Veröffentlichung BayMBl. 2023 Nr. 377 vom 02.08.2023

Veröffentlichendes Ressort

Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales

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Verwaltungsvorschrift

2179-A
  • Verwaltung
  • Sozialhilfe und Wohlfahrtswesen
  • Sonstige soziale Hilfen

2179-A

Richtlinie zur Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Unterstützung der
von der Energiekrise in Deutschland betroffenen Einrichtungen und Dienste
der Wohnungslosenhilfe in Bayern
(Bayerische Härtefallfonds für Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe –
BHfEuDW)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales

vom 19. Juli 2023, Az. II1/6457.03-1/111

1Der Freistaat Bayern gewährt aus Anlass der durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise in Deutschland und der damit verbundenen Energiepreiserhöhungen sowie erheblichen Inflationssteigerung eine staatliche Leistung, um Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe in Bayern zu unterstützen. 2Die Leistung wird nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Bayern als Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt.

1.Zweck der Leistung

1Die Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe sind wesentlich für eine adäquate Beratung und Versorgung von obdach- und wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen im Freistaat Bayern. 2Ihr Erhalt und möglichst uneingeschränkter Betrieb sind zu jeder Zeit anzustreben. 3Aufgrund der durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise in Deutschland und der damit verbundenen Energiepreiserhöhungen sowie der Inflationssteigerung kann der uneingeschränkte Betrieb einzelner Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe akut gefährdet sein. 4Eigene finanzielle Rücklagen, mit den Kostenträgern aus- oder nachverhandelte Kostensätze, Bundeshilfen sowie Einsparungsmaßnahmen können nämlich im Einzelfall nicht ausreichend sein, damit die Einrichtungen und Dienste die erhöhten Energiepreise sowie die Inflationssteigerung selbst tragen können. 5Es bedarf in diesem Fall einer staatlichen Maßnahme, um den Betrieb gefährdeter Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe aufrechterhalten zu können. 6Dazu gewährt der Freistaat Bayern auf Grundlage dieser Richtlinie eine Billigkeitsleistung zum Ausgleich der aufgrund der Energiekrise in Deutschland entstandenen höheren Energiekosten sowie der inflationsbedingten Kostensteigerungen im Zeitraum 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023.

2.Begünstigte

1Antragsberechtigt sind:

a)
Notschlafstellen / Notquartiere / Übernachtungseinrichtungen in Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege,
b)
Ambulante Dienste, Tagesaufenthaltsstätten und Beratungsstellen der Wohnungslosenhilfe.

2Die Einrichtungen und Dienste dürfen weder in direkter Trägerschaft der Kommune stehen noch von dieser unmittelbar betrieben werden. 3Auch darf es sich nicht um eine teilstationäre oder stationäre Einrichtung für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (§§ 67 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII – in Verbindung mit Art. 82 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze – AGSG) handeln.

3.Voraussetzungen für die Leistungsgewährung

1Der Antragsteller muss gegenüber der Bewilligungsbehörde erklären, dass

a)
der Weiterbetrieb der betroffenen Einrichtung beziehungsweise des Dienstes infolge der energie- und inflationsbedingten Kostensteigerungen teilweise oder insgesamt gefährdet ist beziehungsweise das Angebot beziehungsweise der Leistungsumfang vollständig oder teilweise eingeschränkt werden musste oder künftig eingeschränkt werden muss oder ein Weiterbetrieb nur durch vollständige oder teilweise Umlage der Kostensteigerungen auf die Leistungsempfänger möglich wäre, weil die energie- und inflationsbedingten Ausgaben des Antragstellers im Hilfezeitraum (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) im Vergleich zu dem Vergleichszeitraum (1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021) wesentlich gestiegen sind. Eine wesentliche Steigerung liegt vor, wenn die Energieausgaben beziehungsweise sonstige Sachausgaben im Hilfezeitraum mindestens 130 % der entsprechenden Energie-beziehungsweise Sachausgaben des Vergleichszeitraums betragen,
b)
diese Kostensteigerung nicht infolge von Nach- beziehungsweise Neuverhandlungen mit Kostenträgern bezüglich des Hilfezeitraums kompensiert wird,
c)
diese Kostensteigerung nicht durch Bundeshilfen oder andere Landeshilfen kompensiert wird, die ebenfalls auf die geltend gemachten Sachausgaben im Hilfezeitraum abzielen, und
d)
der Antragsteller alle ihm möglichen und zumutbaren eigenen Energiesparmaßnahmen oder sonstige Abwehrmaßnahmen ergriffen hat und diese die Steigerung seiner Ausgaben nicht vermeiden konnten.

2Eine Bezifferung oder einen Nachweis der Höhe der Kostensteigerung muss der Antragsteller bei Antragstellung nicht vornehmen. 3Stehen die Energie- beziehungsweise Sachausgaben für den Hilfezeitraum im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht fest, kann der Antragsteller seiner Erklärung des Härtefalls einen Schätzwert zu Grunde legen. 4Geeignete Unterlagen zum Nachweis der tatsächlichen Energie- und sonstigen Sachkosten sowohl für den Hilfezeitraum als auch für den Vergleichszeitraum (insbesondere Verträge, Rechnungen, Kontoauszüge) sind für den Fall der Nachprüfung vorzuhalten. 5Die Finanzhilfe dient nicht dem Ausgleich von Mehrausgaben, die aufgrund anderweitig verursachter, wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder existenzbedrohender Wirtschaftslagen entstanden sind und keinen Zusammenhang mit den energie- und inflationsbedingten Kostensteigerungen haben.

4.Umfang der Hilfeleistung

1Die Billigkeitsleistung wird in Form eines einmaligen Pauschalbetrags gewährt:

  • Für Antragsteller nach Nr. 2 Satz 1 Buchst. a wird ein Grundbetrag in Höhe von 7 500 € plus 300 € pro anerkanntem Platz gewährt.
  • Für Antragsteller nach Nr. 2 Satz 1 Buchst. b wird pro Dienst ein Betrag in Höhe von 8 000 € gewährt.

2Die Höhe der pauschalierten Hilfeleistung steht unter dem Vorbehalt späterer Nachprüfung und Rückforderung (Nr. 5 und Nr. 8).

5.Überkompensation und Nachrangigkeit

1Die nach dieser Vorschrift gewährte Billigkeitsleistung ist nachrangig zu anderen, gleichartigen Leistungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene, die der jeweilige Antragsteller erhalten hat, erhält oder noch in Anspruch nehmen kann. 2Entsprechend sind durch die Antragsteller zunächst alle anderweitig zur Verfügung stehenden Finanzhilfen auszuschöpfen. 3Sollte der Antragsteller nach Bewilligung von Leistungen aus dieser Richtlinie anderweitige Finanzhilfen erhalten, werden diese auf die nach dieser Richtlinie gewährten Leistungen vollständig angerechnet. 4Die nach dieser Richtlinie gewährte Billigkeitsleistung darf nicht zu einer Überkompensation der energie- und inflationsbedingten Mehrausgaben führen. 5Eine Überkompensation liegt vor, soweit die nach dieser Richtlinie gewährte Billigkeitsleistung (gegebenenfalls nach Anrechnung weiterer Finanzhilfen entsprechend Satz 3) höher ist als die Höhe des Härtefalls, wie sie sich aus Nr. 3 Satz 1 Buchst. a bis c ergibt. 6Die Höhe der Härtefallhilfen bestimmt sich im Rahmen der Nachprüfung demnach folgendermaßen:

Härtefallhilfe =

Hilfepauschale gemäß Nr. 4

-

anderweitiger Finanzhilfen (vgl. Nr. 5 Satz 3),

soweit das Ergebnis nachfolgender Berechnung nicht niedriger ist

Energie-/Sachausgaben Hilfezeitraum

-

Energie-/Sachausgaben Vergleichszeitraum x 1,3

-

Mehreinnahmen Verhandlungen Kostenträger bezüglich Hilfezeitraum

-

Landes- und Bundeshilfen bezüglich Hilfezeitraum

6.Antragstellung

1Die Antragstellung erfolgt durch den jeweiligen Träger der Einrichtung oder des Dienstes bis zum 31. Dezember 2023. 2Ein Träger mehrerer Einrichtungen und Dienste hat für jede Einrichtung oder für jeden Dienst einen gesonderten Antrag zu stellen.

7.Bewilligung

1Bewilligungsbehörde ist das Zentrum Bayern Familie und Soziales.

2Die Berechnung der Härtefallhilfen nach Nr. 5 Satz 6 ist bis spätestens 1 Juni 2024 bei der Bewilligungsbehörde vorzulegen.

8.Prüfung und Erstattung

1Zum Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung finden beleghafte Prüfungen durch die Bewilligungsbehörde statt, sofern sich aus der Berechnung nach Nr. 5 Satz 6 Anhaltspunkte ergeben, mindestens aber im Umfang folgender gestaffelten Prüfquoten:

  • unter 100 Fälle 100 %,
  • ab 100 Fälle 50 %,
  • ab 250 Fälle 20 %,
  • ab 500 Fälle 15 %,
  • ab 1 000 Fälle 10 %.

2Der Begünstigte ist verpflichtet, dazu der Bewilligungsbehörde die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Unterlagen, Belege (insbesondere Verträge, Rechnungen, Kontoauszüge) und Informationen zur Verfügung zu stellen. 3Die Bewilligungsbehörde hat auf Grundlage der vom Empfänger vorgelegten Berechnung nach Nr. 5 Satz 6 sowie einer Prüfung nach Satz 1 die gewährte Billigkeitsleistung zurückzufordern, soweit sich das Vorliegen des Härtefalls nicht oder nicht in der gewährten Höhe bestätigt. 4Für die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Bewilligungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Leistung gelten die allgemeinen Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), insbesondere die Art. 48 bis 49a BayVwVfG. 5Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist berechtigt, Prüfungen gemäß Art. 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayHO bei den Antragstellern durchzuführen. 6Das Prüfrecht ist in den Bewilligungsbescheid explizit aufzunehmen. 7Hierzu sind die unter Nr. 3 Satz 4 genannten Nachweise mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

9.Subventionserheblichkeit

1Bei der Antragstellung ist auf die Strafbarkeit des Subventionsbetrugs und auf die Mitteilungspflichten nach § 3 des Subventionsgesetzes (SubvG) hinzuweisen. 2Zudem sind den Antragstellern die subventionserheblichen Tatsachen entsprechend Verwaltungsvorschrift Nr. 3.4.7 zu Art. 44 BayHO konkret zu benennen, also diejenigen Tatsachen, die für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Leistung von Bedeutung sind. 3Vorliegend handelt es sich dabei um die Steigerung der eigenen energie- und inflationsbedingten Kosten und die fehlende Kompensation dieser Kostensteigerung durch andere Maßnahmen. 4Antragsteller müssen vor der Bewilligung eine Erklärung über die Kenntnisnahme abgeben.

10.Datenschutz

1Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Verordnung (EU) 2016/679 (EU-Datenschutzgrundverordnung – DSGVO) einzuhalten. 2Die Bewilligungsbehörde ist Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO. 3Die Verpflichtungen aus der DSGVO (insbesondere die Betroffenenrechte und die Informationspflichten gemäß Art. 13 folgende DSGVO) werden von der Bewilligungsbehörde erfüllt.

11.Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Die Richtlinie tritt am 3. August 2023 in Kraft; sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.

Dr. Markus Gruber

Ministerialdirektor