Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 185 vom 23.03.2022

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration

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Verwaltungsvorschrift

2012.1-I
  • Verwaltung
  • Allgemeines Verwaltungsrecht
  • Polizeirecht
  • Allgemeines Polizeirecht

2012.1-I

Dienstvorschrift für die Einrichtung und Benutzung von Gewahrsamsräumen
der Bayerischen Polizei
(Gewahrsamsvollzugsordnung der Polizei – GVOPol)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration

vom 12. Januar 2022, Az. C5-2781-1-11

Inhaltsübersicht

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen
1.
Geltungsbereich
2.
Verantwortlichkeit für den Vollzug
3.
Allgemeines Verhalten gegenüber Verwahrten
4.
Zwangsmaßnahmen und Disziplinarstrafen
Teil 2
Gewahrsams- und Kurzzeitverwahrräume
5.
Lage, Beschaffenheit und Einrichtung
6.
Temperatur
7.
Beleuchtung
8.
Reinigung und Lüftung
9.
Regelmäßige Überprüfung
10.
Inanspruchnahme anderer Gewahrsamsräume
11.
Sachbeschädigung
12.
Kurzzeitverwahrraum im Wachbereich
Teil 3
Aufnahme von Personen
13.
Einlieferung
14.
Gewahrsamstauglichkeit
15.
Aufnahme verschmutzter Verwahrter
16.
Aufnahme von Personen mit psychischen Störungen, sonstigen Verhaltensauffälligkeiten oder mit gefährlichen oder leicht übertragbaren Krankheiten
17.
Durchsuchung und Sicherstellung
18.
Aufnahmenachweis
Teil 4
Unterbringung
19.
Arten der Unterbringung
20.
Verpflegung
21.
Tabakkonsum
22.
Alkoholkonsum
23.
Körperpflege
24.
Arbeiten
25.
Sicherheitsmaßnahmen
26.
Ende der Unterbringung
Teil 5
Verkehr mit der Außenwelt
27.
Unbefugter Verkehr
28.
Besuche
29.
Verkehr mit Verteidigern oder anwaltlichen Vertretern sowie mit besonderen Stellen
30.
Schriftverkehr
31.
Zuwendungen
Teil 6
Kosten
32.
Aufwendungen der Polizei
33.
Ersatz der Aufwendungen
34.
Kostenerhebung im Vollzug des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (BayPsychKHG)
35.
Kostenpflicht nach dem Kostengesetz
Teil 7
Schlussbestimmungen
36.
Besondere Vorkommnisse
37.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Anlage:
Aufnahmenachweis

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

1.Geltungsbereich

1.1
1Die Dienstvorschrift regelt den Vollzug von Freiheitsentziehungen im Polizeigewahrsam einschließlich der Unterbringung in Kurzzeitverwahrräumen (Nr. 12). 2Der Polizeigewahrsam dient der vorübergehenden Unterbringung von Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen die Freiheit entzogen ist und die von der Polizei in ihren Gewahrsamsräumen vorübergehend unterzubringen sind (Verwahrte). 3Gewahrsamnahmen, die in Einrichtungen der Justiz vollzogen werden, richten sich nach den dort geltenden Vorschriften.
1.2
1Kinder und Jugendliche dürfen nicht in Gewahrsamsräumen untergebracht werden. 2Können sie nicht sofort einer erziehungsberechtigten Person oder dem Jugendamt zugeführt werden, sind sie in einem anderen geeigneten Raum unter polizeiliche Aufsicht zu stellen. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Jugendliche, die den Dienstbetrieb erheblich stören, sowie für Jugendliche, die auf Grundlage der Strafprozessordnung festgenommen worden sind.

2.Verantwortlichkeit für den Vollzug

2.1
1Für den Vollzug dieser Dienstvorschrift ist, soweit nichts anderes angeordnet ist, der Leiter derjenigen Polizeidienststelle verantwortlich, der die Gewahrsamsräume zugeordnet sind. 2Er kann die damit verbundenen Aufgaben und Befugnisse auf den zum jeweiligen Ereigniszeitpunkt verantwortlichen Beamten der Dienststelle übertragen.
2.2
Für die rechtzeitige Vorführung, Entlassung oder Überstellung des Verwahrten innerhalb der gesetzlichen Fristen ist neben dem für ihn zuständigen Sachbearbeiter der für die Gewahrsamsräume zum jeweiligen Ereigniszeitpunkt zuständige diensthabende Beamte verantwortlich.
2.3
1Der Leiter der Dienststelle erlässt Notfallpläne (zum Beispiel im Sinne der Brandschutzordnung) für Schadensereignisse. 2Sie bedürfen der Zustimmung der vorgesetzten Dienststelle.

3.Allgemeines Verhalten gegenüber Verwahrten

3.1
1Der Verwahrte ist korrekt und unter Achtung der Menschenwürde zu behandeln. 2Die Gefahr sittlicher oder körperlicher Schäden ist soweit als möglich auszuschließen. 3Besondere Rücksicht ist auf Kinder, Jugendliche, Schwangere, Kranke, Menschen mit Behinderung sowie ältere Personen zu nehmen. 4Besondere religiöse und kulturelle Verhaltensweisen sind nach Möglichkeit zu berücksichtigen, sofern nicht die Sicherheit und Ordnung der Gewahrsamsdurchführung entgegensteht.
3.2
1Personen, die 24 Stunden oder länger in Polizeigewahrsam festgehalten werden, ist, wenn es die Umstände zulassen, täglich angemessene Bewegung im Freien unter Aufsicht anzubieten. 2Dies ist im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu vermerken.
3.3
1Der Verkehr mit dem Verwahrten ist auf das dienstlich unumgänglich notwendige Maß zu beschränken. 2Unerlaubter Verkehr mit Verwahrten im Sinne des Art. 21 Abs. 2 LStVG oder mit Gefangenen im Sinne des § 115 Abs. 2 OWiG stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (Art. 21 Abs. 1, 3 LStVG, § 115 Abs. 1, 3 OWiG).
3.4
Dem Verwahrten dürfen im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Verwahrung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordern.
3.5
Auf die Empfehlungen zur Eigensicherung im Polizeidienst (Leitfaden 371 – Eigensicherung) wird hingewiesen.

4.Zwangsmaßnahmen und Disziplinarstrafen

4.1
Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs gelten die Vorschriften des Polizeiaufgabengesetzes (PAG).
4.2
Disziplinarstrafen im Sinne des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) dürfen nicht verhängt werden.

Teil 2
Gewahrsams- und Kurzzeitverwahrräume

5.Lage, Beschaffenheit und Einrichtung

5.1
1Für die Lage, Beschaffenheit und Einrichtung gelten die Planungsgrundsätze für Polizeibauten. 2Dies gilt nicht für Gewahrsamsräume, die nicht dauerhaft benutzt werden und im Rahmen von besonderen Einsatzlagen eingerichtet werden. 3Bereits bestehende Gewahrsamsräume, die den Planungsgrundsätzen nicht entsprechen, sind bei Umbauten entsprechend nachzurüsten, wobei die Mindestausstattungen gemäß Nr. 5.4 einzuhalten sind.
5.2
1Ein nicht ausschließlich für eine Kurzzeitverwahrung (Nr. 12) bestimmter Gewahrsamsraum kann, insbesondere soweit er zur gleichzeitigen Aufnahme mehrerer Verwahrter genutzt werden soll, mit technischen Mitteln zur elektronischen Überwachung ausgestattet sein (Videoüberwachung). 2Einzelheiten zur Einrichtung und zum Betrieb von Videobeobachtungsanlagen, insbesondere den zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Verwahrten erforderlichen Maßnahmen, ergeben sich aus den gesetzlichen Vorgaben des Polizeiaufgabengesetzes, des Bayerischen Datenschutzgesetzes sowie entsprechenden zusätzlichen Regelungen des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration.
5.3
Der Gewahrsamsraum muss so gelegen und beschaffen sein, dass er menschenwürdig ist und dass die Unterbringung der Gesundheit nicht schaden kann.
5.4
1Im Gewahrsamsraum sind als Mindestausstattung eine Liege- oder Sitzgelegenheit und eine Toiletteneinrichtung erforderlich. 2Diese Gegenstände sollen so beschaffen sein, dass der Verwahrte weder sich selbst noch andere verletzen kann und müssen mit der Wand oder dem Boden fest verbunden sein. 3Für den Verwahrten sind außerdem eine flammhemmende Matratzengarnitur und, bei Möglichkeit der Unterkühlung oder längerfristigem Gewahrsam, eine geeignete Decke bereitzustellen. 4Dies gilt auch für alkoholisierte Verwahrte. 5Bei absehbar kurzfristiger Unterbringung und in besonderen Einzelfällen (zum Beispiel stark verschmutzte Verwahrte) braucht die Matratzengarnitur mit Decke nicht ausgegeben werden. 6Bei Möglichkeit der Unterkühlung sind in diesen Fällen jedoch andere geeignete Abhilfemaßnahmen zu treffen.

6.Temperatur

Es dürfen nur solche Gewahrsamsräume belegt werden, in denen eine angemessene Temperatur herrscht, die sich an der vorherrschenden Witterung und Tageszeit orientiert.

7.Beleuchtung

1Der Gewahrsamsraum ist, sofern das Tageslicht nicht ausreicht, zu beleuchten. 2In der Zeit zwischen 21 und 7 Uhr ist die Beleuchtung abzuschalten oder abzuschirmen beziehungsweise zu dimmen. 3Auf Wunsch des Verwahrten kann hiervon abgewichen werden. 4Der Raum ist dauernd zu beleuchten, wenn es aus Sicherheitsgründen notwendig ist.

8.Reinigung und Lüftung

8.1
1Der Gewahrsamsraum und die Ausstattungs- und Gebrauchsgegenstände sind nach jedem Gebrauch angemessen zu reinigen und im Bedarfsfall, insbesondere nach Belegung durch einen Verwahrten mit einer übertragbaren Krankheit oder Ungeziefer, zu desinfizieren. 2Gegebenenfalls ist hierzu eine Fachfirma zu beauftragen. 3Auf die von der zuständigen Arbeits- beziehungsweise Betriebsmedizin erstellten entsprechenden Hygieneempfehlungen wird verwiesen. 4Die Nrn. 15 und 16 bleiben unberührt.
8.2
Der Gewahrsamsraum ist regelmäßig und ausreichend zu be- und entlüften, auch wenn er nicht belegt ist.

9.Regelmäßige Überprüfung

1Der Gewahrsamsraum und die Ausstattungs- und Gebrauchsgegenstände sind unabhängig von der Überprüfung nach Nr. 25.1 mindestens einmal monatlich vom Leiter der Dienststelle oder einem von ihm Beauftragten zu überprüfen. 2Dies ist im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu dokumentieren. 3Mängel sind unverzüglich abzustellen oder der vorgesetzten Dienststelle zu berichten.

10.Inanspruchnahme anderer Gewahrsamsräume

10.1
1Reichen die Gewahrsamsräume der Dienststelle im Einzelfall nicht aus, sind die Gewahrsamsräume einer anderen Polizeidienststelle, erforderlichenfalls über die vorgesetzte Dienststelle, in Anspruch zu nehmen. 2Mit Zustimmung des Leiters einer Justizvollzugsanstalt können auch deren Hafträume in Anspruch genommen werden.
10.2
Sollen Gewahrsamsräume eines anderen Polizeiverbandes dauernd in Anspruch genommen werden, entscheidet hierüber das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration.

11.Sachbeschädigung

11.1
1Verwahrte, die Gewahrsamsräume, Ausstattungs- oder Gebrauchsgegenstände vorsätzlich oder fahrlässig beschädigen, zerstören oder verunreinigen, sind auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. 2Die für die Bewirtschaftung zuständige Dienststelle ist sofort zu unterrichten. 3Sie trifft die zur Deckung der Ansprüche erforderlichen Maßnahmen.
11.2
Wurde die Sache vorsätzlich beschädigt oder zerstört, ist grundsätzlich Strafanzeige zu erstatten und von dem hierzu ermächtigten Beamten fristgerecht Strafantrag zu stellen (§§ 303, 303c, 77b StGB).

12.Kurzzeitverwahrraum im Wachbereich

12.1
1Ein Verwahrter darf nur kurzfristig, in der Regel zwei Stunden, in einem Kurzzeitverwahrraum im Wachbereich einer Polizeidienststelle festgehalten werden. 2Ist bereits bei der Ingewahrsamnahme erkennbar, dass sich der Verwahrte voraussichtlich länger als zwei Stunden in Gewahrsam befinden wird, soll der Kurzzeitverwahrraum nicht in Anspruch genommen werden.
12.2
1Die Nrn. 15 und 23 gelten nicht für den Kurzzeitverwahrraum. 2Abweichend von Nr. 5.4 genügt als Mindestausstattung eine Sitzgelegenheit. 2Sofern sich keine Toilette im Kurzzeitverwahrraum befindet, ist dem Verwahrten auf Verlangen das Aufsuchen einer Toilette unverzüglich zu ermöglichen.
12.3
Für die Lage, Beschaffenheit und Einrichtung gelten die Planungsgrundsätze für Polizeibauten.

Teil 3
Aufnahme von Personen

13.Einlieferung

13.1
1Die Einlieferung von Verwahrten ist zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich. 2Der einliefernde Beamte hat bei dem nach Nr. 2.2 zum jeweiligen Ereigniszeitpunkt zuständigen diensthabenden Beamten eine schriftliche Einlieferungsanzeige abzugeben.
13.2
Auf diese Anzeige kann verzichtet werden, wenn der einliefernde Beamte der Dienststelle angehört, welcher der Gewahrsamsraum dauernd zur Verfügung steht, oder wenn die mitgeführten Papiere (Haft- oder Vorführungsbefehl, Transportpapier und anderes) die Freiheitsentziehung hinreichend begründen.
13.3
1Der einliefernde Beamte ist verpflichtet, auf Tatsachen, die für die Aufnahme, die Art der Unterbringung oder die Gewahrsamstauglichkeit bedeutsam sind, ausdrücklich hinzuweisen. 2Bedeutsam sind insbesondere Gefährlichkeit, zurückliegende Fluchtversuche, Suizidabsichten, Verletzungen, Krankheiten, Einnahmemenge und -zeitpunkt von Alkohol, Drogen oder Medikamenten, ferner die nach Nr. 17 relevanten Umstände. 3Solche Tatsachen und Umstände sind im Aufnahmenachweis (Nr. 18) und auf dem Einlieferungsschein beziehungsweise der Vorführanzeige zu vermerken.

14.Gewahrsamstauglichkeit

14.1
1Grundsätzlich darf nur aufgenommen werden oder im Gewahrsam verbleiben, wer gewahrsamstauglich ist. 2Nicht gewahrsamstauglich im Sinne dieser Vorschrift ist, wer bewusstlos, nicht zu gezielten Reaktionen erweckbar ist oder einer sofortigen ärztlichen Behandlung bedarf. 3Verletzungen sind unverzüglich medizinisch angemessen zu versorgen.
14.2
1Ist die Gewahrsamstauglichkeit zweifelhaft, so ist unverzüglich ein Arzt zuzuziehen. 2Das ist insbesondere notwendig, wenn die eingelieferte Person
a)
über Schmerzen im Bauch oder in der Brust (zum Beispiel Verdacht auf innere Verletzungen, Herzbeschwerden) oder über Schmerzen klagt, die den Verdacht von Verrenkungen oder Knochenverletzungen begründen,
b)
Kopfverletzungen hat (zum Beispiel Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma),
c)
ohne ersichtlichen Grund auffallend erregt oder verwirrt ist (Verdacht auf Vergiftungserscheinungen),
d)
über Atemnot klagt (zum Beispiel Verdacht auf Herz- oder Lungenerkrankungen),
e)
Angaben über die Notwendigkeit der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten oder Ersatzstoffen im Rahmen eines Subsitutionsprogramms macht und die Erforderlichkeit und/oder Dosierung unklar ist,
f)
Hinweise auf deutliche Temperaturerhöhungen bietet (zum Beispiel Verdacht auf Infektionen),
g)
über Schwangerschaftsbeschwerden klagt oder
h)
nicht nur geringfügig alkoholisiert ist, erkennbar unter Einfluss sonstiger berauschender Mittel steht oder an einer psychischen Krankheit leidet.

3Es ist zu beachten, dass Symptome von Alkohol-, Medikamenten- oder Drogeneinfluss und Schädelverletzungen sich ähneln und gegenseitig verstärken können. 4Verwahrte, die stark alkoholisiert sind oder unter dem Einfluss sonstiger berauschender Mittel oder Medikamente stehen, sollen nach Möglichkeit in einem Krankenhaus untergebracht werden. 5Näheres hierzu regeln die Verbände in eigener Zuständigkeit. 6Ist dies nicht möglich, soll der Verwahrte nach Möglichkeit in einem Gewahrsamsraum mit Videoüberwachung untergebracht werden.

14.3
1Zur Klärung der Gewahrsamstauglichkeit stellt der Arzt mittels Untersuchung fest, ob für die Gewahrsamsperson eine stationäre Krankenhausbehandlung oder weitere ständige ärztliche Überwachung notwendig ist oder nicht. 2Eine vom untersuchenden Arzt ausgestellte Gewahrsamstauglichkeitsbescheinigung ist anzustreben, rechtlich aber nicht vorgesehen und kann somit auch nicht gefordert werden. 3Die Untersuchung und das Ergebnis der Prüfung ist im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu dokumentieren.
14.4
Die allgemeine Verpflichtung der Polizei, rechtzeitig Erste Hilfe zu leisten oder herbeizuführen, bleibt unberührt.
14.5
1Die reine Untersuchung, ob eine Person gewahrsamstauglich ist, stellt kein Gutachten im Sinne der Aufwendungen für ärztliche Sachverständigenleistungen zur Erforschung einer Straftat gemäß § 163 StPO dar. 2Die Kosten zur Überprüfung der Gewahrsamstauglichkeit werden aus dem Polizeihaushalt getragen. 3Wurde die Person nach den Vorschriften der Strafprozessordnung verwahrt, ist eine Vormerkung dieser Auslagen im Strafverfahren nicht möglich. 4Bei einer Gewahrsamnahme nach den Vorschriften des Polizeiaufgabengesetzes ist Nr. 35 zu beachten.
14.6
1Die Kosten einer Behandlung (zum Beispiel auf Wunsch des Betroffenen oder als zusätzliche Leistung des Arztes) sind nicht aus dem Polizeihaushalt zu tragen. 2Der Arzt hat in diesen Fällen mit dem Betroffenen oder dessen Krankenversicherung abzurechnen. 3Der Krankenversicherungsschutz ruht nicht während des polizeilichen Gewahrsams.

15.Aufnahme verschmutzter Verwahrter

1Verwahrten ist, soweit es erforderlich ist und es die örtlichen Verhältnisse zulassen, vor ihrer Aufnahme die Möglichkeit zu einer gründlichen körperlichen Reinigung zu geben. 2Hierbei sollen erforderlichenfalls auch die Bekleidungsstücke desinfiziert werden. 3Nr. 8.1 bleibt unberührt.

16.Aufnahme von Personen mit psychischen Störungen, sonstigen Verhaltensauffälligkeiten oder mit gefährlichen und leicht übertragbaren Krankheiten

Personen mit psychischen Störungen, sonstigen Verhaltensauffälligkeiten oder mit gefährlichen und leicht übertragbaren Krankheiten dürfen nur aufgenommen werden, sofern der polizeiliche Zweck nicht durch sofortige Vorführung oder Einlieferung bei der zuständigen Stelle erreicht werden kann.

17.Durchsuchung und Sicherstellung

17.1
1Der Verwahrte und die mitgeführten Sachen sind unter den Voraussetzungen der Art. 21 und 22 PAG auf die nach Nr. 17.3 sicherzustellenden Gegenstände vor Einschluss gründlich zu durchsuchen. 2Die Durchsuchung obliegt der Verantwortung des mit der Einlieferung beauftragten Beamten.
17.2
1Bei der körperlichen Durchsuchung sind der Verhältnismäßigkeits- und Gleichgeschlechtlichkeitsgrundsatz zu beachten. 2Dem Wunsch intergeschlechtlicher oder transidenter Personen, die Durchsuchung einer Person oder einem Arzt bestimmten Geschlechts oder einer Person des Vertrauens zu übertragen, soll entsprochen werden. 3Die Durchsuchung soll, wenn es die Umstände zulassen, nicht in Gegenwart Unbeteiligter vorgenommen werden. 4Dies gilt nicht für das Absuchen mittels technischer Mittel oder sonstiger Hilfsmittel.
17.3
1Gegenstände des Verwahrten, die zur Begehung einer strafbaren Handlung, zur Schädigung von Leben oder Gesundheit der eigenen oder einer anderen Person (zum Beispiel Messer jeder Art, Essbestecke, Rasierklingen, Nagelfeilen, Werkzeuge, Gürtel, Hosenträger, Feuerzeuge, Zündhölzer, Schirme, Stöcke und unter Umständen auch Arzneimittel etc.) oder zur Vorbereitung der Flucht verwendet werden können, sind nach Maßgabe der gesetzlichen Befugnisse sicherzustellen (Art. 25 Abs. 1 Nr. 3 PAG) oder in anderer geeigneter Weise dem Zugriff zu entziehen und sicher zu verwahren. 2Soweit die persönliche Bekleidung des Verwahrten sichergestellt wird, ist diesem eine geeignete Ersatzausstattung zur Verfügung zu stellen.
17.4
Wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Verwahrte Gegenstände gemäß Nr. 17.3 an sich gebracht hat, insbesondere bei Verkehr mit der Außenwelt (Teil 5), hat eine erneute Durchsuchung zu erfolgen.
17.5
1Durchsuchungen und damit verbundene besondere Ereignisse und Maßnahmen (zum Beispiel vollständige Entkleidung) sind im Aufnahmenachweis zu dokumentieren (Nr. 18). 2Sichergestellte Gegenstände sind nach den Bestimmungen der Dienstvorschrift für die Behandlung von Verwahrstücken bei staatlichen Polizeidienststellen zu verwahren und nachzuweisen.
17.6
Rechtsvorschriften außerhalb des Polizeiaufgabengesetzes, nach denen eine Durchsuchung, Sicherstellung oder Beschlagnahme zulässig ist (etwa nach §§ 102 ff., 94 ff. StPO), bleiben unberührt.
17.7
Bei Transportgefangenen ist nach den Regelungen der Gefangenentransportvorschrift zu verfahren.

18.Aufnahmenachweis

1Über die Verwahrung ist ein Nachweis nach dem Muster der Anlage oder in geeigneter elektronischer Form zu führen (Aufnahmenachweis). 2Er ist fünf Jahre (gerechnet vom Zeitpunkt des letzten Eintrags) aufzubewahren oder zu speichern.

Teil 4
Unterbringung

19.Arten der Unterbringung

19.1
1Verwahrte werden einzeln oder gemeinsam untergebracht. 2Sie dürfen Beschränkungen nach Maßgabe der gesetzlichen Befugnisse nur insoweit unterworfen werden, als es der Zweck der Unterbringung und die Aufrechterhaltung der Ordnung in dem Gewahrsamsraum erfordern.
19.2
1Die Einzelunterbringung ist anzustreben; sie muss insbesondere durchgeführt werden, wenn der Verwahrte
  • unter psychischen Störungen leidet oder sich psychisch auffällig verhält,
  • nicht nur geringfügig alkoholisiert ist,
  • stark unter dem Einfluss sonstiger berauschender Mittel steht,
  • an einer ansteckenden Krankheit leidet oder
  • Verdunkelungsgefahr besteht.

2Auf Nr. 14 wird hingewiesen. 3Von einer Einzelunterbringung im Fall einer Alkoholisierung des Verwahrten kann abgewichen werden, wenn aufgrund besonderer Einsatzlagen und baulicher Gegebenheiten eine solche nicht möglich ist. 4In diesen Fällen sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, um Gefahren für Leib oder Leben der Verwahrten und Polizeibeschäftigten und für die Sicherheit und Ordnung der Gewahrsamsdurchführung abzuwenden.

19.3
1Die Unterbringung soll geschlechtsgleich erfolgen (optisch und physisch). 2Intergeschlechtliche und transidente Personen können grundsätzlich selbst entscheiden, mit Personen welchen Geschlechts sie untergebracht werden. 3Dem Wunsch auf Einzelunterbringung soll bei berechtigtem Interesse entsprochen werden. 4Jugendliche sind getrennt von Erwachsenen unterzubringen. 5Für nahe Familienangehörige sind Ausnahmen zulässig.
19.4
Ist jemand aufgrund des Polizeiaufgabengesetzes in Gewahrsam genommen worden, so ist er, soweit möglich, einzeln und nicht mit Strafgefangenen im gleichen Raum unterzubringen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 PAG).

20.Verpflegung

20.1
1Der Verwahrte ist, sofern er nicht nach kurzer Zeit wieder entlassen wird, zu den üblichen Zeiten angemessen und unter Berücksichtigung von Nr. 3.1 zu verpflegen sowie mit ausreichend Trinkwasser zu versorgen. 2Besondere Ernährungsformen sind nach Möglichkeit zu berücksichtigen. 3Die Verpflegung besteht aus Frühstück, Mittags- und Abendkost. 4Art und Umfang bemessen sich nach den allgemeinen Haushaltsgrundsätzen und den örtlichen Beschaffungsmöglichkeiten. 5Eine Vormerkung dieser Kosten im Strafverfahren ist nicht möglich. 6Angefragte Diäten sind in Fällen, in denen dies aus gesundheitlichen Gründen unabdingbar ist, zu prüfen. 7Verwahrte (ausgenommen Transportgefangene) können sich nach Wahl eine Verpflegung auf eigene Kosten beschaffen lassen. 8Ein Anspruch darauf besteht nicht. 9Auf Nr. 32.3 Buchst. a wird hingewiesen.
20.2
1Die Verpflegung ist von zuverlässigen Personen oder Betrieben zu beziehen. 2Soweit notwendig, sind hierfür vertragliche Vereinbarungen zu treffen. 3Durch Dritte gelieferte Verpflegung ist erforderlichenfalls auf geheime Mitteilungen, Ausbrechwerkzeug und Ähnliches zu überprüfen.
20.3
Zusatznahrung und Genussmittel sind grundsätzlich nicht durch die Dienststelle zu beschaffen.

21.Tabakkonsum

1Das Rauchen in den Gewahrsamsräumen ist nicht gestattet. 2Der Dienststellenleiter oder ein von ihm besonders Beauftragter kann hiervon in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen, zum Beispiel zur Vermeidung von Entzugserscheinungen. 3Der Schutz von Nichtrauchern muss dabei gewährleistet sein. 4Auf Nr. 19.1 wird hingewiesen.

22.Alkoholkonsum

1Der Konsum alkoholischer Getränke ist dem Verwahrten nicht erlaubt. 2Der Dienststellenleiter oder ein von ihm besonders Beauftragter kann in Absprache mit dem für die Gewahrsamstauglichkeitsprüfung durchführenden Arzt hiervon in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen. 3Diese sind entsprechend zu dokumentieren.

23.Körperpflege

23.1
1Dem Verwahrten ist täglich Gelegenheit zu einer einfachen körperlichen Reinigung zu geben. 2Das Rasieren unter Aufsicht kann gestattet werden. 3Nr. 15 bleibt unberührt.
23.2
Einfache Reinigungsmittel und Handtücher sind bereitzustellen.

24.Arbeiten

Der Verwahrte ist zur Arbeit nicht verpflichtet.

25.Sicherheitsmaßnahmen

25.1
1Gewahrsamsräume und ihre Ausstattung (insbesondere die Funktionsfähigkeit der Zellenrufanlagen sowie Decken und Matratzen) sind unabhängig von der regelmäßigen Überprüfung (Nr. 9) unmittelbar vor und nach jeder Belegung oder jedem Wechsel in der Belegung zu überprüfen. 2Die Überprüfung ist zu dokumentieren.
25.2
1Belegte Gewahrsamsräume sind stets abzuschließen. 2Die Schlüssel sind sicher und so zu verwahren, dass sie nur den Beamten der Dienststelle, diesen aber jederzeit, zugänglich sind.
25.3
1Belegte Gewahrsamsräume sind in angemessenen Zeitabständen zu kontrollieren. 2Anzahl und Zeitpunkt der Kontrollen hat der zum jeweiligen Ereigniszeitpunkt zuständige diensthabende Beamte nach den Umständen des Einzelfalles anzuordnen. 3Ist eine Person aufgenommen worden, die sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet, sind regelmäßig Kontrollen gegebenenfalls unter Überprüfung der Erweckbarkeit in ausreichend kurzen Zeitabständen oder sogar eine dauernde Bewachung anzuordnen und durchzuführen. 4Personen, die nicht zu gezielten Reaktionen erweckbar sind, sind einer geeigneten medizinischen Diagnostik und Betreuung zuzuführen. 5Auf die Regelungen der Nr. 14 wird verwiesen.
25.4
Die Kontrollen sind im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu dokumentieren.
25.5
1Ergänzend zu den Kontrollen der Gewahrsamsräume können diese mittels elektronischer Einrichtungen (Videoüberwachung) in Entsprechung der rechtlichen Vorschriften überwacht werden. 2Einzelheiten zur Einrichtung und zum Betrieb von Videoüberwachungsanlagen, insbesondere den zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Verwahrten erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus den gesetzlichen Vorgaben des Polizeiaufgabengesetzes und des Bayerischen Datenschutzgesetzes sowie entsprechenden zusätzlichen Regelungen des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration.
25.6
Belegte Gewahrsamsräume sollten grundsätzlich nur in Gegenwart eines zweiten Beamten betreten werden.
25.7
1Verwahrte können unter den gesetzlichen Voraussetzungen in dem Gewahrsamsraum gefesselt werden (vergleiche Art. 82 PAG). 2Hierbei ist die freie Atmung des Verwahrten zu gewährleisten. 3Eine Kontrolle der gefesselten Person im notwendigen Umfang muss gewährleistet sein.
25.8
1Wenn es die Sicherheit erfordert, können dem Verwahrten Gegenstände entzogen werden, die ihm nach dieser Dienstvorschrift in dem Gewahrsamsraum gewöhnlich zur Verfügung stehen; das gilt nicht für die Liegemöglichkeit. 2Für die Beleuchtung gilt Nr. 7.

26.Ende der Unterbringung

26.1
1Die Unterbringung endet mit der Entlassung oder der Übernahme durch einen hierzu berechtigten Beamten. 2Die Entlassung oder die Übernahme ist im Aufnahmenachweis zu dokumentieren (Nr. 18).
26.2
1Gegenstände, die nicht sichergestellt oder beschlagnahmt bleiben müssen, sind dem zu Entlassenden gegen Empfangsbestätigung wieder auszuhändigen. 2Bei der Übergabe eines Verwahrten ist zu prüfen, ob die sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenstände dem zur Übernahme berechtigten Beamten gegen Empfangsbestätigung auszuhändigen oder ob sie in anderer Weise zu behandeln sind. 3Bei Transportgefangenen ist nach der Gefangenentransportvorschrift zu verfahren.
26.3
1Bei der Übergabe ist die Notwendigkeit einer erneuten Durchsuchung zu prüfen (Nr. 17). 2Unterbleibt diese, so ist der übernehmende Beamte hierauf ausdrücklich hinzuweisen. 3Er bestätigt das unterschriftlich im Aufnahmenachweis (Nr. 18).
26.4
Auf bedeutsame Tatsachen im Sinne der Nr. 13.3 ist bei der Übergabe besonders hinzuweisen.

Teil 5
Verkehr mit der Außenwelt

27.Unbefugter Verkehr

Jeder unbefugte Verkehr des Verwahrten mit der Außenwelt ist zu verhindern oder unverzüglich zu unterbinden.

28.Besuche

28.1
1Ein Verwahrter, der vorläufig festgenommen ist oder sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befindet, darf nur mit Zustimmung der Justizbehörde Besuche empfangen. 2Die Besuche dürfen nach Maßgabe des Art. 30 BayStVollzG überwacht werden.
28.2
1Andere Verwahrte dürfen Besuche nur mit Einverständnis des Sachbearbeiters oder eines anderen, mit dem Sachverhalt genügend vertrauten Beamten empfangen. 2Als Besucher sind im Allgemeinen nur nahe Familienangehörige (Ehegatten, Lebenspartner, Eltern, Kinder und Geschwister), Rechtsanwälte, Geistliche und konsularische Vertreter zuzulassen.
28.3
1Besuche dürfen überwacht werden, sofern Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung vorliegen. 2Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus vorgenanntem Grund erforderlich ist. 3In diesem Fall ist die Unterredung in einer nichtdeutschen Sprache nur zulässig, wenn der anwesende Beamte sie versteht oder der Verwahrte oder Besucher einen zuverlässigen Dolmetscher zur Verfügung stellt oder der Besucher selbst die Gewähr für eine einwandfreie Übersetzung bietet. 4Unterredungen mit Personen mit besonderer Schweigepflicht (zum Beispiel Rechtsanwälte, Pfarrer, Ärzte) dürfen nicht überwacht werden.
28.4
Die Besuchsdauer ist auf eine angemessene Zeitdauer zu beschränken.
28.5
Der Besuch ist im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu dokumentieren.

29.Verkehr mit Verteidigern oder anwaltlichen Vertretern sowie mit besonderen Stellen

29.1
1Ein Verwahrter darf mit seinem Verteidiger oder seinem anwaltlichen Vertreter ohne besondere Erlaubnis sowie ohne Beschränkung und Überwachung mündlich verkehren (§ 148 Abs. 1 StPO, Art. 29, 30 Abs. 5 BayStVollzG). 2Gleiches gilt für den schriftlichen Verkehr, soweit nicht ein Fall des § 148 Abs. 2 StPO oder des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 BayStVollzG vorliegt. 3Die Bestimmungen des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes, der Untersuchungshaftvollzugsordnung und der einschlägigen Verwaltungsvorschriften sind zu beachten.
29.2
1Ausländische Staatsangehörige (auch solche mit festem Wohnsitz innerhalb Deutschlands) sind bei allen freiheitsentziehenden Maßnahmen durch die festnehmenden Beamten unverzüglich über ihr Recht zu belehren, die konsularische Vertretung ihres Landes selbst zu verständigen oder verständigen zu lassen (Art. 36 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen). 2Ein solcher Verwahrter darf mit einem konsularischen Vertreter ohne besondere Erlaubnis sowie ohne Beschränkung und Überwachung mündlich verkehren.
29.3
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter kann aufgrund Art. 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zum Zweck der Wahrung menschenwürdiger Unterbringung und Behandlung im Freiheitsentzug regelmäßig Orte der Freiheitsentziehung, auch unangekündigt, besuchen, um die Aufsichtsbehörden auf Missstände aufmerksam zu machen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge vorzulegen.
29.4
1Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Committee for the Prevention of Torture – CPT) kann aufgrund Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention Einrichtungen besuchen, um zu prüfen, wie Menschen behandelt werden, denen die Freiheit entzogen wird. 2Die Delegationen des CPT haben insbesondere unbeschränkten Zugang zu diesen Gewahrsams- und Hafteinrichtungen, einschließlich des Rechts, sich innerhalb dieser Orte ungehindert zu bewegen und Personen ohne Zeugen zu befragen, denen die Freiheit entzogen ist. 3Das Komitee muss dem betreffenden Staat einen Besuch ankündigen. 4Danach kann es zu jeder Zeit jeden Ort aufsuchen, an dem Personen die Freiheit entzogen ist.
29.5
Der Verkehr mit dem Verteidiger oder Rechtsanwalt sowie die oben genannten Besuche sind im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu dokumentieren.

30.Schriftverkehr

30.1
1Der Schriftverkehr von Verwahrten, die vorläufig festgenommen sind oder sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befinden, unterliegt den Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung beziehungsweise des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes und der hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften. 2Ein- und Ausgänge sind ungeöffnet der zuständigen Justizbehörde vorzulegen. 3Beschwerden, die sich nur auf den Haftvollzug beziehen, sind unmittelbar an den Empfänger weiterzuleiten.
30.2
Für den Verkehr des Verwahrten mit seinem Verteidiger oder anwaltlichen Vertreter ist Nr. 29.1 zu beachten.
30.3
Der Schriftverkehr anderer Verwahrter unterliegt unbeschadet der Bestimmungen in Nr. 27 keinen Beschränkungen.
30.4
Dem Verwahrten ist Schreibmaterial zu geben, wenn er es zur Wahrnehmung berechtigter Interessen benötigt und es die Sicherheit im Vollzug zulässt (Nr. 25.8).

31.Zuwendungen

1Zuwendungen von dritter Seite, wie Lebensmittel, Lesestoff, Gegenstände zur Körperpflege und Bekleidung dürfen dem Verwahrten ausgehändigt werden, wenn es mit dem Gewahrsamszweck vereinbar und der Absender oder Empfänger mit einer eingehenden Überprüfung der Zuwendungen einverstanden ist. 2Andernfalls sind die Gegenstände zurückzuweisen oder als „nicht überprüft“ zu kennzeichnen und zu den Effekten des Verwahrten zu nehmen.

Teil 6
Kosten

32.Aufwendungen der Polizei

32.1
Die Aufwendungen für die Bereitstellung und Unterhaltung von Gewahrsamsräumen der Polizei und die sonstigen Aufwendungen für die Verwahrten, soweit sie amtlich zu leisten sind, sind Sachbedarf der Polizei und werden aus den dafür bestimmten Haushaltsmitteln bestritten.
32.2
Aufwendungen für die Bereitstellung und Unterhaltung der Gewahrsamsräume sind insbesondere die Leistungen, die durch die Unterbringung in dem Gewahrsamsraum veranlasst werden, zum Beispiel Heizung, Beleuchtung, Reinigung und Desinfektion des Gewahrsamsraums, Instandhaltung und Instandsetzung oder der Ersatz von Einrichtungsgegenständen, sonstige, an Dritte aus Anlass der Unterbringung zu leistende Beträge.
32.3
Zu den sonstigen Aufwendungen gehören insbesondere auch die Leistungen für
a)
Verpflegung (der Verwahrte hat grundsätzlich für die Kosten der Verpflegung aufzukommen; ist der Verwahrte auf Kosten des Staates zu verpflegen, sind bei der Auswahl der Verpflegung, insbesondere hinsichtlich Art und Umfang, wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen),
b)
Pflege, Säuberung und Versorgung,
c)
ärztliche Untersuchung und Behandlung, soweit diese nicht auf Wunsch des Betroffenen oder als zusätzliche Leistung des Arztes erfolgt (Nr. 14.6).

33.Ersatz der Aufwendungen

33.1
1Aufwendungen für ärztliche Sachverständigenleistungen, die der Polizei in Ausführung eines Ersuchens des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft, aus der Tätigkeit des Polizeibeamten als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft oder aufgrund eigener Entschließung gemäß § 163 StPO entstanden sind, sind Auslagen des Verfahrens. 2Alle übrigen der vorgenannten Aufwendungen können nicht vorgemerkt werden. 3Bei Inanspruchnahme von Ärzten des Gesundheitsamtes oder von Landgerichtsärzten für Tätigkeiten nach Nr. 32.3 Buchst. c sind die Gebühren und Auslagen nach der Gesundheitsgebührenverordnung zu bemessen. 4Die Beträge sind den Polizeidienststellen mitzuteilen; sie werden jedoch nicht erstattet (siehe hierzu VV Nrn. 2.2.1 und 2.4 zu Art. 61 BayHO).
33.2
1Besondere Aufwendungen, die der Polizei in Ausführung des Ersuchens einer anderen Behörde entstehen (Amtshilfe), sind der ersuchenden Behörde mitzuteilen. 2Die Erstattung richtet sich nach Art. 8 Abs. 1 BayVwVfG.
33.3
Sondervorschriften über den Kostenersatz und die Kostenvormerkung (insbesondere Nr. 11) bleiben unberührt.

34.Kostenerhebung im Vollzug des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (BayPsychKHG)

34.1
Bei der Einlieferung von Personen durch die Polizei in unaufschiebbaren Fällen nach Art. 12 BayPsychKHG in eine psychiatrische Einrichtung oder in eine Entziehungsanstalt hat die Polizei die Kosten der Einlieferung gemäß Art. 35 Abs. 1 BayPsychKHG gegenüber dem Kostenpflichtigen geltend zu machen (siehe hierzu auch Nr. 2.4.2 der Richtlinien zur Erhebung von Kosten und anderen öffentlich-rechtlichen Geldleistungen durch die Polizei – KR-Pol), soweit nicht Art. 35 Abs. 2 BayPsychKHG zum Tragen kommt.
34.2
Für den Gewahrsam, der einer Unterbringung nach dem Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz vorausgeht, und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs bei der Einlieferung sind nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 des Kostengesetzes (KG) keine Kosten zu erheben (vergleiche Fußnote 21 Nr. 6 und Fußnote 42 Nr. 2 der Anlage zu den KR-Pol).

35.Kostenpflicht nach dem Kostengesetz

35.1
1In den Fällen des Art. 17 PAG werden Kosten nach dem Kostengesetz nach Maßgabe der KR-Pol (siehe Nr. 33 der Anlage zu den KR-Pol) erhoben. 2Zu den Auslagen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 und 5 KG zählen daher insbesondere
a)
die Kosten für ärztliche Leistungen zur Überprüfung der Gewahrsamstauglichkeit (ausgenommen solche von Polizeiärzten),
b)
Ausgaben für Verpflegung,
c)
Aufwendungen für die Reinigung (inklusive Desinfektion und dergleichen) des Gewahrsamsraums aufgrund besonderer Verunreinigung durch eine Fremdfirma (zum Beispiel wegen Erbrechens),
d)
Aufwendungen für Reparaturen oder Ersatzbeschaffungen, falls sie zusammen mit der Gebühr für den Gewahrsam erhoben werden können, soweit nicht ohnehin nach Nr. 11 zu verfahren ist.
35.2
Die Erhebung von Auslagen im Zusammenhang mit einem Sicherheitsgewahrsam nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 PAG beziehungsweise mit anderen nicht kostenpflichtigen Maßnahmen ist dann möglich, sofern der Verwahrte die Auslagen durch Verschulden verursacht hat (Art. 3 Abs. 3 KG).

Teil 7
Schlussbestimmungen

36.Besondere Vorkommnisse

36.1
1Über besondere Vorkommnisse (zum Beispiel Todesfälle, Selbstverletzungen, Gewalttätigkeiten, Flucht- und Suizidversuche, schwere Erkrankungen) sind die vorgesetzte Dienststelle, die in den Nrn. 2.1 und 2.2 genannten Beamten, der zuständige Sachbearbeiter und gegebenenfalls auch die Transportdienststelle sofort zu unterrichten. 2Eine entsprechende Dokumentation hat im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu erfolgen.
36.2
1Die Anzeige von Todesfällen in Gewahrsamsräumen (vergleiche § 30 Abs. 1, 3, § 20 PStG; § 159 StPO) obliegt im Regelfall der im Todesfall ermittelnden Polizeidienststelle. 2In der Anzeige nach dem Personenstandsgesetz ist der Sterbeort lediglich mit Ortsnamen, Straße und Hausnummer zu kennzeichnen.
36.3
Bei Transportgefangenen im Sinne der Gefangenentransportvorschrift sind die dortigen Bestimmungen zu beachten.
36.4
Auf die Anzeigepflicht nach § 159 StPO gegenüber der Staatsanwaltschaft beziehungsweise dem Amtsgericht wird ergänzend hingewiesen.

37.Inkrafttreten, Außerkrafttreten

37.1
1Diese Bekanntmachung tritt am 1. Mai 2022 in Kraft. 2Sie tritt mit Ablauf des 30. April 2032 außer Kraft.
37.2
Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Dienstvorschrift für die Einrichtung und Benutzung von Hafträumen der Polizei (Haftvollzugsordnung der Polizei – HVOPol) vom 20. März 1962 (MABI. S. 283), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 9. März 1978 (MABl. S. 221) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 30. April 2022 außer Kraft.

Karl Michael Scheufele

Ministerialdirektor



Anlage