Fundstelle GVBl. 2022 S. 714

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Gesetz

36-4-J, 300-12-1-J, 300-1-1-J

300-1-1-J, 36-4-J, 300-12-1-J

Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsausführungsgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften

vom 23. Dezember 2022

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

§ 1
Änderung des Gerichtsverfassungsausführungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsausführungsgesetz (AGGVG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 300-1-1-J) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 1 Abs. 288 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.Der Erste bis Neunte Teil werden die Teile 1 bis 9.

2.Nach Teil 9 wird folgender Teil 10 eingefügt:

‚Teil 10

Dolmetscher, Übersetzer

Art. 58

Öffentliche Bestellung von Dolmetschern

(1) Neben einer allgemeinen Beeidigung als gerichtlicher Dolmetscher nach dem Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG) wird auf Antrag als Dolmetscher zur mündlichen Sprachübertragung für behördliche Zwecke öffentlich bestellt, wer zusätzlich

1.im Inland die Übersetzerprüfung eines staatlichen oder staatlich anerkannten Prüfungsamtes oder eine andere staatliche oder staatlich an­erkannte Prüfung für den Übersetzerberuf bestanden hat oder

2.im Ausland eine Prüfung bestanden hat, die von einer zuständigen deutschen Stelle als gleichwertig mit einer Prüfung nach Nr. 1 anerkannt wurde.

(2) 1Auf die öffentliche Bestellung finden die §§ 3, 5 Abs. 3 und 4 sowie die §§ 7 bis 10 GDolmG in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung entsprechende Anwendung. 2Dabei tritt in § 10 Abs. 2 Satz 1 GDolmG an die Stelle des Bezirks eines anderen Oberlandesgerichts der Bezirk eines anderen Landgerichts.

(3) 1Die öffentliche Bestellung wird mit Aushändigung der Urkunde wirksam. 2Sie endet unbeschadet des Abs. 2, wenn die allgemeine Beeidigung als gerichtlicher Dolmetscher endet.

(4) Die Bezeichnung „öffentlich bestellter Dolmetscher für … [Angabe der Sprache, für die er beeidigt ist]“ oder die Bezeichnung „öffentlich bestellte Dolmetscherin für … [Angabe der Sprache, für die sie beeidigt ist]“ darf neben oder anstelle der Bezeichnung nach § 6 GDolmG in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung führen, wer nach Abs. 1 öffentlich bestellt ist.

Art. 59

Öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung von Übersetzern

(1) Auf Antrag wird als Übersetzer öffentlich bestellt und allgemein beeidigt, wer die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 und 2 GDolmG mit der Maßgabe erfüllt, dass an die Stelle der Dolmetscherprüfung die Übersetzerprüfung tritt.

(2) 1Auf die öffentliche Bestellung und die allgemeine Beeidigung finden § 3 Abs. 3 bis 5, § 5, § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 und 5, Abs. 2 bis 4 und die §§ 8 bis 10 GDolmG in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung sowie Art. 58 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 entsprechende Anwendung. 2Öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung bestehen und enden gemeinsam.

(3) Die Bezeichnung „öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Übersetzer für … [Angabe der Sprache, für die er beeidigt ist]“ oder die Bezeichnung „öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Übersetzerin für … [Angabe der Sprache, für die sie beeidigt ist]“ darf führen, wer nach Abs. 1 öffentlich bestellt und allgemein beeidigt ist.

Art. 60

Öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung von Dolmetschern für die Deutsche Gebärdensprache

(1) 1Auf Antrag wird als Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache öffentlich bestellt und allgemein beeidigt, wer die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 und 2 GDolmG mit der Maßgabe erfüllt, dass an die Stelle der Dolmetscherprüfung eine Prüfung zum Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache tritt. 2Art. 59 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Die Bezeichnung „öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache“ oder „öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Dolmetscherin für die Deutsche Gebärdensprache“ darf führen, wer nach Abs. 1 öffentlich bestellt und allgemein beeidigt ist.

Art. 61

Zuständigkeit und Verfahren

(1) Für die Verfahren nach Art. 58 bis 60 ist zuständig:

1.bei Bewerbern mit Wohnsitz oder beruflicher Niederlassung in Bayern der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Bewerber seinen Wohnsitz oder seine berufliche Niederlassung hat,

2.bei den übrigen Bewerbern der Präsident des Landgerichts München I.

(2) 1Eidesleistungen in Verfahren nach den Art. 58 bis 60 und nach dem Gerichtsdolmetschergesetz erfolgen vor dem zuständigen Präsidenten oder einem von ihm beauftragten Richter. 2Die zu beeidigende Person ist vor der Eidesleistung nach § 1 des Verpflichtungsgesetzes zu verpflichten.

(3) Die Verfahren nach den Art. 58 bis 60 und nach dem Gerichtsdolmetschergesetz können über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden.

Art. 62

Bestätigungsvermerk bei Übersetzungen

(1) Der Übersetzer hat die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm angefertigten Übersetzungen zu bestätigen.

(2) Der Bestätigungsvermerk lautet:

„Als in Bayern öffentlich bestellter (bestellte) und allgemein beeidigter (beeidigte) Übersetzer (Übersetzerin) für die … Sprache bestätige ich:

Vorstehende Übersetzung der mir im … (Original, beglaubigter Abschrift, Fotokopie usw.) vorgelegten, in … Sprache abgefassten Urkunde ist richtig und vollständig.“

(3) 1Die Bestätigung ist auf die Übersetzung zu setzen. 2Sie muss Ort und Tag der Bestätigung sowie Unterschrift und Stempel des Übersetzers enthalten. 3Die Übersetzung kann mit Zustimmung des Auftraggebers als elektronisches Dokument übermittelt werden. 4An die Stelle der Unterschrift und des Stempels ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. 5Diese soll auf einem Zertifikat beruhen, das auf Dauer prüfbar ist.

(4) 1Die Bestätigung hat kenntlich zu machen, wenn nur ein Teil der Urkunde übersetzt wurde. 2Sie soll auch auf Auffälligkeiten der übersetzten Urkunde, insbesondere auf unleserliche Worte, Änderungen oder Auslassungen hinweisen, sofern sich dies nicht aus der Übersetzung ergibt.

(5) Die Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung, wenn ein Übersetzer eine ihm zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit vorgelegte Übersetzung als richtig und vollständig befunden hat.

Art. 63

Vorübergehende Dienstleistungen

(1) 1Dolmetscher oder Übersetzer, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zur Ausübung einer in § 1 Satz 1 GDolmG oder Art. 58 bis 60 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit rechtmäßig niedergelassen sind und im Inland diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich ausüben wollen, werden auf Antrag in die Dolmetscher- und Übersetzerdatenbank eingetragen. 2Wenn weder die Tätigkeit noch die Ausbildung zu dieser Tätigkeit im Staat der Niederlassung reglementiert sind, gilt dies nur, wenn der Antragsteller die Tätigkeit dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat. 3§ 3 Abs. 4 und 5 GDolmG in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung finden entsprechende Anwendung.

(2) 1Unterbleibt die allgemeine Beeidigung nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder die öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung nach diesem Gesetz, erfolgt die Eintragung unter Nennung der Bestellungs- oder Anerkennungsbehörde des Niederlassungsstaates mit der Berufsbezeichnung, die in der Sprache dieses Staates für die Tätigkeit besteht. 2Dolmetscher- oder Übersetzerleistungen dürfen nur unter dieser Berufsbezeichnung erbracht werden.

(3) 1Zuständig für die Eintragung ist der Präsident des Landgerichts München I. 2Die Eintragung erlischt nach zwölf Monaten, wenn sie nicht erneut beantragt wird. 3Sie kann gelöscht werden, wenn die Person im Staat der Niederlassung nicht mehr rechtmäßig niedergelassen ist, ihr die Ausübung der Tätigkeit dort untersagt ist oder die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 2 oder Nr. 3 GDolmG in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung vorliegen.

Art. 64

Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer sich unbefugt als

1.öffentlich bestellter Dolmetscher oder öffentlich bestellte Dolmetscherin nach Art. 58,

2.öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Übersetzer oder öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Übersetzerin nach Art. 59 oder

3.öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher oder öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Dolmetscherin für die Deutsche Gebärdensprache nach Art. 60

bezeichnet oder eine Bezeichnung führt, die damit verwechselt werden kann.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

Art. 65

Verordnungsermächtigungen

(1) 1Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Prüfung und die Anerkennung von Prüfungen für Dolmetscher und Übersetzer sowie für Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache zu regeln, insbe­sondere

1.die Prüfungsarten,

2.das Prüfungsverfahren, insbesondere die Prüfungsorgane, die Voraussetzungen für eine Bestellung zum Prüfer, die Zulassung zur Prüfung, die Prüfungsgegenstände, die Zahl und die Art der Prüfungsarbeiten, die Gliederung der Prüfung in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil, die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Zulassung von Hilfsmitteln bei der Prüfung, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsbestimmungen und die Prüfungsvergünstigungen in besonderen Fällen,

3.die bei erfolgreichem Abschluss zu verleihenden Berufsbezeichnungen,

4.die teilweise Übertragung der Zuständigkeit zur Abhaltung der Prüfung auf Sprachschulen und die Regelung der Vergütung in diesen Fällen,

5.die Voraussetzungen, unter denen Prüfungen für Übersetzer und Dolmetscher, die im Ausland abgelegt worden sind, als gleichwertig anerkannt werden, sowie das Verfahren der Anerkennung, insbesondere auch die Einzelheiten des Vollzugs der Richtlinie 2005/36/EG, wie Merkmale, Voraussetzungen, Inhalte, Bewertung, Verfahren und Zuständigkeiten hinsichtlich des Anpassungslehrgangs und der Eignungsprüfung.

2Für den Erlass von Rechtsverordnungen zur Re­gelung der Vergütung gemäß Satz 1 Nr. 4 ist das Einvernehmen des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat erforderlich.

(2) Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus wird ermächtigt, die Zuständigkeit für die Anerkennung von Prüfungen als gleichwertig durch Rechtsverordnung auf andere Stellen zu übertragen.‘

3.Der bisherige Zehnte Teil wird Teil 11.

4.Der bisherige Art. 58 wird Art. 66 und die folgenden Abs. 5 und 6 werden angefügt:

„(5) 1Öffentliche Bestellungen und allgemeine Beeidigungen als Dolmetscher nach dem Dolmetschergesetz in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung mit Ausnahme der öffentlichen Bestellung und allgemeinen Beeidigung als Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache gelten als öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung als Übersetzer nach diesem Gesetz weiter. 2Der Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens bleibt hiervon unberührt. 3Bis zu einer Beeidigung nach § 1 GDolmG, längstens bis Ablauf des 31. Dezember 2026, behalten die öffentlichen Bestellungen und allgemeinen Beeidigungen nach Satz 1 zusätzlich ihre Wirkungen nach dem Dolmetschergesetz in der bis zum 31. Dezember 2022 jeweils geltenden Fassung. 4Dieses ist insoweit weiter anzuwenden.

(6) 1Vor dem 1. Januar 2023 erfolgte öffentliche Bestellungen und allgemeine Beeidigungen als Übersetzer oder als Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache stehen den nach den Art. 59 und 60 erfolgten gleich. 2Dies gilt auch in den Fällen des Abs. 5 Satz 1. 3Sie enden erstmals zehn Jahre nach ihrem Wirksamwerden, jedoch frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2026.“

5.Der bisherige Art. 59 wird Art. 67.

§ 2
Änderung des Landesjustizkostengesetzes

Die Anlage des Landesjustizkostengesetzes (LJKostG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Mai 2005 (GVBl. S. 159, BayRS 36-4-J), das zuletzt durch Gesetz vom 24. Juli 2017 (GVBl. S. 397) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.In Nr. 4 werden nach dem Wort „Übersetzern“ die Wörter „oder Dolmetschern für die Deutsche Gebärdensprache sowie allgemeine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern nach dem Gerichtsdolmetschergesetz“ eingefügt.

2.Nach Nr. 4.2 wird folgende Nr. 4.3 eingefügt:

Nr. Gegenstand Gebühren
„4.3 bei Verlängerung einer bereits bestehenden Bestellung oder Beeidigung 3/5 der Gebühr nach den Nrn. 4.1 und 4.2“.

§ 3
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

(2) Das Dolmetschergesetz (DolmG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 300-12-1-J) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 1 Abs. 289 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft.

München, den 23. Dezember 2022

Der Bayerische Ministerpräsident

Dr. Markus Söder