Veröffentlichung BayMBl. 2020 Nr. 246 vom 07.05.2020

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Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention

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Sonstige Bekanntmachung

Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)

Corona-Pandemie: Maßnahmen betreffend Werk- und Förderstätten
für Menschen mit Behinderung sowie Frühförderstellen

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege

vom 7. Mai 2020, Az. GZ6a-G8000-2020/122-292

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlässt im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV) folgende

Allgemeinverfügung

1.
Die Allgemeinverfügung „Corona-Pandemie: Maßnahmen betreffend Werk- und Förderstätten für Menschen mit Behinderung sowie Frühförderstellen“ vom 17. März 2020, Az. 51b-G8000-2020/122-80 (BayMBI. 2020 Nr. 149), die zuletzt durch die Allgemeinverfügung vom 30. April 2020, Az. GZ6a-G8000-2020/122-260 (BayMBl. 2020 Nr. 237) geändert worden ist, wird wie folgt geändert.
1.1
In Nr. 1 wird die Angabe „10. Mai 2020“ durch die Angabe „17. Mai 2020“ ersetzt.
1.2
Nach Nr. 2.4 wird folgende Nr. 2.5 angefügt:

„2.5 Sowohl dringend erforderliche medizinisch-therapeutische als auch heilpädagogische Leistungen im Rahmen der Komplexleistung Frühförderung mit unmittelbarem persönlichen Kontakt zu Kindern und deren Familien bis maximal 40 Prozent der vor Ausbruch der Corona-Pandemie monatlich erbrachten Behandlungseinheiten (BE). Die Entscheidung zur Dringlichkeit der Wiederaufnahme der Leistungen ist von der Leitung der Frühförderstelle zu treffen. Voraussetzung dafür ist eine enge Abstimmung mit den Eltern und den behandelnden Fachkräften der Frühförderstelle.“

1.3
In Nr. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Von dem in Satz 2 genannten Betretungsverbot sind außerdem ab 11. Mai 2020 folgende Personen ausgenommen:

  • Teilnehmende an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen von Berufsbildungswerken und vergleichbaren Einrichtungen gemäß § 51 SGB IX;
  • Teilnehmende an Maßnahmen, die Abschlusskurse und Abschlusssemester in Berufsförderungswerken besuchen und deren Abschlussprüfungen bis 31. August 2020 beginnen;
  • Teilnehmende an Maßnahmen in Geschäftsstellen oder Außenstellen von Berufsförderungswerken;
  • Teilnehmende an Maßnahmen von Berufsförderungswerken, die sich in einem externen Praktikum befinden, um in den angeschlossenen Internatsbereich zu gelangen.“
1.4
In Nr. 7 Satz 2 wird die Angabe „10. Mai 2020“ durch die Angabe „17. Mai 2020“ ersetzt.
2.
Diese Allgemeinverfügung tritt am 9. Mai 2020 in Kraft.

Begründung

Zu Nr. 1:

Zu Nr. 1.1:

Zur Verlangsamung des Infektionsgeschehens in Bayern und zum Schutz der zum Teil besonders vulnerablen Gruppe der Menschen mit Behinderung wird die grundsätzliche Verlängerung des Betretungsverbots für Werkstätten für behinderte Menschen, Förderstätten, Frühförderstellen, Berufsbildungswerke und Berufsförderungswerke sowie vergleichbare Einrichtungen gemäß § 51 SGB IX bis einschließlich 17. Mai 2020 geregelt.

Dadurch werden in den genannten Einrichtungen infektionsrelevante Kontakte für nunmehr über acht Wochen unterbunden sein. Es soll erreicht werden, dass sich die Ausbreitung von COVID-19 weiter verlangsamt. Durch eine Verzögerung der Ausbreitung kann zusätzlich eine stärkere Entkoppelung von der Influenzawelle erreicht werden. Somit können die zu erwartenden schweren Erkrankungsfälle in der Bevölkerung über einen längeren Zeitraum verteilt und Versorgungsengpässe in den Krankenhäusern vermieden werden. Auch insofern dient die vorliegende Maßnahme dem Gesundheitsschutz.

Aus den genannten Gründen ist nach Abwägung aller relevanten Umstände die vorliegende, zeitlich befristete Verlängerung mit Ausnahmen (siehe Nr. 1.2 und 1.3) verhältnismäßig und gerechtfertigt, um dem vorrangigen Gesundheitsschutz der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) Rechnung zu tragen.

Zu Nr. 1.2:

Bei der schrittweisen Wiederaufnahme dringend erforderlicher Leistungen der Frühförderung sind nicht mehr ausschließlich die in 2.3 genannten Gründe maßgeblich, sondern es ist – um einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder schwerwiegenden Entwicklungsgefährdungen entgegenzuwirken – vorrangig vor allem der Personenkreis der Kinder mit schweren Behinderungen und Entwicklungsstörungen, Kommunikations- und Verhaltensstörungen, schweren Regulationsproblemen oder oppositionellem Verhalten, großen Schwierigkeiten im sozio-emotionalen Bereich und in der Verhaltenssteuerung einzubeziehen.

Für die Ermittlung der zugelassenen Behandlungseinheiten (BE) ist die Gesamtzahl der in der jeweiligen Frühförderstelle im Jahr 2019 erbrachten BE zugrunde zu legen. Von dieser Zahl gilt ein Zwölftel als durchschnittlicher Monatswert.

Im Rahmen der Komplexleistung Frühförderung können die Leistungen sowohl in der Frühförderstelle (ambulant) als auch in den Familien (mobil) erbracht werden. Solange Einschränkungen für den Kitabetrieb gelten, ist die Leistungserbringung dort nur nach vorheriger Abklärung möglich. Gruppenangebote sind generell nicht zulässig.

Grundsätzlich sind auch Neuaufnahmen von Kindern und deren Familien in die Frühförderung nach den gleichen Kriterien der Dringlichkeit bei Einhaltung der üblichen Antragswege möglich.

Die Erbringung von Leistungen im Rahmen der Komplexleistung Frühförderung setzt die Einhaltung allgemeiner Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen wie beispielsweise Ausschluss kranker Kinder, Einhaltung des Mindestabstands, Beachtung der Husten- und Niesregeln und der Händehygiene sowie Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für das Personal der Frühförderstelle und die begleitenden Sorgeberechtigten voraus. Im Bereich der Frühförderung gehören dazu u. a. auch kein Aufenthalt im Wartebereich, die Einzelnutzung der Förderräume, eine zeitversetzte Terminvergabe sowie eine ausschließliche Einzelbehandlung im 1:1-Kontakt (ggf. mit maximal einem Elternteil). Darauf aufbauend muss jede Frühförderstelle ein Hygienekonzept erstellen und umsetzen. Der Träger der Frühförderstelle hat das Personal sowie die Sorgeberechtigten entsprechend zu informieren.

Zu Nr. 1.3:

Die tatsächlichen geänderten Verhältnisse machen eine teilweise Aufhebung des Betretungsverbots in Berufsbildungswerken und vergleichbaren Einrichtungen gemäß § 51 SGB IX sowie Berufsförderungswerken möglich.

Im Rahmen einer Risikoabwägung kann der Betrieb dort wie folgt teilweise wiederaufgenommen werden.

Durch den ersten Spiegelstrich werden ab dem 11. Mai 2020 Teilnehmende an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB III, §§ 51 SGB III und 53 SGB III von Berufsbildungswerken und vergleichbaren Einrichtungen gemäß § 51 SGB IX vom Betretungsverbot ausgenommen. Dies ist erforderlich, damit die ab August 2020 beginnenden neuen Maßnahmen ordnungsgemäß starten können.

Vom Betretungsverbot werden im zweiten Spiegelstrich ab 11. Mai 2020 Teilnehmende an Maßnahmen in Berufsförderungswerken, die sich in Abschlusskursen und Abschlusssemestern befinden, zur Prüfungsvorbereitung ihrer bis 31. August 2020 beginnenden Abschlussprüfungen ausgenommen.

Des Weiteren werden im dritten Spiegelstrich ab dem 11. Mai 2020 Teilnehmende an Maßnahmen in Geschäftsstellen oder Außenstellen von Berufsförderungswerken vom Betretungsverbot ausgenommen. Diese Ausnahme ist im Sinne des Infektionsschutzes möglich, weil der Betrieb in den Geschäftsstellen in zeitlicher und räumlicher Hinsicht entzerrt werden kann.

Außerdem werden vom Betretungsverbot Teilnehmende an Maßnahmen in Berufsförderungswerken, die sich in einem externen Praktikum befinden, vom Betretungsverbot ausgenommen. Damit soll sichergestellt werden, dass die betroffenen Teilnehmenden in den gegebenenfalls räumlich angeschlossenen Internatsbereich gelangen können.

Es finden die für den Schulbetrieb geltenden Hygiene- und Schutzvorschriften entsprechende Anwendung und sind vom Träger zu beachten. Es sind das Fachpersonal, die Maßnahmenteilnehmerinnen und Maßnahmenteilnehmer sowie gegebenenfalls eine rechtliche Betreuerin oder ein rechtlicher Betreuer und im Fall von minderjährigen Maßnahmenteilnehmerinnen und Maßnahmenteilnehmer der oder die Sorgeberechtigte oder die Sorgeberechtigten entsprechend vom Träger zu informieren.

Zu Nr. 1.4:

Hierzu wird auf die Begründung zu Nr. 1.1 verwiesen.

Zu Nr. 2:

Nr. 2 regelt das Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung. Auch die vorliegende Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.

Dr. Winfried Brechmann

Ministerialdirektor