Veröffentlichung BayMBl. 2023 Nr. 185 vom 19.04.2023

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Staatsministerium für Unterricht und Kultus

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Verwaltungsvorschrift

2235.1.1.1-K
  • Verwaltung
  • Kulturelle Angelegenheiten
  • Schulisches und außerschulisches Bildungswesen
  • Gymnasien, Deutsch-französische Gymnasien, Abendgymnasium, Kollegs (Institute zur Erlangung der Hochschulreife)
  • Gymnasien
  • Allgemeines

2235.1.1.1-K

Das Wissenschaftspropädeutische Seminar
in den Jahrgangsstufen 12 und 13 des neunjährigen Gymnasiums
sowie den Jahrgangsstufen II und III des Kollegs

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus

vom 6. April 2023, Az. V.9-BS5610.0/13/1

1Die Schülerinnen und Schüler belegen in den Ausbildungsabschnitten 12/1 bis 13/1 der Qualifikationsphase der Oberstufe des Gymnasiums (G9) bzw. in den Ausbildungsabschnitten II/1 bis III/1 des Kollegs ein Wissenschaftspropädeutisches Seminar (W-Seminar). 2Der Ausbildungsabschnitt 13/1 bzw. III/1 dient der Finalisierung der Seminararbeit und der Präsentation der Ergebnisse (mit Prüfungsgespräch). 3Gemeinsam mit der Wissenschaftswoche in Jahrgangsstufe 11 fördert es – den gymnasialen Bildungszielen entsprechend – wissenschaftspropädeutische Kompetenzen, die für ein Hochschulstudium sowie einen Beruf außerhalb der Hochschule gleichermaßen relevant sind. 4Es trägt zudem zum im LehrplanPLUS verankerten schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziel der beruflichen Orientierung bei.

5Innerhalb des Rahmens von § 20 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (GSO) legt das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hierzu Folgendes fest:

  1. 1. Ziele und Inhalte

1Das W-Seminar dient der systematischen Vermittlung grundlegender wissenschaftspropädeutischer und studienvorbereitender Kompetenzen. 2Ziele und Inhalte des W-Seminars sind im Fachlehrplan „Wissenschaftspropädeutisches Seminar“ festgelegt. 3Sie sind Gegenstand der kontinuierlichen Unterrichtsarbeit in den in Anlage 3 i. V. m. Anlage 5 der GSO vorgesehenen Stunden.

4Ausgehend von einer inhaltlichen und methodischen Einführung zu einem leitfachbezogenen Rahmenthema erweitern und vertiefen die Schülerinnen und Schüler grundlegende sowie fachspezifische methodische Kompetenzen und entwickeln anspruchsvolle, auf eigene Untersuchung und Schlussfolgerung zielende Frage- bzw. Problemstellungen, die – eingebettet in das Rahmenthema – als Themenstellungen der individuellen Seminararbeiten aufgegriffen und bearbeitet werden. 5Bei der Bearbeitung verbinden die Schülerinnen und Schüler vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse mit eigenständig erarbeiteten Ergebnissen.

6Konstitutive Elemente des W-Seminars sind die kontinuierliche gemeinsame und diskursive Arbeit am Rahmenthema, die persönliche und unverfälschte Anfertigung einer Seminararbeit im Umfang von ca. 10 bis 15 Textseiten und die Präsentation der Ergebnisse (mit Prüfungsgespräch) nach wissenschaftlichen Kriterien. 7In der Präsentation (mit Prüfungsgespräch) vertreten die Schülerinnen und Schüler ihre Untersuchungsstrategie sowie die erarbeiteten Ergebnisse reflektiert und ordnen diese in übergeordnete Zusammenhänge des Rahmenthemas ein.

8Ausgehend vom Leitfach des W-Seminars erhalten die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Studienerkundung (in Kombination mit dem Aufbaumodul zur beruflichen Orientierung) Einblicke in das Arbeiten an einer Hochschule sowie einen Überblick über unterschiedliche Angebote der Hochschulen und Universitäten.

  1. 2. Konzept und Information

1Die Schule informiert die Schülerinnen und Schüler rechtzeitig vor der Wahl über das Konzept des jeweiligen W-Seminars. 2Hierzu gehören insbesondere folgende Angaben:

  • Leitfach,
  • Rahmenthema,
  • kurshalbjahresbezogener Überblick über das W-Seminar,
  • Art und Zahl der jeweils vorgesehenen Leistungserhebungen,
  • Umsetzung der gemeinsamen Arbeit am Rahmenthema,
  • Verwirklichung der individuellen Betreuung,
  • beispielhafte Frage- bzw. Problemstellungen, die sich als Themenstellungen für die Seminararbeiten eignen,
  • geplante Gestaltung der Studienerkundung (in Kombination mit dem Aufbaumodul zur beruflichen Orientierung),
  • ggf. externe Partner, vorgesehene Fahrten und/oder etwaige Voraussetzungen für die Teilnahme (vgl. Nr. 3 a bis d).
  1. 3. Wahl

1Die Schülerinnen und Schüler können aus dem von der Schule zur Wahl gestellten Angebot grundsätzlich frei wählen. 2Jedes W-Seminar wird einem für die fachlichen Anforderungen maßgeblichen Leitfach aus dem Pflicht- oder Wahlpflichtbereich zugeordnet. 3Spät beginnende Fremdsprachen und die spät beginnende Informatik kommen als Leitfach für ein W-Seminar nicht in Betracht.

4Für die Fremdsprachen, die Religionslehre, Ethik sowie die Informatik gelten folgende Besonderheiten:

a)
Fremdsprachen

1Ein W-Seminar mit einer klassischen oder einer modernen fortgeführten Fremdsprache als Leitfach kann nur von Schülerinnen und Schülern gewählt werden, die die erforderlichen Sprachkenntnisse haben. 2Diese werden in der Regel durch den erfolgreichen Besuch des Unterrichts in der jeweiligen fortgeführten Fremdsprache vor Eintritt in die Qualifikationsphase nachgewiesen. 3Gleichwertige außerschulische Nachweise können im Einzelfall ebenfalls anerkannt werden.

b)
Katholische und Evangelische Religionslehre

1Ein W-Seminar mit dem Leitfach Katholische Religionslehre oder Evangelische Religionslehre hat durch seine inhaltliche Gestaltung und durch die Lehrkraft eine konfessionelle Ausrichtung. 2Zugelassen sind Schülerinnen und Schüler, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III den Religionsunterricht ihres Bekenntnisses besuchen, mit der Möglichkeit zur Öffnung für alle Schülerinnen und Schüler, die an einem konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen.

3Schülerinnen und Schüler, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III das Fach Ethik besuchen, können ebenfalls zur Teilnahme an einem W-Seminar mit Katholischer oder Evangelischer Religionslehre als Leitfach zugelassen werden, wenn sie die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse der vorhergehenden Jahrgangsstufen im Rahmen einer Feststellungsprüfung nachgewiesen haben.

c)
Ethik

1Ein W-Seminar im Fach Ethik kann nur von Schülerinnen und Schülern gewählt werden, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III am Unterricht im Fach Ethik teilnehmen. 2Schülerinnen und Schüler, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III das Fach Religionslehre besuchen, können ebenfalls zur Teilnahme an einem W-Seminar mit Ethik als Leitfach zugelassen werden, wenn sie die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse der vorhergehenden Jahrgangsstufen im Rahmen einer Feststellungsprüfung nachgewiesen haben.

d)
Informatik

1Ein W-Seminar mit dem Leitfach Informatik kann nur für Schülerinnen und Schüler des Naturwissenschaftlichen Gymnasiums angeboten werden. 2Schülerinnen und Schüler der weiteren Ausbildungsrichtungen können zur Teilnahme an einem W-Seminar mit Informatik als Leitfach zugelassen werden, wenn sie die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse der vorhergehenden Jahrgangsstufen im Rahmen einer Feststellungsprüfung nachgewiesen haben.

  1. 4. Weitere Rahmenbedingungen
a)
W-Seminarangebot

1Das W-Seminarangebot orientiert sich an den Zielen des Gymnasiums, am Schulprofil und den personellen Kapazitäten der Schule. 2Ein Anspruch auf Einrichtung von W-Seminaren in bestimmten Fächern oder auf Teilnahme an bestimmten W-Seminaren besteht nicht. 3Die W-Seminare finden grundsätzlich in der Schule statt.

b)
Pflichtveranstaltungen

1Die W-Seminare sind Pflichtveranstaltungen der Schule. 2Die Schülerinnen und Schüler genießen bei der Teilnahme an diesen schulischen Pflichtveranstaltungen den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. 3Maßgeblich für die Ausdehnung dieses Schutzes auf Tätigkeiten außerhalb des engeren Schulbereichs ist, dass die Schule weiter gestaltenden organisatorischen Einfluss auf die externe Durchführung des Seminars hat. 4Dies hat die Schule bei der Kooperation mit außerschulischen Partnern sicherzustellen. 5Im Übrigen ist die Schule verpflichtet, in Zweifelsfällen mit dem Träger der Schülerunfallversicherung abzuklären, inwieweit der Schutz der gesetzlichen Schülerunfallversicherung greift.

6Wenn ein staatliches Gymnasium im Einzelfall eine Kooperationsvereinbarung mit einem außerschulischen Partner abschließt, ist dafür das Muster auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zu verwenden. 7Schließt ein kommunales oder privates Gymnasium eine Kooperationsvereinbarung ab, wird empfohlen, sich an diesem Muster zu orientieren.

c)
Lehrkräfteeinsatz

Unterrichtende Lehrkräfte sollen über die Fakultas oder Lehrerlaubnis im jeweiligen Leitfach verfügen.

d)
Anordnungen, Unentgeltlichkeit, Verschwiegenheit

Die Schule hat die Schülerinnen und Schüler darüber zu belehren,

  • dass sie während der Teilnahme an W-Seminarveranstaltungen bei externen Partnern auch den Anordnungen der zuständigen Beschäftigten Folge zu leisten haben,
  • dass sie einer dort bestehenden Hausordnung unterliegen,
  • dass sie für ihre Tätigkeit im Rahmen der W-Seminare kein Entgelt fordern oder entgegennehmen dürfen und
  • dass sie zum Stillschweigen über alle Angelegenheiten verpflichtet sind, die ihnen im Rahmen der W-Seminare in außerschulischen Einrichtungen zur Kenntnis gelangen, soweit sie der Geheimhaltung unterliegen.
e)
Fahrten

Für Fahrten im Rahmen der Seminare gilt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus „Durchführungshinweise zu Schülerfahrten“ vom 9. Juli 2010 (KWMBl. S. 204).

  1. 5. Geltungsbereich

Diese Bekanntmachung gilt für den Bildungsgang des neunjährigen Gymnasiums und an den Kollegs ab demjenigen Abiturjahrgang, der im Schuljahr 2024/2025 in die Qualifikationsphase eintritt.

  1. 6. Inkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am 1. August 2023 in Kraft.

Martin Wunsch

Ministerialdirigent