Veröffentlichung BayMBl. 2023 Nr. 592 vom 06.12.2023

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Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

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Sonstige Bekanntmachung

Allgemeinverfügung
(Allgemeine Vorschrift im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung
(EG) Nr. 1370/20071) des Freistaates Bayern
über die Anwendung des MVV-Gemeinschaftstarifs in dem ab dem
10. Dezember 2023 geltenden MVV-Verbundgebiet als Höchsttarif im
Schienenpersonenverkehr

Hintergrund

In seiner Regierungserklärung vom 18. April 2018 hat Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder, MdL, erklärt, dass der Freistaat Bayern neue Wege im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gehen wolle, unter anderem auch durch die Schaffung einheitlicher Verbundstrukturen. Darauf Bezug nehmend haben sich die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach und Rosenheim sowie die Stadt Rosenheim an den Freistaat Bayern gewandt und diesen um planerische, organisatorische und finanzielle Unterstützung für einen Beitritt zum Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) gebeten.

  • Nach der verkehrlichen Untersuchung liegen gute Gründe für die angestrebte Verbundraumerweiterung vor. Insbesondere die ausgeprägten Pendlerverflechtungen zwischen den beitrittsinteressierten Städten und Landkreisen sowie auch zwischen dem Beitrittsgebiet und dem bisherigen MVV-Verbundgebiet sprechen für die Verbundraumerweiterung. Die Ausweitung des MVV-Verbundgebiets soll nach der oben genannten Untersuchung die individuelle Entscheidung der Menschen für den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel erleichtern, insbesondere für Pendler und den Freizeitverkehr. Ein einheitliches Ticketsortiment, ein einheitlicher Tarif, ein abgestimmter Fahrplan, Echtzeitinformation in vielen Verkehrsmitteln und die Möglichkeit der Buchung von Mobilitätsangeboten über eine übergreifende App sollen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel einfacher und attraktiver machen.

Die oben genannten Landkreise und die kreisfreie Stadt Rosenheim haben jeweils beschlossen, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in ihren jeweiligen Gebieten in den MVV zu integrieren.

Allgemeinverfügung

1.Rechtsgrundlagen

Auf Grundlage von § 2 des Regionalisierungsgesetzes (RegG) in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) und Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. L) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erlässt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die nachfolgende Allgemeinverfügung zur Festsetzung des MVV-Gemeinschaftstarifs als Höchsttarif im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Sinne des § 2 Abs. 12 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) und zur Gewährung von Ausgleichsleistungen für finanzielle Nachteile im Zusammenhang mit der Beförderung von Fahrgästen in dem in Nr. 2.3 definierten Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung.

2.Gemeinschaftliche Verpflichtung

2.1
Alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die im Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung (dazu Nr. 2.3) öffentliche Personenverkehrsdienste im SPNV erbringen, sind verpflichtet, während der Laufzeit dieser Allgemeinverfügung (dazu Nr. 8) den MVV-Gemeinschaftstarif in seiner jeweils geltenden Fassung ab dem 10. Dezember 2023 (www.mvv-muenchen.de/tickets-preise/alle-tickets-alle-preise) als Höchsttarif im Sinne des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gemäß den Vorgaben dieser Allgemeinverfügung entsprechend Nr. 2.2 anzuwenden (im Folgenden Tarifanwendung oder Tarifanwendungspflicht).
2.2
Die Tarifanwendung im Sinne von Nr. 2.1 beinhaltet:
  • die Beförderung von Fahrgästen zum jeweils geltenden MVV-Gemeinschaftstarif gemäß Nr. 2.1,
  • die Verpflichtung zum Vertrieb des MVV-Gemeinschaftstarifs gemäß Nr. 2.1,
  • die Beschaffung und den Einsatz von verbundeinheitlicher Infrastruktur, insbesondere für den Vertrieb und die Kontrolle,
  • die hierfür im Übrigen erforderliche Integration in die Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV GmbH), insbesondere durch Beitritt zum MVV-Kooperationsvertrag und Teilnahme an der MVV-Einnahmenaufteilung sowie Mitwirkung an Sitzungen von Verbundgremien (zum Beispiel Fach-Arbeitskreisen et cetera).

Im Rahmen dieser Allgemeinverfügung wird ausschließlich die Beförderung von Fahrgästen zum jeweils geltenden MVV-Gemeinschaftstarif im Sinne des ersten Spiegelstrichs als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung konkreter geregelt; im Übrigen sind die vorgenannten Verpflichtungen (Spiegelstrich 2 bis 4) gesonderten Regelungen (etwa Ergänzungsvereinbarungen zu den bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen oder den Verbundregularien) vorbehalten.

Der Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung erstreckt sich sachlich und geografisch auf alle öffentlichen Personenverkehre des SPNV im MVV-Verbundgebiet (siehe Anlage 1: Tarifzonenplan MVV).

3.Verhältnis zu öffentlichen Dienstleistungsträgern

Die Regelungen in öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die öffentliche Personenverkehre des SPNV im MVV-Verbundgebiet im Sinne dieser Allgemeinverfügung zum Gegenstand haben, haben neben dieser Allgemeinverfügung weiter Bestand und bleiben von den Regelungen dieser Allgemeinverfügung grundsätzlich unberührt. Die Tarifanwendungspflicht bezüglich des MVV-Gemeinschaftstarifs sowie die hierfür zu gewährenden Ausgleichsleistungen ergeben sich aus dieser Allgemeinverfügung. Die Abwicklung der Ausgleichsleistungen erfolgt unter Bezugnahme auf die öffentlichen Dienstleistungsaufträge nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung.

4.Ausgleichsleistungen

4.1
Die Eisenbahnverkehrsunternehmen erhalten nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung Ausgleichsleistungen für die ihnen durch die Anwendung des MVV-Gemeinschaftstarifs entstehenden finanziellen Nachteile. Die finanziellen Nachteile ergeben sich dabei aus einer Gegenüberstellung der Situation mit Anwendung des MVV-Gemeinschaftstarifs (Mit-Fall) und der Situation mit Anwendung der bis dahin geltenden Tarife (Ohne-Fall) unter Berücksichtigung sämtlicher hiermit jeweils verbundenen positiven und negativen Effekte. Bei der Gegenüberstellung sind die nachfolgenden Grundsätze zu beachten.
4.1.1
Die Höhe der Ausgleichsleistungen je Eisenbahnverkehrsunternehmen aufgrund entstandener Harmonisierungs- und Durchtarifierungsverluste (HDTV) mit der Verbundraumerweiterung ab dem 10. Dezember 2023 wird wie folgt berechnet:

Es wird eine Vorher-Nachher-Bewertung der Fahrgeldeinnahmen zum aktuellen MVV-Gemeinschaftstarif und dem einfachen oder kombinierten Referenztarif vor der Verbundraumerweiterung vorgenommen. Dieser Wert wird mit den auf die jeweilige Relation entfallenden Fahrscheinen je öffentlichem Dienstleistungsauftrag multipliziert. Die auf die Relation entfallenden Fahrscheine werden aus den Daten der in den Kalenderjahren 2024 und 2025 stattfindenden Erhebungen des MVV ermittelt und für ein Kalenderjahr hochgerechnet. Hierbei gilt das in Anlage 2 beschriebene Verfahren.

4.1.2
Abweichend davon wird der Wert der Abschlagszahlung (vorläufig ermittelte Höhe der Ausgleichsleistung gemäß Nr. 6.2) gemäß dem Verfahren in Anlage 2 für den Zeitraum vom 10. Dezember 2023 bis zum 31. Dezember 2023 zugleich als endgültige Höhe der Ausgleichsleistung für diesen Zeitraum festgelegt. Die Abschlagszahlung für den Zeitraum vom 10. Dezember 2023 bis zum 31. Dezember 2023 wird tagesanteilig auf Grundlage der vorläufigen Abschlagszahlung für das Kalenderjahr 2024 festgelegt.
4.1.3
Die gemäß Nr. 4.1.1 berechnete Höhe der Ausgleichsleistung wird je öffentlichem Dienstleistungsauftrag jährlich, frühestens ab dem 1. Januar 2025, unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Tarifentwicklung des Deutschlandtarifs des Deutschlandtarifverbunds (DTV) und MVV-Gemeinschaftstarifs sowie eintretender Mengeneffekte nach dem Berechnungsverfahren in Anlage 2 fortgeschrieben.
4.1.4
Zur Vermeidung einer Doppelfinanzierung nach dieser Allgemeinverfügung und Ausgleichsleistungen aus anderen allgemeinen Vorschriften wie der Allgemeinverfügung zum Deutschlandticket und zum 365-Euro-Ticket MVV werden diese Tarifmaßnahmen für den Zeitraum überschneidender Gültigkeitszeiträume insofern berücksichtigt, dass sie bei der Vorher-Nachher-Bewertung im Ausgleichsbetrag entsprechend Nr. 4.1.1 dieser Allgemeinverfügung nicht inkludiert werden.
4.1.5
Die Höhe der Ausgleichsleistungen darf den finanziellen Nettoeffekt der Summe aller positiven und negativen Auswirkungen der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung nach dieser Allgemeinverfügung bezogen auf die Einhaltung der Tarifpflicht gemäß den Nrn. 2.1 und 2.2 Spiegelstrich 1 nicht übersteigen.
4.2
Die Ausgleichsleistungen nach dieser Allgemeinverfügung sind der Höhe nach begrenzt auf den finanziellen Nettoeffekt nach Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bezogen auf die im Rahmen dieser Allgemeinverfügung geregelten Verpflichtung. Diesbezüglich gilt:
4.2.1
Der finanzielle Nettoeffekt für die Erfüllung der Tarifpflicht aus dieser Allgemeinverfügung entspricht nach dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 der Summe aller (positiven und negativen) Auswirkungen aus der Erfüllung der Tarifanwendungspflicht im Freistaat Bayern in Bezug auf den MVV-Gemeinschaftstarif gemäß der Nr. 2.1 und 2.2 Spiegelstrich 1. Für die Ermittlung des finanziellen Nettoeffekts ist somit eine Aufstellung aller Auswirkungen auf die Einnahmen und Kosten vorzunehmen, die durch die Erfüllung dieser Tarifanwendungspflicht entstehen. Bei den Auswirkungen auf die Einnahmen erfolgt eine Gegenüberstellung der Differenz des Mit-Falls und des Ohne-Falls gemäß Anlage 2.
4.2.2
Die Anforderungen des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 werden im Übrigen unter Bezugnahme auf und unter Berücksichtigung der Regelungen des jeweiligen öffentlichen Dienstleistungsauftrags umgesetzt.
4.2.3
Die Ausgleichsleistungen nach dieser Allgemeinverfügung dürfen nicht zu einer Überkompensation im Sinne des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 führen. Die Vermeidung einer Überkompensation wird unter Beachtung der Vorgaben des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unter Bezugnahme auf den jeweiligen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gewährleistet. Hierfür weist das Eisenbahnverkehrsunternehmen bezogen auf jeden öffentlichen Dienstleistungsauftrag jährlich durch Testat eines Wirtschaftsprüfers nach, dass die Aufstellung des finanziellen Nettoeffekts gemäß Nr. 4.1 richtig erfolgt ist und die Ausgleichsleistungen nach dieser Allgemeinverfügung bezogen auf die Tarifanwendungspflicht nach der Nr. 2.1 und 2.2 Spiegelstrich 1 nicht zu einer Überkompensation führen; es gilt Nr. 5.2. Soweit sachgerecht, kann der Nachweis des Nichtvorliegens einer Überkompensation vom Eisenbahnverkehrsunternehmen nach Abstimmung mit der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) gesamthaft zusammen mit dem Nachweis des Nichtvorliegens einer Überkompensation nach Maßgabe weiterer bestehender allgemeiner Vorschriften (vergleiche Nr. 4.1.4) durchgeführt werden. Sollte im Einzelfall dennoch eine Überkompensation festgestellt werden, hat das Eisenbahnverkehrsunternehmen den überkompensierenden Betrag zur Vermeidung einer unzulässigen Beihilfe einschließlich Zinsen ab dem Eintritt der Überkompensation nach Maßgabe des jeweiligen öffentlichen Dienstleistungsauftrags zurückzuzahlen.

5.Darlegungs- und Nachweispflichten

5.1
Das Eisenbahnverkehrsunternehmen trägt die Darlegungs- und Nachweispflicht für sämtliche in dieser Allgemeinverfügung geregelten Voraussetzungen und Anforderungen an die Gewährung der Ausgleichsleistungen. Es ist verpflichtet, sämtliche für die Durchführung dieser Allgemeinverfügung erforderlichen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen.
5.2
Die Eisenbahnverkehrsunternehmen sind insbesondere verpflichtet, die für die Ermittlung der Ausgleichsleistung nach Nr. 4 und Anlage 2 erforderlichen Mitwirkungspflichten zu erfüllen und bei Bedarf in diesem Zusammenhang erforderliche Daten vorzulegen.
5.3
Das Eisenbahnverkehrsunternehmen bestätigt, sofern entsprechende Angaben gemacht beziehungsweise Daten vorgelegt werden, die Richtigkeit dieser Angaben und Daten.
5.4
Werden die erforderlichen Mitwirkungspflichten nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung vom Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht erfüllt oder werden erforderliche Unterlagen und Nachweise nicht fristgerecht vorgelegt, kann die Ausgleichsleistung ganz oder teilweise versagt werden.
5.5
Der Freistaat Bayern sowie in seinem Auftrag die BEG oder die MVV GmbH können die Vorlage weiterer Angaben und Nachweise verlangen, soweit dies zur Erfüllung der Nachweispflichten oder insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften sowie Anforderungen der EU-Kommission oder des Obersten Rechnungshofes erforderlich ist. Der Freistaat Bayern oder in seinem Auftrag die jeweils zuständige Regierung kann zudem die Vorlage weiterer Angaben und Nachweise verlangen, die im Hinblick auf die Durchführung der den Ausgleichsleistungen nach dieser Allgemeinverfügung zugrunde liegenden Zuwendungsverfahren erforderlich sind.
5.6
Der Freistaat Bayern sowie in seinem Auftrag die BEG können die von dem Eisenbahnverkehrsunternehmen nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung beizubringenden Daten, Nachweise, Berechnungen, Testate oder ähnliches selbst oder durch einen vom Freistaat Bayern oder in seinem Auftrag von der BEG bestimmten, zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten prüfen lassen. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen ist verpflichtet, auf entsprechendes Verlangen Einblick in die hierfür notwendigen Unterlagen zu gewähren. Bei der Prüfung durch einen Dritten wird gewährleistet, dass der Dritte keinerlei Eigeninteresse an der Kenntnis der zu prüfenden Unterlagen hat.
5.7
Im Hinblick auf die Übermittlung und Verarbeitung von Betriebs-, Geschäfts- sowie gegebenenfalls personenbezogenen Daten werden die jeweils geltenden rechtlichen Vorgaben beachtet. Bei Bedarf werden hierzu entsprechende Vereinbarungen zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Freistaat Bayern entweder bilateral oder gemeinsam mit der BEG getroffen. Gleiches gilt in Bezug auf die Aufbewahrung der zugrunde liegenden Unterlagen und Speicherung von Daten sowie für die hierfür geltenden Fristen.

6.Abwicklung der Ausgleichsleistungen/Verfahren

6.1
Die Ausgleichsleistungen der Tarifanwendungspflicht nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung werden jeweils für ihr Zuständigkeitsgebiet innerhalb des MVV-Verbundgebiets von den Aufgabenträgern des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) getragen, die zum 10. Dezember 2023 in den Verbund eintreten; dies beinhaltet auch Ausgleichsleistungen in den Gebieten des bislang bestehenden MVV-Verbundgebiets; maßgeblich ist die von der MVV GmbH erstellte Berechnung gemäß dem Berechnungsverfahren in Anlage 2. Die Aufgabenträger des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) können hierfür bei der zuständigen Regierung Zuwendungen beantragen. Die MVV GmbH ermittelt den Anteil der Höhe der Ausgleichsleistungen für jeden öffentlichen Dienstleistungsauftrag des Eisenbahnverkehrsunternehmens. Hierfür wird die Höhe der Ausgleichsleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung von der MVV GmbH zunächst vorläufig aufgrund von prognostizierten Daten und später aufgrund der tatsächlichen Daten ermittelt. Die MVV GmbH leitet den Eisenbahnverkehrsunternehmen die aufgrund der prognostizierten Daten ermittelten vorläufigen Ausgleichsleistungen entsprechend der nachfolgenden Regelungen je öffentlichem Dienstleistungsauftrag als kumulierte Abschlagszahlungen gemäß Nr. 6.2 weiter. Nach Feststellung der tatsächlichen Daten wird die Höhe der Ausgleichsleistung von der MVV GmbH nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung endgültig ermittelt. Auf dieser Grundlage korrigieren die Aufgabenträger des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ihre Ausgleichsleistungen sowie den oben genannten Antrag bei der zuständigen Regierung entsprechend. Die MVV GmbH nimmt die Schlussabrechnung gegenüber den Eisenbahnverkehrsunternehmen gemäß Nr. 6.3 vor. Die Zahlungen werden netto (ohne Umsatzsteuer) geleistet.
6.2
Die Ermittlung der vorläufigen Höhe der Ausgleichsleistungen erfolgt für die Kalenderjahre 2023, 2024 und 2025 zunächst auf Basis der von der MVV GmbH erstellten Prognose gemäß dem Berechnungsverfahren in Anlage 2. In den Folgejahren wird die Ermittlung der vorläufigen Höhe der Ausgleichsleistungen auf Basis der von der MVV GmbH vorzunehmenden Erhebung gemäß dem Berechnungsverfahren in Anlage 2 vorgenommen. Den Eisenbahnverkehrsunternehmen wird die so ermittelte vorläufige Höhe der Ausgleichsleistungen für das jeweilige Kalenderjahr von der MVV GmbH als Abschlagszahlung in Höhe von jeweils 50 Prozent zum 30. Juni und zum 30. November des Kalenderjahres weitergeleitet.
6.3
Die Ermittlung der endgültigen Ausgleichsleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung erfolgt für das Kalenderjahr 2024 nach der von der MVV GmbH vorzunehmenden Erhebung 2024 und 2025 gemäß dem Berechnungsverfahren in Anlage 2 auf Basis der sich hieraus ergebenden tatsächlichen Daten. Diese Daten bilden sodann für die Folgejahre die Basis für die Ermittlung der vorläufigen Höhe der Ausgleichsleistungen gemäß Nr. 6.2. Für die endgültige Ermittlung der Höhe der Ausgleichsleistungen ist dieser Wert in den Folgejahren für das jeweilige Kalenderjahr gemäß dem Verfahren in Anlage 2 fortzuschreiben. Unter Zugrundelegung der so ermittelten endgültigen Höhe der Ausgleichsleistungen erfolgt unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen gemäß Nr. 6.2 die Schlussabrechnung. Die Schlussabrechnung beinhaltet auch eine Regelung zu Nachzahlungen und zum Umgang mit Überzahlungen (Rückerstattung oder Verrechnung); im Falle einer Überzahlung wird im Regelfall eine Verrechnung mit der jeweils folgenden Abschlagszahlung vorgenommen. Die Schlussabrechnung erfolgt jeweils nach Vorlage sämtlicher weiterer vom Eisenbahnverkehrsunternehmen nach Nr. 5.2 vorzulegenden Unterlagen einschließlich des Nachweises des Nichtvorliegens einer Überkompensation. In den Kalenderjahren ab 2025 soll die Schlussabrechnung für das jeweils vorausgehende Kalenderjahr möglichst bis zum Abrechnungsmonat September vorliegen, sodass eine etwaige Verrechnung noch im Rahmen der Novemberabschlagszahlung für das laufende Kalenderjahr berücksichtigt werden kann. Im Falle einer Überkompensation ist im Rahmen der Schlussabrechnung auch die Verzinsung entsprechend Nr. 4.2.3 zu regeln.
6.4
Für öffentliche Dienstleistungsaufträge, bei denen die Erlösverantwortung bei der BEG liegt (sogenannte Bruttoprinzip), kann bezüglich der Abwicklung der Ausgleichsleistungen nach dieser Allgemeinverfügung ein von den vorstehenden Regelungen abweichendes Vorgehen geregelt werden. Auch im Übrigen können bei Bedarf Änderungen bezüglich der Abwicklung der Zahlungen (Zahlungswege et cetera) vorgenommen werden.

7.Veröffentlichung nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

7.1
Der Freistaat Bayern ist über die auf Grundlage dieser Allgemeinverfügung gewährten Ausgleichsleistungen berichtspflichtig gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.
7.2
Sofern dies für die Gewährleistung der Berichtspflicht nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erforderlich ist, können Daten, die im Zusammenhang mit dieser Allgemeinverfügung stehen, auch nachträglich vom Freistaat Bayern von den Eisenbahnverkehrsunternehmen eingefordert werden. Eisenbahnverkehrsunternehmen, denen ein Ausgleich aufgrund dieser Allgemeinverfügung gewährt wird, können sich insoweit nicht auf Vertraulichkeit und die Geheimhaltung der von ihnen gemachten Angaben berufen.

8.Inkrafttreten und Geltungsdauer; Außerkrafttreten

8.1
Diese Allgemeinverfügung ist am Tag nach der Veröffentlichung im Bayerischen Ministerialblatt bekanntgegeben (Art. 41 Abs. 4 Satz 4 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz). Die Verpflichtung nach Nr. 2 tritt zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2023 in Kraft. Der zeitliche Anwendungsbereich der Allgemeinverfügung ist jeweils auf die Laufzeit der zum 10. Dezember 2023 im Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung gemäß Nr. 3 bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträge beschränkt. Als bestehende öffentliche Dienstleistungsaufträge gelten dabei sämtliche öffentliche Dienstleistungsaufträge im geografischen Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Allgemeinverfügung der Zuschlag bereits erteilt wurde. Der zeitliche Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung endet somit bezogen auf jeden öffentlichen Dienstleistungsauftrag separat jeweils mit dem Laufzeitende dieses öffentlichen Dienstleistungsauftrags für die jeweils zugrunde liegenden öffentlichen Personenverkehrsdienste des SPNV entsprechend der Aufstellung in Anlage 3. Eine spätere Laufzeitverlängerung führt ausschließlich bei den in Anlage 3 entsprechend gekennzeichneten öffentlichen Dienstleistungsaufträgen zu einer Verlängerung des zeitlichen Anwendungsbereichs dieser Allgemeinverfügung bezogen auf diesen öffentlichen Dienstleistungsauftrag. Die Abwicklung des Verfahrens über die Gewährung von Ausgleichsleistungen für das Kalenderjahr, für das das Eisenbahnverkehrsunternehmen nach Maßgabe dieser Allgemeinverfügung, gegebenenfalls auch nur anteilig, Ausgleichsleistungen erhalten hat, wird auch nach dem Laufzeitende des jeweiligen öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach den Regelungen dieser Allgemeinverfügung zu Ende geführt (insbesondere Erfüllung sämtlicher Nachweispflichten durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen und Durchführung der Schlussabrechnung).
8.2
Diese Allgemeinverfügung tritt nach Ablauf der Restlaufzeiten sämtlicher umfassten öffentlichen Dienstleistungsaufträge gemäß Anlage 3 außer Kraft. Sie kann durch Allgemeinverfügung verlängert, geändert oder aufgehoben werden. Dies gilt insbesondere, wenn sich die Rahmenbedingungen, die dieser Allgemeinverfügung und den darin enthaltenen Regelungen zur Ermittlung der Ausgleichsleistungen zugrunde liegen, wesentlich ändern wie etwa im Falle zusätzlicher oder geänderter Tarifmaßnahmen im MVV-Verbundgebiet einschließlich einer Anpassung der Finanzierung des Deutschlandtickets oder auch zusätzlicher Erweiterungen des MVV-Verbundgebiets.

Gründe

Der Freistaat Bayern fördert landesweit die Schaffung von Verbundstrukturen. Dies betrifft unter anderem auch die Verbundraumerweiterung des bisherigen MVV-Verbundgebietes um den gesamten Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, die Landkreise Miesbach und Rosenheim sowie die Stadt Rosenheim. Im Zuge der Verbundraumerweiterung sollen alle Verkehrsunternehmen des SPNV sowie des allgemeinen ÖPNV auch in den neu hinzukommenden Gebieten zur Anwendung des MVV-Gemeinschaftstarifs verpflichtet werden. Die Anwendung des Gemeinschaftstarifs führt im Vergleich zu den bislang angewendeten Tarifen zu Mindereinnahmen bei den Verkehrsunternehmen, die öffentliche Personenverkehrsdienste in den neu hinzukommenden Gebieten sowie auch im Bestandsgebiet des MVV-Verbundraums erbringen, den sogenannten Harmonisierungs- und Durchtarifierungsverlusten (HDTV). Diese HDTV, die als Folge der Verpflichtung zur Anwendung des Gemeinschafstarifs entstehen, sind den Verkehrsunternehmen jeweils für die Restlaufzeit der bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträge beziehungsweise den zugrunde liegenden Liniengenehmigungen auszugleichen.

Für einen rechtskonformen Ausgleich durch die Aufgabenträger des SPNV und des allgemeinen ÖPNV im Freistaat Bayern an die Verkehrsunternehmen bedarf es entsprechender Regelungen im Rahmen öffentlicher Dienstleistungsaufträge und/oder allgemeiner Vorschriften im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

Vor diesem Hintergrund erlässt der Freistaat Bayern in seiner Funktion als Aufgabenträger für den SPNV gemäß Art. 15 Abs. 1 BayÖPNVG und als gemäß Art. 15 Abs. 2 BayÖPNVG zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in seinem sachlichen und geografischen Zuständigkeitsgebiet auf Grundlage von § 2 RegG und Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. l) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 eine allgemeine Vorschrift in der Form einer Allgemeinverfügung über die Festsetzung des MVV-Gemeinschaftstarifs als Höchsttarif. Die Allgemeinverfügung regelt mit dem Ziel einer flächendeckenden und einheitlichen Anwendung des MVV-Gemeinschaftstarifs in dem ab dem 10. Dezember 2023 geltenden MVV-Verbundgebiet spezifisch die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zur Beförderung von Fahrgästen zum jeweils geltenden MVV-Gemeinschaftstarifs als Höchsttarif und enthält korrespondierend hierzu die Regelungen zur Ermittlung der Ausgleichsleistungen hierfür. Weitere Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anwendung des MVV-Verbundtarifs, wie insbesondere die Verpflichtung zum Vertrieb, die Beschaffung und der Einsatz von verbundeinheitlicher Infrastruktur sowie die im Übrigen erforderliche Integration in die MVV GmbH bleiben gesonderten Regelungen (etwa Ergänzungsvereinbarungen zu den bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen oder den Verbundregularien) vorbehalten. Hierdurch werden parallele Strukturen und ein hiermit verbundener (erhöhter) Verwaltungsaufwand vermieden und eine Doppelfinanzierung wird ausgeschlossen.

Die Allgemeinverfügung setzt die Vorgaben des Rechts der Europäischen Union nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 durch transparente und diskriminierungsfreie Ausreichung der Mittel an die Eisenbahnverkehrsunternehmen um. Die Ausgleichsleistungen sind auf den finanziellen Nettoeffekt aus der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zur Anerkennung des MVV-Gemeinschaftstarifs beschränkt.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem örtlich zuständigen Bayerischen Verwaltungsgericht erhoben werden.

Örtlich zuständig ist das Bayerische Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz hat:

  • Regierungsbezirk Oberbayern:
    Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30,
  • Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz:
    Verwaltungsgericht Regensburg in 93047 Regensburg, Haidplatz 1,
  • Regierungsbezirk Oberfranken:
    Verwaltungsgericht Bayreuth in 95444 Bayreuth, Friedrichstraße 16,
  • Regierungsbezirk Unterfranken:
    Verwaltungsgericht Würzburg in 97082 Würzburg, Burkarderstraße 26,
  • Regierungsbezirk Mittelfranken:
    Verwaltungsgericht Ansbach in 91522 Ansbach, Promenade 24–28,
  • Regierungsbezirk Schwaben:
    Verwaltungsgericht Augsburg in 86152 Augsburg, Kornhausgasse 4.

Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung

Für Kläger ohne Sitz oder Wohnsitz im Freistaat Bayern ist das Verwaltungsgericht München in 80335 München, Bayerstraße 30, örtlich zuständig.

Die Einlegung des Rechtsbehelfs ist schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form möglich. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen!

Ab 1. Januar 2022 muss der in § 55d VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) genannte Personenkreis Klagen grundsätzlich elektronisch einreichen.

Kraft Bundesrechts wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig.

Anlagen

Anlage 1: Tarifzonenplan MVV
Anlage 2: Berechnungsverfahren der Ausgleichsleistungen
Anlage 3: Aufstellung der im MVV-Gebiet zum Inkrafttreten der Allgemeinverfügung bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträge einschließlich Laufzeiten

München, den 13. November 2023

Dr. Thomas Gruber

Ministerialdirektor


1
VERORDNUNG (EG) Nr. 1370/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315/1) in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/2338 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Dezember 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste (ABl. L 354/22).


Anlagen