Veröffentlichung FMBl. 2011/09 S. 339 vom 06.09.2011

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Az.: 55 - L 6811 - 003 - 30 635/11
66-F
66-F
 
Richtlinien
für die Übernahme von Staatsbürgschaften
bei Notständen durch Elementarereignisse
im Rahmen der Härtefondsrichtlinien
(HFR-Bü)
 
Bekanntmachung
des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen
 
vom 6. September 2011  Az.: 55 - L 6811 - 003 - 30 635/11
 
 
Auf Grund von Art. 6 und 7 des Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften und Garantien des Freistaates Bayern (BÜG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Januar 1983 (BayRS IV S. 695, BayRS 66-1-F), zuletzt geändert durch Art. 18 des Gesetzes vom 14. April 2009 (GVBl S. 86), erlässt das Bayerische Staatsministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen folgende Richtlinien:
 
 
1.
Allgemeines
 
1.1
Diese Richtlinien gelten für die Übernahme von Staatsbürgschaften im Rahmen von Hilfsaktionen des Staates zur Milderung von Schäden, die durch Elementarereignisse verursacht sind (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BÜG).
 
1.2
Soweit diese Richtlinien keine Sonderregelung enthalten, finden auf die Übernahme von Staatsbürgschaften die Richtlinien über einen Härtefonds zur Gewährung finanzieller Hilfen bei Notständen durch Elementarereignisse (Härtefondsrichtlinien – HFR) vom 6. September 2011 (FMBl S. 310) Anwendung.
 
 
2.
Art und Umfang der Staatsbürgschaften
 
2.1
Staatsbürgschaften können gegenüber Kreditinstituten für zweckgebundene Darlehen übernommen werden, wenn diese Darlehen mangels der erforderlichen bankmäßigen Sicherheiten zu den vorgesehenen Bedingungen sonst nicht gewährt würden. Auch zinsverbilligte oder staatlich refinanzierte Darlehen können durch eine Staatsbürgschaft abgesichert werden. Die Staatsbürgschaft kann bis zu maximal 90 v. H. des Darlehens und des eventuellen Ausfalls übernommen werden; mindestens 10 v. H. Eigenrisiko sind vom Darlehensgeber zu tragen. Die Staatsbürgschaft wird als modifizierte Ausfallbürgschaft (vgl. Nr. 7) übernommen. Vorhandene Sicherheiten sind nach Möglichkeit zur Absicherung des Darlehens heranzuziehen. Die Dauer der Staatsbürgschaft soll fünf Jahre nicht übersteigen.
 
2.2
Die Bürgschaft umfasst die Darlehensforderung, die Zinsen mit Ausnahme der Strafzinsen sowie die laufenden Verwaltungskosten, Verzugsentschädigungen und notwendigen baren Auslagen im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Ab Verzugseintritt gilt der Zinssatz als verbürgt, der gegenüber dem Kreditnehmer auf Grund individueller Vertragsabreden oder als gesetzlicher Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann. Die Höhe des Schadensersatzanspruches ist auf den Basiszinssatz nach § 247 BGB zuzüglich 3 v. H. begrenzt.
 
2.3
Die Verzinsung des Darlehens darf einen marktüblichen Zinssatz nicht übersteigen.
 
2.4
Die Darlehen sind den Darlehensnehmern in voller Höhe ohne Disagio auf einem Sonderdarlehenskonto zur Verfügung zu stellen.
 
2.5
Grundsätzlich sollen die Darlehen nach einem tilgungsfreien Jahr in vier gleichen Jahresraten zurückgezahlt werden. Eine vorzeitige Tilgung des Darlehens soll jederzeit möglich sein.
 
 
3.
Subventionsrechtliche Vorschriften
Staatsbürgschaften sind Subventionen im Sinn des § 264 des Strafgesetzbuches. Die als solche bezeichneten Angaben im Antrag sowie die Angaben in den dazu eingereichten ergänzenden Unterlagen sind subventionserheblich im Sinn des § 264 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 2 des Gesetzes gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen (Subventionsgesetz – SubvG) vom 29. Juli 1976 (BGBl I S. 2034, 2037) und Art. 1 des Gesetzes über die Vergabe von Subventionen nach Landesrecht (Bayerisches Subventionsgesetz – BaySubvG) vom 1. Januar 1983 (BayRS IV S. 597, BayRS 453-1-W).
 
 
4.
Bewilligung von Staatsbürgschaften
 
4.1
Die Kreisverwaltungsbehörden entscheiden über Bürgschaften bis zu einem Bürgschaftsbetrag von 10.000 €, die Regierungen bis zu einem Bürgschaftsbetrag von 250.000 €.
 
4.2
Bei Staatsbürgschaften, die die Zuständigkeit der Regierungen überschreiten, wird die Übernahme der Bürgschaft nach Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen von den Regierungen erklärt. Übersteigt die beantragte Bürgschaft einschließlich der bereits übernommenen Bürgschaften 250.000 €, ist die nach Art. 3 Abs. 1 BÜG erforderliche Zustimmung des Interministeriellen Bürgschaftsausschusses über das Staatsministerium der Finanzen einzuholen.
 
4.3
Wird eine Staatsbürgschaft übernommen, so ist die Bürgschaftserklärung dem Darlehensgeber zweifach zu übersenden, der seinerseits eine Ausfertigung an den Darlehensnehmer weiterleitet.
 
4.4
Das Staatsministerium der Finanzen kann gegenüber den Regierungen und diese gegenüber den Kreisverwaltungsbehörden Obergrenzen für das Gesamtvolumen von Bürgschaften festsetzen.
 
 
5.
Verwendungsnachweis
 
5.1
Die Empfänger staatsverbürgter Darlehen müssen die zweckentsprechende Verwendung der Darlehen nachweisen.
 
5.2
Die Bewilligungsbehörden und der Bayerische Oberste Rechnungshof sind berechtigt, in jeder Form, insbesondere durch Einsicht in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen Einblick in die Vermögensverhältnisse zu nehmen, die Einhaltung der Darlehens- und Bürgschaftsbestimmungen zu überprüfen und die erforderlichen Auskünfte zu verlangen, wobei die vorstehenden Rechte auch durch eine Prüfungsgesellschaft oder sonstige Beauftragte wahrgenommen werden können. Die Kosten einer solchen Prüfung hat der Darlehensnehmer zu tragen.
Die vorstehenden Prüfungs- und Auskunftsrechte bestehen hinsichtlich der das Darlehen und die Bürgschaft betreffenden Unterlagen auch gegenüber dem Darlehensgeber.
 
 
6.
Kündigung staatsverbürgter Darlehen
Liegen die Rücknahme- und Widerrufsvoraussetzungen gemäß Nr. 9 HFR vor, können die Regierungen von den Darlehensgebern die Kündigung und Rückforderung des Darlehens verlangen.
 
 
7.
Feststellung des Ausfalls
 
7.1
Der Ausfall gilt als festgestellt, wenn und soweit die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers durch Zahlungseinstellung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 der Zivilprozessordnung oder auf sonstige Weise erwiesen ist und nennenswerte Eingänge aus der Verwertung von Sicherheiten oder sonstigem Vermögen des Kreditnehmers nicht mehr zu erwarten sind.
 
7.2
Der Ausfall gilt ferner in Höhe der noch offenen Kreditforderung spätestens ein Jahr nach dem Zeitpunkt als festgestellt, in dem das Kreditinstitut das Darlehen wegen Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen des Schuldners fällig gestellt hat.
 
7.3
Der Bürge behält sich vor, die Bürgschaftsverpflichtung nach Maßgabe der im Darlehensvertrag festgelegten Zins- und Tilgungsleistungen zu erfüllen.
 
7.4
Der Bürge ist berechtigt, zur Vermeidung eines weiteren Zinsanfalls Abschlagszahlungen zu leisten.
 
7.5
Ansprüche aus übernommenen Bürgschaften sind beim Landesamt für Finanzen geltend zu machen.
 
 
8.
Meldungen bei staatsverbürgten Darlehen
 
8.1
Kreditinstitute, die staatsverbürgte Darlehen ausgereicht haben, melden der örtlich zuständigen Regierung jährlich – Stichtag 31. Dezember – die planmäßigen und tatsächlichen Darlehen (2-fach). Die Meldungen sind der zuständigen Regierung bis spätestens 1. Februar des folgenden Jahres vorzulegen. Gleichzeitig ist zu bestätigen, dass weitere staatsverbürgte Darlehen – auch aus früheren Aktionen – nicht mehr bestehen.
 
8.2
Durch die jeweilige Regierung sind dem Staatsministerium der Finanzen die Meldungen über den Stand der staatsverbürgten Darlehen in einem Bericht zusammengefasst bis spätestens 1. März des folgenden Jahres vorzulegen. Dem Bayerischen Obersten Rechnungshof ist ein Abdruck des Berichts mit den von der Regierung bestätigten Zweitschriften der von den Darlehensgebern eingereichten Meldungen zu übersenden.
 
 
9.
Überwachung der staatsverbürgten Darlehen
 
9.1
Bei Zahlungsschwierigkeiten von Schuldnern staatsverbürgter Darlehen, insbesondere bei Rückständen mit fälligen Zins- und Tilgungsraten von mehr als drei Monaten, sowie bei Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Darlehensgeber unverzüglich die Regierung zu verständigen. Diese übergibt ihre Unterlagen, sofern sie nicht einer Stundung der rückständigen Zins- und Tilgungsraten zustimmt, dem Landesamt für Finanzen zur weiteren Bearbeitung. Die eigene Überwachungs- und Sorgfaltspflicht des Darlehensgebers bleibt davon unberührt.
 
9.2
Die Regierungen überwachen alle vom Freistaat Bayern gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BÜG verbürgten Darlehen. Die Überwachung erstreckt sich auf die Zeit von der Übernahme der Staatsbürgschaft bis zum Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung oder bis zur Abgabe der Akten an das Landesamt für Finanzen. Die Regierung achtet auf die Einhaltung aller Darlehens- und Bürgschaftsauflagen durch den Darlehensnehmer und den Darlehensgeber. Die Regierungen sind im Rahmen der Bürgschaftsüberwachung (vgl. Art. 58, 59 Bayerische Haushaltsordnung und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften) im Einzelfall zu folgenden Entscheidungen ermächtigt:
a)
Formale Änderungen der Staatsbürgschaft ohne Auswirkungen auf das Bürgschaftsrisiko, z. B. Zustimmung zum Wechsel des Darlehensgebers, Änderung der Bezeichnung des Darlehensnehmers, Ausscheiden von Gesellschaftern ohne Haftungsfreistellung;
b)
materielle Änderungen der Staatsbürgschaft ohne Verschlechterung des Bürgschaftsrisikos, z. B. Zustimmung zur Stundung von Zins- und Tilgungsbeträgen bis zu sechs Monaten, es sei denn, dass es sich um staatlich refinanzierte Darlehen handelt; Verzicht auf Sicherheiten, wenn der Wert des Verzichts 5.000 € nicht übersteigt.
c)
In allen anderen Fällen hat die Regierung die vorherige Zustimmung des Landesamts für Finanzen einzuholen.
 
 
10.
Schlussbestimmungen
 
10.1
Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. Juli 2011 in Kraft und gelten für alle Finanzhilfeaktionen, die nach diesem Zeitpunkt eingeleitet werden. Die vor diesem Zeitpunkt eingeleiteten Finanzhilfeaktionen sind nach den Richtlinien für die Übernahme von Staatsbürgschaften bei Notständen durch Elementarereignisse (FHR-Bü) vom 27. April 1990 (StAnz Nr. 18) und den dazu ergangenen Anweisungen abzuwickeln.
 
10.2
Im Übrigen gelten die für die Abwicklung notleidend gewordener staatsverbürgter Kredite ergangenen Anweisungen mit der Maßgabe, dass bei Staatsbürgschaften aus Finanzhilfeaktionen die sonst der LfA Förderbank Bayern zufallenden Aufgaben vom Landesamt für Finanzen wahrzunehmen sind.
 
10.3
Diese Richtlinien treten mit Ablauf des 10. Mai 2017 außer Kraft.
 
10.4
Die Bekanntmachung über die Richtlinien für die Übernahme von Staatsbürgschaften bei Notständen durch Elementarereignisse (FHR-Bü) vom 27. April 1990 (StAnz Nr. 18) tritt mit Ablauf des 30. Juni 2011 außer Kraft.
 
 
Dr.  Bauer
Ministerialdirektor