831-A
Richtlinie zur Gewährung von Billigkeitsleistungen
aus dem Bayerischen Opferfonds
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales
vom 26. September 2025, Az. S7/6472-1/202
1Die Leistungen aus dem Bayerischen Opferfonds werden auf der Grundlage und nach Maßgabe von Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO), den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften, den allgemeinen haushaltsrechtlichen Grundsätzen sowie den nachfolgenden Vorgaben als Billigkeitsleistungen gewährt. 2Es handelt sich um eine freiwillige Leistung des Freistaates Bayern, auf die kein Rechtsanspruch besteht und die im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel bewilligt wird.
- 1. Zweck der Leistung
1Die Bayerische Staatsregierung hat als Mahnmal und öffentliches Zeichen der Wehrhaftigkeit gegen Angriffe auf die Grundwerte unserer Gesellschaft den Bayerischen Opferfonds errichtet. 2Der Freistaat Bayern steht in besonderer Weise für Familien ein. 3Aus dem Bayerischen Opferfonds sollen daher Einmalzahlungen vor allem an Eltern von durch Anschläge getöteten Kindern sowie an nicht getrennt lebende Ehepartner und -partnerinnen und minderjährige Kinder von bei Anschlägen getöteten Nothelfern und Nothelferinnen geleistet werden. 4Die Leistungen sind Ausdruck der Solidarität und des tief empfundenen Mitgefühls für die betroffenen Familien.
- 2. Allgemeine Grundsätze
- a)
- Leistungen aus dem Bayerischen Opferfonds werden bei Gewalttaten (vorsätzliche, rechtswidrige, tätliche Angriffe) geleistet, die einen Anschlagscharakter durch Dritte aufweisen (Anschläge).
- b)
- Leistungen werden erbracht, wenn sich die Anschläge innerhalb des Gebiets des Freistaates Bayern ereignet haben.
- c)
- Zum Kreis der Empfänger und Empfängerinnen von Leistungen aus dem Bayerischen Opferfonds gehören:
- aa)
- 1Jedes Elternteil eines bei einem Anschlag in Bayern getöteten oder schwer verletzten Kindes oder Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (Kind), sofern das Kind seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Anschlages im Freistaat Bayern hatte. 2Ein schwer verletztes Kind im Sinne dieser Richtlinie liegt vor, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Leistungen auf der Grundlage einer Prognoseentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass bei dem Kind infolge des Anschlages ein Grad der Schädigungsfolgen im Sinne von § 5 des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB XIV) von 80 verbleiben wird.
- bb)
- Nicht dauerhaft getrennt lebende Witwen und Witwer und zum Tatzeitpunkt minderjährige Waisen von Personen, die im Anschlagsfall Nothilfe geleistet haben und hierbei ums Leben gekommen sind, soweit die genannten Hinterbliebenen ihren Wohnsitz zum Tatzeitpunkt im Freistaat Bayern haben.
- cc)
- In vergleichbaren Fällen können Leistungen gewährt werden, wenn dies im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung der Zielsetzung des Bayerischen Opferfonds der Billigkeit entspricht.
- 3. Höhe der Leistung
Die Leistungshöhe beträgt pro berechtigter Person einmalig 30 000 €.
- 4. Zweckbestimmung
1Die Leistungen werden zum Ausgleich des durch den Anschlag verursachten seelischen Leids und der Trauer gewährt. 2Es handelt sich hierbei um eine Zweckbestimmung insbesondere im Sinne von § 11a Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende) und § 83 Abs. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe).
- 5. Subsidiarität
1Die Leistungen werden nicht erbracht, wenn sonstige zweckidentische Leistungen privater Dritter oder öffentlicher Stellen (insbesondere Leistungen aus einem Opferfonds des Bundes oder eines anderen Bundeslandes) gewährt wurden. 2Ein Ersatzanspruch gegen den Täter oder die Täterin gemäß § 844 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (sogenanntes Hinterbliebenengeld) ist an den Freistaat Bayern abzutreten.
- 6. Ausschlussgründe
1Leistungen aus dem Bayerischen Opferfonds sind ausgeschlossen, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht der Billigkeit entsprechen würden. 2Dies ist insbesondere der Fall, in Bezug auf Personen, die eine unmittelbare oder mittelbare Mitverantwortung an der Tat trifft oder deren Verhalten gegenüber dem Opfer Leistungen aus dem Bayerischen Opferfonds unbillig erscheinen lassen würden, zum Beispiel im Fall einer zum Tatzeitpunkt erheblichen und schwerwiegenden Vernachlässigung der elterlichen Sorgepflichten gegenüber einem durch einen Anschlag getöteten Kind. 3Ausgeschlossen sind zudem Leistungen an Personen, die mit ihrem eigenen politischen Engagement die verfassungsmäßige Grundordnung bekämpfen oder sich aktiv gegen die Grundwerte des Freistaates Bayern richten.
- 7. Verfahren
- a)
- Leistungen werden nur auf Antrag gewährt.
- b)
- Bewilligungsbehörde ist das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS).
- c)
- Die Auszahlung der Billigkeitsleistungen darf erst nach Erlass des Bewilligungsbescheides erfolgen.
- d)
- 1Die Zweckbestimmung im Sinne der Nr. 4 ist im Bewilligungsbescheid anzugeben. 2Auf das Prüfungsrecht des Obersten Rechnungshofes gemäß Art. 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 3 BayHO ist hinzuweisen.
- e)
- 1Die Subsidiarität, insbesondere in Bezug auf zweckidentische Leistungen öffentlicher Stellen, wird vor Erlass des Bewilligungsbescheides durch das ZBFS geprüft. 2Der Bewilligungsbescheid enthält einen Hinweis auf die Regelungen zur Subsidiarität.
- f)
- Leistungen auf der Grundlage von Nr. 2 Buchst. c Doppelbuchst. cc (vergleichbare Fälle) dürfen nur nach vorheriger Zustimmung durch das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gewährt werden.
- 8. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
1Diese Richtlinie tritt am 1. November 2025 in Kraft. 2Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2028 außer Kraft.
Dr. Markus Gruber
Ministerialdirektor