Veröffentlichung BayMBl. 2022 Nr. 687 vom 07.12.2022

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus

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Verwaltungsvorschrift

7815-L
  • Wirtschaftsrecht
  • Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft
  • Landwirtschaftliches Bodenrecht
  • Flurbereinigung und Melioration

7815-L

Richtlinie zur Durchführung des Aufbauhilfeprogramms Starkregen und
Hochwasser 2021 (Ländliche Wege im Außenbereich von Gemeinden)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

vom 16. November 2022, Az. E5-7554-1/821

Präambel

1Diese Richtlinie basiert auf der Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung zur Aufbauhilfe 2021 vom 10. September 2021 sowie den entsprechenden Regelungen des Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetzes vom 10. September 2021 und der Aufbauhilfeverordnung. 2Ziel ist die finanzielle Aufbauhilfe für Gemeinden zur Beseitigung von durch die Naturkatastrophe „Hochwasser im Juli 2021“ verursachten Schäden an ländlichen Wegen im Außenbereich. 3Die Finanzhilfen werden als Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO) ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt.

4Die Beihilferegelung für die Beseitigung von durch Naturkatastrophen verursachte Schäden im Sinne von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b) des Vertrages über die Arbeitsweisen der Europäischen Union (AEVU) wurde gemäß Art. 30 der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 freigestellt.

1.Zweck der Aufbauhilfe

1Zweck der Aufbauhilfe ist der Ausgleich von Schäden an ländlichen Wegen im Außenbereich von Gemeinden, die durch den Starkregen und das Hochwasser im Juli 2021 in den betroffenen Regionen (vgl. Anlage Gebietskulisse) entstanden sind. 2Darunter fallen Schäden durch Hochwasser und Starkregen sowie Schäden durch wild abfließendes Wasser, Sturzfluten, aufsteigendes Grundwasser, überlaufende oder beschädigte Abwasseranlagen, Regenrückhaltebecken und Einrichtungen zur Wasserversorgung einschließlich Talsperren und Schäden durch Hangrutsch, soweit sie jeweils unmittelbar in Folge der Hochwasser- bzw. der Starkregenereignisse verursacht worden sind. 3Die genannten Ereignisse werden als Naturkatastrophe im Sinne von Art. 107 Abs. 2 Buchstabe b) AEVU eingestuft. 4Berücksichtigt werden auch unmittelbare Schäden durch Einsatzkräfte und Einsatzfahrzeuge sowie privat Helfende. 5Nicht berücksichtigt werden Schäden, die wegen des Verstoßes gegen Vorschriften zum Schutz vor Hochwassergefahren in festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten eingetreten sind.

2.Gegenstand der Billigkeitsleistung

1Gegenstand der Billigkeitsleistung ist die Wiederherstellung des einzelnen geschädigten ländlichen Weges (einschließlich der dazugehörigen Anlagen wie Brücken, Stützmauern und Zufahrten) im Außenbereich von Gemeinden:

  • Wiederherstellen der Verkehrsverhältnisse von Verbindungswegen zu den Hofstellen, Almen, Alpen oder zum öffentlichen Straßenwegenetz.
  • Wiederherstellen der Verkehrsverhältnisse von ländlichen Wegen. Hierzu gehören z. B. nicht öffentlich gewidmete außerörtliche Wege, wie zu den land- und forstwirtschaftlichen Flächen führende Wege, Verbindungs- und Feldwege.
  • Im Zusammenhang mit den Wegemaßnahmen stehende erosionsvermindernde Maßnahmen und die Wiederherstellung von Begleitmaßnahmen des Natur-, Wasser- und Landschaftsschutzes können ebenfalls ausgeglichen werden.

2Gegenstand der Billigkeitsleistungen sind Wiederherstellungsmaßnahmen nach Satz 1 auch dann, wenn sie im Hinblick auf ihre Art, Lage oder ihren Umfang von der vom Hochwasser zerstörten oder beschädigten Infrastruktureinrichtung abweichen, aber der Wiederherstellung der Funktion einer solchen Einrichtung dienen, wenn die Maßnahme zur Erfüllung der Anforderungen des vorsorgenden Hochwasserschutzes und zur Vermeidung möglicher künftiger Schäden besser geeignet sind als die zerstörte Einrichtung.

3.Leistungsempfänger

1Leistungsempfänger können sein

  • natürliche und juristische Personen, Personengesellschaften,
  • Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Bayerischen Staatsforsten.

2Bei gemeinschaftlichen Wiederherstellungsmaßnahmen in Form einer Maßnahmenträgerschaft benötigt der Maßnahmenträger Erklärungen der am Gemeinschaftsprojekt beteiligten Grundstückseigentümer. 3Sofern der Beteiligte nicht selbst Eigentümer ist, benötigt er grundsätzlich eine Einverständniserklärung des Eigentümers.

4.Art, Umfang und Höhe der Aufbauhilfe

1Der Ausgleich für Schäden an ländlichen Wegen im Außenbereich von Gemeinden kann bei Privat- oder Eigentümerwegen bis zu 80 % der ausgleichsfähigen Ausgaben betragen.

2Der Ausgleich für Maßnahmen der öffentlichen Hand kann bis zu 100 % der ausgleichsfähigen Ausgaben betragen.

3Unter „öffentlicher Hand“ sind neben Gebietskörperschaften auch sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zu verstehen.

4Eine Kombination von Projekten im Rahmen eines Antrages mit unterschiedlichen Beihilfesätzen oder Maßnahmen ist nicht zulässig, hier bedarf es jeweils eines separaten Antrages.

5Eine Leistung unter 5 000 € (Bagatellgrenze) wird nicht gewährt. 6Die Leistung wird auf ganze Euro abgerundet. 7Die gleichzeitige Inanspruchnahme von Leistungen aus anderen Aufbauhilfeprogrammen oder Mitteln aus anderen Förderprogrammen wie den Finanzierungsrichtlinien Ländliche Entwicklung ist nicht möglich.

5.Ermittlung der ausgleichsfähigen Ausgaben

5.1
Ausgleichsfähige Ausgaben

1Ausgleichsfähig sind die Ausgaben, die zur Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes erforderlich sind, einschließlich der Ausgaben für die Schadensbeseitigung sowie Vorarbeiten und Nebenkosten (z. B. Gutachterkosten). 2Zu den ausgleichsfähigen Ausgaben zählen ebenso die Ausgaben für Maßnahmen, die im direkten Zusammenhang mit dem Hochwasser zur Schadensabwehr oder -begrenzung entstanden sind. 3Im Falle der Nr. 2 Satz 2 sind die zur Wiederherstellung erforderlichen Ausgaben bis zur Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens ausgleichsfähig. 4Die Schäden müssen unmittelbar durch die Naturkatastrophe verursacht und von einer Behörde, einem von der Bewilligungsbehörde anerkannten unabhängigen Sachverständigen oder einem Versicherungsunternehmen geschätzt worden sein.

5.2
Eigenleistungen

1Eigenleistungen sind nur ausgleichsfähig, soweit sie in der Bilanz ausgewiesen werden. 2Diese Aussage gilt sinngemäß auch für Betriebe, die keine Bilanz erstellen.

3Personal- und Sachkosten der Gemeindeverwaltung sowie kommunale Eigenregieleistungen (v. a. Eigenplanungen und für eine Vergabe geeignete Leistungen der Bauhöfe) sind nicht ausgleichsfähig.

5.3
Nicht ausgleichsfähige Ausgaben

Nicht ausgleichsfähig sind

  • Folgeschäden oder Wertminderungen des Privat- oder Betriebsvermögens,
  • die verausgabte Umsatzsteuer, mit Ausnahme bei Maßnahmen an Wegen mit Baulast in der öffentlichen Hand, sowie
  • Preisnachlässe (z. B. Skonti), unabhängig von der Inanspruchnahme.

6.Überkompensation

1Die Leistung darf nicht zu einer Überkompensation des Gesamtschadens führen. 2Der Gesamtschaden ist um, aufgrund der Naturkatastrophe, nicht entstandene Kosten zu verringern.

3Der Leistungsempfänger hat gegenüber der Bewilligungsbehörde alle aufgrund des Hochwasserereignisses erhaltenen oder beantragten Leistungen (z. B. Sofortgeld), Zahlungen, Billigkeitsleistungen oder sonstigen geldwerten Leistungen des Staates oder Dritter (z. B. Versicherungsleistungen, Spenden) offenzulegen. 4Die Bewilligungsbehörde berücksichtigt diese Angaben bei der Berechnung der Leistung.

7.Verfahren

7.1
Antrags- und Bewilligungsbehörde

1Antrags- und Bewilligungsbehörde ist das örtlich zuständige Amt für Ländliche Entwicklung.

2Die Abgrenzung oder Zuordnung einzelner Maßnahmen zu den Aufbauhilfeprogrammen Forstwirtschaft und Wiederherstellung der Infrastruktur in den Gemeinden in Bayern erfolgt in Zweifelsfällen in Abstimmung mit den betroffenen Bewilligungsstellen.

7.2
Antragstellung

1Der Antrag ist unter Verwendung der vorgesehenen Vordrucke mit den jeweiligen Anlagen bei der Antragsbehörde einzureichen. 2In die Antragsformulare wird ein Hinweis aufgenommen, dass der Bewilligungsbetrag mit Unterstützung des Bundes zur Verfügung gestellt wird.

3Der Antragszeitraum ist bis 30. Juni 2023 befristet.

7.3
Maßnahmenbeginn

Ein Beginn des Vorhabens ist vor der Antragstellung möglich, jedoch nicht vor dem 1. Juli 2021.

7.4
Bewilligung

1Die Bewilligung erfolgt im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel aus dem Aufbauhilfefonds.

2Die Bewilligungsbehörde prüft den Antrag einschließlich der Schadensmeldungen, entscheidet über die Leistung, erfasst die Daten und bewilligt den Antrag.

3Die Bewilligungsbescheide sind bis spätestens 31. Dezember 2023 zu erlassen.

4In den Bewilligungsbescheid wird ein Hinweis aufgenommen, dass der Bewilligungsbetrag mit Unterstützung des Bundes zur Verfügung gestellt wurde.

5Falls erforderlich können Teilzahlungen zugelassen werden.

7.5
Verwendungsnachweis und Prüfung

1Die zweckentsprechende Verwendung der Mittel ist sechs Monate nach Abschluss der Maßnahme, spätestens jedoch zum 31. Dezember 2024, gegenüber der Bewilligungsbehörde nachzuweisen. 2Dazu ist ein zahlenmäßiger Nachweis, indem alle im Zusammenhang mit der Gewährung der Leistung und der Schadensbeseitigung zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben ausgewiesen sind, vorzulegen. 3Der Leistungsempfänger ist verpflichtet, die Originalrechnungen für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Einreichung des Verwendungsnachweises aufzubewahren. 4Wenn die Maßnahme bereits bei Antragstellung abgeschlossen ist und die Belege der Bewilligungsstelle vollständig vorliegen, kann von einer Vorlage des Verwendungsnachweises abgesehen werden.

5Die Bewilligungsbehörde führt in eigener Zuständigkeit Kontrollen vor Ort über die ordnungsgemäße und zweckentsprechende Verwendung der Leistungen in angemessenem Umfang durch. 6Es sollen mindestens 5 % der bewilligten Anträge geprüft werden.

7.6
Auszahlung

1Auszahlungen sind unter Vorlage einer Aufstellung der entstandenen Ausgaben und der Rechnungen bei der Bewilligungsbehörde zu beantragen. 2Die bewilligten Leistungen können nach Erfüllung der im Bewilligungsbescheid genannten Voraussetzungen ausbezahlt werden.

3Die Leistung muss innerhalb von vier Jahren nach dem Schadereignis, spätestens bis zum 1. Juli 2025 gewährt werden.

7.7
Prüfungsrecht

1Den zuständigen Behörden des Bundes und des Landes steht das Prüfungsrecht gegenüber dem Leistungsempfänger zu. 2Der Leistungsempfänger hat dazu alle prüfungsrelevanten Unterlagen zehn Jahre nach Auszahlung der Leistung bzw. Schlusszahlung aufzubewahren. 3Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) ist berechtigt, Prüfungen im Sinne des Art. 91 BayHO durchzuführen; das Prüfrecht des ORH ist explizit in den Bewilligungsbescheid aufzunehmen.

8.Sonstige Bestimmungen

1Bei Leistungen an Kommunen sind grundsätzlich die Vergabebestimmungen für Bauleistungen anzuwenden. 2In diesen Fällen sind zur Vereinfachung der Schadensbehebungen grundsätzlich Vergabeverfahren zulässig, die weniger verwaltungsaufwendig sind.

3Je Gewerk können folgende Wertgrenzen angewandt werden:

  • für Freihändige Vergaben 100 000 € (ohne Umsatzsteuer),
  • für Beschränkte Ausschreibungen 1 000 000 € (ohne Umsatzsteuer).

4Die Möglichkeit einer Freihändigen Vergabe bzw. Beschränkten Ausschreibung oberhalb dieser Wertgrenzen bei entsprechender Begründung im Einzelfall nach § 3a Abs. 3 bzw. § 3a Abs. 2 und 4 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen − Teil A bleibt unberührt.

5Die Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) von Leistungsbescheiden und die Erstattung richten sich nach den einschlägigen Rechtsvorschriften und den im jeweiligen Leistungsbescheid enthaltenen Nebenbestimmungen. 6Die Erhebung von Kosten richtet sich nach dem Kostengesetz.

9.Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Die Richtlinie tritt mit Wirkung vom 16. November 2022 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft.

Hubert Bittlmayer

Ministerialdirektor



Anlage