Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 42 vom 17.01.2022

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention

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Sonstige Bekanntmachung

2126-1-19-G

Begründung der Verordnung zur Änderung der Fünfzehnten
Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

vom 17. Januar 2022

Die Begründung der Verordnung zur Änderung der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) vom 17. Januar 2022 (BayMBl. Nr. 41) wird im Hinblick auf § 28a Abs. 5 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bekannt gemacht.

Die vorliegende Verordnung beruht auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, §§ 28a, 28c IfSG in Verbindung mit § 7 SchAusnahmV und § 9 Nr. 5 DelV.

Durch die vorliegende Verordnung wird bestimmt, dass der Vollzug der Vorschriften des § 15 der 15. BayIfSMV bis einschließlich 28. Januar 2022 ausgesetzt bleibt.

Soweit in der 15. BayIfSMV bereits bestehende Maßnahmen fortgeführt werden, wird auf die Begründung der 14. BayIfSMV vom 1. September 2021 (BayMBl. Nr. 616) sowie auf die Begründungen der Verordnungen zur Änderung der 14. BayIfSMV vom 15. September 2021 (BayMBl. Nr. 662), vom 30. September 2021 (BayMBl. Nr. 711), vom 5. Oktober 2021 (BayMBl. Nr. 716), vom 14. Oktober 2021 (BayMBl. Nr. 734), vom 27. Oktober 2021 (BayMBl. Nr. 758), vom 5. November 2021 (BayMBl. Nr. 773), vom 9. November 2021 (BayMBl. Nr. 777), vom 15. November 2021 (BayMBl. Nr. 797) und vom 16. November 2021 (BayMBl. Nr. 800), auf die Begründung der 15. BayIfSMV vom 23. November 2021 (BayMBl. Nr. 827) sowie auf die Begründungen der Verordnungen zur Änderung der 15. BayIfSMV vom 3. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 842), vom 10. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 869), vom 14. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 876), vom 23. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 950), vom 11. Januar 2022 (BayMBl. Nr. 3) und vom 13. Januar 2022 (BayMBl. Nr. 37) verwiesen.

Das maßgebliche Lagebild für die vorliegende Verordnung stellt sich wie folgt dar:

Seit dem Jahreswechsel ist wieder ein starker Anstieg der Meldefälle zu beobachten. Die Infektionszahlen übersteigen aktuell deutlich das Niveau der zweiten Corona-Welle (Maximum am 20. Dezember 2020 mit 217,8), liegen aber noch unter dem Scheitelwert der vierten, von der Delta-Variante geprägten Corona-Welle (Maximum am 23. November 2021 mit 644,9). Die Fallzahlen sowie die daraus errechnete Reproduktionszahl müssen weiterhin im Kontext der Überlastung der Gesundheitsämter betrachtet werden. Es muss – auch wegen der Berichte aus dem Ausland über aufgrund der Omikron-Variante teilweise bereits explosiv angestiegene Fallzahlen – mit einem weiteren starken Anstieg der Fallzahlen gerechnet werden. Am 17. Januar 2022 liegt die 7-Tage-Inzidenz der Meldefälle in Bayern mit 551,5 über dem Bundesdurchschnitt von 528,2.

Insgesamt verzeichnen nach den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) am 17. Januar 2022 alle Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern eine 7-Tage-Inzidenz der Meldefälle von über 100. Im Einzelnen liegen vier Landkreise und kreisfreie Städte über 800, weitere acht über 700, sowie weitere 10 über 600. Darüber hinaus weisen 20 Landkreise und kreisfreie Städte einen Wert der 7-Tage-Inzidenz über 500, weitere 31 über 400 sowie weitere 17 über 300 auf. Vier Landkreise und kreisfreie Städte weisen einen Wert der 7-Tage-Inzidenz von 200 bis 300 auf und zwei Kreise einen Wert von 100 bis 200 (https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_1). Dabei reicht die Spannbreite der Werte der 7-Tage-Inzidenz von 175,3 im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz bis 866,0 in der kreisfreien Stadt Ingolstadt. In der Gesamtbetrachtung zeigt sich in Bayern damit ein von einem hohen Niveau aus weiter ansteigendes Infektionsgeschehen mit regionalen Unterschieden.

Die Reproduktionszahl lag in den vergangenen Tagen über dem Wert von 1. Nach RKI-Berechnungen liegt der 7-Tage-R-Wert für Bayern am 17. Januar 2022 bei 1,18, für Deutschland bei 1,11.

Die binnen einer Kalenderwoche gemeldeten Sterbefälle sind leicht auf 239 Sterbefälle in der Kalenderwoche 2 (10. Januar bis 16. Januar 2022) gestiegen und liegen damit etwas über dem Wert der Vorwoche (3. Januar bis 9. Januar 2022) mit 228 Sterbefällen.

Die 7-Tage-Hospitalisierungsrate als Maßstab für die Krankheitsschwere ist im Vergleich zur Vorwoche leicht gestiegen. Am 17. Januar 2022 wurden nach den Daten des LGL innerhalb der letzten sieben Tage 353 hospitalisierte Fälle registriert, was einer 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 2,69 entspricht (https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm#inzidenzgeimpft). Eine Woche zuvor, am 10. Januar 2022, waren es 307 hospitalisierte Fälle innerhalb der letzten sieben Tage (7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 2,34).

Die oben genannte Hospitalisierungsinzidenz ist aktuell jedoch nicht hinreichend valide, weil es aufgrund der hohen Infektionszahlen zu erheblichen Meldeverzügen der Gesundheitsämter kommt. Das RKI weist deshalb eine adjustierte 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz aus, die den zeitlichen Verzug der Meldungen nach dem Infektionsschutzgesetz korrigiert (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Fallzahlen_Inzidenz_aktualisiert.html;jsessionid=800C9202B8C591748688663E3FB46A7D.internet052?nn=13490888). Danach betrug die adjustierte 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz für Bayern am 14. Januar 2022 5,61 und lag damit mehr als doppelt so hoch wie die tagesaktuell am 14. Januar 2022 vom RKI für Bayern berichtete 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 2,66 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Fallzahlen_Kum_Tab.html).

Aktuell liegt die adjustierte 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz wieder über dem vom RKI im Papier zur ControlCOVID-Strategie für die Stufe Rot empfohlenen Grenzwert von 5 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/control-covid-2021-09-22.pdf?__blob=publicationFile). Aufgrund der seit dem Jahreswechsel erneut steigenden Infektionszahlen muss mit entsprechendem Zeitverzug hierzu mit einem weiteren Anstieg der Hospitalisierungen gerechnet werden. Wie stark sich die Ausbereitung der Omikron-Variante auf die Zahl der Hospitalisierungen konkret auswirken wird, kann derzeit nicht abschließend bewertet werden.

Am 16. Januar 2022 wurde erstmals wieder ein Anstieg der Zahl von stationär behandelten COVID-19-Patienten im Vergleich zum Vortag gemeldet. Eine erneute Steigerung zum Vortag erfolgte ebenfalls am 17. Januar 2022. Ein erneuter Anstieg der Zahlen wird im Intensivbereich derzeit (noch) nicht beobachtet. Es bleibt abzuwarten, ob es sich dabei um kurzfristige Schwankungen handelt oder von nun an der Anstieg der Infektionszahlen auch in den Krankenhäusern nachvollzogen wird. Angesichts des nach wie vor hohen Niveaus, insbesondere auf den Intensivstationen, auf welchem sich die Zahl der stationär behandelten COVID-19-Patienten befindet, ist die aktuelle Entwicklung aufmerksam zu beobachten. Aktuell werden bayernweit 1 654 Patienten, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, stationär behandelt (Meldungen der Krankenhäuser in IVENA vom 17. Januar 2022). 400 COVID-19-Fälle werden derzeit intensivmedizinisch behandelt (Meldungen der Krankenhäuser im DIVI-Intensivregister vom 17. Januar 2022).

Dabei bestehen – bei insgesamt hoher Inanspruchnahme der Intensivkapazitäten durch Nicht-COVID-19-Patienten – nach wie vor regionale Unterschiede in der Belastung mit COVID-19-Intensivpatienten, wobei sich die Belastung in Südbayern unverändert tendenziell weiterhin höher darstellt als in Nordbayern.

Die aktuelle Situation bleibt sehr besorgniserregend und es ist nicht auszuschließen, dass es in Deutschland wieder zu einem Anstieg der schweren Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren stationären Behandlungskapazitäten auf den Normal- und Intensivstationen überschritten werden könnten. Ursächlich hierfür ist das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikron-Variante, die sich nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich schneller und effektiver verbreitet als die bisherigen Virusvarianten. Dadurch kann es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems und ggf. weiterer Versorgungsbereiche kommen. Die Infektionsgefährdung wird für die Gruppe der Ungeimpften als sehr hoch, für die Gruppen der Genesenen und Geimpften mit Grundimmunisierung (zweimalige Impfung) als hoch und für die Gruppe der Geimpften mit Auffrischungsimpfung (dreimalige Impfung) als moderat eingeschätzt.

Der rasante Anstieg des Omikronanteils unter den übermittelten COVID-19-Fällen hat sich fortgesetzt. In Kalenderwoche 01/2022 überwog in Deutschland erstmals der Anteil der gemeldeten Infektionen, die durch Omikron verursacht wurden. Der Anteil betrug 73,3 % der übermittelten COVID-19-Fälle. Der Anteil der bisher dominierenden Variante Delta betrug noch 25,9 %. In Bayern zeigte sich ein ähnliches Bild wie im Bundesdurchschnitt mit einem Omikronanteil von 75,2 %. In den nächsten Wochen wird mit einer starken Zunahme von Infektionen mit der auch bei Geimpften und Genesenen leichter übertragbaren Omikronvariante gerechnet. Erste Studien deuten auf einen geringeren Anteil an Hospitalisierten im Vergleich zu Infektionen mit der Deltavariante bei Infizierten mit vollständiger Impfung und insbesondere mit einer Auffrischungsimpfung hin. Für eine abschließende Bewertung der Schwere der Erkrankungen durch die Omikronvariante ist die Datenlage aber noch nicht ausreichend. Omikron zeigt eine ungewöhnlich hohe Zahl von ca. 30 Aminosäureänderungen innerhalb des Spike-Proteins, darunter einige mit bekanntem Einfluss, die z. B. eine Erhöhung der Übertragungsfähigkeit sowie eine Immunevasion bewirken können. Letztere führt dazu, dass die Viren der Erkennung durch das Immunsystem entgehen und daher eine verringerte Wirksamkeit von Impfungen bzw. eines verringerten Schutzes vor Reinfektionen bei Genesenen zur Folge haben könnten. Es konnte aber gezeigt werden, dass eine Auffrischungsimpfung nach Grundimmunisierung den Immunschutz substantiell verbessert und vor Infektionen und insbesondere vor schweren Krankheitsverläufen schützt. Nachgewiesen sind aber auch Mutationen, deren Bedeutung gegenwärtig noch unklar sind. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen verbreitet sich Omikron leichter und schneller. Omikron führt allerdings − soweit aktuell beurteilbar − nur bei einem geringeren Anteil der infizierten Personen zu schweren Krankheitsverläufen. Daher gilt weiterhin, dass bei Omikron insgesamt größere Fallzahlen und deren steilerer Anstieg, aber statistisch bei gleicher Fallzahl eine geringere akute Belastung des Gesundheitssystems zu erwarten sind.

Um verlässlicher bestimmen zu können, ab welchen Inzidenzwerten und ab welcher Krankenhausbelastung künftig der regionale Hotspot-Lockdown zur Vermeidung einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems erforderlich ist, muss die Entwicklung der Lage zunächst weiter aufmerksam beobachtet werden. Daher ist durch § 1 anzuordnen, dass der Vollzug der Vorschriften des § 15 bis 28. Januar 2022 ausgesetzt bleibt. § 15a war hierzu entsprechend anzupassen.

Die weiteren Änderungen betreffen redaktionelle Anpassungen.

§ 2 bestimmt das Inkrafttreten der Änderungsverordnung. Die Verordnung tritt am 18. Januar 2022 in Kraft.