Veröffentlichung BayMBl. 2020 Nr. 512 vom 09.09.2020

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Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration

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Verwaltungsvorschrift

2023-I
  • Verwaltung
  • Kommunalrecht
  • Kommunale Wirtschaft

2023-I

Vollzug der Verordnung über kommunalwirtschaftliche Erleichterungen
anlässlich der Corona-Pandemie von 2020
(VVKommwEV)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration

vom 28. August 2020, Az. B4-1512-1-199

Vorbemerkung

1Die weltweite Corona-Pandemie von 2020 und die dadurch ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen sind für die Kommunen durch das Wegbrechen von Steuereinnahmen – insbesondere der Gewerbesteuer und der Einkommensteuerbeteiligung –, den Wegfall von Einnahmen bei gleichzeitig fortbestehenden Ausgaben für das Vorhalten öffentlicher Einrichtungen sowie steigende Ausgaben zur Katastrophenbewältigung und bei Sozialleistungen gekennzeichnet. 2Auf Grundlage der geltenden kommunalwirtschaftlichen Bestimmungen wäre diesen Auswirkungen durch die Verbesserung von Einnahmen, das heißt die Erhöhung von Abgaben und Entgelten, und die Reduzierung von Ausgaben zu begegnen.

3Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind jedoch nicht auf Einzelfälle beschränkt, weswegen die Anwendung der geltenden kommunalwirtschaftlichen Bestimmungen gesamtwirtschaftlich erhebliche negative Wirkungen haben könnte. 4Um einer solchen Entwicklung zu begegnen, wurden mit der Verordnung über kommunalwirtschaftliche Erleichterungen anlässlich der Corona-Pandemie von 2020 (KommwEV) kommunalwirtschaftliche Erleichterungen zugelassen. 5Die zugelassenen Erleichterungen eröffnen kurzfristig – für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 – Spielräume, ohne dass hieraus eine unmittelbare Verbesserung der Finanzausstattung erwächst.

6Ziel muss es daher bleiben, mittel- und langfristig eine geordnete Haushaltswirtschaft und die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommunen zu gewährleisten. 7Die nachfolgenden Ausführungen zu den einzelnen Bestimmungen der KommwEV gehen geltenden kommunalwirtschaftlichen Verwaltungsvorschriften – namentlich der Bekanntmachung über das Kreditwesen der Kommunen – vor, soweit sie abweichende Ausführungen enthalten und sich die Kommune für die Inanspruchnahme dieser Erleichterungen entschieden hat.

8Verweisen andere Rechtsvorschriften auf Bestimmungen, von denen die KommwEV Abweichungen zulässt, so gelten diese Abweichungen ebenso.

9Rechtsaufsichtliches Handeln stützt sich auf die geltenden kommunalrechtlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der durch die KommwEV zugelassenen Abweichungen.

1.
Zu § 1 KommwEV – Abweichungen von allgemeinen Haushaltsgrundsätzen

1Art. 61 Abs. 1 GO, Art. 55 Abs. 1 LKrO und Art. 53 Abs. 1 BezO beschreiben das zentrale Spannungsfeld der Haushaltswirtschaft, welche zwar die stetige Erfüllung der Aufgaben zu sichern, sich hierzu aber in den Grenzen der dauernden Leistungsfähigkeit zu bewegen hat. 2Während der gegenwärtigen Corona-Pandemie wird dieser finanzielle Rahmen stark beansprucht, weil binnen kürzester Zeit stark steigende Ausgaben zur Aufgabenerfüllung auf wegbrechende Einnahmen und damit eine Gefährdung der dauernden Leistungsfähigkeit treffen.

3In einer solchen historischen Ausnahmesituation muss ausnahmsweise der Grundsatz gelten, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, also die Funktionsfähigkeit der kommunalen Institutionen, auch dann sicherzustellen ist, wenn die dauernde Leistungsfähigkeit vorübergehend nicht zu gewährleisten ist. 4Eine Überschuldung ist jedoch unverändert zu vermeiden.

5Die aus diesem Grundsatz für den praktischen Vollzug maßgeblichen Änderungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen.

2.
Zu § 2 KommwEV – Abweichungen bei der amtlichen Bekanntmachung der Haushaltssatzung und der Nachtragshaushaltssatzung

1Art. 65 Abs. 3 Satz 2 GO, Art. 59 Abs. 3 Satz 2 LKrO und Art. 57 Abs. 3 Satz 2 BezO verlangen von den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken, Haushaltssatzungen ohne genehmigungspflichtige Bestandteile frühestens einen Monat nach Vorlage an die Rechtsaufsichtsbehörde bekanntzumachen. 2Dieser Zeitraum erlaubt es den Rechtsaufsichtsbehörden, die geplante Haushaltswirtschaft zu prüfen, nötigenfalls zu beanstanden und so eine Überarbeitung der Haushaltsplanung zu erzwingen.

3Von dieser Verpflichtung wird mit der Verordnung abgewichen. 4Zum einen weicht die Verordnung materiell von bisherigen zentralen Haushaltsgrundsätzen ab. 5Zum anderen ist eine Verfahrensbeschleunigung insbesondere für Nachtragshaushaltssatzungen 2020 geboten. 6Diese kommen voraussichtlich erst nach der Sommerpause zur Vorlage an die kommunalen Entscheidungsträger und würden im Falle einer dann noch erforderlichen Vorlagefrist an die Rechtsaufsichtsbehörden zeitlich kaum mehr Wirkung entfalten können. 7Die jedoch weiterhin fortgeltende Vorlagepflicht an die Rechtsaufsichtsbehörde dient insbesondere deren kontinuierlicher Information über die Haushaltswirtschaft der beaufsichtigten kommunalen Körperschaft.

8Bei Kommunen, die 2019 Stabilisierungshilfen erhalten oder 2020 beantragt haben, ist im Hinblick auf die damit häufig verbundenen Auflagen eine Vorlage bei der Rechtsaufsichtsbehörde mit gesetzlichem zeitlichen Vorlauf vor der Bekanntmachung weiterhin notwendig.

9Für Haushaltssatzungen mit genehmigungspflichtigen Bestandteilen gilt unverändert, dass diese erst nach der Genehmigung amtlich bekanntzumachen sind (Art. 65 Abs. 3 Satz 1 GO, Art. 59 Abs. 3 Satz 1 LKrO und Art. 57 Abs. 3 Satz 1 BezO).

3.
Zu § 3 KommwEV – Abweichungen bei Genehmigungspflicht von Verpflichtungsermächtigungen

1Art. 67 Abs. 4 GO, Art. 61 Abs. 4 LKrO und Art. 59 Abs. 4 BezO unterwerfen auch Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten künftiger Jahre, in denen Kreditaufnahmen vorgesehen sind, einer Genehmigungspflicht. 2Ein Verzicht auf die Genehmigungspflicht für Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich in 2021 (vergleiche Nr. 5) bedarf hier einer entsprechenden Folgeänderung.

4.
Zu § 4 KommwEV – Unverzüglicher Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung

1Art. 68 Abs. 2 GO, Art. 62 Abs. 2 LKrO und Art. 60 Abs. 2 BezO verlangen von den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen – insbesondere wenn sich zeigt, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein Fehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann – unverzüglich die Vorlage einer Nachtragshaushaltssatzung. 2Diese Situation tritt normalerweise typisch dann auf, wenn Gewerbesteuerzahlungen einzelner, großer Gewerbesteuerzahler während des Haushaltsjahres wesentlich negativ vom Planansatz abweichen.

3In Zeiten der Corona-Pandemie treten Steuerausfälle bei einer Vielzahl von Unternehmen auf, Anträge auf Herabsetzung von Vorauszahlungen gehen fortlaufend bei den Kommunen ein. 4In dieser Situation wäre eine unverzügliche Reaktion immer mit der Gefahr verbunden, bei späterem Auftreten weiterer Einnahmeausfälle durch einen neuerlichen Nachtragshaushalt reagieren zu müssen. 5Mit der vorliegenden Abweichung soll den Kommunen Spielraum eröffnet werden, das heißt die Kommunen können jederzeit, müssen jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem jeweils auslösenden Ereignis und müssen auch nicht vor dem 10. November 2020 eine Nachtragshaushaltssatzung erlassen.

5.
Zu § 5 KommwEV – Abweichungen bei der Aufnahme von Krediten
5.1
Zu § 5 Abs. 1 KommwEV – Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich

1§ 5 Abs. 1 KommwEV regelt das neue Instrument der Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich. 2Hierbei handelt es sich nicht um eine neue Form der Kreditaufnahme, sondern um eine Kreditaufnahme nach Art. 71 GO, Art. 65 LKrO und Art. 63 BezO, welche jedoch nicht an die Finanzierung von Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen gebunden ist. 3Entsprechend erfolgt die haushalterische Behandlung (unter anderem Veranschlagung im Vermögenshaushalt (Kameralistik) oder als Finanzierungstätigkeit (Doppik)) analog den übrigen für Kreditaufnahmen geltenden Bestimmungen, soweit sich aus den nachfolgenden Bestimmungen nichts Abweichendes ergibt.

4Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich dürfen in der Kameralistik sowohl für Ausgaben des Vermögenshaushalts (einschl. Investitionen) als auch für Ausgaben des Verwaltungshaushalts, in der Doppik sowohl für Auszahlungen aus Investitionstätigkeit als auch für Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit herangezogen werden. 5Wegen des parallel fortbestehenden Instruments der Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen und mit Blick auf die Vorgaben zur Tilgung von Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich wird ihre Hauptbedeutung jedoch darin bestehen, weggefallene Einnahmen des Verwaltungshaushalts (Kameralistik) oder weggefallene Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit (Doppik) zu kompensieren.

6Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich werden in der Haushaltssatzung auch unter Berücksichtigung der Änderungen durch Nachtragshaushaltssatzungen als Gesamtbetrag und neben dem Gesamtbetrag der Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen festgesetzt (vergleiche Anlagen 1 und 2). 7Ihre Aufnahme ist – auch in Anknüpfung an § 1 KommwEV – in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 nicht an die Bejahung einer dauernden Leistungsfähigkeit gebunden. 8Entsprechend entfällt für Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich auch grundsätzlich die rechtsaufsichtliche Genehmigung, der dieser Maßstab bei der Genehmigung zugrunde liegen würde.

9Zur weiteren Abbildung im Haushalt und Nachtragshaushalt vergleiche auch Anlagen 3a/3b und 4a/4b. 10Die Veranschlagung erfolgt – wie bei Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen – in der Kameralistik als Einnahme im Vermögenshaushalt bei Gruppe 37 und bei Bedarf (gegebenenfalls auch abweichend von § 22 Abs. 3 KommHV-Kameralistik) weiter als Zuführung zum Verwaltungshaushalt bei Gruppe 90, in der Doppik als Einzahlung aus Finanzierungstätigkeit bei Kontenart 692. 11In den Erläuterungen zu den Einnahmen oder Einzahlungen aus Krediten ist auszuführen, in welcher Höhe davon Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich vorgesehen sind. 12Die Schaffung gesonderter (Unter)Gruppen und Konten(arten) ist nicht erforderlich, die Nachvollziehbarkeit von Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich jedoch durch die Tilgungspläne sicherzustellen. 13Auch in der kameralen Jahresrechnung (vergleiche Anlage 5a) und im doppischen Jahresabschluss (vergleiche Anlagen 5b und 5c) sind Kredite zum Haushaltsausgleich abzubilden.

14Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich ermöglichen in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 den zwingend notwendigen Haushaltsausgleich (Art. 64 Abs. 3 Satz 1 GO, Art. 58 Abs. 3 Satz 1 LKrO und Art. 56 Abs. 3 Satz 1 BezO), verbessern das bereinigte Ergebnis (Kameralistik) und das bereinigte Zahlungsergebnis (Doppik) (vergleiche Anlage 6a/6b) und können – unter Berücksichtigung der später zu leistenden Tilgungen – so die Grundlage für die Genehmigungsfähigkeit von – weiterhin nach den bisherigen Maßstäben genehmigungspflichtigen – Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen legen. 15§ 1 KommwEV wirkt sich nur indirekt (über die Möglichkeit der Kreditaufnahme zum Haushaltsausgleich) auf die Genehmigungsfähigkeit von Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen nach Art. 71 Abs. 2 Satz 2 und 3 GO, Art. 65 Abs. 2 Satz 2 und 3 LKrO und Art. 63 Abs. 2 Satz 2 und 3 BezO aus. 16Eine direkte Abweichung von diesem Genehmigungsmaßstab sieht die KommwEV nicht vor.

17Im Gegenzug zu den dargestellten Erleichterungen ist die Aufnahme von Krediten zum Haushaltsausgleich jedoch an eine verbindliche Tilgung bis 2032 gebunden, welche ab 2022 in den voraussichtlichen Grenzen der dauernden Leistungsfähigkeit erbracht werden muss. 18Überspannt die Kommune mit ihrer eigenverantwortlichen Kreditaufnahme zum Haushaltsausgleich in den Jahren 2020 und 2021 diesen Bogen, läuft sie Gefahr, ab dem Haushaltsjahr 2022 Restriktionen bei Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen unterworfen zu werden. 19Die vorgesehenen Tilgungspläne werden als Haushaltsmuster bereitgestellt (Anlage 7).

20Die Nichteinbeziehung von Kommunen, die 2019 Stabilisierungshilfen erhalten oder 2020 beantragt haben, in die Genehmigungsfreiheit von Kreditaufnahmen zum Haushaltsausgleich trägt dem Umstand Rechnung, dass bei diesem Kreis an Kommunen häufig individuell beauflagte Haushaltsrestriktionen bestehen, welche auch an die Genehmigung von Kreditaufnahmen anknüpfen können, und welche nicht leerlaufen dürfen. 21In diesen Fällen besteht weiterhin eine Genehmigungspflicht durch die Rechtsaufsicht, Maßstab für die Erteilung der Genehmigung ist § 5 Abs. 1 Satz 4 bis 8 KommwEV. 22Ein besonderes Augenmerk sollte jedoch schon im Vorfeld darauf liegen, den Haushalt nicht so zu gestalten, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Stabilisierungshilfen in späteren Haushaltsjahren nicht mehr erreicht werden können.

23Nimmt die Kommune das Instrument der Kreditaufnahme zum Haushaltsausgleich insgesamt nicht in Anspruch, so erübrigen sich auch die in den Anlagen 1 bis 6b dargestellten Änderungen in Haushalt, Jahresrechnung und Jahresabschluss.

5.2
Zu § 5 Abs. 2 KommwEV – Allgemeine Erleichterungen bei Kreditaufnahmen

1§ 5 Abs. 2 KommwEV regelt Erleichterungen, die sowohl für Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen als auch für Kredite zum Haushaltsausgleich gelten. 2Art. 71 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 62 Abs. 3 GO, Art. 65 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 56 Abs. 3 LKrO und Art. 63 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 54 Abs. 3 BezO legen fest, dass Kreditaufnahmen grundsätzlich nachrangig zu anderen Finanzierungen, in der Praxis insbesondere zur Finanzierung aus vorhandenen Rücklagen (Kameralistik) beziehungsweise liquiden Mitteln (Doppik), sind.

3In Zeiten der Corona-Pandemie sehen sich Kommunen jedoch vor das Problem gestellt, auch in den kommenden Jahren mit erheblichen Steuerrückzahlungen rechnen zu müssen. 4Würden bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Rücklagen beziehungsweise liquiden Mittel vorrangig zur Abfederung der Auswirkungen der Pandemie verbraucht, stünden in den nächsten Jahren keine finanziellen Reserven mehr zu Verfügung. 5Als Konsequenz könnten Kommunen dann infolge von Rückzahlungsverpflichtungen in späteren Jahren (erneut) Fehlbeträge ausweisen müssen und damit in haushaltswirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

6§ 5 Abs. 2 KommwEV entbindet die Kommunen nicht von der Beachtung von Nebenbestimmungen, an die die Gewährung von Stabilisierungshilfen (insbesondere Investitionshilfen) geknüpft ist.

6.
Zu § 6 KommwEV – Abweichungen bei der Aufnahme von Kassenkrediten
6.1
Zu § 6 Abs. 1 KommwEV – Abweichungen von der strengen Subsidiarität

1Art. 73 Abs. 1 GO, Art. 67 Abs. 1 LKrO und Art. 65 Abs. 1 BezO unterwerfen die Aufnahme von Kassenkrediten strenger Subsidiarität gegenüber anderen Kassenmitteln. 2Die zu § 5 Abs. 2 KommwEV bereits erläuterten Gründe für die Vorhaltung finanzieller Reserven als haushaltsmäßige Deckungsmittel gelten ebenso für die Vorhaltung von Kassenmitteln.

6.2
Zu § 6 Abs. 2 KommwEV – Abweichungen von der Grenze für Kassenkredite

1Die temporäre Entbindung von der Grenze für Kassenkredite knüpft an die bereits mit IMS vom 7. April 2020 (Az. B4-1512-1-186) angestrebte Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit durch großzügigen Zugang zu Kassenkrediten an. 2Der fortzuschreibende Rückführungsplan dient in dieser Rückführungsphase der Ermittlung des Wertes der Grenze, hat jedoch keinen Einfluss auf dessen Charakter als Soll-Vorschrift, das heißt eine Überschreitung der im Rückführungsplan festgesetzten, sukzessive abschmelzenden Grenze ist wie bisher möglich, wenn dies notwendig und begründbar ist. 3Der fortzuschreibende Rückführungsplan wird als Haushaltsmuster (Anlage 8) bereitgestellt. 4Er knüpft (nur) an den für 2021 festgesetzten Höchstbetrag an.

7.
Zu § 7 KommwEV – Abweichungen bei Erstellung eines konsolidierten Jahresabschlusses

1Art. 102 Abs. 2, 3 GO, Art. 88 Abs. 2, 3 LKrO und Art. 84 Abs. 2, 3 BezO verlangen von doppisch buchenden Kommunen, den konsolidierten Jahresabschluss (nach Art. 102a GO, Art. 88a LKrO und Art. 84a BezO, das heißt den kommunalen Konzernabschluss) innerhalb von zehn Monaten nach Abschluss des Haushaltsjahres aufzustellen, sodann dem Gemeinderat, Kreistag oder Bezirkstag vorzulegen und den konsolidierten Jahresabschluss nach Abschluss der örtlichen Prüfung innerhalb von 24 Monaten festzustellen. 2§ 7 KommwEV räumt für die innerhalb der Haushaltsjahre 2020 und 2021 aufzustellenden, vorzulegenden und festzustellenden konsolidierten Jahresabschlüsse, das heißt für die Aufstellung der konsolidierten Jahresabschlüsse 2019 und 2020 sowie für die Feststellung der konsolidierten Jahresabschlüsse 2018 und 2019, die Möglichkeit eines zeitlichen Moratoriums ein. 3Dies ermöglicht eine Entlastung der in der gegenwärtigen Krise stark belasteten Kämmereien.

4Mit dem Moratorium ist – schon wegen des Grundsatzes der Bilanzkontinuität – allerdings kein Verzicht auf die konsolidierten Jahresabschlüsse für diese Haushaltsjahre verbunden. 5Vielmehr verlängern sich solche in 2020 und 2021 auslaufende Fristen um 24 Monate. 6Das Moratorium aufgrund § 7 Satz 1 KommwEV erstreckt sich nur auf die genannten gesetzlichen Fristen, nicht auf von der Rechtsaufsichtsbehörde nach § 99 Abs. 1 Satz 2 KommHV-Doppik bestimmte Zeitpunkte.

7Ebenso nicht entbunden sind die Kommunen von der fristgerechten Erstellung ihrer kameralen Jahresrechnungen und doppischen Jahresabschlüsse (das heißt den kommunalen Einzelabschlüssen) nach Art. 102 Abs. 1 GO, Art. 88 Abs. 1 LKrO und Art. 84 Abs. 1 BezO. 8Die fristgerechte Erstellung dieser Abschlüsse ist von großer Bedeutung für die Erfüllung finanzstatistischer Verpflichtungen und damit für die Beobachtung der Auswirkungen der Krise.

8.
Zu § 8 KommwEV – Abweichungen von der Kommunalhaushaltsverordnung – Kameralistik
8.1
Zu § 8 Abs. 1 KommwEV – Haushaltsmuster Übersicht über die Auswirkungen der Corona-Pandemie

1Die Übersicht über die Auswirkungen der Corona-Pandemie besteht aus

  • den Tilgungsplänen (§ 5, Anlage 7),
  • dem Rückführungsplan (§ 6, Anlage 8),
  • dem Deckungsplan (§ 8 Abs. 3, Anlage 9, entfällt in der Doppik) und
  • dem langfristigen Finanzplan (§ 10, Anlage 10a/10b).

2Eine Übersicht über die Auswirkungen der Corona-Pandemie ist entbehrlich, wenn keine der Erleichterungen nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2 oder § 8 Abs. 3 KommwEV in Anspruch genommen wird.

8.2
Zu § 8 Abs. 2 KommwEV – Mindestrücklage

1Die sogenannte Mindestrücklage nach § 20 Abs. 2 Satz 2 KommHV-Kameralistik ist als Betriebsmittel für die Kasse vorzuhalten und steht damit grundsätzlich nicht zur Disposition der Haushaltsplanung. 2In Abhängigkeit von der Möglichkeit zur Ausschöpfung anderer Deckungsmittel (in der Regel Kreditaufnahmen) soll alternativ auch der Zugriff auf die Mindestrücklage eröffnet werden.

8.3
Zu § 8 Abs. 3 KommwEV – Deckung von Fehlbeträgen

1Die Deckung von Fehlbeträgen nach § 23 KommHV-Kameralistik ist von zentraler Bedeutung für die Pflicht zum Ausgleich des Haushalts (Art. 64 Abs. 3 Satz 1 GO, Art. 58 Abs. 3 Satz 1 LKrO, Art. 56 Abs. 3 Satz 1 BezO). 2Sie fußt auf § 17 Satz 1 HGrG. 3Die infolge der Corona-Pandemie in vielen Fällen drohenden, im Umfang erheblichen Fehlbeträge hätten eine kontinuierliche Fortschreibung dieser Lasten in den folgenden Haushaltsjahren und damit eine Belastung der Haushaltswirtschaft gerade in der Zeit, in der eine gesamtwirtschaftliche Erholung erstrebenswert wäre, zur Folge. 4Zur Lösung wird die auf 2020 und 2021 begrenzte Möglichkeit zur zeitlichen Streckung dieser Belastung eingeräumt. 5Diese kurzfristige Entlastung führt freilich mittel- und langfristig zu Mehrbelastungen. 6Der Deckungsplan wird als Haushaltsmuster bereitgestellt (Anlage 9). 7Die bestehende Regelung des § 23 Satz 1 Alt. 2 KommHV-Kameralistik, wonach ein Fehlbetrag im Falle einer Haushaltssatzung für zwei Jahre spätestens im dritten dem Haushaltsjahr folgenden Jahr (vollständig) zu veranschlagen ist, bleibt unbenommen.

8.4
Zu § 8 Abs. 4 KommwEV – Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit

Die Erweiterung der Möglichkeit zur Feststellung von sachlicher und rechnerischer Richtigkeit mittels automatisierter Verfahren wird im Lichte einer im Zuge der Krise eingetretenen starken Verlagerung von Verwaltungstätigkeit auf die Möglichkeit des Home-Office ihres Charakters als begründetem Ausnahmefall entledigt.

9.
Zu § 9 KommwEV – Abweichungen von der Kommunalhaushaltsverordnung-Doppik
9.1
Zu § 9 Abs. 1 KommwEV – Haushaltsmuster Übersicht über die Auswirkungen der Corona-Pandemie

1Siehe Ausführungen unter Nr. 8.1. 2Systemimmanent entfällt in der Doppik der Deckungsplan.

9.2
Zu § 9 Abs. 2 KommwEV – Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit

Siehe Ausführungen unter Nr. 8.4.

10.
Zu § 10 KommwEV – Langfristige Finanzplanung

1Diese Verordnung eröffnet in der Krise erhebliche Spielräume und nimmt aufsichtliche Mitwirkung deutlich zurück. 2Derartige Schritte sind nur vertretbar, wenn sie von den Kommunen verantwortungsvoll und im Lichte ihrer sonstigen finanziellen Situation wahrgenommen werden.

3Sinn der langfristigen Finanzplanung ist, dass sich die Kommune selbst – wie schon bisher bei jeder anderen langfristigen Kreditaufnahme – mit der Frage auseinandersetzt, inwieweit sie sich selbst in der Lage sieht, die aus der Inanspruchnahme der Instrumente nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 mittel- und langfristig erwachsenden Lasten zu tragen.

4Zu diesem Zweck wird die Erstellung einer knappen, auf zentrale Aussagen beschränkten, nicht rollierenden langfristigen Finanzplanung bis 2035 (Haushaltsjahr 2032 + drei Jahre Finanzplanungszeitraum) eingefordert. 5Sie läuft im Jahre 2032 aus und mündet danach wieder in die gängige mittelfristige Finanzplanung nach Art. 70 GO, Art. 64 LKrO und Art. 62 BezO. 6Die langfristige Finanzplanung wird als Haushaltsmuster (Anlage 10a/10b) bereitgestellt. 7Darüber hinausgehende Erläuterungen sind nicht gefordert.

8Eine langfristige Finanzplanung ist entbehrlich, wenn keine der Erleichterungen nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2 oder § 8 Abs. 3 KommwEV in Anspruch genommen wird.

11.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

1Diese Bekanntmachung tritt am 10. September 2020 in Kraft. 2 Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.

Karl Michael Scheufele

Ministerialdirektor

Anlagen