten drei Jahren nach ihrer Bewilligung nicht mit anderen AGFVO-Beihilfen kumuliert werden.
 
3.4.1.6
Anreizeffekt
 
Der nach der AGFVO obligatorische „Anreizeffekt“ setzt voraus:
a)
Der Beihilfeempfänger muss den Beihilfeantrag vor Beginn des Vorhabens oder der Tätigkeit gestellt haben;
b)
bei Großunternehmen muss die Beihilfe gewährende Stelle zusätzlich vor Bewilligung überprüfen, dass der Beihilfeempfänger die Erfüllung eines oder mehrerer der folgenden Kriterien in seinen Unterlagen nachgewiesen hat:
 
·
Aufgrund der Beihilfe kommt es zu einer signifikanten Zunahme des Umfangs des Vorhabens/der Tätigkeit.
 
·
Aufgrund der Beihilfe kommt es zu einer signifikanten Zunahme der Reichweite des Vorhabens/der Tätigkeit.
 
·
Aufgrund der Beihilfe kommt es zu einem signifikanten Anstieg des Gesamtbetrags der vom Beihilfeempfänger für das Vorhaben/die Tätigkeit aufgewendeten Mittel.
 
·
Der Abschluss des betreffenden Vorhabens/der betreffenden Tätigkeit wird signifikant beschleunigt.
 
·
Im Falle regionaler Investitionsbeihilfen nach Art. 13 der AGFVO: Das Investitionsvorhaben wäre ohne die Beihilfe im betreffenden Fördergebiet nicht in der Form durchgeführt worden.
 
3.4.1.7
Publizitätsvorschriften, Kurzbeschreibungen
 
a)
Neue Beihilferegelungen, die den Erfordernissen der AGFVO entsprechen, müssen der Kommission durch Kurzbeschreibung (Art. 9 Abs. 1 und Anhang III AGFVO) innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Erlass angezeigt werden. Das Gleiche gilt für Einzelbeihilfen, die nicht unter eine Beihilferegelung fallen. Beihilferegelungen können aber nach wie vor notifiziert werden.
 
b)
Bestehende Beihilferegelungen, die nicht genehmigt sind und auch nicht nach der Regional-Freistellungs-VO (s. Fn. 6) freigestellt waren, sind ebenfalls durch Kurzbeschreibung nach Art. 9 AGFVO anzuzeigen.
 
3.4.1.8
Ausdrücklicher Verweis auf die AGFVO
 
Beihilferegelungen, die die AGFVO nutzen, müssen einen ausdrücklichen Verweis auf die AGFVO und auf die Fundstelle im Amtsblatt enthalten. Einzelbeihilfen und Ad-hoc-Beihilfen, die die AGFVO nutzen, müssen einen ausdrücklichen Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen der AGFVO mit Fundstelle im Amtsblatt enthalten.
 
3.4.2
Besondere Bestimmungen für einzelne Beihilfegruppen
 
3.4.2.1
Regionale Investitions- und Beschäftigungsbeihilfen
 
Neben der Beachtung der Gemeinsamen Vorschriften (s. o. Abschnitt 3.4.1) sind die wichtigsten Bedingungen für die Freistellung regionaler Investitionsbeihilfen nach der AGFVO9:
 
a)
die Beachtung der genehmigten Fördergebietskarte und der Obergrenze für die Beihilfeintensität im betreffenden Fördergebiet; die Beihilfeintensitätsobergrenzen können für kleine Unternehmen um 20%-Punkte und für mittlere Unternehmen um 10%-Punkte heraufgesetzt werden, außer bei großen Investitionsvorhaben und im Verkehrssektor;
b)
es muss sich um Beihilfen aufgrund einer Beihilferegelung handeln oder um Ad-hoc-Beihilfen, die lediglich verwendet werden, um Beihilfen zu ergänzen, die auf der Grundlage von Beihilferegelungen gewährt werden und 50% der gesamten für die Investition zu gewährenden Beihilfe nicht überschreiten;
c)
es muss sich um Beihilfen für Investitionen in materielle und/oder immaterielle Vermögenswerte handeln. Förderfähig sind danach Investitionen in materielle und immaterielle Anlagewerte bei der Errichtung einer neuen Betriebsstätte, der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte, der Diversifizierung der Produktion einer Betriebsstätte in neue, zusätzliche Produkte oder die Vornahme einer grundlegenden Änderung des Gesamt-Produktionsverfahrens einer bestehenden Betriebsstätte.
Kosten für Leasing von anderen Aktiva als Grundstücken oder Gebäuden können nur berücksichtigt werden, wenn der Leasingvertrag die Form eines Finanzierungsleasings hat und die Verpflichtung enthält, zum Laufzeitende das betreffende Ausrüstungsgut zu erwerben.
Die Investition muss in der betreffenden Region mindestens fünf Jahre bzw. im Falle von KMU drei Jahre erhalten bleiben, nachdem die gesamte Investition abgeschlossen ist.
d)
der Eigenbeitrag muss mindestens 25% betragen und kann „aus eigenen oder fremden Mitteln“ erfolgen, darf aber keinerlei öffentliche Förderung enthalten;
e)
die Kommission ist über geförderte große Investitionsvorhaben per Kurzbeschreibung vom Mitgliedstaat zu unterrichten, auch wenn keine Pflicht zur Notifizierung besteht.
 
3.4.2.2
Investitions- und Beschäftigungsbeihilfen für KMU
 
KMU-Investitionsbeihilfen können unter folgenden Voraussetzungen auch außerhalb von Regionalfördergebieten gewährt werden:
 
a)
beihilfefähig sind alternativ folgende Kosten:
·
die Kosten einer Investition in materielle und immaterielle Vermögenswerte, oder
·
die über einen Zeitraum von zwei Jahren geschätzten Lohnkosten für direkt durch das Investitionsvorhaben geschaffene Arbeitsplätze;
b)
die Beihilfeintensität darf bei kleinen Unternehmen 20 %, bei mittleren Unternehmen 10% der beihilfefähigen Kosten nicht überschreiten; für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse gelten höhere Prozentsätze (s. Art. 15 Abs. 4 AGFVO);
c)
schließlich gilt eine Obergrenze für das Bruttosubventionsäquivalent i. H. v. 7,5 Mio. € pro Unternehmen und Investitionsvorhaben.
 
3.4.2.3
Umweltschutzbeihilfen
 
Bürgschaften können ein geeignetes Förderinstrument darstellen, mit dem die Realisierung konkreter umweltfreundlicher Projekte ermöglicht wird. Dabei geht es um umweltfreundliche Investitionen, die über die bloße Einhaltung gesetzlicher Standards hinausgehen.
Die AGFVO nennt die Umweltförderziele in den Art. 18 bis 24. Die für jedes Förderziel einzuhaltenden Beihilfehöchstintensitäten beziehen sich in der Regel auf die Mehrkosten, die bei einer Investitionsmaßnahme zur Erreichung eines höheren über gesetzliche Standards hinausgehenden Umweltschutzniveaus erforderlich sind. Förderfähig sind:
 
a)
Investitionen, die über die Gemeinschaftsnormen für den Umweltschutz hinausgehen oder bei Fehlen solcher Normen den Umweltschutz verbessern. Die Beihilfeintensität beträgt max. 35% der Investitionsmehrkosten (zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen);
b)
die Anschaffung von Fahrzeugen, die über die Gemeinschaftsnormen hinausgehen oder durch die bei Fehlen solcher Normen der Umweltschutz verbessert wird.
Es geht um Transportfahrzeuge für den Straßen- und Schienenverkehr sowie für die Binnen- und Seeschifffahrt, die angenommenen Gemeinschaftsnormen entsprechen, wenn die Fahrzeuge vor dem Inkrafttreten dieser Normen angeschafft werden und diese Normen, sobald sie verbindlich sind, nicht rückwirkend für bereits erworbene Fahrzeuge gelten. Auch die Nachrüstung vorhandener Fahrzeuge zu Umweltschutzzwecken ist förderfähig, wenn die nachgerüsteten Fahrzeuge Umweltnormen entsprechen, die zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme noch nicht in Kraft waren, oder wenn für diese Fahrzeuge keine Umweltnormen gelten. Die Beihilfeintensität beträgt max. 35% der Investitionsmehrkosten, die zur Erreichung eines höheren als des aufgrund der Gemeinschaftsnormen geforderten Umweltschutzniveaus erforderlich sind (zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen);
c)
Investitionen zur frühzeitigen Einhaltung neuer, noch nicht in Kraft getretener, Gemeinschaftsnormen.
Es geht um Investitionen von KMU, die spätestens ein Jahr vor dem verbindlichen Umsetzungstermin von bereits erlassenen Gemeinschaftsnormen durchgeführt und abgeschlossen werden. Die Beihilfeintensität beträgt
·
max. 15% für kleine Unternehmen und max. 10% für mittlere Unternehmen, wenn die Investition mehr als drei Jahre vor dem verbindlichen Umsetzungstermin oder dem Inkrafttreten abgeschlossen wird,
·
max. 10% für kleine Unternehmen, wenn die Investition ein bis drei Jahre vor dem Umsetzungstermin oder dem Inkrafttreten abgeschlossen wird;
d)
Investitionen in Energiesparmaßnahmen mit einer Beihilfeintensität von
·
max. 60% der Investitionsmehrkosten, die zur Erreichung eines höheren als des aufgrund der Gemeinschaftsnormen geforderten Energieeinsparungsniveaus erforderlich sind, unter Berücksichtigung operativer Gewinne und Kosten (zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen) oder
·
max. 20% der Investitionsmehrkosten ohne Berücksichtigung operativer Gewinne und Kosten
(zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen);
e)
Investitionen in hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung mit einer Beihilfeintensität von max. 45% der im Vergleich zu einer Referenzinvestition zur getrennten Strom- und Wärmeerzeugung entstehenden Investitionsmehrkosten (zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen);
f)
Investitionen zur Förderung erneuerbarer Energien mit einer Beihilfeintensität von max. 45% der im Vergleich zu einem herkömmlichen Kraftwerk oder Heizsystem entstehenden Investitionsmehrkosten
(zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen);
g)
Studien, die sich unmittelbar auf Investitionen zur Erreichung von Normen unter den Buchst. a), d) und f) beziehen mit einer Beihilfeintensität von max. 30% der Kosten der Studie (zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen).
 
Für spezifische Definitionen zu Umweltschutzbeihilfen wird auf Art. 17 AGFVO verwiesen.
 
3.4.2.4
Beihilfen für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
Mit Bürgschaften können auch Projekte im Bereich Forschung und Entwicklung und Innovation gefördert werden. Die AGFVO nennt die Förderziele in den Art. 31 bis 37. Förderfähig sind:
 
a)
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (Art. 31 AGVO) im Bereich:
·
Grundlagenforschung,
·
industrielle Forschung und
·
experimentelle Forschung.
 
Beihilfefähig sind im Wesentlichen (dabei genaue Zuordnung zu den o. g. Bereichen):
·
Personalkosten (Forscher und das Projekt unterstützendes Personal),
·
Kosten für Instrumente und Ausrüstung für das Vorhaben,
·
Kosten für Grundstücke und Gebäude,
·
Kosten für Auftragsforschung, technisches Wissen, Lizenzen und Patente.
 
Die Beihilfeintensität beträgt:
·
für Grundlagenforschung max. 100%,
·
für industrielle Forschung max. 50% und
·
für experimentelle Forschung max. 25%
der beihilfefähigen Kosten.
 
Hinzu kommen:
·
(für industrielle und experimentelle Forschung zzgl. max. 10%-Punkte für mittlere Unternehmen und 20%-Punkte für kleine Unternehmen),
·
zzgl. max. 15%-Punkte bis zu einer Grenze von 80% der beihilfefähigen Kosten
o
bei der effektiven Zusammenarbeit (nicht: Vergabe von Unteraufträgen) zweier Unternehmen,
o
bei der Zusammenarbeit (nicht: Vergabe von Unteraufträgen) von einem Unternehmen mit einer Forschungseinrichtung und
o
im Fall der industriellen Forschung bei Veröffentlichung der Ergebnisse des Vorhabens.
 
b)
Kosten für eine technischen Durchführbarkeitsstudie im Vorfeld der industriellen Forschung oder experimentellen Entwicklung (Art. 32 AGFVO). Die Beihilfeintensität beträgt:
·
bei KMU:
o
max. 75% für Studien im Vorfeld der industriellen Forschung und
o
max. 50% für Studien im Vorfeld der experimentellen Entwicklung;
·
bei Großunternehmen:
o
max. 65% für Studien im Vorfeld der industriellen Forschung und
o
max. 40% für Studien im Vorfeld der experimentellen Entwicklung.
 
c)
Kosten für gewerbliche Schutzrechte. Die Einzelheiten ergeben sich aus Art. 33 AGFVO.
 
d)
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Agrar- und Fischereisektor (Art. 34 AGFVO). Diese Vorhaben für Erzeugnisse des Anhangs I EG-Vertrag sind förderfähig bei Bestehen eines allgemeinen Interesses in dem Wirtschaftssektor und Information der Beteiligten via Internet über die Planung und Durchführung des Forschungsvorhabens sowie der unentgeltliche Zugang zu den Forschungsergebnissen. Die Beihilfeintensität beträgt max. 100% der beihilfefähigen Kosten. Die beihilfefähigen Kosten entsprechen denen unter a). Die Beihilfe muss der Forschungseinrichtung direkt zur Verfügung gestellt werden. Im Übrigen gelten die Art. 30, 31 und 32 AGFVO auch für Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen für Erzeugnisse des Anhangs I EG-Vertrag.
 
e)
Innovationsberatungsdienste und innovationsunterstützende Dienstleistungen von KMU (Art. 36 AGFVO). Die Beihilfe soll diese in die Lage versetzen, die Dienstleistungen zu Marktpreisen bzw. kostendeckenden Preisen zu erhalten. Die Förderhöchstgrenze beträgt max. 200.000 € je begünstigtes KMU für einen Zeitraum von drei Jahren. Sofern der Dienstleistungsgeber nicht über eine nationale/Europäische Zertifizierung verfügt, sind beträgt die Beihilfeintensität max. 75% der Kosten.
 
f)
Ausleihungen hoch qualifizierten Personals eines Großunternehmens oder einer Forschungseinrichtung an ein KMU (Art. 37 AGFVO). Für spezifische Definitionen zu Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen wird auf Art. 30 AGFVO verwiesen.
 
3.4.2.5
Beihilfen für junge innovative Unternehmen
 
Die Förderfähigkeit setzt insbesondere voraus, dass:
 
a)
es sich um ein kleines Unternehmen handelt, das zum Bewilligungszeitpunkt seit weniger als sechs Jahren existiert und
b)
ein grundsätzliches Kumulierungsverbot mit allen anderen AGFVO-Beihilfen besteht
(s. Art. 7 Abs. 5 lit. b AGFVO).
 
Einzelheiten s. Art. 35 AGFVO.
 
3.5
Sonstige KMU-Beihilfen
 
Für KMU gelten im Agrar- und Fischereibereich:
a)
Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. (ABl EU 2006 Nr. L 358 S. 3 vom 16. Dezember 2006) (nur Urproduktion),
b)
Verordnung (EG) Nr. 736/2008 vom 22. Juli 2008 der Kommission über die Anwendung der Art. 87
und 88 EG-Vertrag auf Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen tätige Unternehmen (ABl EU 2008 Nr. L 201 S. 16 vom 30. Juli 2008).
 
3.6
Genehmigte bzw. angepasste Programme/Programmvarianten nach den Regionalleitlinien
 
3.6.1
Allgemeines
 
Bürgschaften, die nicht nach Freistellungsverordnungen freigestellt sind, können gleichwohl in Regionalfördergebieten als sog. Regionalbeihilfen zulässig sein. Nach Annahme der Zweckdienlichen Maßnahme zu den „Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007–2013“ (ABl EU 2006 Nr. C 054 S. 13, nachfolgend „Regionalleitlinien“) ist dafür eine Genehmigung erforderlich. Diese Regionalleitlinien regeln staatliche Beihilfen in regionalen Fördergebieten unabhängig von der Größe der begünstigten Unternehmen. Sie erklären Bürgschaften/Bürgschaftsregelungen
 
-
zur Finanzierung von Erstinvestitionen,
-
zur Finanzierung bestimmter Kosten für neugegründete kleine Unternehmen bis 2 Mio. € in
Art. 87 Abs. 3 lit. a EG-Vertrag-Gebieten und bis 1 Mio. € in Art. 87 Art. 3 lit. c EG-Vertrag-Gebieten
innerhalb bestimmter Beihilfeintensitäten für genehmigungsfähig.
 
Grundsätzlich verboten sind „Betriebsbeihilfen“ (dazu zählen auch Ersatzinvestitionen, FN 71). Sie sind jedoch in solchen Gebieten genehmigungsfähig, die in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 3a) EG-Vertrag fallen (Ziffer 76). Diese Beihilfen müssen zeitlich begrenzt und degressiv gestaffelt sein; sie „sollten in der Regel nur für bestimmte vorab definierte förderfähige Ausgaben oder Kosten gewährt und auf einen bestimmten Anteil dieser Kosten begrenzt werden“ (Ziffer 77).
 
Zu beachten ist insbesondere, dass
 
-
der Bürgschaftsantrag vor Beginn der Maßnahme gestellt sein muss;
-
bei Investitionskreditbürgschaften der von öffentlicher Förderung freie Betrag mindestens 25 % betragen muss. Dieser Mindestbetrag darf keine Beihilfe enthalten. Eine Beihilfe ist beispielsweise dann enthalten, wenn ein zinsgünstiges oder ein staatlich verbürgtes Darlehen vorliegt, das staatliche Beihilfeelemente enthält. Das Eigenobligo der Banken wird auf den beihilfefreien Eigenbeitrag angerechnet (Letzteres durch Schreiben der Europäischen Kommission D/53440 vom 13. August 1998 bestätigt). Nach Ansicht der Kommission darf der Eigenbeitrag auch keine De-minimis-Förderung enthalten.
-
konzerninterne Dienstleistungen im Sinne von Abschnitt K (Abteilung 74) der NACE-Klassifikation nicht förderfähig sind;
-
die Regionalleitlinien nicht anwendbar sind auf die Urproduktion der landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Anhang I des EG-Vertrages, die Fischerei und den Kohlebergbau. Für die Vermarktung und Verarbeitung der genannten landwirtschaftlichen Erzeugnisse gelten die Regionalleitlinien nur in dem im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor festgelegten Ausmaß;
-
Sonderbestimmungen für die Wirtschaftsbereiche Verkehr und Schiffbau gelten. In der Stahlindustrie sowie in der Kunstfaserindustrie ist die Gewährung von Regionalbeihilfen verboten.
 
3.7
Regelungen auf Basis des „Temporary framework“ (Mitteilung der Kommission – Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, 2009/ C 16/ 01)
 
Zur befristeten Bundesregelung Kleinbeihilfen („Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland während der Finanz- und Wirtschaftskrise")
s. Anlage 1.
 
Zur Befristeten Regelung Bürgschaften („Regelung zur vorübergehenden Gewährung von Bürgschaften im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland während der Finanz- und Wirtschaftskrise“) s. Anlage 2.
 
3.8
Berichte
 
a)
Für Bürgschaften aufgrund von Beihilferegelungen gelten, soweit für die Regelungen Genehmigungen vorliegen, die Berichtspflichten aus den jeweiligen Genehmigungen.
b)
Soweit Bürgschaften im Rahmen von Beihilferegelungen auf der Basis von Freistellungsverordnungen gewährt werden, gelten die Berichtspflichten der jeweiligen Freistellungsverordnung in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und Anhang III A, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 vom 21. April 2004 (ABl EU 2004 Nr. L 140 S. 130 vom 30. April 2004).
 
c)
Ferner sind die Berichtspflichten aus den Entscheidungen der Kommission zur Berechnungsmethode vom 25. September 2007, vom 28. November 2007 und vom 18. Juni 2008 zu beachten (vgl. die „Orientierungen und Leitlinien zur Durchführung der Monitoring-Auflagen der EU-Beihilfewertgenehmigungsschreiben“ vom 19. November 2008).
 
d)
Für Bürgschaftsregelungen, die gemäß einer Entscheidung der Kommission keine Beihilfen darstellen, kann die Kommission in der betreffenden Entscheidung die Vorlage von Berichten anordnen. Zu Einzelheiten s. Abschnitt 6 der Bürgschaftsmitteilung 2008.
 
 
4.
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten
 
4.1
Allgemeines
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen (R & U-Beihilfen) sind nach Art. 87 Abs. 3c EG-Vertrag genehmigungsfähig, wenn die Voraussetzungen der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen (fortan LL UiS) vorliegen. Beihilfen für Großunternehmen (d. h. alle Unternehmen, die keine KMU sind) sind einzeln zu notifizieren (siehe Nr. 4.2). Für Beihilfen zugunsten von KMU sind Beihilferegelungen genehmigungsfähig, in deren Rahmen Mitgliedstaaten ohne weitere Notifizierung Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gewähren können (siehe Nr. 4.3). Sofern keine Beihilferegelungen für KMU bestehen und in bestimmten Fällen (siehe Nr. 4.1.3) müssen allerdings auch Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an KMU einzelnotifiziert werden.
Keine Beihilfen sind Leistungen der öffentlichen Hand aus eingegangenen Bürgschaften bei Umschuldungen, die dem Kriterium des privaten Kapitalgebers entsprechen (EuG, Urteil vom 11. Juli 2002, Rs. T-152/99, Hamsa/Kommission, Slg. 2002, 11-3049). Dieses Kriterium kann in der Regel als erfüllt angesehen werden, wenn parallel zum „Antritt“ der öffentlichen Hand aus ihrer Bürgschaft die wesentlichen Gläubiger und Gesellschafter substanzielle und für die Sanierung voraussichtlich ausreichende Beiträge leisten.10
 
4.1.1
Definition des Unternehmens in Schwierigkeiten11
Ein Unternehmen ist als in Schwierigkeiten befindlich anzusehen, wenn „es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder anderen Mitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen kurz- oder mittelfristig so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn die öffentliche Hand nicht eingreift“ (LL UiS 2004 Rnr. 9). Konkrete Fälle sind Unternehmen mit folgenden so genannten operationellen Kriterien
(LL UiS 2004 Rnr. 10):
-
Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit (falls der Eröffnungsantrag gestellt wurde) oder Überschuldung, jeweils im Sinne der Insolvenzordnung,
-
verlustbedingte Aufzehrung von mehr als der Hälfte des buchmäßigen Eigenkapitals bei Personengesellschaften bzw. bei Kapitalgesellschaften mehr als der Hälfte des Grund-/Stammkapitals im Sinne der § 92 Aktiengesetz und § 49 GmbH-Gesetz und mehr als 25 % des buchmäßigen Eigenkapitals bzw. des Grund-/Stammkapitals innerhalb der letzten zwölf Monate.
Selbst wenn keines der genannten operationellen Kriterien erfüllt ist, kann ein Unternehmen als in Schwierigkeiten angesehen werden, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie steigende Verluste, sinkende Umsätze u. a. (vgl. LL UiS 2004 Rnr. 11), sofern es nachweislich nicht in der Lage ist, sich aus eigener Kraft oder mit Mitteln seiner Eigentümer/Anteilseigner oder Fremdmitteln zu sanieren.
Neugegründete Unternehmen – einschließlich solcher, die aus der Abwicklung oder aus der Übernahme der Vermögenswerte eines anderen Unternehmens hervorgegangen sind – kommen nicht für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht. Ein Unternehmen gilt grundsätzlich in den ersten drei Jahren nach Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit als neu gegründet.
 
4.1.2
Konzernangehörige Unternehmen in Schwierigkeiten
Für Unternehmen, die einer Unternehmensgruppe angehören, kommen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen nur dann infrage, wenn es sich um spezifische Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens handelt, diese nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind und außerdem zu gravierend sind, um von der Gruppe selbst bewältigt zu werden.
 
4.1.3
Sektoraler Anwendungsbereich
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen werden grundsätzlich in allen Sektoren nach den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten beurteilt. Sektorale Regelungen für Unternehmen in Schwierigkeiten bleiben unberührt (zurzeit gültig für den Luftverkehr, ABl EG 1994 Nr. C 350 S. 5). Im Stahlsektor und in der Kohleindustrie kommen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen nicht in Betracht. Wohl aber sind Schließungsbeihilfen nach der Mitteilung über Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen und Schließungsbeihilfen für die Stahlindustrie möglich (ABl EG 2002 Nr. C 70 S. 21-22 vom 19. März 2002).
Die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gelten auch für den Agrarsektor einschließlich Verarbeitungsbetriebe, soweit im Anhang I zum EG-Vertrag aufgeführt, allerdings mit Sonderbestimmungen (siehe Nr. 4.4).
 
4.1.4
Einzelfallnotifizierungspflichten
Einzeln zu notifizieren sind
-
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an Unternehmen, die nicht die gemeinschaftliche KMU-Definition (siehe Nr. 3.4.1) erfüllen;
-
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an KMU, sofern keine Beihilferegelungen (siehe Nr. 4.3) bestehen;
-
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an KMU in Schwierigkeiten, die aufgrund einer bestehenden Beihilferegelung vergeben werden sollen, sind dennoch anmeldungspflichtig („Durchstoß“ der genehmigten Beihilferegelung), wenn
·
das Unternehmen auf Märkten mit langfristigen strukturellen Überkapazitäten tätig ist,
·
eine Rettungsbeihilfe für einen längeren Zeitraum als sechs Monate gewährt oder nicht nach sechs Monaten zurückgezahlt worden ist,
·
der kumulierte Betrag der Beihilfen bei gemeinsamer Betrachtung von Rettungs- und Umstrukturierungsphase 10 Mio. € übersteigt,
·
sonstige Bedingungen der Regelung nicht eingehalten werden,
·
das KMU die Aktiva eines anderen Unternehmens übernommen hat, das selbst bereits Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen erhalten hat;
 
-
Beihilfen an mittlere bzw. große Unternehmen während des Umstrukturierungszeitraums nach Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe (vgl. Nr. 4.2.2.1) sind in folgendem Fall einzelnotifizierungspflichtig:
Die Kommission hatte die Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt und war zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Umstrukturierungsbeihilfe von der späteren Beihilfe während der Umstrukturierungsphase nicht unterrichtet. Ausgenommen von dieser Einzelnotifizierungspflicht sind Beihilfen, die unter die De-minimis-Regeln oder unter eine Freistellungsverordnung fallen (vgl. Rnr. 70 in Verbindung mit Rnr. 69).
 
Siehe hierzu auch Nr. 4.3.
 
4.1.5
Grundsatz der „einmaligen Beihilfe“
Hat ein Unternehmen eine Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe (einschließlich nicht angemeldeter Beihilfen) erhalten und liegt es weniger als zehn Jahre zurück, dass eine Rettungsbeihilfe gewährt oder die Umstrukturierungsphase abgeschlossen oder die Durchführung eingestellt worden ist, genehmigt die Kommission eine weitere Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe nur unter engen Voraussetzungen
(LL UiS 2004 Rnr. 72 ff).
 
4.2
Voraussetzungen für die Genehmigung von einzeln zu notifizierenden Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
 
4.2.1
Rettungsbeihilfen
-
Nur Darlehensbürgschaften/-garantien oder Darlehen. In beiden Fällen mindestens Marktzinssatz des Darlehens (Referenzzinssatz);
-
das verbürgte Darlehen muss spätestens sechs Monate nach der ersten Auszahlung an das Unternehmen zurückgezahlt werden; die Frist verlängert sich bis zu einer Entscheidung der Kommission zu einem rechtzeitig eingereichten Umstrukturierungsplan. Die Kommission kann aber entscheiden, dass eine Verlängerung nicht gerechtfertigt ist;
-
Die Höhe der Rettungsbeihilfe muss auf einen Betrag begrenzt sein, der für die Weiterführung des Unternehmens während eines Zeitraums von längstens sechs Monaten erforderlich ist (zur indikativen Berechnung dieses Betrages wird die Formel
 
Betriebsergebnis vor Zinsaufwand und Steuern, wie im Jahresabschluss des Vorjahres ausgewiesen
+ Abschreibungen des Vorjahres
+ Veränderung des Nettoumlaufvermögens in den letzten beiden Jahren
dividiert durch 2
 
angewendet; Beihilfen über diesen Betrag hinaus sind eingehend zu begründen). Dringende strukturelle Maßnahmen sind nicht (mehr) ausgeschlossen;
-
Rechtfertigung aus akuten sozialen Gründen;
-
keine gravierenden Ausstrahlungseffekte in andere Mitgliedstaaten;
-
Verpflichtung, innerhalb von sechs Monaten nach der Genehmigung bzw. – im Falle nicht angemeldeter Beihilfen – nach Auszahlung der Beihilfe einen Umstrukturierungsplan vorzulegen oder die Beihilfe zurückzuzahlen.
Neu ist ein vereinfachtes Verfahren zur Genehmigung von Rettungsbeihilfen an Unternehmen, die eines der operationellen Kriterien (vgl. Nr. 4.1.1) aufweisen, sofern alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind und sich die Höhe der Beihilfe auf den Betrag beschränkt, der sich aus der oben genannten Formel ergibt und maximal 10 Mio. € beträgt. Über Anträge nach dem vereinfachten Verfahren will die Kommission innerhalb eines Monats entscheiden.
 
4.2.2
Umstrukturierungsbeihilfen
 
4.2.2.1
Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität
-
Die Umstrukturierungsbeihilfe muss an Vorlage und Durchführung eines tragfähigen Umstrukturierungsplans geknüpft sein. Umstrukturierungspläne für Großunternehmen müssen von der Kommission genehmigt werden. Umstrukturierungspläne für KMU müssen vom Mitgliedstaat genehmigt und an die Kommission übermittelt werden.
-
Voraussetzung eines solchen Umstrukturierungsplans ist die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen.
Die Bürgschaftsentscheidung wird auf der Grundlage des vorgelegten Umstrukturierungsplanes die Dauer der Umstrukturierungsphase bestimmen. Die Laufzeit der Bürgschaft bleibt davon unberührt.
 
4.2.2.2
Vermeidung übermäßiger Wettbewerbsverfälschungen
Zur Minimierung der Wettbewerbsverzerrungen aus Umstrukturierungsbeihilfen sind Ausgleichsmaßnahmen obligatorisch; lediglich kleine Unternehmen sind ausgenommen, es sei denn, sektorspezifische Vorschriften sehen etwas anderes vor oder das Unternehmen ist auf einem Markt tätig, der über lange Zeit unter Überkapazitäten leidet. In Betracht kommen die Veräußerung von Vermögenswerten, Reduzierungen der Kapazitäten oder der Marktpräsenz und die Verminderung von Marktzutrittsbeschränkungen auf den betreffenden Märkten. Die Ausgleichsmaßnahmen müssen sich vor allem auf die Märkte beziehen, auf denen das beihilfebegünstigte Unternehmen in Schwierigkeiten nach der Umstrukturierung eine bedeutende Stellung hat; die Schließung verlustträchtiger Bereiche gilt nicht als Ausgleichsmaßnahme.
 
4.2.2.3
Beschränkung der Beihilfe auf das notwendige Maß
-
Die Beihilfe muss sich auf das für die Umstrukturierung unbedingt notwendige Mindestmaß beschränken.
-
Der Beihilfeempfänger muss einen bedeutenden Beitrag zur Finanzierung der Umstrukturierungskosten erbringen; dies kann beispielsweise durch den Verkauf von Vermögenswerten, wenn diese für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich sind, oder durch Fremdfinanzierung zu Marktbedingungen erfolgen. Die Kommission will im Regelfall folgende Eigenbeiträge des Begünstigten zur Umstrukturierung als ausreichend erachten: mindestens 25 % im Fall kleiner Unternehmen, mindestens 40 % für mittlere Unternehmen und mindestens 50 % für große Unternehmen. In außergewöhnlichen Umständen und in Härtefällen, die der betreffende Mitgliedstaat nachzuweisen hat, kann die Kommission ausnahmsweise einen geringeren Eigenbeitrag akzeptieren (LL UiS 2004 Rnr. 44). Dabei ist das Eigenobligo eines verbürgten Bankkredites anrechenfähig, sofern der Bankkredit zu Marktkonditionen gewährt wurde (vgl. Entscheidung der Kommission vom 27. November 2002 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der Ambau Stahl- und Anlagenbau GmbH gewährt hat,
ABl EU 2003 Nr. L 103 S. 50).
 
4.2.2.4
Änderungen des Umstrukturierungsplans
Änderungen des Umstrukturierungsplans sind zulässig. Falls eine Umstrukturierungsbeihilfe im Einzelfall von der Kommission genehmigt ist, bedürfen das nachträgliche Heraufsetzen des ursprünglichen Beihilfebetrages, das Herabsetzen der Gegenleistung oder die Verzögerung bei der Umsetzung des Zeitplanes für die Gegenleistung der Notifizierung im Einzelfall. Eine Änderung des Umstrukturierungsplans ist während der Laufzeit der Umstrukturierungsperiode unter der Voraussetzung zulässig, dass auch der geänderte Umstrukturierungsplan (der den Voraussetzungen oben unter 4.2.2.1 bis 4.2.2.3 genügt) die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität innerhalb einer angemessenen Frist erkennen lässt. Eine Änderung des Beihilfebetrags während der Umstrukturierungsphase ist bei Einhaltung der Voraussetzungen genehmigungsfähig und stellt dann grundsätzlich keine wiederholte Umstrukturierungsbeihilfe dar.
 
Neue Beihilfen während der Umstrukturierungsphase an mittlere bzw. große Unternehmen können notifizierungspflichtig sein, vgl. oben 4.1.4.
 
4.2.2.5
Durchführung des Umstrukturierungsplans
 
Die Überwachung des Umstrukturierungsplans ist durch den staatlichen Bürgen sicherzustellen.
 
4.2.2.6
Jahresberichte
Der Kommission sind regelmäßig ausführliche Berichte über die Durchführung des Umstrukturierungsplans zu übermitteln. Bei Beihilfen an Großunternehmen ist der erste Bericht in der Regel sechs Monate nach der Genehmigung vorzulegen, danach mindestens jährlich zu einem bestimmten Termin. Die Berichte müssen alle sachdienlichen Informationen zur Durchführung des Umstrukturierungsplans, zum Zeitpunkt der Zahlungen an das Unternehmen, zur Finanzlage des Unternehmens und zu der Einhaltung der in der Entscheidung enthaltenen Auflagen und Bedingungen enthalten (vgl. LL UiS 2004 Rnr. 50).
Bei Beihilfen an KMU reicht die jährliche Übermittlung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz des Unternehmens aus, sofern nicht in der Genehmigungsentscheidung strengere Anforderungen festgelegt wurden.
 
4.2.2.7
Unterrichtungspflichten
Bei der Anmeldung einer Umstrukturierungsbeihilfe für ein großes oder mittleres Unternehmen müssen alle Beihilfen, die während der Umstrukturierungsphase ausgereicht werden sollen, angegeben werden, außer wenn sie unter die De-minimis-Regelung oder unter eine Freistellungsverordnung fallen.
 
4.2.2.8
Eigenobligo der Banken
Bei staatlichen Bürgschaften zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten muss bei der darlehensgewährenden Bank ein Eigenobligo von mindestens 10 % verbleiben.
 
4.3
Regelungen für die Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an KMU
Die Kommission genehmigt Regelungen der Mitgliedstaaten, unter denen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an KMU gewährt werden können, unter den in Titel 4 der Leitlinien für Unternehmen in Schwierigkeiten genannten Bedingungen.
 
4.3.1
Allgemeines
 
4.3.1.1
Förderungswürdigkeit
Eine Freistellung von der Einzelnotifizierungspflicht kann nur für Unternehmen vorgesehen werden, die eines der operationellen Kriterien (siehe Nr. 4.1.1) erfüllen. Beihilfen an Unternehmen, die auf einem Markt tätig sind, auf dem seit langem Überkapazitäten bestehen, müssen unabhängig von der Größe einzeln angemeldet werden.
 
4.3.1.2
Höchstbetrag
Die für den Einzelfall vorgesehenen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, einschließlich der Beihilfen aus anderen Quellen oder anderen Regelungen, dürfen 10 Mio. € nicht überschreiten. Der Höchstbetrag, der demselben Unternehmen gewährt werden kann, muss in der Regelung angegeben werden. Die Beihilfen, die diesen Höchstbetrag überschreiten, müssen einzeln angemeldet werden.
 
4.3.2
Beihilferegelungen für Rettungsbeihilfen
Die Regelungen müssen die Einhaltung der für ad-hoc-Rettungsbeihilfen aufgestellten Kriterien vorsehen (Form der Beihilfe, Vorliegen akuter sozialer Gründe, keine gravierenden Ausstrahlungswirkungen in andere Mitgliedsstaaten, Begrenzung der Beihilfe auf ein Minimum). Rettungsbeihilfen dürfen nur für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten vorgesehen werden. Festgelegt werden muss, dass der Mitgliedstaat vor Ablauf der Frist entweder einen Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan zu billigen oder von dem Begünstigten das Darlehen und die der Risikoprämie entsprechende Beihilfe zurückzufordern hat. Rettungsbeihilfen, die für den Zeitraum von mehr als sechs Monaten gewährt oder nicht nach sechs Monaten zurückgezahlt werden, sind der Kommission einzeln anzumelden.
 
4.3.3
Beihilferegelungen für Umstrukturierungsbeihilfen
In der Regelung muss die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe von der vollständigen Durchführung eines vom Mitgliedstaat zuvor gebilligten Umstrukturierungsplans abhängig gemacht werden, der die für Ad-hoc-Beihilfen genannten Voraussetzungen der Wiederherstellung der Rentabilität und Begrenzung der Beihilfen auf das notwendige Mindestmaß erfüllt. Gleiches gilt für die Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen, die von mittleren Unternehmen in jedem Fall, von kleineren Unternehmen nur bei entsprechenden sektorspezifischen Regelungen zu verlangen sind. Für kleinere Unternehmen muss zusätzlich vorgesehen werden, dass sie keine Kapazitätsaufstockung vornehmen dürfen. Die Genehmigung von Änderungen des Umstrukturierungsplans darf nur unter den Voraussetzungen der in den Leitlinien für Ad-hoc-Beihilfen vorgesehenen Regelungen vorgesehen werden.
 
4.3.4
Grundsatz der „einmaligen Beihilfe“
Der Grundsatz der einmaligen Beihilfe ist einzuhalten. Beihilfen an ein Unternehmen, das Vermögenswerte eines anderen Unternehmens übernimmt, das selbst bereits Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen erhalten hat, sind einzeln anzumelden.
 
4.3.5
Auflagen
Die Genehmigung einer Regelung wird mit der Auflage verbunden, einen normalerweise jährlichen Bericht über die Durchführung vorzulegen.12
Soweit nach den Bürgschaftsrichtlinien Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen vergeben werden, sind in der jährlichen Berichterstattung zusätzlich zu den in den standardisierten Jahresberichten erforderlichen Informationen alle geförderten Unternehmen aufzulisten unter Angabe von Firma, sektoralem Code  nach der dreistelligen NACE-Systematik der Wirtschaftszweige , Zahl der Beschäftigten, Jahresumsatz und Bilanzsumme, Umfang der im Berichtsjahr gewährten Beihilfe, gegebenenfalls Bestätigung während der beiden Vorjahre gewährter Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen, Höhe und Art der Eigenleistungen, gegebenenfalls Art und Umfang der Ausgleichsleistungen und gegebenenfalls Gesamtbetrag der bisher gewährten Beihilfen; ferner sind Angaben über die Ausfallquote sowie die Zahl der Unternehmen, für die ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, zu übermitteln.
 
4.4
Agrarsektor
Für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen im Agrarsektor einschließlich Verarbeitungsbetriebe gemäß Anhang I des EG-Vertrages gelten die Sonderbestimmungen des Titels 5 der Leitlinien für Unternehmen in Schwierigkeiten.
 
Dieser Titel gilt auch für KMU im Agrarsektor.
 
 
5.
Schließungsbeihilfen für die Stahlindustrie
Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen für die Stahlindustrie sind unzulässig. Für Unternehmen der Stahlindustrie im Sinne von Anhang B des Multisektoralen Beihilferahmens können jedoch als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden:
-
Beihilfen für Entlassungs- oder Vorruhestandszahlungen an Arbeitnehmer von Stahlunternehmen;
-
Beihilfen für Unternehmen, die ihre Produktionstätigkeit endgültig einstellen.
 
 
 
1 Bis zum 31. Dezember 2008: Art. 6 6a Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an KMU (ABl EG 2001 Nr. L 010 S. 33 vom 13. Januar 2001), geändert durch Verordnung (EG) Nr. 364/2004 (ABl EU 2004 Nr. L 063 S. 22 vom 28. Februar 2004) und durch Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 hinsichtlich der Einbeziehung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in den Anwendungsbereich (ABl EU 2006 Nr. L 358 S. 3 vom 16. Dezember 2006).
2 Vgl. Genehmigungsschreiben der EU-Kommission D/205693 vom 26. September 2007, Ziffer 20.
3 Diese lauten: „a) Bei dem Begünstigten handelt es sich um ein kleines Unternehmen, das zum Zeitpunkt der Beihilfengewährung weniger als sechs Jahre bestanden hat; und b) bei dem Begünstigten handelt es sich um ein innovatives Unternehmen, wenn i) der Mitgliedstaat mittels eines Gutachtens von einem externen Sachverständi-gen u. a. auf der Grundlage eines Geschäftsplans nachweisen kann, dass der Begünstigte in absehbarer Zukunft Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren entwickelt, die technisch neu oder verglichen mit dem Stand der Technik in dem jeweiligen Wirtschaftszweig in der Gemeinschaft wesentlich verbessert sind, und die das Risiko eines technischen oder industriellen Misserfolges in sich tragen; oder ii) die FuE-Aufwendungen des Begünstigten zumindest in einem der drei Jahre vor Gewährung der Beihilfe oder, im Falle eines neu gegründeten Unterneh-mens ohne abgeschlossenes Geschäftsjahr im Rahmen des Audit des laufenden Geschäftsjahres, mindestens 15% seiner gesamten von einem externen Rechnungsprüfer beglaubigten Betriebsausgaben ausmachen;“.
4 Zu den Definitionen des Unternehmens in Schwierigkeiten vgl. Abschnitt 3.4.1.2 lit. f) und Abschnitt 4.1.1.
5 Die KMU-Freistellungs-Verordnung wurde durch die AGFVO abgelöst. Einzelbeihilfen dürfen aber noch bis zum 31. Dezember 2008 nach der KMU-Freistellungs-Verordnung gewährt werden. Beihilferegelungen, die auf Basis der KMU-Freistellungs-Verordnung genehmigt wurden, galten bis zum 30. September 2008 weiter (Ent-scheidung der Kommission vom 20. Juni 2008, ABl EU 2008 Nr. L 164 S. 43 vom 25. Juni 2008).
6 Die Verordnung (EG) Nr. 2204/ 2002 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf Beschäftigungsbeihilfen (ABl EG 2002 Nr. L 337 S. 3 vom 13. Dezember 2002) wurde mit Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2008 durch die AGFVO aufgehoben.
7 Die Verordnung (EG) Nr. 68/2001 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf Ausbildungsbeihilfen (ABl EG 2001 Nr, L 10 S. 20 vom 13. Januar 2001, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 363/2004 (ABl EU 2004 Nr. L 063 S. 20 vom 28. Februar 2004) wurde mit Übergangszeit bis Ende 2008 durch die AGFVO aufgehoben.
8 Zum Wahlrecht bei der Ermittlung des Beihilfewerts vgl. Abschnitt 1.5.1 lit. c).
9 Zur Weiteranwendung von nach der Regional-Freistellungs-VO freigestellten Investitionsbeihilferegelungen über den 31. Dezember 2008 hinaus, siehe Abschnitt 2.2.2.
10 Nachrichtlich: Das deutsche Haushaltsrecht sieht weitere Bedingungen vor.
11 Für KMU gilt im Rahmen der AGFVO eine vereinfachte Regelung (Erwägungsgrund 15 und Art. 1 Abs. 7), s.o. Abschnitt 3.4.1.2 lit. f).
12 Die Angaben sollen den Weisungen der Kommission zu den standardisierten Jahresberichten entsprechen und ein Verzeichnis aller begünstigten Unternehmen sowie nähere Angaben zu den Unternehmen enthalten; vgl. Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999, Rnr. 86 mit Verweis auf Anhang III.
 
 
Anlage 1
 
Regelung
zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen
im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland
während der Finanz- und Wirtschaftskrise
(„Bundesregelung Kleinbeihilfen")
 
 
Angesichts der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise sind der Europäische Rat und die Europäische Kommission überein gekommen, zur Behebung beträchtlicher Störungen im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten binnenmarktkonforme Maßnahmen gemäß Art. 87 Abs. 3 lit. b EG-Vertrag zu erlassen. Auf Grundlage von Ziffer 11 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes zu der Tagung des Europäischen Rates in Brüssel am 11./12. Dezember 2008 und von Ziffer 4.2 der Mitteilung der Europäischen Kommission „Temporary framework for State aid measures to support access to finance in the current financial and economic crisis" vom 17. Dezember 2008 ergeht folgende „Bundesregelung Kleinbeihilfen":
 
 
§ 1 Gewährung von Kleinbeihilfen
 
(1)
Auf Grundlage dieser Beihilferegelung können beihilfegebende Stellen sog. Kleinbeihilfen an Unternehmen gewähren. Die Gesamtsumme der einem Unternehmen nach dieser Regelung gewährten Kleinbeihilfen darf den Höchstbetrag von 500.000 EUR nicht übersteigen; § 4 ist zu beachten1.
 
(2)
Der in Abs. 1 Satz 2 festgesetzte Höchstbetrag bezieht sich auf den Fall einer Barzuwendung. Bei den eingesetzten Beträgen sind die Bruttobeträge, d. h. die Beträge vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben, zugrunde zu legen. Wird die Kleinbeihilfe nicht als Zuschuss, sondern in anderer Form gewährt, bestimmt sich die Höhe der Beihilfe nach ihrem Bruttosubventionsäquivalent2.
 
 
§ 2 Anwendungsbereich
 
(1)
Die Maßnahme gemäß § 1 („Maßnahme") gilt für alle Kleinbeihilfen, die
a)
in der Bundesrepublik Deutschland und
b)
an Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche
gewährt werden, sofern die nachfolgenden Absätze nichts Abweichendes bestimmen.
 
(2)
Die Maßnahme gilt nur für transparente Beihilfe im Sinne von Art. 2 Abs. 6 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung3. Als transparent gelten insbesondere folgende Arten von Beihilfen:
a)
Beihilfen in Form von Zuschüssen und Zinszuschüssen,
b)
Beihilfen in Form von Darlehen, deren Bruttosubventionsäquivalent auf der Grundlage des zum Bewilligungszeitpunkt geltenden Referenzzinssatzes berechnet wird,
c)
Beihilfen in der Form von Garantieregelungen, deren Bruttosubventionsäquivalent
(i)
entweder auf der Basis einer Methode berechnet wird, die von der EU-Kommission genehmigt worden ist4,
(ii)
oder auf der Basis der Safe-Harbour-Prämien der Bürgschaftsmitteilung der EU-Kommission5 berechnet wird, und es sich bei dem Beihilfeempfänger um ein kleines oder mittleres Unternehmen handelt.
 
(3)
Die Maßnahme gilt für Tätigkeiten in allen Wirtschaftszweigen mit folgenden Ausnahmen:
a)
Unternehmen, die im Fischereisektor tätig sind;
b)
Unternehmen, die im Bereich der Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätig sind.
 
(4)
Für Unternehmen, die im Bereich der Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätig sind, gilt die Maßnahme nur, wenn
a)
der Beihilfebetrag nicht auf der Basis des Preises oder der Menge solcher Produkte festgesetzt wird, die vom Primärerzeuger erworben oder von dem betreffenden Unternehmen auf den Markt gebracht wurden, und
b)
die Beihilfe nicht davon abhängig gemacht wird, dass sie ganz oder teilweise an die Primärerzeuger weitergereicht wird.
 
(5)
Die Maßnahme gilt ferner nur für Unternehmen, die bis zum 1. Juli 2008 nicht in Schwierigkeiten waren gemäß der Definitionen in Ziffer 2.1 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien der Kommission vom 1. Oktober 2004 (ABl EU 2004 Nr. C 244 S. 2) bzw. in Art. 1 Abs. 7 der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung. Unternehmen, die nach dem 1. Juli 2008 aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten kamen, sind ebenfalls im Geltungsbereich dieser Regelung6.
 
(6)
Die Maßnahme gilt nicht für Exportbeihilfen und für Beihilfen, die einheimischen Waren einen Vorteil gegenüber eingeführten Waren verschaffen.
 
 
§ 3 Geltungsdauer
Die Geltungsdauer dieser Regelung beginnt mit dem Tag der Genehmigung durch die Europäische Kommission7 und endet am 31. Dezember 2010, d.h. Gewährungen von Kleinbeihilfen nach dieser Regelung sind bis zu diesem Zeitpunkt möglich8.
 
 
§ 4 Kumulierung
 
(1)
Kleinbeihilfen nach dieser Regelung können nicht mit De-minimis-Beihilfen nach der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 für dieselben förderbaren Aufwendungen kumuliert werden9.
 
(2)
Hat ein Unternehmen vor dem 17. Dezember 2008 bereits De-minimis-Beihilfen erhalten, darf der Gesamtbetrag an erhaltenen Kleinbeihilfen nach dieser Regelung und an De-minimis-Beihilfen nach der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 an dieses Unternehmen im Zeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 den in § 1 Abs. 1 Satz 2 genannten Höchstbetrag nicht überschreiten. Unternehmen, die also vor dem 17. Dezember 2008 bereits De-minimis-Beihilfen erhalten haben, kann im Rahmen des § 1 bis 31. Dezember 2010 nur noch diejenige Summe an Kleinbeihilfen gewährt werden, welche sich aus der Differenz der erhaltenen De-minimis-Beihilfen und des gemäß § 1 zulässigen Höchstbetrages ergibt.
 
(3)
Die Kleinbeihilfen nach dieser Regelung können mit anderen binnenmarktkonformen staatlichen Beihilfen, die nicht De-minimis-Beihilfen sind, oder mit Gemeinschaftsmitteln kumuliert werden, wenn die aus der Kumulierung resultierende Förderintensität diejenige Förderintensität nicht übersteigt, die in Freistellungsverordnungen oder in Leitlinien festgelegt wurde.
 
 
§ 5 Überwachung
 
(1)
Vor Gewährung der Beihilfe hat das betreffende Unternehmen der beihilfegebenden Stelle schriftlich in Papierform oder in elektronischer Form jede Kleinbeihilfe nach dieser Regelung und jede De-minimis-Beihilfe anzugeben, die es im jeweiligen laufenden Steuerjahr erhalten hat.
 
(2)
Die beihilfegebende Stelle gewährt eine neue Kleinbeihilfe nach dieser Regelung erst, nachdem sie sich vergewissert hat, dass der Gesamtbetrag der Beihilfen, den das Unternehmen in dem Mitgliedstaat im Zeitraum
1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 erhalten hat, den in § 1 genannten Höchstbetrag nicht überschreitet.
 
(3)
Die beihilfegebenden Stellen müssen alle Unterlagen über gewährte Kleinbeihilfen nach dieser Regelung, die die Einhaltung der vorliegend genannten Voraussetzungen belegen (insbesondere auch die Feststellung nach
§ 2 Abs. 5), für 10 Jahre aufbewahren. Sie sind der Europäischen Kommission auf Verlangen herauszugeben.
 
 
§ 6 Inkrafttreten und Außerkrafttreten
Diese Regelung tritt am Tag ihrer Genehmigung durch die EU-Kommission in Kraft. Sie tritt am 31. Dezember 2010 außer Kraft.
 
 
Das Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie
 
Berlin, den 29. Dezember 2008
 
 
 
1 Bei Ziffer 4.2.2 der KOM-Mitteilung vom 17. Dezember 2008 handelt sich um eine neue Möglichkeit, kompatible Beihilfen zu gewähren, und nicht um eine Änderung der De-minimis-Verordnung 1998/2006, die unberührt bleibt.
2 Es ist jeweils das Rating anzuwenden, das zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung festgestellt wird. Das zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung geltende Rating ist sowohl zur Feststellung des Beihilfebetrags für Maßnahmen, die im Rahmen des Temporary Framework zum Einsatz kommen, heranzuziehen, wie auch zur Beachtung der Kumulierungsregeln.
3 Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 (ABl EU 2008 Nr. L 214 S. 3 vom 9. August 2008).
4 z.B. die von der EU-Kommission genehmigten Bürgschaftsberechnungsmethoden N 197/2007, N 541/2007 und N 762/2007
5 ABl EU 2008 Nr. C 155 S. 10 vom 20. Juni 2008
6 Für Unternehmen, die vor dem 1. Juli 2008 bereits definitionsgemäß in Schwierigkeiten waren, gelten die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien der Kommission aus 2004.
7 KOM-Genehmigung erfolgte am 30. Dezember 2008 (N 668/2008)
8 Wenn sich die Kleinbeihilfen der beihilfegebenden Stellen im Rahmen dieser Regelung halten, müssen diese Maßnahmen nicht gesondert bei der Kommission notifiziert werden, da diese Bundesregelung als „aid scheme" gilt, d.h. bei der Vergabe von Kleinbeihilfen nach dieser Regelung ist ein Rechtsgrundlagenverweis hierauf notwendig. Bestehende De-minimis-Förderprogramme und -richtlinien von Bund, Ländern und Kommunen brauchen also nicht geändert zu werden.
9 Gemäß Ziffer 4.7, 2. Abschnitt (S. 13) der KOM-Mitteilung vom 17. Dezember 2008
 
 
Anlage 2
 
Regelung
zur vorübergehenden Gewährung von Bürgschaften
im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland
während der Finanz- und Wirtschaftskrise
(„Befristete Regelung Bürgschaften")
 
 
Angesichts der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise sind der Europäische Rat und die Europäische Kommission überein gekommen, zur Behebung beträchtlicher Störungen im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten binnenmarktkonforme Maßnahmen gemäß Art. 87 Abs. 3 lit. b EG-Vertrag zu erlassen. Auf Grundlage von Ziffer 4.3.2 der Mitteilung der Europäischen Kommission „Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl EU 2009 Nr. C 16 S. 1) vom 17. Dezember 2008 in der Fassung vom 25. Februar 20091 ergeht folgende „Befristete Regelung Bürgschaften":
 
 
§ 1 Gewährung von Bürgschaften
 
(1)
Auf Grundlage dieser Beihilferegelung können beihilfevergebende Stellen als Beitrag zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Deutschlands Bürgschaften an Unternehmen in Modifikation der geltenden beihilferechtlichen Regularien nach Maßgabe der Abs. (2) bzw. (3) sowie der §§ 26 gewähren, um den Zugang zu Investitions- und Betriebsmitteldarlehen zu ermöglichen oder zu erleichtern2.
 
(2)
Die Bürgschaftsentgelte müssen mindestens 85 % (für KMU 75 %) der Safe-Harbour-Prämien nach Anlage 1 dieser Regelung entsprechen. Für die Berechnung des Mindestbürgschaftsentgelts ist das Rating3 zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbewilligung zugrunde zu legen. Die Qualität der Besicherung (hoch/normal/gering) ist durch die Hausbank zu bewerten. Unternehmen, die nicht bzw. nicht mehr über ein Rating verfügen, werden Unternehmen mit einem CCC-Rating gleichgestellt, soweit nicht Abschnitt 3.3 vorletzter Absatz der Bürgschaftsmitteilung
ABl EU 2008 Nr. C 155 S. 24 anwendbar ist.
 
(3)
Soweit der Beihilfewert gemäß einer genehmigten Methode zur Berechnung des Bruttosubventionsäquivalentes (N 197/2007 für Investitionsvorhaben, N 541/2007 für Betriebsmittelkredite, N 762/2007 für Spezialfinanzierungen) ermittelt wird, kann das tatsächlich geforderte Bürgschaftsentgelt vorbehaltlich § 4 (3) um 15 % (für KMU um 25 %) gegenüber demjenigen Bürgschaftsentgelt reduziert werden, das nach der genehmigten Methode für eine beihilfefreie Bürgschaft erforderlich ist.
 
 
§ 2 Anwendungsbereich
 
(1)
Die Maßnahme gemäß § 1 („Maßnahme") gilt für alle Investitionskredit- und Betriebsmittelkredit-Bürgschaften, die
a)
in der Bundesrepublik Deutschland und
b)
an Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen
gewährt werden, sofern Abs. (2) und (3) nichts Abweichendes bestimmen.
 
(2)
Die Maßnahme gilt nur für Bürgschaftsgewährungen an Unternehmen, die bis zum 1. Juli 2008 nicht in Schwierigkeiten waren gemäß Ziffer 2.1 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien der Kommission
vom 1. Oktober 2004 (ABl EU 2004 Nr. C 244 S. 2) bzw. gemäß Art. 1 Abs. 7 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung VO (EG) 800/2008 vom 6. August 2008 (ABl EU 2008 Nr. L 214 S. 3). Unternehmen, die nach dem 1. Juli 2008 aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten kamen, sind ebenfalls im Geltungsbereich dieser Regelung.
 
(3)
Die Maßnahme gilt nicht für Exportkreditgarantien.
 
 
§ 3 Kreditobergrenze, maximale Bürgschaftsquote
 
(1)
Der verbürgte Kredit darf die gesamte jährliche Lohn- und Gehaltssumme des geförderten Unternehmens im Jahr 2008 nicht übersteigen. Die Lohn- und Gehaltssumme im Sinne dieser Regelung umfasst auch Sozialversicherungsbeiträge sowie die Kosten von Personal, die am Standort des Unternehmens arbeiten, aber auf der Lohn- und Gehaltsliste von Lieferanten oder Subunternehmen (subcontractors) stehen.
 
(2)
Im Falle von Unternehmen, deren Gründung nach dem 1. Januar 2008 erfolgte, darf der verbürgte Kredit die geschätzte jährliche Lohn- und Gehaltssumme der ersten beiden Betriebsjahre nicht übersteigen.
 
(3)
Die maximale Bürgschaftsquote beträgt 90 % des verbürgten Kredites.
 
 
§ 4 Kumulierung
 
(1)
Die festgelegten Fördersätze und Kumulierungsoberregeln gelten unabhängig davon, ob die Förderung ausschließlich aus staatlichen Mitteln finanziert oder aus Gemeinschaftsmitteln kofinanziert wird.
 
(2)
Maßnahmen gemäß § 1 können nicht mit De-minimis-Beihilfen nach der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 für dieselben förderbaren Aufwendungen kumuliert werden.
 
(3)
Die Absenkung des Bürgschaftsentgeltes nach § 1 muss um den Beihilfewert von De-minimis-Beihilfen, die nach dem 1. Januar 2008 für das gleiche Vorhaben gewährt wurden, reduziert werden.
 
(4)
Bürgschaften nach dieser Regelung können mit anderen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbaren Beihilfen, die nicht De-minimis-Beihilfen sind, oder mit Gemeinschaftsmitteln kumuliert werden, wenn die aus der Kumulierung resultierende Förderintensität diejenige Förderintensität nicht übersteigt, die in Freistellungsverordnungen, Genehmigungen oder Leitlinien festgelegt wurde.
 
 
§ 5 Überwachung
 
(1)
Vor Gewährung der Beihilfe hat das betreffende Unternehmen der Beihilfe gewährenden Stelle schriftlich in Papierform oder in elektronischer Form jede Bürgschaft nach dieser Regelung und jede De-minimis-Beihilfe anzugeben, die es seit 1. Januar 2008 erhalten hat.
 
(2)
Die Beihilfe gewährende Stelle gewährt eine neue Bürgschaft nach dieser Regelung erst, nachdem sie sich vergewissert hat, dass die Bestimmungen nach §§ 14 beachtet werden.
 
(3)
Die beihilfegebenden Stellen müssen dafür Sorge tragen, dass ausführliche Unterlagen über die Gewährung der Beihilfen geführt werden. Diese Unterlagen, aus denen hervorgehen muss, dass die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt wurden, müssen zehn Jahre aufbewahrt werden und der Kommission auf Anfrage vorgelegt werden. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten Informationen eingeholt haben, die belegen, dass es sich bei den Begünstigten am 1. Juli 2008 nicht um Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt hat.
 
(4)
Alle Behörden, welche diese Regelung nutzen, sind verpflichtet, sich an der Berichterstattung nach Ziffer 6 der Mitteilung der Europäischen Kommission „Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise" zu beteiligen5.
 
 
§ 6 Anwendungszeitraum, Geltungsdauer, Außerkrafttreten
 
(1)
Die Reduzierungen der Bürgschaftsentgelte nach § 1 Abs. (2) und (3) dürfen nur auf zwei Jahre nach Gewährung der Bürgschaft gewährt werden.
 
(2)
Die Geltungsdauer dieser Regelung beginnt mit dem Tag der Genehmigung durch die Europäische Kommission6 und endet am 31. Dezember 2010, d.h. Gewährungen von Bürgschaften sind bis zu diesem Zeitpunkt möglich. Maßnahmen, die bis zum 31. Dezember 2010 auf Grundlage dieser Regelung zulässig gewährt wurden und über den 31. Dezember 2010 fortdauern, bleiben gültig.
 
 
Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie
 
Berlin, den 16. Februar 2009
 
 
1 "Communication from the Commission amending the temporary community framework for state aid measures to support access to finance in the current financial and economic crisis" vom 25. Februar 2009, veröffentlicht auf der Website der GD Wettbewerb der KOM
2 Die maximale Dauer von Bürgschaften unter der notifizierten Maßnahme ist abhängig von der Laufzeit des verbürgten Kredits. Die Prämienermäßigung gilt für höchstens zwei Jahre ab Gewährung der Bürgschaft. Hat der verbürgte Kredit eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren, so müssen die im Anhang festgelegten Safe-Harbour-Prämien oder die über einer Berechnungsmethode gemäß § 1 (3) ermittelte beihilfefreie Prämie während eines weiteren Zeitraums von höchstens acht Jahren ohne Ermäßigung angewendet werden. Hat der verbürgte Kredit eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren, werden anschließend marktmäßige Prämien in Übereinstimmung mit der dann geltenden Bürgschaftsmitteilung der KOM bzw. die nach der Berechnungsmethode gemäß § 1 (3) ermittelte Prämie berechnet.
3 Unternehmensrating oder Spezialfinanzierungsrating, vgl. genehmigte Methode N 762/2007
4 „Für KMU, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, wie bestimmte Projektgesellschaften oder Start-up-Unternehmen, wird die Safe-Harbour-Prämie auf 3,8 % festgesetzt, wobei diese Prämie niemals niedriger sein darf als diejenige, die für die Muttergesellschaft oder die Muttergesellschaften anwendbar wäre."
5 Die Überwachungs- und Berichtspflichten in Abschnitt 6 und Fußnote 23 des „Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen" sind einzuhalten. So wird Deutschland der Kommission zum 31. Juli 2009 eine Liste von Maßnahmen, die unter dem „Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen" ergriffen wurden, mit detaillierten Berichten bezüglich der Bürgschaftsentscheidungen und bis zum 31. Oktober 2009 einen Bericht über bereits umgesetzte Maßnahmen einreichen; an beiden Berichten haben die beihilfegebenden Stellen mitzuwirken. Im Besonderen müssen Informationen eingereicht werden, die belegen, dass der Beihilfeempfänger am 1. Juli 2008 kein Unter-nehmen in Schwierigkeiten war.
6 KOM-Genehmigung N 27/2009 wurde am 27. Februar 2009 erteilt.
 
 
Anlage 1
 
Neue beihilfefreie Bürgschaftsprämien in Basispunkten
(kursiv in Klammern alte Safe-Harbour-Prämie bei aktuellem Rating)
Rating-
Kategorie (S&P)
Besicherung
Hoch
Normal
Niedrig
AAA
40
40
40
AA+
AA
AA-
40
40
40
A+
A
A-
40
(bisher 55)
55
55
BBB+
BBB
BBB-
55
(bisher 80)
80
80
BB+
BB
80
(bisher 200)
200
200
BB-
B+
200
(bisher für B+ 380)
380
380
B
B-
200
(bisher für B- 630)
380
(bisher für B- 630)
630
CCC und darunter
380
(bisher keine
Bürgschaft möglich)
630
(bisher keine
Bürgschaft möglich)
980
(bisher keine
Bürgschaft möglich)