Veröffentlichung BayMBl. 2020 Nr. 218 vom 22.04.2020

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Staatsministerium der Finanzen und für Heimat

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Verwaltungsvorschrift

66-F
  • Finanzwesen
  • Sicherheitsleistung

66-F

Richtlinie für die Übernahme von Staatsbürgschaften bei Notständen durch
Elementarereignisse im Rahmen der Härtefondsrichtlinien
(HFR-Bü)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat

vom 9. März 2020, Az. 44-L 6873-1/1

Auf Grund der Art. 6 und 7 des Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften und Garantien des Freistaates Bayern (BÜG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 66-1-F) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 1 Abs. 312 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBI. S. 98) geändert worden ist, macht das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (Staatsministerium) im Einvernehmen mit den Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Sport und Integration, für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Familie, Arbeit und Soziales bekannt:

1.
Allgemeines
1.1
Diese Richtlinie gilt für die Übernahme von Staatsbürgschaften im Rahmen von Hilfsaktionen des Staates zur Milderung von Schäden, die durch Elementarereignisse verursacht sind(Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BÜG).
1.2
Soweit diese Richtlinie keine Sonderregelungen enthält, findet auf die Übernahme von Staatsbürgschaften die Härtefondsrichtlinie (HFR) Anwendung.
1.3
1Für die Übernahme von Staatsbürgschaften gelten die beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union in der jeweils zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbewilligung geltenden Fassung. 2Für Bürgschaften auf Grundlage dieser Richtlinie ist insbesondere die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 – Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) – maßgeblich. 3Bei Gewährung von Bürgschaften nach dieser Richtlinie auf Basis der AGVO ist insbesondere zu beachten:
a)
1Für Bürgschaften gelten bestimmte Bruttosubventionsäquivalente und Beihilfeintensitäten. 2Die Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents erfolgt im Rahmen von Art. 5 Nr. 2 Buchst. c Buchst. i und Doppelbuchst. ii AGVO
entweder auf der Grundlage von Mindestprämien („Safe-Harbour-Prämien“), die in einer Mitteilung der Europäischen Kommission, beispielsweise der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. C 155 vom 20. Juni 2008, S. 10), die durch Berichtigung (ABl. C 244 vom 25. September 2008, S. 32) geändert worden ist, festgelegt wurden,
oder auf der Basis von der Europäischen Kommission genehmigter Methoden
(derzeit N 197/2007, N 541/2007 und N 762/2007, angepasst mit Entscheidung Nr. C (2013) 9777 der Kommission vom 20. Dezember 2013).
b)
Aufgrund europarechtlicher Vorschriften müssen bestimmte Informationen über jede Einzelbeihilfe über 500 000 € veröffentlicht werden, vgl. Art. 9 Nr. 1 Buchst. c und Anhang III AGVO.
c)
1Die Europäische Kommission hat das Recht die Bürgschaften aufgrund dieser Richtlinie zu überprüfen. 2Daher müssen alle für die Förderung relevanten Unterlagen zehn Jahre lang ab Gewährung der Bürgschaften aufbewahrt werden, Art. 12 AGVO.
2.
Art und Umfang der Staatsbürgschaften
2.1
1Staatsbürgschaften können gegenüber Kreditinstituten für zweckgebundene Darlehen übernommen werden, wenn diese Darlehen mangels der erforderlichen bankmäßigen Sicherheiten zu den vorgesehenen Bedingungen sonst nicht gewährt würden. 2Auch zinsverbilligte oder staatlich refinanzierte Darlehen können durch eine Staatsbürgschaft abgesichert werden. 3Die Staatsbürgschaft kann bis zu maximal 90 % des Darlehens übernommen werden; mindestens 10 % Eigenrisiko sind vom Darlehensgeber zu tragen. 4Die Staatsbürgschaft wird als modifizierte Ausfallbürgschaft (vergleiche Nr. 6) übernommen. 5Vorhandene Sicherheiten sind nach Möglichkeit zur Absicherung des Darlehens heranzuziehen. 6Die Dauer der Staatsbürgschaft soll fünf Jahre nicht übersteigen.
2.2
1Die Bürgschaft umfasst die Darlehensforderung, die Zinsen mit Ausnahme der Strafzinsen sowie die laufenden Verwaltungskosten, Verzugsentschädigungen und notwendigen baren Auslagen im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. 2Ab Verzugseintritt gilt der Zinssatz als verbürgt, der gegenüber dem Kreditnehmer auf Grund individueller Vertragsabreden oder als gesetzlicher Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann. 3Die Höhe des Schadensersatzanspruches ist auf den Basiszinssatz nach § 247 BGB zuzüglich 3 % begrenzt.
2.3
Die Verzinsung des Darlehens darf einen marktüblichen Zinssatz nicht übersteigen.
2.4
Die Darlehen sind den Darlehensnehmern in voller Höhe ohne Disagio auf einem Sonderdarlehenskonto zur Verfügung zu stellen.
2.5
1Grundsätzlich sollen die Darlehen nach einem tilgungsfreien Jahr in vier gleichen Jahresraten zurückgezahlt werden. 2Eine vorzeitige Tilgung des Darlehens soll jederzeit möglich sein.
3.
Subventionsrechtliche Vorschriften

1Staatsbürgschaften sind Subventionen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches. 2Die als solche bezeichneten Angaben im Antrag sowie die Angaben in den dazu eingereichten ergänzenden Unterlagen sind subventionserheblich im Sinne des § 264 Abs. 8 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 des Subventionsgesetzes (SubvG) in Verbindung mit Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes (BayStrAG).

4.
Bewilligung von Staatsbürgschaften
4.1
Örtlich zuständige Bewilligungsbehörden sind bei Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörigen Freier Berufe die Regierungen und bei allen anderen Zuwendungsempfängern die Kreisverwaltungsbehörden (vgl. hierzu Nr. 11.1 der HFR).
4.2
Übersteigt die beantragte Bürgschaft einschließlich der bereits übernommenen Bürgschaften die in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BÜG genannte Grenze, haben die in Nr. 4.1. genannten Bewilligungsbehörden die Zustimmung des Interministeriellen Bürgschaftsausschusses einzuholen.
4.3
Wird eine Staatsbürgschaft übernommen, so ist die Bürgschaftserklärung dem Darlehensgeber zweifach zu übersenden, der seinerseits eine Ausfertigung an den Darlehensnehmer weiterleitet.
4.4
Das Staatsministerium kann gegenüber den Regierungen und diese gegenüber den Kreisverwaltungsbehörden Obergrenzen für das Gesamtvolumen von Bürgschaften festsetzen.
5.
Verwendungsnachweis
5.1
Die Empfänger staatsverbürgter Darlehen müssen die zweckentsprechende Verwendung der Darlehen nachweisen.
5.2
1Die Bewilligungsbehörden sowie der Bayerische Oberste Rechnungshof und die Europäische Kommission sind berechtigt, in jeder Form, insbesondere durch Einsicht in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen Einblick in die Vermögensverhältnisse zu nehmen, die Einhaltung der Darlehens- und Bürgschaftsbestimmungen zu überprüfen und die erforderlichen Auskünfte zu verlangen, wobei die vorstehenden Rechte auch durch eine Prüfungsgesellschaft oder sonstige Beauftragte wahrgenommen werden können. 2Die Kosten einer solchen Prüfung hat der Darlehensnehmer zu tragen. 3Die vorstehenden Prüfungs- und Auskunftsrechte bestehen hinsichtlich der das Darlehen und die Bürgschaft betreffenden Unterlagen auch gegenüber dem Darlehensgeber.
6.
Feststellung des Ausfalls
6.1
Der Ausfall gilt als festgestellt, wenn und soweit die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers durch Zahlungseinstellung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, durch Abgabe einer Vermögensauskunft nach § 802c der Zivilprozessordnung oder auf sonstige Weise erwiesen ist und nennenswerte Eingänge aus der Verwertung von Sicherheiten oder sonstigem Vermögen des Kreditnehmers nicht mehr zu erwarten sind.
6.2
Der Ausfall gilt ferner in Höhe der noch offenen Kreditforderung spätestens ein Jahr nach dem Zeitpunkt als festgestellt, in dem das Kreditinstitut das Darlehen wegen Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen des Schuldners fällig gestellt hat.
6.3
Der Bürge behält sich vor, die Bürgschaftsverpflichtung nach Maßgabe der im Darlehensvertrag festgelegten Zins- und Tilgungsleistungen zu erfüllen.
6.4
Der Bürge ist berechtigt, zur Vermeidung eines weiteren Zinsanfalls Abschlagszahlungen zu leisten.
6.5
Ansprüche aus übernommenen Bürgschaften sind beim Landesamt für Finanzen geltend zu machen.
7.
Meldungen bei staatsverbürgten Darlehen
7.1
1Kreditinstitute, die staatsverbürgte Darlehen ausgereicht haben, melden der örtlich zuständigen Regierung jährlich – Stichtag 31. Dezember – die planmäßigen und tatsächlichen Darlehen (2‑fach). 2Die Meldungen sind der zuständigen Regierung bis spätestens 1. Februar des folgenden Jahres vorzulegen. 3Gleichzeitig ist zu bestätigen, dass weitere staatsverbürgte Darlehen – auch aus früheren Aktionen – nicht mehr bestehen.
7.2
1Durch die jeweilige Regierung sind dem Staatsministerium die Meldungen über den Stand der staatsverbürgten Darlehen in einem Bericht zusammengefasst bis spätestens 15. Februar des folgenden Jahres vorzulegen. 2Dem Bayerischen Obersten Rechnungshof ist ein Abdruck des Berichts mit den von der Regierung bestätigten Zweitschriften der von den Darlehensgebern eingereichten Meldungen zu übersenden.
8.
Überwachung der staatsverbürgten Darlehen
8.1
1Bei Zahlungsschwierigkeiten von Schuldnern staatsverbürgter Darlehen, insbesondere bei Rückständen mit fälligen Zins- und Tilgungsraten von mehr als drei Monaten, sowie bei Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Darlehensgeber unverzüglich die Regierung zu verständigen. 2Diese übergibt ihre Unterlagen, sofern sie nicht einer Stundung der rückständigen Zins- und Tilgungsraten zustimmt, dem Landesamt für Finanzen zur weiteren Bearbeitung. 3Die eigene Überwachungs- und Sorgfaltspflicht des Darlehensgebers bleibt davon unberührt.
8.2
1Die Regierungen überwachen alle vom Freistaat Bayern gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BÜG verbürgten Darlehen. 2Die Überwachung erstreckt sich auf die Zeit von der Übernahme der Staatsbürgschaft bis zum Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung oder bis zur Abgabe der Akten an das Landesamt für Finanzen. 3Die Regierung achtet auf die Einhaltung aller Darlehens- und Bürgschaftsauflagen durch den Darlehensnehmer und den Darlehensgeber. 4Die Regierungen sind im Rahmen der Bürgschaftsüberwachung (vergleiche Art. 58, 59 Bayerische Haushaltsordnung und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften) im Einzelfall zu folgenden Entscheidungen ermächtigt:
a)
formale Änderungen der Staatsbürgschaft ohne Auswirkungen auf das Bürgschaftsrisiko, zum Beispiel Zustimmung zum Wechsel des Darlehensgebers, Änderung der Bezeichnung des Darlehensnehmers, Ausscheiden von Gesellschaftern ohne Haftungsfreistellung;
b)
materielle Änderungen der Staatsbürgschaft ohne Verschlechterung des Bürgschaftsrisikos, zum Beispiel Zustimmung zur Stundung von Zins- und Tilgungsbeträgen bis zu sechs Monaten, es sei denn, dass es sich um staatlich refinanzierte Darlehen handelt; Verzicht auf Sicherheiten, wenn der Wert des Verzichts 5 000 € nicht übersteigt.
c)
In allen anderen Fällen hat die Regierung die vorherige Zustimmung des Landesamts für Finanzen einzuholen.
9.
Schlussbestimmungen
9.1
1Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2019 in Kraft und ist für alle Finanzhilfeaktionen anzuwenden, die nach diesem Zeitpunkt eingeleitet werden. 2Die vor diesem Zeitpunkt eingeleiteten Finanzhilfeaktionen sind nach den Richtlinien für die Übernahme von Staatsbürgschaften bei Notständen durch Elementarereignisse im Rahmen der Härtefondsrichtlinien (HFR-Bü) in der am 30. Juni 2019 geltenden Fassung und den dazu ergangenen Anweisungen abzuwickeln.
9.2
Im Übrigen gelten die Abwicklungsbestimmungen-Staatsbürgschaft (AbStaFMS) vom 29. Mai 2015 (Az.: 44 - L 6830 – 1/1).

Harald Hübner

Ministerialdirektor