Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 686 vom 07.12.2022

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Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

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Sonstige Bekanntmachung

Allgemeinverfügung
(Allgemeine Vorschrift im Sinne von Art. 3 Absatz 2 Verordnung
(EG) Nr. 1370/20071) des Freistaats Bayern

über die Festsetzung des MVV-Gemeinschaftstarifs zum 1. Januar 2023 als Höchsttarif

Hintergrund

Die Gremien der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH haben beschlossen, die zunächst zum 15. Dezember 2019 beschlossene Tarifreform im Münchener Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) fortzuführen. Ausgangspunkt der Überlegungen zu einer Tarifreform war die seit Jahrzehnten nachhaltig von verschiedensten Seiten vorgebrachte Kritik, dass der MVV-Gemeinschaftstarif zu kompliziert sei. Daher war es Ziel der Reform, bei hinreichender Ergiebigkeit den MVV-Gemeinschaftstarif stark zu vereinfachen und gerechter zu gestalten. Im Rahmen der Reform wurde ein „Sieben-Zonen-Modell“ gewählt. Dieses Modell ist die Basis der Raumbetrachtung für nahezu alle Ticketsorten. Zudem wurden Preissprünge abgebaut und verbundweit einheitliche Zeitfahrkarten für bestimmte Personengruppen (zum Beispiel Sozialticket) eingeführt.

Der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München sowie die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg stellen weiterhin eine angemessene Finanzierung sinkender Fahrgelderlöse im MVV-Gemeinschaftstarif, die aus der Festsetzung der Tarife gemäß der Tarifreform resultieren, sicher.

Um die europarechtskonforme Finanzierung der Mindereinnahmen im MVV-Gemeinschaftstarif wie bisher sicherzustellen, werden als Grundlage für die Ausreichung der Ausgleichsleistungen an die Verkehrsunternehmen von den Aufgabenträgern im MVV für ihr jeweiliges Zuständigkeitsgebiet jeweils eine Allgemeine Vorschrift im Sinne von Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in Form einer Allgemeinverfügung erlassen.

Die operative Abwicklung, die Berechnung des Ausgleichsbetrages und die Durchführung des Finanztransfers gegenüber den Verkehrsunternehmen im MVV erfolgt über die Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV GmbH) auf Basis der Finanzierungsrichtlinie „Tarifreform 2019“, die als Anlage 2 Bestandteil dieser Allgemeinverfügung ist und von der Gesellschafterversammlung der MVV Tarifverbund GmbH am 5. Juli 2019 beschlossen und am 16. September 2022 fortgeschrieben wurde.

Auf der Grundlage von § 15 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) in Verbindung mit Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und Art. 15 Abs. 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) erlässt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im Anschluss zur Allgemeinverfügung vom 28. August 2019 (BayMBl. 2019 Nr. 340) die nachstehende Allgemeinverfügung, durch die die Festsetzung der Tarife gemäß der „Tarifreform 2019“ verlängert wird:

Allgemeinverfügung

  1. 1. Der MVV-Gemeinschaftstarif nach Tarifreform gemäß Anlage 1 wird im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayÖPNVG ab dem 01.01.2023 als Höchsttarif für alle Fahrgäste im Sinne von Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 festgesetzt. Die hiermit verbundene gemeinwirtschaftliche Verpflichtung umfasst die Beförderung von Fahrgästen im gegenüber der bis zum 15.12.2019 geltenden Fassung des MVV-Gemeinschaftstarifs (veröffentlicht am 23.10.2017) reformierten MVV-Gemeinschaftstarif. Der sachliche und geografische Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung ist das Zuständigkeitsgebiet des Freistaats Bayern in Bezug auf Verkehrsleistungen im SPNV, für die der MVV-Gemeinschaftstarif nach Tarifreform Anwendung findet.
  2. 2. Verkehrsunternehmen, die im geografischen Geltungsgebiet des MVV-Gemeinschaftstarifs Verkehrsleistungen im SPNV erbringen und den Höchsttarif anwenden, haben ab dem 01.01.2023 einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen für die spezifischen finanziellen Nachteile, die den Verkehrsunternehmen aus der Tarifreform erwachsen. Die Höhe der Ausgleichsleistungen richtet sich nach der Finanzierungsrichtlinie „Tarifreform 2019“ der MVV GmbH (Anlage 2). Die Ausgleichsleistung je Verkehrsunternehmen ist auf den Betrag beschränkt, der dem finanziellen Nettoeffekt im Sinne von Ziffer 2 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 aufgrund der Einhaltung der Tarifpflicht nach Ziffer 1 entspricht.
  3. 3. Die Höhe der Ausgleichsleistung darf den finanziellen Nettoeffekt der Summe aller positiven und negativen Auswirkungen der Erfüllung der gegenständlichen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung des Verkehrsunternehmens bezogen auf die Einhaltung der Tarifpflicht gemäß Ziffer 1 nicht übersteigen. Die Verkehrsunternehmen sind verpflichtet, jährlich einen Nachweis darüber zu führen, dass die empfangenen Ausgleichsleistungen zu keiner Überkompensation im Sinne von Art. 4 und Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 geführt haben. Das Verfahren zur Nachweisführung richtet sich nach Maßgabe der Finanzierungsrichtlinie „Tarifreform 2019“ der MVV GmbH in der jeweils gültigen Fassung (Anlage 2).
  4. 4. Die Aufgabenträger im MVV (der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München, die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg) stellen gemeinsam zur Finanzierung des Ausgleichs nach Ziffer 2 aller Allgemeinverfügungen einen jährlichen Gesamtausgleichsbetrag zur Verfügung, dessen Gesamthöhe sich aus der Finanzierungsrichtlinie ergibt und in Abhängigkeit von etwaigen Verbundraumerweiterungen steht. Der Freistaat Bayern stellt vom Gesamtausgleichsbetrag einen anteiligen Finanzierungsbetrag an der Gesamtfinanzierung der Tarifreform in Höhe von maximal 35,0 Millionen Euro p.a. zur Verfügung. Der Freistaat Bayern geht davon aus, dass der Gesamtausgleichsbetrag ausreicht, um den Verkehrsunternehmen einen angemessenen Ausgleich für die spezifischen Nachteile aus der Einhaltung der Tarifpflicht zu gewähren und die finanzielle Nachhaltigkeit der Erbringung der Verkehrsleistung im Sinne von Art. 2a Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu sichern. Sollte sich während der Geltungszeit dieser Allgemeinverfügung zeigen, dass der Gesamtausgleichsbetrag hierfür nicht ausreicht, wird der Freistaat Bayern gemeinsam mit den übrigen Aufgabenträgern im MVV geeignete Maßnahmen (beispielsweise Anpassung der Allgemeinverfügung, der Tarifreform oder des Gesamtausgleichsbetrags) prüfen, wie er der vorgenannten Zielsetzung gerecht werden kann. Gleiches gilt entsprechend bei einer Verbundraumerweiterung des MVV während der Geltungszeit dieser Allgemeinverfügung. In diesem Fall wird der Freistaat Bayern gemeinsam mit den übrigen Aufgabenträgern im MVV darauf hinwirken, dass auch neu hinzutretende Aufgabenträger eine gleichlautende Allgemeinverfügung erlassen und dass die „Finanzierungsrichtlinie Tarifreform 2019“ fortgeschrieben wird.
  5. 5. Die objektive und transparente Aufstellung der Parameter, anhand derer die Ausgleichsleistung berechnet wird, die operative Abwicklung der Ausreichung der Ausgleichsleistungen, die Führung von Nachweisen durch die Verkehrsunternehmen und die Rückforderung von Ausgleichleistungen unter Einbindung der MVV GmbH richtet sich nach der Finanzierungsrichtlinie „Tarifreform 2019“ der MVV GmbH (Anlage 2).
  6. 6. Diese Allgemeinverfügung ist am Tag nach der Veröffentlichung im Bayerischen Ministerialblatt bekanntgegeben (Art. 41 Abs. 4 Satz 4 BayVwVfG). Die Verpflichtung nach Ziffer 1 tritt zum 01.01.2023 Kraft.
  7. 7. Diese Allgemeinverfügung tritt am 31.12.2023 außer Kraft. Sie kann durch Allgemeinverfügung verlängert, geändert oder aufgehoben werden. Der Freistaat Bayern wird gemeinsam mit den anderen Aufgabenträgern im MVV bis zum 30.06.2023 über eine Nachfolgeregelung dieser Allgemeinverfügung befinden beziehungsweise die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um auch nach dem 31.12.2023 eine nachhaltige Erbringung der Verkehrsleistung durch die Verkehrsunternehmen unter Geltung des MVV-Gemeinschaftstarifs sicherzustellen.
  8. 8. Folgende Anlagen sind Bestandteil dieser Allgemeinverfügung:
Anlage 1:
MVV-Gemeinschaftstarif nach Tarifreform als Höchsttarif. Der MVV-Gemeinschaftstarif wird in Bezug auf die Entgelttabellen im Rahmen der regulären jährlichen Tarifanpassung fortgeschrieben. Die jeweils gültige Fassung ist abrufbar unter
www.mvv-muenchen.de/tickets/tarifstruktur/befoerderungsbedingungen/index.html
Anlage 2:
Finanzierungsrichtlinie „Tarifreform 2019“ der MVV GmbH vom 05.07.2019 inklusive der Anhänge 1-5

Fortschreibungen und Änderungen an der Anlage 2 werden als Änderung dieser Allgemeinverfügung nach Art. 41 Abs. 4 BayVwVfG öffentlich bekannt gegeben.

Gründe

Der Freistaat Bayern, der Stadtrat der Landeshauptstadt München sowie die Kreistage der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg haben der Umsetzung der Tarifreform zugestimmt. Da die Umsetzung der Tarifreform nach den Prognosen der Gutachter, die die Tarifreform begleitet haben, zu kalkulatorischen Mindereinnahmen von bis zu 65,5 Millionen Euro p.a. (+/- 7 Millionen Euro p.a. Schwankungsbreite wegen Elastizitäts- und Stichprobenrisiken) führen kann und somit nicht ohne Ausgleichsleistungen möglich ist (vergleiche § 8a Abs. 1 Satz 2 PBefG), haben der Freistaat Bayern, der Stadtrat der Landeshauptstadt München sowie die Kreistage der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg beschlossen, den betroffenen Verkehrsunternehmen hierfür einen wirtschaftlichen Ausgleich bis zu einer Höhe von maximal 72,5 Millionen Euro p.a. ab dem 15.12.2019 zu gewähren. Die Höhe des jeweils aktuellen Gesamtausgleichsbetrages ergibt sich aus der jeweils aktuellen Finanzierungsrichtlinie.

Als rechtliche Grundlage für die Ausreichung der Ausgleichsleistungen an die Verbundverkehrsunternehmen im MVV erlässt der Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in seiner Funktion als Aufgabenträger für den SPNV gemäß Art. 15 Abs. 1 BayÖPNVG und gemäß Art. 15 Abs. 2 BayÖPNVG zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in seinem sachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich gemäß § 15 Abs. 1 AEG in Verbindung mit Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 eine Allgemeine Vorschrift in Form einer Allgemeinverfügung über die Festsetzung des MVV-Gemeinschaftstarif als Höchsttarif für alle Fahrgäste.

Er beachtet die Vorgaben des Rechts der Europäischen Union gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 durch eine transparente und diskriminierungsfreie Ausreichung der Mittel an die Verkehrsunternehmen und eine auf den finanziellen Nettoeffekt aus der Erfüllung der Tarifpflicht beschränkte Gewährung von Ausgleichsleistungen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe Klage bei dem örtlich zuständigen Bayerischen Verwaltungsgericht erhoben werden.

Örtlich zuständig ist das Bayerische Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz hat:

  • Regierungsbezirk Oberbayern:
    Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30,
  • Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz:
    Verwaltungsgericht Regensburg in 93047 Regensburg, Haidplatz 1,
  • Regierungsbezirk Oberfranken:
    Verwaltungsgericht Bayreuth in 95444 Bayreuth, Friedrichstraße 16,
  • Regierungsbezirk Unterfranken:
    Verwaltungsgericht Würzburg in 97082 Würzburg, Burkarderstraße 26,
  • Regierungsbezirk Mittelfranken:
    Verwaltungsgericht Ansbach in 91522 Ansbach, Promenade 24-28,
  • Regierungsbezirk Schwaben:
    Verwaltungsgericht Augsburg in 86152 Augsburg, Kornhausgasse 4.

Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung

Für Kläger ohne Sitz oder Wohnsitz im Freistaat Bayern ist das Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30, örtlich zuständig.

Die Einlegung des Rechtsbehelfs ist schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form möglich. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen!

Ab 1. Januar 2022 muss der in § 55d VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) genannte Personenkreis Klagen grundsätzlich elektronisch einreichen.

Kraft Bundesrechts wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig.

München, den 3. November 2022

Dr. Thomas Gruber

Ministerialdirektor


1
VERORDNUNG (EG) Nr. 1370/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315/1) in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/2338 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Dezember 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste (ABl. L 354/22).


Anlage