Veröffentlichung KWMBl. 2011/10 S. 86 vom 17.05.2011

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Az.: VII.8-5 S 9500-6-7.3 363
2236.1-UK
2236.1-UK
Ausgleich von Prüfungsnachteilen an
Berufsschulen, Berufsfachschulen, Wirtschaftsschulen, Fachschulen,
Fachakademien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen
aufgrund dauernder Behinderung
 
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Unterricht und Kultus
vom 17. März 2011  Az.: VII.8-5 S 9500-6-7.3 363
 
Für Ausnahmeanträge auf Ausgleich von Prüfungsnachteilen aufgrund dauernder Behinderung gemäß §§ 2 Abs. 2 BSO, 91 Abs. 2 BFSO HwKiSo, 76 Abs. 2 BFSO Pflege, 67 Abs. 2 BFSO Sprachen, 2 Abs. 2 WSO, 75 Abs. 2 FSO, 65 Abs. 2 FSO HeilE, 64 Abs. 2 FSO AltFam, 63 Abs. 2 FakO, 69 Abs. 2 FakO SozPäd, 68 Abs. 2 FakO Sprachen, 48 Abs. 2 FakO Hw und 2 Abs. 2 FOBOSO erlässt das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit zu Nrn. 3.2.1 und 3.2.2 die folgende Bekanntmachung.
1.
Zuständigkeit für die Gewährung eines Nachteilsausgleichs
1.1
Gemäß
§ 2 Abs. 2 der Schulordnung für die Berufsschulen in Bayern,
§ 91 Abs. 2 der Schulordnung für die Berufsfachschulen für Hauswirtschaft, für Kinderpflege und für Sozialpflege,
§ 76 Abs. 2 der Schulordnung für die Berufsfachschulen für Krankenpflege, Kinderkrankenpflege, Altenpflege, Krankenpflegehilfe, Altenpflegehilfe und Hebammen,
§ 67 Abs. 2 der Schulordnung für die Berufsfachschulen für Fremdsprachenberufe,
§ 2 Abs. 2 der Schulordnung für die Wirtschaftsschulen in Bayern,
§ 75 Abs. 2 der Schulordnung für zweijährige Fachschulen,
§ 65 Abs. 2 der Schulordnung für die Fachschulen für Heilerziehungspflege und für Heilerziehungspflegehilfe,
§ 64 Abs. 2 der Schulordnung für die Fachschulen für Altenpflege, für Altenpflegehilfe und für Familienpflege,
§ 63 Abs. 2 der Schulordnung für zweijährige Fachakademien,
§ 69 Abs. 2 der Schulordnung für die Fachakademien für Sozialpädagogik,
§ 68 Abs. 2 der Schulordnung für die Fachakademien für Fremdsprachberufe in Bayern und
§ 48 Abs. 2 der Schulordnung für die Fachakademien für Hauswirtschaft
werden die Regierungen beauftragt, in Härtefällen über den Ausgleich von Prüfungsnachteilen aufgrund dauernder Behinderung bei Leistungsnachweisen in den Prüfungsfächern in Abschlussklassen im Laufe des Schuljahres sowie bei staatlichen Abschlussprüfungen zu entscheiden.
Die Regierungen entscheiden als unmittelbare Schulaufsichtsbehörden gemäß § 76 Abs. 2 BFSO Pflege nur bei der staatlichen Abschlussprüfung an Berufsfachschulen für Krankenpflegehilfe und Altenpflegehilfe, nicht aber bei Abschlussprüfungen nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege und der Altenpflege und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger, da das Staatsministerium für Unterricht und Kultus insoweit nicht zuständig ist.
Im Übrigen entscheidet über den Ausgleich von Prüfungsnachteilen aufgrund dauernder Behinderung bei Leistungsnachweisen im Laufe des Schuljahres die Schulleiterin oder der Schulleiter.
1.2
Gemäß § 2 Abs. 2 der Schulordnung für die Berufliche Oberschule Fachoberschulen und Berufsoberschulen werden die Ministerialbeauftragten für die Berufliche Oberschule (Fachoberschulen und Berufsoberschulen) beauftragt, in Härtefällen über Ausnahmeanträge auf Ausgleich von Prüfungsnachteilen aufgrund dauernder Behinderung bei Leistungsnachweisen in den Prüfungsfächern in Abschlussklassen der Fachoberschulen und Berufsoberschulen im Laufe des Schuljahres sowie bei staatlichen Abschlussprüfungen zu entscheiden (siehe auch Nr. I 3.1 der Dienstanweisung für die Ministerialbeauftragten für die Berufliche Oberschule (Berufsoberschulen und Fachoberschulen), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 26. Oktober 2010 (KWMBl S. 532)). Im Übrigen entscheidet über den Ausgleich von Prüfungsnachteilen aufgrund dauernder Behinderung bei Leistungsnachweisen im Laufe des Schuljahres die Schulleiterin oder der Schulleiter.
 
2.
Vorliegen einer dauernden Behinderung
Ein Ausgleich von Prüfungsnachteilen wird Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden bewilligt, die wegen einer nachgewiesenen, nicht nur vorübergehenden Behinderung bei der Erhebung von Leistungsnachweisen und bei der Anfertigung von Prüfungsarbeiten benachteiligt sind. Bei nicht dauernd vorliegenden Beeinträchtigungen (Erkrankungen, vorübergehender Zustand nach Unfall oder Operation) sind Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, sofern ärztlich oder amtsärztlich nachgewiesen ist, dass die Prüfungsfähigkeit nicht bzw. nicht voll gegeben ist, auf einen Nachtermin zu verweisen. Ein Nachteilsausgleich wird in Fällen vorübergehender Behinderung in der Regel nicht gewährt, wenn zu erwarten ist, dass die Behinderung vor Ablauf der Frist für den Nachtermin endet.
 
3.
Grundsätze des Nachteilsausgleichs
3.1
Allgemeines
Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs dient dazu, unbillige Härten zu vermeiden, die bei der Anwendung allgemeiner Regelungen im Einzelfall entstehen können. Es ermöglicht, auf Besonderheiten des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen, und dient daher der Einzelfallgerechtigkeit. Damit die Regierungen, die Ministerialbeauftragten für die Berufliche Oberschule (Berufsoberschulen und Fachoberschulen) und die Schulen bei der Entscheidung über den Ausgleich von Prüfungsnachteilen bei dauernder Behinderung nach vergleichbaren Maßstäben vorgehen und somit auch bei dezentraler Zuständigkeit die notwendige Einheitlichkeit sichergestellt ist, sind folgende Grundsätze zu beachten:
3.2
Der Ausgleich von Prüfungsnachteilen wird nur auf Antrag gewährt.
3.2.1
Anträge auf Nachteilsausgleich bei Leistungsnachweisen in Prüfungsfächern in den Abschlussklassen im Laufe des Schuljahres sowie bei Abschlussprüfungen sind rechtzeitig zu Schuljahresbeginn über die Schule der zuständigen Regierung oder dem zuständigen Ministerialbeauftragten für die Berufliche Oberschule (Fachoberschulen und Berufsoberschulen) vorzulegen.
Dem Antrag soll eine mit einem Vorschlag verbundene Stellungnahme der Schule beigefügt sein, in der diese – ggf. in Abstimmung mit dem Mobilen Sonderpädagogischen Dienst – auch über den im bisherigen schulischen Werdegang der Antragstellerin oder des Antragsstellers gewährten Nachteilsausgleich und die im Zusammenhang damit gemachten Erfahrungen berichtet.
Dem Antrag soll ein amtsärztliches oder amtsärztlich bestätigtes ärztliches Zeugnis beigefügt sein, durch das Art, Umfang und Dauer der Behinderung nachgewiesen werden. Abweichend hiervon ist ein ärztliches Zeugnis als ausreichend anzusehen, wenn aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls die Behinderung und der zu gewährende Nachteilsausgleich offensichtlich sind. Die Entscheidung darüber, ob ein ärztliches Zeugnis ausreichend ist, trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter.
Schwerbehindertenausweise einschließlich der zugrunde liegenden Bescheide sind nur dann ausreichend, wenn hieraus auch Art und Umfang der Behinderung hervorgehen.
3.2.2
Soweit über den Antrag auf Nachteilsausgleich bei Leistungsnachweisen im Laufe des Schuljahres – ggf. in Abstimmung mit dem Mobilen Sonderpädagogischen Dienst – die Schulleiterin oder der Schulleiter entscheidet, ist der Antrag rechtzeitig vorher bei der jeweiligen Schule zu stellen. Dem Antrag muss ein ärztliches Zeugnis beigefügt sein, durch das Art, Umfang und Dauer der Behinderung nachgewiesen werden. Schwerbehindertenausweise einschließlich der zugrunde liegenden Bescheide sind nur dann ausreichend, wenn hieraus auch Art und Umfang der Behinderung hervorgehen. Die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses kann verlangt werden, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit des ärztlichen Zeugnisses bestehen.
3.3
Ausgleichbar sind nur Behinderungen, die außerhalb der in der Prüfung zu ermittelnden Fähigkeiten liegen. Behinderungen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der durch die Prüfung zu ermittelnden Eignung sei es für einen bestimmten Beruf oder eine bestimmte Ausbildung stehen, müssen außer Betracht bleiben, da es mit Sinn und Zweck von Prüfungen nicht zu vereinbaren wäre, durch Prüfungsvergünstigungen Leistungsschwächen auszugleichen, die für Art und Umfang der Befähigung der Schülerin oder des Schülers bzw. der oder des Studierenden und damit auch für die Eignung, die in der Prüfung festgestellt werden soll, von Bedeutung sind.
Abweichend hiervon kann im Fach Textverarbeitung sowie im Wahlpflichtfach Bürokommunikation mit Kurzschrift, Bereich Kurzschrift, Nachteilsausgleich gewährt werden, obwohl die Schreibgeschwindigkeit Teil des Befähigungsnachweises ist; in diesen Fällen ist ein Zeugnisvermerk aufzunehmen.
3.4
Ein angemessener Nachteilsausgleich muss stets der Eigenart und Schwere der jeweiligen Behinderung des Prüfungsteilnehmers Rechnung tragen.
3.4.1
Als Ausgleich für Prüfungsnachteile aufgrund dauernder Behinderung kommt bei Abschlussprüfungen in analoger Anwendung des § 38 Abs. 1 der Allgemeinen Prüfungsordnung (APO) in der jeweils geltenden Fassung grundsätzlich eine Verlängerung der Arbeitszeit bis zu einem Viertel der normalen Arbeitszeit in Betracht; in Fällen besonders weitgehender Prüfungsbehinderung kann auf Antrag die Arbeitszeit bis zur Hälfte der normalen Arbeitszeit verlängert werden.
3.4.2
Neben oder anstelle einer Arbeitszeitverlängerung kann in Ausnahmefällen auch die Gewährung unberechneter Pausen oder die Benutzung zusätzlicher Hilfsmittel, wie z. B. eines Computers, einer besonderen Beleuchtungseinrichtung oder die Vorlage des Aufgabentextes in vergrößertem Schriftbild oder in Blindenschrift, in Betracht kommen.
3.4.3
In Fällen besonders schwerer Behinderungen kann auch die (zeitweise) Zuordnung einer Schreibkraft gewährt werden. Dies macht zumeist auch die Zuweisung eines gesonderten Prüfungsraums erforderlich.
3.5
Der Ausgleich von Prüfungsnachteilen einschließlich Art und Umfang des Ausgleichs wird nicht im Zeugnis vermerkt. Abweichend hiervon ist bei Gewährung eines Nachteilsausgleichs im Fach Textverarbeitung sowie im Wahlpflichtfach Bürokommunikation mit Kurzschrift, Bereich Kurzschrift, ein Zeugnisvermerk aufzunehmen.
 
4.
Geltungsbereich
4.1
Diese Bekanntmachung gilt für die öffentlichen und privaten, staatlich anerkannten Berufsschulen, Berufsfachschulen, Wirtschaftsschulen, Fachschulen, Fachakademien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen.
4.2
Bei Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden mit Legasthenie oder Lese- und Rechtschreibschwäche richtet sich der Nachteilsausgleich nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über die Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens vom 16. November 1999 (KWMBl I S. 379) in der jeweils geltenden Fassung.
 
5.
Aufhebung von Vorschriften
Folgende Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus werden aufgehoben:
Schreiben vom 13. Februar 1996 Az.: VII/12-13/197 741,
Schreiben vom 24. Februar 1997 Az.: VII/13-S 9500-14/7 398,
Schreiben vom 5. Oktober 2001 Az.: VII/9-S 9500-7/106 237.
 
6.
Inkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. August 2011 in Kraft.
Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über den Ausgleich von Prüfungsnachteilen an Berufsfachschulen, Wirtschaftsschulen, Fachschulen und Fachakademien aufgrund dauernder Behinderung vom 23. Dezember 2005 (KWMBl I 2006 S. 42) tritt mit Ablauf des 31. Juli 2011 außer Kraft.
 
 
Erhard
Ministerialdirektor