Veröffentlichung FMBl. 2015/01 S. 31 vom 22.12.2014

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Az.: 44 - L 6801 - 1/1
66-F
66-F
Richtlinie
für die Übernahme von Staatsbürgschaften
im Bereich der gewerblichen Wirtschaft
(Bürgschaftsrichtlinie gewerbliche Wirtschaft – BürggWR)
Bekanntmachung
des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen,
für Landesentwicklung und Heimat
vom 22. Dezember 2014  Az.: 44 - L 6801 - 1/1
Auf Grund des Art. 6 des Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften und Garantien des Freistaates Bayern – BÜG – (BayRS 66-1-F), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 350 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), und Art. 4 des Gesetzes über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA-Gesetz - LfAG) vom 20. Juni 2001 (GVBl S. 332, BayRS 762-5-F), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 370 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286, ber. S. 405), erlässt das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat im Einvernehmen mit den Bayerischen Staatsministerien für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, für Umwelt und Verbraucherschutz, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration nachfolgende Richtlinie.
Inhaltsübersicht
Erster Teil: Allgemeine Bestimmungen
1.
Anwendungsbereich
2.
Rechtsgrundlagen
3.
Allgemeine Voraussetzungen für die Übernahme von Staatsbürgschaften
4.
Verwendungszweck
5.
Kreditgeber
6.
Kreditnehmer
7.
Absicherung des Kredits
8.
Ausgestaltung von Staatsbürgschaften
Zweiter Teil: Beihilferechtliche Voraussetzungen für die Vergabe von Staatsbürgschaften
9.
Allgemeines
10.
Beihilfefreie Bürgschaften
11.
Bürgschaften auf Basis der De-minimis-Verordnung
12.
Bürgschaften auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)
Dritter Teil: Verfahren, Bürgschaftsentgelt, Ausfallerstattung bei Staatsbürgschaften
13.
Antragsstellung
14.
Bearbeitung der Bürgschaftsanträge
15.
Entscheidung über Bürgschaftsanträge
16.
Abschluss des Bürgschaftsvertrags
17.
Mitteilung zur statistischen Erfassung
18.
Überwachung von Staatsbürgschaften
19.
Änderung des Bürgschaftsvertrags
20.
Bürgschaftsentgelt und Bearbeitungsgebühr
21.
Erstattung von Ausfällen
22.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Erster Teil: Allgemeine Bestimmungen
1.
Anwendungsbereich
Für die Übernahme von Staatsbürgschaften für Kredite zur Finanzierung von Vorhaben im Bereich der gewerblichen Wirtschaft (Art. 1 Abs. 1  Nr. 1 BÜG) ist diese Richtlinie anzuwenden.
2.
Rechtsgrundlagen
2.1
Die Übernahme einer Bürgschaft erfolgt nach Maßgabe dieser Richtlinie und unter Beachtung der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen sowie der beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union in der zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbewilligung geltenden Fassung. Für Bürgschaften auf Grundlage dieser Richtlinie sind u. a. die nachfolgend aufgeführten EU-beihilferechtlichen Vorgaben maßgeblich:
Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl C 155 vom 20. Juni 2008, S. 10), zuletzt geändert durch Berichtigung der Mitteilung (ABl C 244 vom 25. September 2008, S. 32), nachfolgend „Bürgschaftsmitteilung“ genannt;
Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl L 352 vom 24. Dezember 2013, S. 1), nachfolgend „De-minimis-Verordnung“ genannt;
Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl L 187 vom 26. Juni 2014, S. 1); Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, nachfolgend „AGVO“ genannt.
2.2
Ein Rechtsanspruch auf Übernahme einer Bürgschaft besteht nicht.
3.
Allgemeine Voraussetzungen für die Übernahme von Staatsbürgschaften
3.1
Eine Staatsbürgschaft darf nur übernommen werden, wenn der Kredit mangels der erforderlichen bankmäßigen Sicherheiten oder nach den für den Kreditgeber verbindlichen Rechtsvorschriften zu den vorgesehenen Bedingungen sonst nicht gewährt werden kann.
3.2
Eine Staatsbürgschaft darf nur übernommen werden, wenn die Durchfinanzierung des Vorhabens gesichert ist und unter den im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme voraussehbaren betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem geförderten Unternehmen die fristgerechte Verzinsung und Tilgung des verbürgten Kredits zu erwarten ist. Die Gesamtfinanzierung des Unternehmens muss gesichert sein.
3.3
Zur Finanzierung des geförderten Vorhabens sind, soweit möglich, in angemessenem Umfang Eigenmittel einzusetzen.
3.4
Eine Staatsbürgschaft für Investitionskredite darf nur dann übernommen werden, wenn der Antrag vor Beginn des Vorhabens gestellt wurde. Beginn ist grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags.
3.5
Für bereits ausgereichte Kredite kann eine Staatsbürgschaft grundsätzlich nicht übernommen werden.
4.
Verwendungszweck
4.1
Staatsbürgschaften werden für Vorhaben gewährt, deren Durchführung für den Freistaat Bayern von volkswirtschaftlichem, sozialpolitischem, agrarpolitischem oder kulturpolitischem Interesse ist. Vorhaben außerhalb Bayerns können durch Staatsbürgschaften nur gefördert werden, wenn ihre Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkraft Bayerns zugutekommen oder wenn sie in anderer Weise von besonderer Bedeutung für Bayern sind.
4.2
Verbürgt werden grundsätzlich Kredite zur Finanzierung von Investitionen (einschließlich der Übernahme eines bestehenden Betriebs), ausnahmsweise Betriebsmittelkredite, vor allem in Verbindung mit Investitionen, und Avalkredite, insbesondere bei notwendigen Sicherheitsleistungen im Zusammenhang mit der Übernahme und Abwicklung von Aufträgen.
4.3
Die dauerhafte Unterstützung eines Unternehmens ist ausgeschlossen.
5.
Kreditgeber
5.1
Staatsbürgschaften können nur gegenüber Kreditinstituten (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen) sowie gegenüber Versicherungsunternehmen übernommen werden, sofern diese die Gewähr bieten, dass die Kredite hinreichend überwacht werden.
5.2
Der Kreditgeber ist zu verpflichten, bei der Gewährung, Verwaltung und Abwicklung des staatsverbürgten Kredits die gleiche bankübliche Sorgfalt wie bei den unter eigenem Risiko gewährten Krediten anzuwenden. Insbesondere hat er sich nach Fälligkeit der verbürgten Forderung mit banküblicher Sorgfalt um die Einziehung zu bemühen und bestellte Sicherheiten zu verwerten.
5.3
Der Kreditgeber hat anzuerkennen, dass das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, der Oberste Rechnungshof und die LfA Förderbank Bayern (LfA) oder eine von ihnen beauftragte Stelle das Recht haben, jederzeit eine Buch- oder Betriebsprüfung vorzunehmen und Auskunft zu verlangen, soweit Prüfung und Auskunft den verbürgten Kredit betreffen. Bei Bürgschaften im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ hat der Kreditgeber die vorbezeichneten Rechte außerdem dem Bund – vertreten durch das zuständige Bundesministerium – und dem Bundesrechnungshof einzuräumen.
5.4
Die Kreditverwendung ist im Kreditvertrag festzulegen. Der Kreditvertrag darf, soweit in dieser Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist, nicht anders ausgestaltet sein, als er ohne Staatsbürgschaft ausgestaltet worden wäre.
5.5
Zinsen und Nebenkosten mit Ausnahme des Bürgschaftsentgelts dürfen den Rahmen einer marktgerechten Effektivverzinsung nicht übersteigen. Wenn die Bestimmungen des Kreditprogramms, aus dem der Kredit refinanziert wird oder Vereinbarungen für den Einzelfall einen niedrigeren Zinssatz vorschreiben, so ist dieser als Höchstzinssatz maßgebend.
5.6
Der Kreditgeber hat die beihilferechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union, die den Freistaat Bayern zu bestimmten Veröffentlichungen verpflichten, anzuerkennen.
6.
Kreditnehmer
6.1
Kreditnehmer können nur förderungswürdige Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (einschließlich Angehörige freier Berufe) sein. Die Persönlichkeit des Unternehmers (bei juristischen Personen die Persönlichkeit der Mitglieder des geschäftsführenden Organs) sowie die organisatorische und betriebswirtschaftliche Ausgestaltung des Unternehmens müssen Gewähr dafür bieten, dass das zu fördernde Vorhaben ordnungsgemäß durchgeführt werden kann.
6.2
Der Kreditnehmer hat anzuerkennen, dass das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, der Oberste Rechnungshof und die LfA oder eine von ihnen beauftragte Stelle das Recht haben, jederzeit eine Buch- oder Betriebsprüfung vorzunehmen oder Auskunft über die mit der Bürgschaft zusammenhängenden Fragen zu verlangen. Bei Bürgschaften im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ hat der Kreditnehmer die vorbezeichneten Rechte außerdem dem Bund – vertreten durch das zuständige Bundesministerium – und dem Bundesrechnungshof einzuräumen.
6.3
Der Kreditnehmer hat die beihilferechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union, die den Freistaat Bayern zu bestimmten Veröffentlichungen verpflichten, anzuerkennen.
7.
Absicherung des Kredits
7.1
Vorhandene bankmäßige Sicherheiten sind nach Möglichkeit zur zusätzlichen Absicherung heranzuziehen. Die Bestellung von Sondersicherheiten jeglicher Art, insbesondere für den Risikoanteil des Kreditgebers, ist unzulässig.
7.2
Bei Einzelfirmen und Personengesellschaften soll der persönlich haftende Gesellschafter die Mithaftung für den verbürgten Kredit übernehmen. Soweit es unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse geboten erscheint, soll bei Kommanditgesellschaften auch die Mithaftung der Kommanditisten für den verbürgten Kredit verlangt werden.
7.3
Bei Kapitalgesellschaften sollen die Personen, die kraft ihrer Stellung als Gesellschafter wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, die Mithaftung für den verbürgten Kredit ganz oder teilweise übernehmen.
7.4
Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner der in Nr. 7.2 und 7.3 genannten Personen sollen die Mithaftung für den verbürgten Kredit ganz oder teilweise übernehmen, soweit sie zusammen mit diesen Personen ein gemeinsames Interesse an der Kreditgewährung haben oder ihnen aus der Verwendung der Darlehensvaluta eigene, unmittelbare und ins Gewicht fallende geldwerte Vorteile erwachsen.
8.
Ausgestaltung von Staatsbürgschaften
8.1
Staatsbürgschaften sind grundsätzlich Ausfallbürgschaften, die auf einen bestimmten Vomhundertsatz des Ausfalls beschränkt sind. Die Bürgschaftsquote wird im Einzelfall festgesetzt. Sie darf 80 v. H. der Kreditsumme nicht übersteigen. Der Ausfall tritt ein, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers durch Zahlungseinstellung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, durch Abgabe einer Vermögensauskunft nach § 802c Zivilprozessordnung oder auf sonstige Weise erwiesen ist und nennenswerte Eingänge aus der Verwertung von Sicherheiten oder sonstigem Vermögen des Kreditnehmers nicht mehr zu erwarten sind. Die Feststellung des Ausfalles erfolgt in der Regel binnen acht Monaten nach Eingang des vollständig ausgefüllten Schadensberichtsvordruckes bei der LfA. Sowohl die LfA als auch der Kreditgeber streben an, einen Zeitraum von 18 Monaten seit der Kündigung des verbürgten Kredits bis zur Schadenserstattung nicht zu überschreiten. Die LfA ist berechtigt, zur Vermeidung eines weiteren Zinsanfalls Abschlagszahlungen zu leisten.
8.2
Die Gewährung einer Staatsbürgschaft kann mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden, die sich auch auf die Gewinnausschüttungs- und Entnahmepolitik des begünstigten Unternehmens erstrecken können. In der Bürgschaftserklärung kann sich der Freistaat Bayern als Bürge auch das Recht vorbehalten, dass die Bürgschaftsverpflichtung nach Maßgabe der im Kreditvertrag festgelegten Zins- und Tilgungsleistungen erfüllt wird.
8.3
Die Bürgschaft umfasst die Kreditforderung, die Zinsen mit Ausnahme von Strafzinsen sowie die Kosten der Kündigung und Rechtsverfolgung nach näherer Maßgabe der Bürgschaftserklärung. Zinszuschläge, die der Kreditnehmer infolge Zahlungsverzugs zu entrichten hat, sind nur insoweit verbürgt, als sie zusammen mit den Zinsen nicht mehr als fünf v. H. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank gemäß § 247 BGB betragen und auf Kapitalbeträge entfallen, die der Kreditgeber zum Zweck der Rückführung eines öffentlichen oder öffentlich geförderten Refinanzierungskredits bestimmungsgemäß vorgelegt hat.
8.4
Die Dauer der nach diesen Bestimmungen übernommenen Bürgschaften soll 15 Jahre nicht übersteigen.
Zweiter Teil: Beihilferechtliche Voraussetzungen für die Vergabe von Staatsbürgschaften
9.
Allgemeines
9.1
Diese Richtlinie ist eine Beihilferegelung auf deren Basis Bürgschaften ohne vorherige Anmeldung gewährt werden können, da sie je nach zugrunde liegendem Wirtschaftsgut oder Vorhaben
entweder beihilfefrei vergeben werden, weil sie nach Maßgabe des Kapitels 3 der Bürgschaftsmitteilung gewährt werden und daher nicht alle Voraussetzungen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllen
oder als De-minimis-Beihilfe nach Maßgabe der De-minimis-Verordnung
oder als freigestellte Beihilfe auf Grundlage der AGVO vergeben werden.
9.2
Ist die Gewährung einer Bürgschaft weder beihilfefrei noch auf Basis der De-minimis-Verordnung oder der AGVO möglich, kann bei Einzelfällen eine Einzelfallnotifizierung bei der Europäischen Kommission in Betracht kommen. In diesen Fällen behalten sich die am Bürgschaftsverfahren Beteiligten in Abstimmung mit dem Kreditnehmer eine vorherige Abstimmung mit den zuständigen Bundesressorts und ggf. auch den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission vor. Deutet sich im Rahmen dieser Gespräche an, dass eine Einzelfallnotifizierung keine Aussicht auf Erfolg hat, wird ein solches Verfahren nicht in Gang gesetzt.
9.3
Beihilfebehaftete Bürgschaften nach Maßgabe der AGVO dürfen nicht zugunsten von Unternehmen vergeben werden, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind.
9.4
Sowohl die De-minimis-Verordnung als auch die AGVO schließen für bestimmte Wirtschaftsbereiche oder Aktivitäten die Gewährung von Beihilfen aus. Im Rahmen dieser Richtlinie sind die jeweiligen Förderausschlüsse der genannten Verordnungen zu beachten, so dass für diese Wirtschaftsbereiche oder Aktivitäten nach dieser Richtlinie keine Bürgschaften gewährt werden können.
9.5
Die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ergibt sich aus Anhang I der AGVO. KMU sind danach u. a. solche Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. Euro beläuft.
9.6
Für Bürgschaften auf Basis der De-minimis-Verordnung oder der AGVO gelten bestimmte Bruttosubventionsäquivalente bzw. Beihilfeintensitäten. Die Berechnung der Bruttosubventionsäquivalente bzw. Beihilfeintensitäten erfolgt im Rahmen der De-minimis-Verordnung und der AGVO
entweder auf der Grundlage von Mindestprämien („Safe-Harbour-Prämien“), die in einer Mitteilung der Europäischen Kommission, beispielsweise der Bürgschaftsmitteilung, festgelegt wurden,
oder auf der Basis von der Europäischen Kommission genehmigter Methoden („Beihilfewertrechner“).
9.7
Es stehen derzeit folgende genehmigte Methoden zur Verfügung:
Für Bürgschaften für Investitionskredite an Unternehmen, für die ein Unternehmensrating vorliegt, wird die Beihilfeintensität entsprechend der von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 26. September 2007 und vom 20. Dezember 2013 genehmigten Methode zur Berechnung der Beihilfenintensität von Bürgschaften berechnet.
Für Bürgschaften für Betriebsmittelkredite auf Basis der De-minimis-Verordnung an Unternehmen, für die ein Unternehmensrating vorliegt, wird die Beihilfeintensität entsprechend der von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 29. November 2007 und vom 20. Dezember 2013 ergänzend genehmigten Methode zur Berechnung der Beihilfenintensität von Bürgschaften berechnet.
Für Bürgschaften für Spezialfinanzierungen, wie Kredite für Projektgesellschaften und neu gegründete Unternehmen, wird die Beihilfeintensität entsprechend der von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 17. Juni 2008 und vom 20. Dezember 2013 ergänzend genehmigten Methode zur Berechnung der Beihilfenintensität von Bürgschaften berechnet.
Die „Beihilfewertrechner“ stehen im Internet unter www.pwc.de/de/Beihilfewertrechner zur Verfügung. Ausgangspunkt der Berechnung ist ein Rating des Kreditnehmers, das die Kreditinstitute auf Basis einer detaillierten Analyse erstellen und ihrer Kreditentscheidung zugrunde legen.
10.
Beihilfefreie Bürgschaften
10.1
Bürgschaften können nach Maßgabe des Kapitels 3 der Bürgschaftsmitteilung beihilfefrei gewährt werden. Voraussetzungen für eine beihilfefreie Einzelbürgschaft sind:
Die Bürgschaft ist an eine bestimmte finanzielle Transaktion geknüpft, auf einen festen Höchstbetrag sowie auf eine feste Laufzeit beschränkt.
Die Bürgschaft deckt höchstens 80 v. H. des Kreditbetrages ab.
Der Kreditnehmer verfügt über ein Rating von mindestens B- oder vergleichbarer Einstufung.
Für die Bürgschaft wird ein marktübliches Entgelt gezahlt. Bei KMU kann das marktübliche Entgelt in Abhängigkeit von der Bonität des Kreditnehmers anhand der in der Bürgschaftsmitteilung aufgeführten Safe-Harbour-Prämien ermittelt werden.
10.2
Die vorgenannten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.
11.
Bürgschaften auf Basis der De-minimis-Verordnung
11.1
Der Gesamtbetrag der einem einzigen Unternehmen von einem Mitgliedstaat gewährten De-minimis-Beihilfen darf in einem Zeitraum von drei Steuerjahren 200.000 Euro nicht übersteigen. Bei Unternehmen des gewerblichen Straßengüterverkehrs reduziert sich der vorgenannte De-minimis-Betrag auf 100.000 Euro. Diese De-minimis-Beihilfen dürfen nicht für den Erwerb von Fahrzeugen für den Straßengüterverkehr verwendet werden.
11.2
Vor Gewährung einer staatlichen Bürgschaft auf Basis der De-minimis-Verordnung hat das Unternehmen in schriftlicher oder elektronischer Form alle ihm in den beiden vorangegangenen Steuerjahren sowie im laufenden Steuerjahr gewährten De-minimis-Beihilfen anzugeben. Vor der Bürgschaftsgewährung ist zu prüfen, dass der De-minimis-Höchstbetrag durch die Bürgschaft nicht überschritten wird.
11.3
Bürgschaften auf Basis der De-minimis-Verordnung können nur gewährt werden, wenn das Bruttosubventionsäquivalent im Voraus genau berechnet werden kann, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist („transparente Beihilfen“).
11.4
Bürgschaften gelten insbesondere als transparente De-minimis-Beihilfen, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
Der Kreditnehmer befindet sich weder in einem Insolvenzverfahren noch sind die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger erfüllt. Handelt es sich bei dem Kreditnehmer nicht um ein KMU muss dieses Unternehmen über ein Rating von mindestens B- oder einer vergleichbaren Einstufung verfügen.
Die Bürgschaft bezieht sich auf einen Anteil von höchstens 80 v. H. des zugrunde liegenden Darlehens und weist einen Betrag von 1,5 Mio. Euro und eine Laufzeit von fünf Jahren oder einen Betrag von 0,75 Mio. Euro und eine Laufzeit von zehn Jahren auf. Bei Straßengüterverkehrsunternehmen reduzieren sich die vorgenannten Darlehenshöchstbeträge jeweils um die Hälfte. Bei Bürgschaften mit einem geringeren Betrag und/oder einer kürzeren Laufzeit als fünf oder zehn Jahre wird der Beihilfewert dieser Bürgschaft als entsprechender Anteil des Höchstbetrages gemäß Nr. 11.1 berechnet.
11.5
Bürgschaften gelten ebenfalls als transparente De-minimis-Beihilfen, wenn das Bruttosubventionsäquivalent gemäß den Nrn. 9.6 und 9.7 berechnet wurde.
11.6
Bei Gewährung einer De-minimis-Bürgschaft ist dem begünstigen Unternehmen unter Bezugnahme auf die De-minimis-Verordnung der Beihilfebetrag der Bürgschaft mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass es sich um eine De-minimis-Beihilfe handelt. Diese sog. De-minimis-Bescheinigung ist vom Unternehmen zehn Jahre aufzubewahren.
12.
Bürgschaften auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)
12.1
Im Bereich gewerblicher Bürgschaften stellt die AGVO Freistellungstatbestände für bestimmte Beihilfegruppen zur Verfügung, die sich insbesondere aus Kapitel III der AGVO ergeben. Die im Rahmen dieser Richtlinie auf Basis der AGVO gewährten Bürgschaften müssen sowohl den gemeinsamen Bestimmungen in Kapitel I der AGVO als auch den jeweils einschlägigen besonderen Bestimmungen nach Kapitel III der AGVO genügen.
12.2
Die Gewährung von Bürgschaften nach dieser Richtlinie erfolgt auf Grundlage des Art. 17 AGVO (Investitionsbeihilfen für KMU) oder des Art. 22 AGVO (Beihilfen für Unternehmensneugründungen).
12.3
Bei der Gewährung von Bürgschaften auf Basis der AGVO sind die Begriffsbestimmungen gemäß Art. 2 der AGVO maßgeblich.
12.4
Bürgschaften auf Basis der AGVO können nicht für die in Art. 1 Abs. 2 und 3 AGVO genannten Bereiche bzw. Beihilfen gewährt werden.
12.5
Handelt es sich bei dem Kreditnehmer um ein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ ist die Gewährung einer Bürgschaft auf Grundlage der AGVO ausgeschlossen. Gemäß Art. 2 Nr. 18 AGVO ist ein Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich zu qualifizieren, wenn mindestens einer der folgenden Umstände zutrifft:
Im Falle von Kapitalgesellschaften: Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht. Dies gilt nicht für KMU, die noch keine drei Jahre bestehen. Der Begriff „Stammkapital“ umfasst gegebenenfalls alle Agios.
Im Falle von Personengesellschaften: Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. Dies gilt nicht für KMU, die noch keine drei Jahre bestehen.
Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.
Das Unternehmen hat eine Rettungsbeihilfe im Sinn der Mitteilung der Kommission über Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl C 249 vom 31. Juli 2014, S. 1; nachfolgend: Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien) erhalten und der Kredit wurde noch nicht zurückgezahlt oder die Bürgschaft ist noch nicht erloschen beziehungsweise das Unternehmen hat eine Umstrukturierungsbeihilfe im Sinn der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien erhalten und unterliegt immer noch einem Umstrukturierungsplan.
Im Falle eines Unternehmens, das kein KMU ist: In den letzten beiden Jahren betrug der buchwertbasierte Verschuldungsgrad des Unternehmens mehr als 7,5 und das anhand des EBITDA berechnete Zinsdeckungsverhältnis des Unternehmens lag unter 1,0.
12.6
Bürgschaften auf Basis dieses Abschnitts der Richtlinie können nur unter Beachtung der Schwellenwerte gemäß Art. 4 AGVO gewährt werden. Bürgschaften, deren Bruttosubventionsäquivalent die dort genannten Anmeldeschwellen überschreitet, müssen gemäß Art. 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzeln bei der Kommission angemeldet werden.
12.7
Zur Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents der auf Basis der AGVO gewährten Bürgschaften wird auf Nrn. 9.6 und 9.7 verwiesen. Die erforderlichen schriftlichen Anträge sind vor Beginn der zu finanzierenden Vorhaben zu stellen.
12.8
Die Bürgschaft darf mit anderen staatlichen Beihilfen, einschließlich Beihilfen auf Basis der De-minimis-Verordnung, nur kumuliert werden, wenn andere Beihilfen sich auf unterschiedliche bestimmbare beihilfefähige Kosten beziehen. Eine Kumulierung ist ebenfalls zulässig, wenn die höchste nach der AGVO für diese Beihilfen geltende Beihilfeintensität bzw. der höchste nach der AGVO für diese Beihilfe geltende Beihilfebetrag nicht überschritten wird.
12.9
Gemäß Art. 9 AGVO bestehen für die beihilfegewährenden Stellen bei der Gewährung von Bürgschaften Verpflichtungen zur Information und Veröffentlichung. Das begünstige Unternehmen erkennt an, dass die beihilfegewährenden Stellen zur Veröffentlichung bestimmter Angaben auf dafür vorgesehenen Plattformen verpflichtet sind. Darüber hinaus können gewährte Bürgschaften im Einzelfall gemäß Art. 12 AGVO von der Europäischen Kommission geprüft werden.
Dritter Teil: Verfahren, Bürgschaftsentgelt, Ausfallerstattung bei Staatsbürgschaften
13.
Antragsstellung
13.1
Der Antrag auf Übernahme einer Staatsbürgschaft ist vom Kreditnehmer beim Kreditgeber zu stellen, der den Antrag mit Unterlagen und seine Bereitschaftserklärung zur Gewährung des Kredits an die LfA weiterleitet. Die Bereitschaftserklärung des Kreditgebers muss eine kurze Beurteilung des Falls, eine Stellungnahme zur Höhe der Eigenhaftung des Kreditgebers und genaue Angaben über die einzelnen Kreditbedingungen enthalten.
13.2
Die Angaben im Antrag sowie in den dazu eingereichten ergänzenden Unterlagen sind subventionserheblich im Sinn des § 264 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 2 des Subventionsgesetzes und Art. 1 des Bayerischen Subventionsgesetzes.
14.
Bearbeitung der Bürgschaftsanträge
Die LfA bearbeitet und prüft die Bürgschaftsanträge. Sie holt vom fachlich zuständigen Staatsministerium eine Äußerung darüber ein, ob die Übernahme der Bürgschaft für den Kredit von volkswirtschaftlichem, sozialpolitischem, agrarpolitischem oder kulturpolitischem Interesse ist. Die fachliche Äußerung kann sich auch auf betriebswirtschaftliche und bankmäßige Fragen erstrecken.
15.
Entscheidung über Bürgschaftsanträge
Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat entscheidet über Anträge auf Übernahme von Staatsbürgschaften. Staatsbürgschaften von mehr als 250.000 Euro einschließlich bereits übernommener Staatsbürgschaften bedürfen der vorherigen Zustimmung des Interministeriellen Bürgschaftsausschusses. Staatsbürgschaften von mehr als fünf Mio. Euro im Einzelfall bedürfen der Zustimmung der Staatsregierung.
16.
Abschluss des Bürgschaftsvertrags
Die LfA schließt mit dem Kreditgeber namens und im Auftrag des Freistaates Bayern einen Bürgschaftsvertrag.
17.
Mitteilung zur statistischen Erfassung
Die LfA macht dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat von der Übernahme der Staatsbürgschaft unter Angabe des Ausstellungsdatums, des Kreditgebers und des Kreditnehmers, der Höhe des Kredits und der Bürgschaft sowie der Laufzeit Mitteilung. Außerdem erhebt die LfA für die zuständigen bayerischen Stellen die Daten, die zur Erfüllung deren Meldepflichten notwendig sind.
18.
Überwachung von Staatsbürgschaften
Die LfA überwacht im Auftrag des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat die nach dieser und früheren Richtlinien übernommenen Staatsbürgschaften.
19.
Änderung des Bürgschaftsvertrags
Anträge auf Abänderung des Bürgschaftsvertrags oder Anträge auf Zustimmung des Freistaates Bayern als Bürgen, die auf Grund vertraglicher oder gesetzlicher Bestimmungen notwendig sind, sind vom Kreditgeber bei der LfA einzureichen. Sie legt die Anträge dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vor. Dieses kann die LfA in noch zu bestimmendem Umfang zur Entscheidung ermächtigen.
20.
Bürgschaftsentgelt und Bearbeitungsgebühr
20.1
Die LfA erhebt ein Bürgschaftsentgelt, das jährlich mindestens nullkommafünf v. H. des Bürgschaftsbetrags zuzüglich etwa anfallender Umsatzsteuer beträgt.
20.2
Für die Bearbeitung des Antrags auf Übernahme einer Staatsbürgschaft ist ein einmaliges Antragsentgelt in Höhe von nullkommafünf v. H. des Bürgschaftsbetrages zu zahlen. Das Antragsentgelt beträgt mindestens 250 Euro und höchstens 25.000 Euro. Die Verpflichtung zur Zahlung des Antragsentgelts entsteht mit der Antragsstellung.
21.
Erstattung von Ausfällen
Will der Kreditgeber den Freistaat Bayern als Bürgen wegen eines entstandenen Ausfalls in Anspruch nehmen, so meldet er seinen Ausfall getrennt nach Hauptsache, Zinsen und Kosten bei der LfA an.
22.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft. Mit Ablauf des 31. Dezember 2014 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Richtlinien für die Übernahme von Staatsbürgschaften im Bereich der gewerblichen Wirtschaft (Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BÜG) vom 7. November 2000 (FMBl S. 292), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 27. November 2012 (FMBl S. 636), außer Kraft.
 
Lazik
Ministerialdirektor