Veröffentlichung JMBl. 2012/02 S. 23 vom 08.02.2012

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Az.: 4208 - II - 10077/2010
3121.0-J
3121.0-J
Änderung der Bekanntmachung über die
Einführung und Ergänzung der Richtlinien für das
Strafverfahren und das Bußgeldverfahren
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
der Justiz und für Verbraucherschutz
vom 8. Februar 2012  Az.: 4208 - II - 10077/2010
 
1.
Die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vom 1. Januar 1977 (vgl. Nr. 1 der Bekanntmachung vom 2. Dezember 1976, JMBl S. 358, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 14. September 2007, JMBl S. 142) werden gemäß einer Vereinbarung zwischen den Landesjustizverwaltungen und dem Bundesministerium der Justiz wie folgt geändert:
1.1
Nr. 19 wird wie folgt geändert:
1.1.1
In Abs. 2 Satz 1 wird das Wort „sechzehn“ durch die Zahl „18“ ersetzt.
1.1.2
In Abs. 3 werden die Worte „Vormundschaftsgericht (§§ 37, 36 FGG)“ durch die Worte „Familiengericht (§ 152 FamFG)“ ersetzt.
1.2
In Nr. 19a Abs. 1 Satz 2 werden die Worte „Abs. 3“ durch die Worte „Abs. 2“ ersetzt.
1.3
Nr. 21 erhält folgende Fassung:
„21
Umgang mit behinderten Menschen
(1) Behinderten Menschen ist mit besonderer Rücksichtnahme auf ihre Belange zu begegnen.
(2) Im Hinblick auf die Ausübung des Wahlrechts nach § 186 Abs. 1 GVG teilt der Staatsanwalt mit Erhebung der öffentlichen Klage in geeigneter Form eine ihm bekannt gewordene Hör- oder Sprachbehinderung mit.
(3) Es empfiehlt sich, hörbehinderte Personen zur Wiederholung dessen zu veranlassen, was sie von Fragen, Zeugenaussagen oder mündlichen Erörterungen verstanden haben. Wenn sie auch mit technischen Hilfsmitteln zu einer Wiederholung nicht in der Lage sind oder von ihrem Wahlrecht nach § 186 Abs. 1 GVG keinen Gebrauch gemacht haben, ist darauf hinzuwirken, dass eine die Verständigung ermöglichende Maßnahme nach § 186 Abs. 2 GVG ergriffen wird.
(4) Bei Vernehmungen von geistig behinderten oder lernbehinderten Zeugen empfiehlt es sich, in geeigneten Fällen darauf hinzuwirken, dass nach Möglichkeit eine Vertrauensperson des Behinderten an der Vernehmung teilnimmt, die in der Lage ist, sprachlich zwischen diesem und dem Vernehmenden zu vermitteln.
(5) Bei Vernehmungen von hör- oder sprachbehinderten Beschuldigten, Verurteilten oder nebenklageberechtigten Personen im vorbereitenden Verfahren soll, sofern dies zur Ausübung der strafprozessualen Rechte dieser Personen erforderlich ist, der Staatsanwalt darauf hinwirken, dass ein Dolmetscher oder Übersetzer herangezogen wird.“
1.4
In Nr. 39 Abs. 1 werden die Worte „oder ist der Aufenthalt des bekannten oder mutmaßlichen Täters oder eines“ durch die Worte „hält er sich im Ausland auf oder ist sein Aufenthalt oder der eines“ ersetzt.
1.5
Nr. 41 wird wie folgt geändert:
1.5.1
Es wird folgender neuer Abs. 2 eingefügt:
„(2) Bei auslieferungsfähigen Straftaten soll gleichzeitig mit Einleitung der nationalen Fahndung zur Festnahme einer Person auch international in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz gefahndet werden, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte vor, dass sich die gesuchte Person im Inland aufhält. Erfolgt keine internationale Fahndung zur Festnahme, ist die gesuchte Person im SIS zur Aufenthaltsermittlung auszuschreiben (Art. 98 SDÜ - vgl. Anlage F). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen.“
1.5.2
Der bisherige Abs. 2 wird Abs. 3.
1.5.3
Der bisherige Abs. 3 wird Abs. 4; in Satz 1 wird das Wort „Ausländer“ durch die Worte „ausländischer Staatsangehöriger“ ersetzt.
1.5.4
Der bisherige Abs. 4 wird Abs. 5; in Satz 2 werden die Worte „Schengener Informationssystem (SIS)“ durch die Worte „SIS nach Art. 98 SDÜ“ ersetzt.
1.5.5
Der bisherige Abs. 5 wird Abs. 6; die Worte „des Beschuldigten“ werden gestrichen.
1.5.6
Es wird folgender Abs. 7 angefügt:
„(7) Eine Fahndung zur polizeilichen Beobachtung wird unter den Voraussetzungen des § 163e StPO auch in Verbindung mit § 463a StPO durchgeführt. Liegen zusätzlich die Voraussetzungen des Art. 99 Abs. 2 SDÜ vor, so kann auch eine Ausschreibung im SIS zur verdeckten Registrierung erfolgen (vgl. Anlage F).“
1.6
Nr. 42 wird wie folgt geändert:
1.6.1
In Satz 1 werden die Worte „nach ihm“ gestrichen.
1.6.2
In Satz 2 werden die Worte „Schengener Informationssystem (SIS)“ durch die Worte „SIS nach Art. 98 SDÜ (vgl. Anlage F)“ ersetzt.
1.7
Nr. 43 erhält folgende Fassung:
„43
Internationale Fahndung
(1) In den in Nr. 41 Abs. 2 Satz 1 genannten Staaten wird durch das SIS gefahndet. In anderen Staaten erfolgt die Fahndung durch INTERPOL.
(2) Liegen Anhaltspunkte vor, dass sich die gesuchte Person in einem bestimmten Staat aufhält, so kann eine internationale Fahndung durch ein gezieltes Mitfahndungsersuchen veranlasst werden.
(3) Alle in Abs. 1 und 2 genannten Ausschreibungen zur internationalen Fahndung können zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung erfolgen. Die internationale Fahndung zur Festnahme ist nur einzuleiten, wenn beabsichtigt ist, ein Auslieferungsersuchen anzuregen oder zu stellen.
(4) Zeugen können zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben werden.
(5) Für die internationale Fahndung nach Personen, einschließlich der Fahndung nach Personen im SIS und aufgrund eines Europäischen Haftbefehls, gelten die hierfür erlassenen Richtlinien (vgl. Anlage F).“
1.8
Nr. 48 wird wie folgt geändert:
1.8.1
Abs. 1 erhält folgende Fassung:
„(1) Um sicherzustellen, dass dem Beschuldigten bei der Verhaftung eine Abschrift des Haftbefehls und gegebenenfalls eine Übersetzung in einer für ihn verständlichen Sprache ausgehändigt wird (vgl. § 114a Satz 1 StPO), empfiehlt es sich, entsprechende Abschriften bei den Akten bereitzuhalten.“
1.8.2
In Abs. 2 werden nach den Worten „des Haftbefehls“ die Worte „und gegebenenfalls eine Übersetzung“ eingefügt.
1.9
In Nr. 49 werden die Worte „dem Anstaltsleiter“ durch die Worte „der Vollzugsanstalt unverzüglich“ und die Worte „(vgl. auch Nr. 7 UVollzO)“ durch die Worte „(vgl. § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 StPO)“ ersetzt.
1.10
Nr. 53 wird wie folgt geändert:
1.10.1
Die Überschrift erhält folgende Fassung:
„53
Ausländische Staatsangehörige und staatenlose Personen“.
1.10.2
Das Wort „Ausländer“ wird durch die Worte „ausländischer Staatsangehöriger“ ersetzt; nach dem Wort „genommen“ werden die Worte „(vgl. § 114b Abs. 2 Satz 3 StPO)“ eingefügt.
1.10.3
Es wird folgender Satz 2 angefügt:
„Dies gilt für staatenlose Personen mit der Maßgabe entsprechend, dass diese berechtigt sind, mit dem nächsten zuständigen Vertreter des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, in Verbindung zu treten.“
1.11
Nr. 54 Abs. 2 und 3 werden wie folgt gefasst:
„(2) Der Staatsanwalt achtet darauf, dass das Gericht einem Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung vollstreckt wird, einen Verteidiger bestellt (vgl. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO). Es empfiehlt sich, zugleich mit der Belehrung nach § 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 StPO zu klären, ob der Beschuldigte bereits einen Verteidiger gewählt hat oder die Bestellung eines Verteidigers seiner Wahl wünscht.
(3) Haftprüfungen und Haftbeschwerden sollen den Fortgang der Ermittlungen nicht aufhalten.“
1.12
Nr. 56 wird wie folgt geändert:
1.12.1
Abs. 3 wird aufgehoben.
1.12.2
Die bisherigen Abs. 4 und 5 werden Abs. 3 und 4.
1.13
Nr. 110 wird wie folgt geändert:
1.13.1
In Abs. 2 Buchst. f werden die Worte „und 4“ durch die Worte „bis 5“ ersetzt.
1.13.2
Abs. 4 Satz 3 erhält folgende Fassung:
„Auf den Ablauf der in § 121 Abs. 2 StPO bezeichneten Frist ist hinzuweisen.“
1.14
Nr. 174 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
„(1) Der Staatsanwalt soll zur Eignung des Entschädigungsantrages für eine Erledigung im Strafverfahren Stellung nehmen (§ 406 Abs. 1 Satz 4 und 5 StPO). Im Übrigen äußert er sich, wenn dies nötig ist, um die Tat strafrechtlich zutreffend zu würdigen.“
1.15
Nach Nr. 174 werden die folgende Überschrift und die folgenden Nrn. 174a und 174b eingefügt:
„3. Sonstige Befugnisse des Verletzten
174a
Unterrichtung des Verletzten
Sobald der Staatsanwalt mit den Ermittlungen selbst befasst ist, prüft er, ob der Verletzte bereits gemäß § 406h StPO belehrt worden ist. Falls erforderlich, holt er diese Belehrung nach. Dazu kann er das übliche Formblatt verwenden.
174b
Bestellung des Beistandes
Geht während eines Ermittlungsverfahrens oder im Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO) bei der Staatsanwaltschaft ein Antrag des Verletzten auf Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand oder auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nach den §§ 406g, 397a StPO ein, so ist dieser Antrag unverzüglich an das zuständige Gericht weiterzuleiten.“
1.16
Nr. 186 wird wie folgt geändert:
1.16.1
In Abs. 2 Satz 2 werden die Worte „des § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO“ durch die Worte „der §§ 98a, 100a, 110a und 163f StPO“ ersetzt.
1.16.2
In Abs. 2 Satz 3 werden die Worte „§ 477 Abs. 2 Satz 2 StPO“ durch die Worte „den §§ 98a, 100a, 110a und 163f StPO“ und die Worte „100f Abs. 2“ durch die Worte „100f Abs. 1“ ersetzt.
1.17
Die Fußnote zu Nr. 191 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:
„* Sonderregelungen in Art. 58 der Verfassung Brandenburgs und in Art. 15 der Verfassung Hamburgs. Nach Art. 51 Abs. 3 der Verfassung von Berlin gilt die in Satz 1 bezeichnete Ausnahme nur, wenn der Abgeordnete bei Ausübung der Tat festgenommen wird.“
1.18
In der Fußnote zu Nr. 192a Abs. 1 Satz 2 werden das Wort „Hamburg“ und das nachfolgende Komma gestrichen.
1.19
Nr. 194 erhält folgende Fassung:
„194
Ausweise von Diplomaten und anderen von der
inländischen Gerichtsbarkeit befreiten Personen
Die Art der Ausweise von Diplomaten und der anderen von der inländischen Gerichtsbarkeit befreiten Personen ergibt sich aus dem Rundschreiben des Auswärtigen Amtes zur Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen vom 19. September 2008 (Gemeinsames Ministerialblatt - GMBl - S. 1154).“
1.20
Nach Nr. 222 wird folgende Nr. 222a eingefügt:
„222a
Anhörung des durch eine Straftat nach den
§§ 174 bis 182 StGB Verletzten
(1) Vor der Einleitung verfahrensbeendender Maßnahmen nach den §§ 153 Abs. 1, 153a Abs. 1, 153b Abs. 1 oder 154 Abs. 1 StPO soll dem Verletzten Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem beabsichtigten Verfahrensabschluss gegeben werden, in den Fällen des § 154 Abs. 1 StPO jedoch nur, wenn die Einstellung im Hinblick auf andere Taten zum Nachteil Dritter erfolgen soll. Hiervon kann abgesehen werden, wenn der Verletzte bereits bei seiner Vernehmung als Zeuge hierzu befragt worden ist. Widerspricht der Verletzte einer beabsichtigten Maßnahme und wird das Verfahren eingestellt, soll eine Würdigung seiner Einwendungen in den Bescheid über die Einstellung (Nr. 89, 101 Abs. 2) aufgenommen werden.
(2) Dem Verletzten soll auch Gelegenheit gegeben werden, sich durch einen anwaltlichen Beistand bei einer etwaigen Erörterung des Verfahrensstands nach § 160b StPO sowie im Hinblick auf eine etwaige Entscheidung über die Anklageerhebung nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG oder § 26 Abs. 2 GVG (vgl. Nr. 113 Abs. 2) zu seiner besonderen Schutzbedürftigkeit zu äußern. In geeigneten Fällen kann auch der Verletzte selbst an der Erörterung des Verfahrensstands beteiligt werden.“
 
2.
Diese Bekanntmachung tritt am 1. April 2012 in Kraft.