Veröffentlichung BayMBl. 2023 Nr. 370 vom 02.08.2023

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Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales

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Verwaltungsvorschrift

2179-A
  • Verwaltung
  • Sozialhilfe und Wohlfahrtswesen
  • Sonstige soziale Hilfen

2179-A

Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur temporären
Abdeckung von energie- und inflationsbedingten Kostensteigerungen
in den Bereichen Frauenpolitik, Gleichstellung und Prävention
(Billigkeitsrichtlinie Härtefallfonds Bayern Soziale Infrastruktur FGP)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales

vom 23. Mai 2023, Az. VI1/6726.15-09-1/34

1Aufgrund der durch den Ukrainekrieg verursachten branchen- und bereichsübergreifenden Preissteigerungen und den damit drohenden Belastungen für Wirtschaft und Gesellschaft wurde ein eigener Bayerischer Härtefallfonds in Ergänzung zu den Maßnahmen des Bundes aufgelegt. 2Der Freistaat Bayern gewährt daher nach Maßgabe dieser Richtlinie und auf der Grundlage von Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) sowie der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften finanzielle Hilfen in Form einer Billigkeitsleistung für Träger der sozialen Infrastruktur in den unter Nr. 2 ausgeführten Bereichen. 3Die Finanzhilfe erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

1.Zweck der Leistung

1Gegenstand der Billigkeitsleistung ist ein Ausgleich für die energie- und inflationsbedingten Kostensteigerungen bei den Trägern der sozialen Infrastruktur in den unter Nr. 2 ausgeführten Bereichen. 2Die in Nr. 2 genannten Einrichtungen und Maßnahmen in den Bereichen Frauenpolitik, Gleichstellung und Prävention sind ein wichtiger Baustein der Gesellschaft und eines funktionierenden Staates. 3Träger in diesen Bereichen leisten wichtige Arbeit in der Unterstützung von vulnerablen Zielgruppen. 4Entsprechend sind ihr Erhalt und der möglichst uneingeschränkte Fortbestand der durchgeführten Maßnahmen zu gewährleisten. 5Dieser Fortbestand ist durch die in Folge des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine entstandene Energiekrise in Deutschland gefährdet. 6Zur Aufrechterhaltung der Maßnahmen werden Finanzhilfen im Rahmen dieser Richtlinie ausgereicht.

2.Berechtigte

Antragsberechtigte und Begünstigte sind juristische Personen, Personengesellschaften, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Gebietskörperschaften, aus den nachfolgend genannten Förderbereichen, insoweit sie in den folgenden Bereichen entsprechende Maßnahmen in Bayern durchführen und die dort jeweils geltenden Förderkriterien (Geschäftsbereich StMAS) erfüllen:

  • Radikalisierungsprävention: Hierzu zählen Maßnahmen zur Prävention von Rechts- und Linksextremismus, Antisemitismus sowie religiös motiviertem Extremismus,
  • Gewaltprävention: Hierzu zählen Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind (3-Stufen-Plan). Dies umfasst insbesondere auch die Angebote des Frauenhilfesystems (Frauenhäuser, Fachberatungsstellen, Interventionsstellen, Second-Stage-Projekte, Fachstellen für Täterarbeit bei häuslicher Gewalt),
  • Frauenpolitik,
  • Gleichstellung von Männern und Frauen,
  • LSBTIQ Unterstützungsstruktur,
  • Prostituiertenschutz,
  • Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung: Hierzu zählen Maßnahmen zur Unterstützung von Personen, die von Menschenhandel oder Zwangsprostitution betroffen oder bedroht sind.

3.Voraussetzungen der Finanzhilfe

1Voraussetzung für die Gewährung der Billigkeitsleistung ist die Erklärung der Antragstellerin beziehungsweise des Antragstellers, dass

a)
der Weiterbetrieb der betroffenen Einrichtung beziehungsweise des betroffenen Dienstes infolge der energie- und inflationsbedingten Kostensteigerungen teilweise oder insgesamt gefährdet ist beziehungsweise das Angebot beziehungsweise der Leistungsumfang vollständig oder teilweise eingeschränkt werden musste oder künftig eingeschränkt werden muss oder ein Weiterbetrieb nur durch vollständig oder teilweise Umlage der Kostensteigerungen auf Leistungsempfängerinnen und -empfänger möglich wäre, weil die energie- und inflationsbedingten Ausgaben der Antragstellerin oder des Antragstellers im Hilfezeitraum (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) im Vergleich zu dem Vergleichszeitraum (1. Juli 2021 bis 30. Juni 2022) wesentlich gestiegen sind. Eine wesentliche Steigerung liegt vor, wenn die Energieausgaben beziehungsweise sonstige Sachausgaben im Hilfezeitraum mindestens 130 % der entsprechenden Energie- beziehungsweise Sachausgaben des Vergleichszeitraums betragen,
b)
diese Kostensteigerung nicht infolge von Nach- beziehungsweise Neuverhandlungen mit Kostenträgern bezüglich des Hilfezeitraums kompensiert wird,
c)
diese Kostensteigerung nicht durch Bundeshilfen oder andere Landeshilfen kompensiert wird, die ebenfalls auf die geltend gemachten Sachausgaben im Hilfezeitraum abzielen, und
d)
die Antragstellerin oder der Antragsteller alle ihr beziehungsweise ihm möglichen und zumutbaren eigenen Energiesparmaßnahmen oder sonstige Abwehrmaßnahmen ergriffen hat und diese die Steigerung seiner Ausgaben nicht vermeiden konnten.

2Eine Bezifferung oder ein Nachweis der Höhe der Kostensteigerung muss die Antragstellerin oder der Antragsteller bei Antragstellung nicht vornehmen. 3Stehen die Energie- beziehungsweise Sachausgaben für den Hilfezeitraum im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht fest, kann die Antragstellerin oder der Antragsteller der Erklärung des Härtefalls einen Schätzwert zu Grunde legen. 4Geeignete Unterlagen zum Nachweis der tatsächlichen Energie- und sonstigen Sachkosten sowohl für den Hilfezeitraum als auch für den Vergleichszeitraum (insbesondere Verträge, Rechnungen, Kontoauszüge) sind für den Fall der Nachprüfung vorzuhalten. 5Die Finanzhilfe dient nicht dem Ausgleich von Mehrausgaben, die aufgrund anderweitig verursachter, wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder existenzbedrohender Wirtschaftslagen entstanden sind und keinen Zusammenhang mit den energie- und inflationsbedingten Kostensteigerungen haben.

4.Umfang der Hilfeleistung

Die Finanzhilfe wird in Form von einmaligen Pauschalbeträgen gewährt:

4.1
Träger und Maßnahmen des Frauenhilfesystems

1Träger eines Frauenhauses können je Frauenhausplatz (Platz für Frauen) einen Pauschalbetrag in Höhe von 1 200 € beantragen. 2Träger von Fachberatungsstellen, Interventionsstellen, Second-Stage-Projekten oder Fachstellen für Täterarbeit bei häuslicher Gewalt können jeweils einen Pauschalbetrag in Höhe von 3 000 € beantragen.

4.2
Träger und Maßnahmen der anderen Bereiche

Antragstellerinnen und Antragsteller im Sinne der Nr. 2 mit Ausnahme der Träger des Frauenhilfesystems (vgl. Nr. 4.1) können einen Pauschalbetrag in Höhe von 3 000 € beantragen.

4.3
Vorbehalt späterer Nachprüfung und Rückforderung

Die Höhe der pauschalierten Hilfeleistung nach den Nrn. 4.1 und 4.2 steht jeweils unter dem Vorbehalt späterer Nachprüfung und Rückforderung (Nr. 5 und Nr. 7).

5.Überkompensationsverbot und Nachrangigkeit

1Die nach dieser Vorschrift gewährte Billigkeitsleistung ist nachrangig zu anderen, gleichartigen Leistungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene, die die jeweilige Letztempfängerin oder der jeweilige Letztempfänger erhalten hat, erhält oder noch in Anspruch nehmen kann. 2Entsprechend sind durch die Letztempfängerin oder den Letztempfänger zunächst alle anderweitig zur Verfügung stehenden Finanzhilfen auszuschöpfen. 3Sollte die Letztempfängerin oder der Letztempfänger nach Bewilligung von Leistungen aus dieser Richtlinie anderweitige Finanzhilfen erhalten, werden diese auf die nach dieser Richtlinie gewährten Leistungen vollständig angerechnet. 4Die nach dieser Richtlinie gewährte Billigkeitsleistung darf nicht zu einer Überkompensation der energie- und inflationsbedingten Mehrausgaben führen. 5Eine Überkompensation liegt vor, soweit die nach dieser Richtlinie gewährte Billigkeitsleistung (gegebenenfalls nach Anrechnung weiterer Finanzhilfen entsprechend Satz 3 höher ist als die Höhe des Härtefalls, wie sie sich aus Nr. 3 Satz 1 Buchst. a bis c ergibt. 6Die Höhe der Härtefallhilfen bestimmt sich im Rahmen der Nachprüfung demnach folgendermaßen:

Härtefallhilfe =

Hilfepauschale gemäß Nr. 4

-

anderweitiger Finanzhilfen (vgl. Nr. 5 Satz 3),

soweit das Ergebnis nachfolgender Berechnung nicht niedriger ist

Energie-/Sachausgaben Hilfezeitraum

-

Energie-/Sachausgaben Vergleichszeitraum x 1,3

-

Mehreinnahmen Verhandlungen Kostenträger bezüglich Hilfezeitraum

-

Landes- und Bundeshilfen bezüglich Hilfezeitraum

6.Verfahren

6.1
Antrag

1Anträge nach dieser Richtlinie sind unter Verwendung der bei der jeweiligen Antrags- beziehungsweise Bewilligungsbehörde erhältlichen Vordrucke zu erstellen. 2Alle Anträge sind bei der jeweils zuständigen Antrags- beziehungsweise Bewilligungsbehörde postalisch oder in digitaler Form einzureichen. 3Dies ist

  • für den Bereich des Frauenhilfesystems:
    • für Frauenhäuser, Fachberatungsstellen, Interventionsstellen und Second-Stage-Projekte die Regierung von Mittelfranken, Sachgebiet 13, Postfach 606, 91511 Ansbach;
    • für Fachstellen für Täterarbeit bei häuslicher Gewalt das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Team VI 4, Hegelstraße 2, 95447 Bayreuth,
  • für den Bereich der Gewaltprävention (Gewalt gegen Männer, FGM etc.) das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Referat VI 1, Winzererstraße 9, 80797 München, E-Mail: foerderungen-VI1@stmas.bayern.de,
  • für den Bereich Radikalisierungsprävention die Regierung von Mittelfranken, Sachgebiet 15, Marienstraße 21, 90402 Nürnberg,
  • für den Bereich von Maßnahmen der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie für den Bereich der LSBTIQ-Unterstützungsstruktur das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Leitstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Referat VI 3, Winzererstraße 9, 80797 München, E-Mail: LG_buero@stmas.bayern.de,
  • Antragsbehörde für den Bereich von Maßnahmen der Frauenpolitik, des Prostituiertenschutzes und der Beratung und Betreuung der von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zwangsverheiratung betroffener oder bedrohter Frauen ist das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Referat VI 5, Winzererstraße 9, 80797 München, E-Mail: Frauenpolitik-FGP@stmas.bayern.de.

4Anträge nach dieser Richtlinie können einmalig bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden. 5Alle Anträge müssen die notwendigen Angaben und Erklärungen enthalten. 6Auf der Grundlage des gestellten Antrags erlässt die Bewilligungsbehörde einen Bewilligungsbescheid.

6.2
Auszahlung der Finanzhilfe

1Die beantragte Finanzhilfe wird unmittelbar nach Bescheiderteilung an die Berechtigten ausgezahlt. 2Eine zweckwidrige Weiterleitung oder eine Abtretung der Finanzhilfe an Dritte ist nicht erlaubt.

6.3
Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung

1Die Berechnung der Härtefallhilfe nach Nr. 5 Satz 6 ist bis spätestens 30. April 2024 bei der Bewilligungsbehörde vorzulegen 2Zum Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung finden beleghafte Prüfungen durch die Bewilligungsbehörde statt, sofern sich aus der Berechnung nach Nr. 5 Satz 6 Anhaltspunkte ergeben, mindestens aber im Umfang folgender gestaffelten Prüfquote:

  • unter 100 Fällen 100 %,
  • ab 100 Fällen 50 %,
  • ab 250 Fällen 20 %,
  • ab 500 Fällen 15 %,
  • ab 1 000 Fällen 10 %.

3Diese können auch vor Ort erfolgen. 4Die Empfängerinnen und Empfänger der Finanzhilfe nach dieser Richtlinie haben alle relevanten Unterlagen, Belege und Rechnungen mindestens fünf Jahre nach Einreichung des Verwendungsnachweises gemäß Satz 1 aufzubewahren.

7.Erstattungspflicht, Rückforderung und Überzahlung

1Die Bewilligungsbehörde hat auf Grundlage der von der Empfängerin oder dem Empfänger vorgelegten Berechnung nach Nr. 5 Satz 6 sowie einer Prüfung nach Nr. 6.3 Satz 2 die gewährte Billigkeitsleistung zurückzufordern, soweit sich das Vorliegen des Härtefalls nicht oder nicht in der gewährten Höhe bestätigt. 2Empfängerinnen und Empfänger der Finanzhilfe sind verpflichtet, die gewährte Finanzhilfe zurückzuerstatten, wenn die Gewährung der Finanzhilfe auf falschen oder unvollständigen Angaben bei der Antragstellung beruht. 3Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist verpflichtet, wesentliche Änderungen der Voraussetzungen oder antragsrelevanter Angaben unverzüglich der Bewilligungsbehörde mitzuteilen. 4Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist zudem verpflichtet, an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. 5Für die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Bewilligungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Finanzhilfe gelten die allgemeinen Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), insbesondere die Art. 48 bis 49a BayVwVfG. 6Demnach kann die Finanzhilfe vollständig oder in Teilen zurückgefordert werden. 7Sofern Beträge zurückgefordert werden, sind diese grundsätzlich vom Zeitpunkt des Erhalts bis zum Zeitpunkt der Rückerstattung mit drei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. 8Zurückgeforderte Beträge sind in der Regel nicht zu verzinsen, wenn sie innerhalb der von der Bewilligungsbehörde gesetzten Frist erstattet werden.

8.Prüfungsrecht

Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist berechtigt, Prüfungen gemäß Art. 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayHO durchzuführen.

9.Sonstige Bestimmungen

1Die Empfängerinnen und Empfänger der Finanzhilfe sind darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Angaben um subventionserhebliche Tatsachen im Sinne von § 264 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 2 des Subventionsgesetzes (SubvG) und Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes handelt und dass sie Offenbarungspflichten nach § 3 SubvG treffen. 2Bei vorsätzlichen oder leichtfertigen Falschangaben müssen die Empfängerinnen und Empfänger der Finanzhilfe mit Strafverfolgung insbesondere wegen Subventionsbetrugs und gegebenenfalls weiteren rechtlichen Konsequenzen rechnen.

10.Datenschutz

1Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Verordnung (EU) 2016/679 (EU-Datenschutzgrundverordnung – DSGVO) einzuhalten. 2Die Bewilligungsbehörde ist Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO. 3Die Verpflichtungen aus der DSGVO (insbesondere die Betroffenenrechte und die Informationspflichten gemäß Art. 13 folgende DSGVO) werden von der Bewilligungsbehörde erfüllt.

11.Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.

Dr. Markus Gruber

Ministerialdirektor