Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 579 vom 18.10.2022

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention

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Sonstige Bekanntmachung

Vollzug des Bayerischen Krankenhausgesetzes (BayKrG) und des
Infektionsschutzgesetzes (IfSG)

Notfallplan Corona-Pandemie: Allgemeinverfügung zur Bewältigung erheblicher
Patientenzahlen in Krankenhäusern

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege

vom 18. Oktober 2022, Az. G24-K9000-2022/480-8

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlässt im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat sowie hinsichtlich der Universitätsklinika im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf der Grundlage von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Krankenhausgesetzes (BayKrG) sowie auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV) folgende

Allgemeinverfügung

1.
Die Allgemeinverfügung zur Bewältigung erheblicher Patientenzahlen in Krankenhäusern vom 2. August 2022 (BayMBl. Nr. 444) wird wie folgt geändert:
1.1
In der Überschrift der Nr. 3 werden nach dem Wort „Krankenhauskoordinierung“ die Wörter „ , der Regierungen und der Kreisverwaltungsbehörden“ eingefügt.
1.2
Nach Nr. 3.4.4 wird folgende Nr. 3.4.5 eingefügt:
„3.4.5
1Die Kreisverwaltungsbehörde hat durch geeignete Maßnahmen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Personen, die keiner akutstationären Versorgung mehr bedürfen, bei denen aber die Gefahr einer Erregerübertragung noch nicht auszuschließen ist, aus zugelassenen Krankenhäusern in ihrem Gebiet entlassen werden können. 2Sie kann in Abstimmung mit dem Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung die Aufnahme solcher Personen in geeignete Einrichtungen, z. B. Einrichtungen der Rehabilitation oder Quarantänehotels, oder die Bereithaltung solcher Einrichtungen zur Aufnahme anordnen, sofern keine einvernehmlichen Regelungen getroffen werden können. 3Für derartige Anordnungen sind in der Regel folgende Voraussetzungen und Maßgaben zu beachten:
3.4.5.1
Die Übernahme der Personen durch für deren Versorgung an sich zuständige Pflegeheime oder andere Einrichtungen, die Übernahme der Personen im Wege der Übergangspflege nach § 39e SGB V oder die Rückführung der betroffenen Personen in ihr häusliches Umfeld können nicht oder nicht in ausreichendem Maß erreicht werden.
3.4.5.2
1Die Zahl der Personen, deren Aufnahme angeordnet wird oder für deren Aufnahme die Bereithaltung angeordnet wird, umfasst höchstens einen Umfang von 10 % der am jeweiligen ersten des betreffenden Monats in zugelassenen Krankenhäusern im Gebiet der Kreisverwaltungsbehörde behandelten, mit COVID-19 infizierten Patienten. 2Im Einvernehmen mit der Regierung ist ein Überschreiten dieses Umfangs zulässig. 3Mehrere Kreisverwaltungsbehörden, insbesondere die eines ZRF, können sich auf die Nutzung einer oder mehrerer gemeinsamer Einrichtungen unter der Federführung einer dafür zu bestimmenden Kreisverwaltungsbehörde verständigen. 4In diesem Fall können die nach Satz 1 maßgeblichen Zahlenkontingente zusammengerechnet werden.
3.4.5.3
Vor dem Erlass entsprechender Anordnungen sollen vorrangig einvernehmliche Regelungen mit den betroffenen Einrichtungen angestrebt werden.
3.4.5.4
1Für die Bereithaltung und die Übernahme der genannten Personen nach Nr. 3.4.5 wird der Einrichtung eine Entschädigung geleistet, soweit nicht ein anderer Kostenträger, insbesondere aus dem Bereich der Sozialversicherung, vorrangig erstattungspflichtig ist. 2Zur Erstattung der anfallenden Kosten an die Kreisverwaltungsbehörde durch den Freistaat Bayern ergeht eine gesonderte Regelung.“
2.
Diese Allgemeinverfügung tritt am 19. Oktober 2022 in Kraft.

Begründung

Seit Ende September 2022 mehren sich Meldungen der Krankenhäuser über teilweise drastische Kapazitätsengpässe, deren Hauptgründe in einer deutlich ansteigenden Zahl an COVID-19-infizierten Patienten einerseits und erheblichen Personalausfällen andererseits liegen. Hinzu kommen – wie bereits in den bisherigen pandemischen Wellen – erhebliche Schwierigkeiten, Patienten, deren Krankenhausbehandlung aus medizinischer Sicht beendet ist, zurück in ihr häusliches oder pflegerisches Umfeld zu entlassen.

Durch die vorliegende Ergänzung der Allgemeinverfügung zur Bewältigung erheblicher Patientenzahlen in Krankenhäusern vom 2. August 2022 (BayMBl. Nr. 444) erhalten die nach Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Landkreisordnung und Art. 9 Abs. 1 der Gemeindeordnung zur Sicherstellung der Krankenhausversorgung verpflichteten Kreisverwaltungsbehörden erneut die konkrete Aufgabe, die Voraussetzungen für die Möglichkeit der Entlassung solcher Personen aus Krankenhäusern zu schaffen, die keiner akutstationären Behandlung mehr bedürfen, bei denen aber die Gefahr der Erregerübertragung noch nicht ausgeschlossen werden kann und die deshalb noch nicht in ihr Pflegeheim, eine andere Einrichtung oder in ihr häusliches Umfeld zurückkehren können. Neben einer Entlassung in das häusliche oder pflegerische Umfeld ist ebenfalls vorrangig die Möglichkeit einer Betreuung im Rahmen der Übergangspflege nach § 39e SGB V zu prüfen.

Zur Entlastung der Krankenhäuser können die Kreisverwaltungsbehörden Anordnungen gegenüber geeigneten Einrichtungen oder Organisationen treffen (z. B. Einrichtungen der Rehabilitation, Quarantänehotels). Vorrangig vor dem Erlass entsprechender Anordnungen sollen einvernehmliche Regelungen mit den betroffenen Einrichtungen angestrebt werden.

Anordnungen oder einvernehmliche Maßnahmen sollen in aller Regel nach ihrem Umfang insgesamt nicht über 10 % der am jeweiligen ersten des betreffenden Monats in der Kreisverwaltungsbehörde vollstationär behandelten Patienten mit COVID-19-Infektion liegen. Im Interesse der Schaffung gleichermaßen leistungsfähiger wie effizienter Strukturen können sich mehrere Kreisverwaltungsbehörden auch über die Grenzen der ZRF hinaus auf die Nutzung gemeinsamer Einrichtungen verständigen. Für die Bereithaltung und die Übernahme der genannten Personen nach Nr. 3.4.5 der Allgemeinverfügung wird der Einrichtung eine Entschädigung geleistet, soweit nicht ein anderer Kostenträger, insbesondere aus dem Bereich der Sozialversicherung, vorrangig erstattungspflichtig ist. Zur Erstattung der anfallenden Kosten an die Kreisverwaltungsbehörde durch den Freistaat Bayern ergeht eine gesonderte Regelung.

Die Allgemeinverfügung basiert auf Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayKrG. Dem steht die Regelung in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayKrG nicht entgegen; die dort verwendete Formulierung „insbesondere“ verdeutlicht, dass die konkretisierenden Beispiele in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayKrG nicht abschließend zu verstehen sind. Auch aus den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 18/23163, S. 3-4) wird ersichtlich, dass Art. 28 BayKrG zum Ziel hat, bereits unterhalb der Schwelle des Katastrophenfalls die in den bisherigen pandemischen Wellen bewährten Organisationsstrukturen zu schaffen, wozu auch die Bereithaltung von Entlastungseinrichtungen durch die Kreisverwaltungsbehörden gezählt hat. In einer Gesamtschau und auch angesichts des Ziels der Regelung, Gefahren für Leben und Gesundheit abzuwehren, entfaltet Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayKrG damit gegenüber der Anwendung des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayKrG keine Sperrwirkung.

Dr. Winfried Brechmann

Ministerialdirektor